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Radionuklid
Als Radionuklid oder radioaktives Nuklid bezeichnet man ein Nuklid (eine Atomsorte), wenn es instabil und damit radioaktiv ist.
Schreibweisen, Bezeichnung
Die formelmäßige Bezeichnung ist gleich wie bei stabilen Nukliden, also z. B. für das Radionuklid Cobalt-60 :
- oder oder, im Fließtext, Co-60.
Eine besondere Bezeichnung für "radioaktiv" ist nicht vorgesehen, ausgenommen bei den (seltenen) Kernisomeren. Diese erhalten zur Unterscheidung von ihrem Grundzustand ein hochgestelltes m, z.B. oder auch .
Der früher übliche Begriff Radioisotop anstelle von Radionuklid sollte nur noch dann verwendet werden, wenn neben der Radioaktivität auch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Element von Bedeutung ist. Allerdings ist die Bezeichnung Isotop anstelle von Nuklid oder speziell Radionuklid als Bestandteil vieler Fachbezeichnungen wie „Isotopenlabor“, „Isotopenmethode“ oder „Radioisotopengenerator“ nach wie vor anzutreffen.
Zerfall
Jedes Radionuklid hat seine charakteristischen Zerfallseigenschaften wie Halbwertszeit, Zerfallsart(en) und Zerfallsenergie. Beim Zerfall entsteht meist Alpha- oder Betastrahlung und/oder Gammastrahlung. Die "Geschwindigkeit" dieses Zerfalls wird durch die Halbwertszeit T½ beschrieben: Nach einer Halbwertszeit ist die Hälfte aller anfangs vorhandenen Atome noch nicht zerfallen, nach zwei Halbwertszeiten nur noch ein Viertel usw.
Einteilungen
Einerseits lassen Radionuklide sich nach ihrer Zerfallsart (Alphastrahler, Betastrahler usw.) oder nach der Größenordnung ihrer Halbwertszeit einteilen. Andererseits kann man natürliche und künstliche Radionuklide unterscheiden. Allerdings sind alle Radionuklide auch künstlich erzeugbar; deshalb ist das Vorkommen mancher auch natürlich existierenden Radionuklide seit Beginn des kerntechnischen Zeitalters erhöht. Beