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RC-Glied
Unter RC-Gliedern versteht man in der Elektrotechnik Schaltungen, die aus einem ohmschen Widerstand (R - engl. resistor) und einem Kondensator (C - engl. capacitor) aufgebaut sind. RC-Glieder sind lineare, zeitinvariante Systeme. Im engeren Sinne sind damit die Filter wie der Tiefpass oder Hochpass gemeint. Bei einem Tiefpass, wie in nebenstehendem Bild, ist der Kondensator parallel am Signalausgang geschaltet, beim Hochpass sind Kondensator und Widerstand vertauscht.
Zum Potentialausgleich beziehungsweise bei der Funktionserdung finden sich Parallelschaltungen von Kondensator und Widerstand. Zur Begrenzung von elektromagnetischen Störungen finden sich Reihenschaltungen von Kondensator und Widerstand, wie beispielsweise bei dem Snubber.
Verhalten im Zeitbereich
Allgemeine Systemtheoretische Beschreibung des RC-Tiefpasses
Das RC-Glied in Tiefpasskonfiguration ist ein integrierendes zeitkontinuierliches lineares zeitinvariantes Übertragungsglied. Die allgemeine Systemtheoretische Beschreibung ergibt sich aus den Kirchhoffschen Gesetzen, sowie den Strom-/Spannungs-Beziehungen an Kondensator bzw. Widerstand. Die Maschengleichung ergibt
- .
Da es sich um einen unverzweigten Stromkreis handelt, gilt . Für den Spannungsabfall am Widerstand gilt
und der Strom durch den Kondensator ist durch die Beziehung
festgelegt. Setzen wir nun die Gleichung der Spannung über den Widerstand in die Maschengleichung ein, so erhalten wir
- .
Einsetzen des Stroms ergibt letztendlich die Differentialgleichung
- ,
welche das Übertragungsglied vollständig beschreibt. Um den integrierenden Charakter des Tiefpassfilters zu verdeutlichen, nehmen wir noch einige Umformungen vor. Die Gleichung wird auf beiden Seiten integriert
- ,
wobei sich Differential- und Integraloperator in einem Term direkt aufheben und folgt
- .
Umstellen nach der Ausgangsspannung ergibt letztendlich
- .
Die Integralgleichung im Zeitbereich kann direkt der Laplace-Transformation unterzogen werden, wodurch sich
ergibt. Durch Division des Ausgangssignals durch das Eingangssignal ergibt sich die Übertragungsfunktion des RC-Tiefpass:
- .
Durch Setzen von ergibt sich die Fourier-Transformation und damit die spektrale Repräsentation des Systems:
- .
Die wohl wichtigste Klasse von Signalen zur Betrachtung des Filterverhaltens sind harmonische Signale, deshalb ist es häufig von großem Interesse, welches Dämpfungsverhalten das Filter auf ein Sinussignal hat. Durch das Eingangssignal
folgt in der zuvor hergeleiteten Differential- bzw. Integralgleichung dann
- .
Um die Ausgangsspannung zu finden, muss nach umgestellt werden, dies ist analytisch möglich. Es handelt sich um eine Lineare gewöhnliche Differentialgleichung, zu der es viele verschiedene Lösungsmethoden gibt. Betrachtet man die Anfangsbedingung , also den Fall, dass das System beim Einschwingen zunächst Energielos ist, dann ergibt sich die Lösung zu
- .
Allgemeine Systemtheoretische Beschreibung des RC-Hochpasses
Auch beim RC-Hochpass handelt es sich um einen unverzweigten Stromkreis, hierbei wird die Ausgangsspannung jedoch am Widerstand abgegriffen. Systemtheoretisch handelt es sich um ein differenzierendes Übertragungsglied. Die Maschengleichung ergibt
- .
Für die Spannung über dem Kondensator gilt die Integralbeziehung
- .
Aufgrund der Unverzweigtheit des Stromkreises gilt , daraus folgt nach Einsetzen
- .
Der Strom im Integral lässt sich schreiben als: , eingesetzt in die Gleichung folgt
- ,
dabei handelt es sich um eine Integralgleichung, welche das System nun vollständig beschreibt. Um den differenzierenden Charakter des Hochpassfilters zu verdeutlichen, nehmen wir noch einige Umformungen vor. Die Gleichung wird auf beiden Seiten differenziert
- ,
wobei sich der Differential- und der Integraloperator wieder gegenseitig aufhebt
- .
Umstellen zur Ausgangsgröße ergibt dann
- ,
wodurch das differenzierende Verhalten offensichtlich wird. Die Gleichung kann der Laplace-Transformation unterzogen werden, wodurch
folgt. Durch Division des Ausgangssignals durch das Eingangssignal ergibt sich die Übertragungsfunktion des RC-Hochpass:
Durch Setzen von ergibt sich die Fourier-Transformation und damit die spektrale Repräsentation des Systems:
- .
Auch hier betrachten wir wieder die Lösung der Differentialgleichung für ein harmonisches Eingangssignal, dazu kann die Laplace-Transformation genutzt werden. Das Eingangssignal sei
- ,
dessen Laplace-Transformierte lautet
- .
Einsetzen in die Übertragungsfunktion liefert
- .
Durch eine Umfangreiche Rücktransformation ergibt sich dann die Lösung der Differentialgleichung und damit das Transientenverhalten bei sinusförmigen Eingangssignal:
Ladevorgang
Exemplarisch ist hier die Systemantwort auf eine Sprungfunktion dargestellt. Die Spannung beträgt null Volt bis zum Zeitpunkt null und steigt dann unmittelbar auf . In den Kondensator fließt so lange Strom, bis die Platten elektrisch aufgeladen sind und keine weitere Ladung annehmen. Das tritt auf, wenn die Kondensatorspannung U(t) genauso groß wie die angelegte Spannung Umax ist. Die eine Platte ist dann elektrisch positiv, die andere negativ geladen. Auf der negativ geladenen Seite herrscht ein Elektronenüberschuss.
Die Ladezeit des Kondensators ist proportional zur Größe des Widerstands R und zur Kapazität C des Kondensators. Das Produkt von Widerstand und Kapazität nennt man die Zeitkonstante .
Theoretisch dauert es unendlich lange, bis U(t)=Umax ist. Für praktische Zwecke kann man als Ladezeit tL verwenden, nach der der Kondensator näherungsweise als vollständig (mehr als 99 %) geladen angesehen werden kann.
Die Zeitkonstante τ markiert zugleich den Zeitpunkt, an dem die am Beginn der Kurve angelegte Tangente den Endwert der Spannung erreicht. Nach dieser Zeit wäre der Kondensator auf den Endwert geladen, wenn man ihn mit dem konstanten Strom laden könnte. Tatsächlich nimmt die Stromstärke bei konstanter angelegter Spannung jedoch mit der Zeit exponentiell ab.
Der maximale Strom fließt zum Zeitpunkt t=0. Dieser ergibt sich durch den Widerstand R nach dem ohmschen Gesetz, wobei Umax die angelegte Spannung der Spannungsquelle ist:
Der Verlauf der Ladespannung U(t) bzw. deren jeweilige zeitliche Größe wird mit der folgenden Gleichung beschrieben, wobei e die eulersche Zahl, t die Zeit nach Beginn der Ladung und die Zeitkonstante sind:
- ,
Dabei wird vorausgesetzt, dass der Kondensator zu Beginn ungeladen war: . Die Spannung ist also im ersten Moment null und steigt dann in Form einer Exponentialfunktion an. Nach der Zeit hat die Spannung etwa 63 % der angelegten Spannung Umax erreicht. Nach der Zeit ist der Kondensator auf mehr als 99 % aufgeladen.
Der Verlauf der Stromstärke I(t) bzw. deren jeweilige zeitliche Größe wird mit der folgenden Gleichung beschrieben:
Hier beträgt der Strom im ersten Moment und nimmt dann in Form einer Exponentialfunktion wie beim Entladevorgang ab. Nach der Zeit beträgt der Strom nur noch etwa 37 % seines Anfangswertes und nach der Zeit ist er auf weniger als 1 % abgefallen.
Differentialgleichung des Ladevorgangs
Für den Ladevorgang des Kondensators für eine ideale Spannungsquelle mit der Spannung gilt:
Diese leitet sich wie folgt her. Für die Stromstärke gilt:
Für die Spannung am ohmschen Widerstand gilt:
Für die Spannung am Kondensator gilt:
Für eine einfache Schaltung aus Kondensator und Ohmschem Widerstand gilt gemäß Maschensatz:
Diese Differentialgleichung löst man, indem man erst die homogene Gleichung löst, indem man vorerst setzt:
Da konstant ist, gilt:
Nach der Substitutionsregel gilt:
ist die vorweggenommene Bezeichnung für die in den nächsten Schritten verwendete Methode Variation der Konstanten, ist die elektrische Ladung des Kondensators zum Zeitpunkt , sie kann nicht negativ werden, ist der Zeitpunkt zu Beginn der Aufladung und hat den Wert 0 s; es folgt:
Durch Potenzieren zur Basis e erhält man:
Um jetzt die inhomogene Differentialgleichung lösen zu können, wenden wir die Methode Variation der Konstanten an, indem wir als zeitlich abhängig betrachten und so wie sie ist und differenziert in die Ausgangsgleichung einsetzen.
einsetzen in:
Das wird nach umgestellt und integriert:
Wie oben schon erwähnt, fängt das Aufladen beim Zeitpunkt an. Zu diesem Zeitpunkt ist die Ladung auf dem Kondensator :
Das muss in die Lösung der DGL eingesetzt werden:
Das ist die Gleichung wie sie oben steht. Wenn man als Wert eines theoretisch vollständig geladenen Kondensators wählt, wird aus der Gleichung:
Analog dazu gilt für die Spannung :
und für die Stromstärke :
Entladevorgang
Das Bild zeigt den Entladevorgang, wenn der Kondensator zu Beginn auf den Wert Umax geladen ist und über den Widerstand R entladen wird. Hier sind sowohl die Spannung als auch die Stromstärke zu Beginn am größten:
- Für t = 0 gilt: und beträgt zu einem beliebigen Zeitpunkt danach
Die Spannung nimmt im Verlauf der Entladung mit der Zeit ab gemäß
Der Strom, der mit der Spannung U(t) über den Entladewiderstand R verknüpft ist, zeigt den entsprechenden Verlauf
Der Entladestrom ist bei der vorgegebenen Zählpfeilrichtung negativ.
Differentialgleichung der Entladung
Für den Entladevorgang des Kondensators gilt:
Diese leitet sich wie beim Aufladevorgang her. Die gelöste Differentialgleichung lässt sich von dort entnehmen. Die Anfangsbedingungen sind lediglich andere und die Methode der Variation der Konstanten ist nicht erforderlich:
ist die elektrische Ladung des Kondensators zum Zeitpunkt , sie kann nicht negativ werden, ist der Zeitpunkt zu Beginn der Entladung und hat den Wert 0 s. Hier gibt es keine Entladung, aber eine Anfangsladung ; es folgt:
Durch Potenzieren zur Basis e erhält man:
Analog dazu gilt für die Spannung :
und für die Stromstärke :
Impulsantwort
Die Impulsantwort beschreibt den Ausgangsspannungsverlauf auf eine diracimpulsförmige Eingangsspannung. Der Ausgangsspannungsverlauf wird durch deren Zeitableitung beschrieben:
Dabei ist die momentane Spannung am Widerstand, die eine Umladung des Kondensators bewirkt. Der Spannungsimpuls wird durch das RC-Glied integriert und hinterlässt eine Kondensatorladung, die sich anschließend in Form einer e-Funktion entlädt.
Die Spannungsanstiegsgeschwindigkeit (Volt pro Sekunde) ist eine wichtige Größe in der Elektronik und Leistungselektronik.
Periodische Signale
Die Filterwirkung wird insbesondere bei Rechtecksignalen deutlich; die Filterantwort setzt sich aus Segmenten des Lade- und Entladeverhaltens zusammen. Die Flankensteilheit wird geringer, dementsprechend fehlen im Frequenzspektrum hohe Frequenzen. RC-Glieder werden dementsprechend zur Entstörung und als Tiefpass eingesetzt.
Die Flankensteilheit der Spannung am Kondensator bei einer Amplitude U0 der Rechteck-Spannungsquelle sinkt vom unendlichen Wert der speisenden Rechteckspannung auf maximal
- .
ab. Der maximale Ladestrom (Spitzenstrom, Pulsstrom Ip) beträgt
- .
Diesen Strom müssen zum Beispiel mit einem RC-Entstörglied beschaltete Schaltkontakte oder Halbleiterschalter aushalten können.
Verhalten im Frequenzbereich
Tiefpass
Widerstand und Kondensator bilden einen frequenzabhängigen Spannungsteiler, der auch eine Phasenverschiebung von maximal 90° bewirkt. Die Impedanzen Z sind R bzw. . Für das RC-Glied gilt für eine harmonisch oszillierende Spannung der Frequenz :
und somit für das Übertragungsverhalten, das als Quotient von Ausgangs- zur Eingangsspannung definiert ist:
- ,
wobei die normierte Frequenz Ω = ω/ω0 sich aus der Division von Kreisfrequenz ω = 2πf und Grenz-Kreisfrequenz (Übergangsfrequenz, Eckfrequenz oder englisch cutoff frequency) ωc = 1/τ = 1/(RC) ergibt. Daraus ergibt sich die Grenzfrequenz fc, bei der Blindwiderstand und Widerstand den gleichen Wert annehmen, die Phasenverschiebung also 45° und die Dämpfung etwa 3 dB beträgt:
Für tiefe Frequenzen Ω << 1 ist H ungefähr 1, Ein- und Ausgangsspannung etwa gleich, weshalb man den Bereich auch engl. als Passband bezeichnet.
Für Frequenzen Ω >> 1 fällt H mit 20 dB pro Dekade = 6 dB pro Oktave ab. Der weggefilterte Bereich wird englisch mit Stopband bezeichnet.
Bei sehr tiefen Frequenzen, die deutlich kleiner als die Grenzfrequenz sind, fällt der Ladestrom des Kondensators nicht ins Gewicht und Eingangs- und Ausgangsspannung unterscheiden sich nur unmerklich. Die Phasenverschiebung beträgt 0°.
Steigt die Frequenz, dauert es - im Vergleich zur Schwingungsdauer - immer länger, bis der Kondensator auf die Eingangsspannung aufgeladen ist. Deshalb steigt die Phasenverschiebung.
Bei sehr hoher Frequenz strebt diese dem Grenzwert von 90° zu, allerdings wird dann die Spannung am Kondensator auch unmessbar klein.
Hochpass
Die Verschaltung als Hochpass unterscheidet sich von der des Tiefpasses durch Vertauschung von R und C. Demgemäß gilt
und
- ,
Der Amplitudengang ist gegenüber dem Tiefpass entlang gespiegelt, hohe Frequenzen können nahezu ungedämpft passieren.
Beschreibung im Spektralbereich
Mit einer analogen Herleitung erhält man für den Tiefpass
- ,
eine Polstelle bei .
Bei dem Hochpass
- ,
ergibt sich ebenfalls eine Polstelle bei , zusätzlich eine Nullstelle im Ursprung. Das RC-Glied stellt damit einen Butterworth-Filter 1. Ordnung dar.
Weblinks
- RC-Glied Berechnung Übergangsfrequenz und Zeitkonstante
- Animation zum Auf- und Entladen des Kondensators
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel RC-Glied aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |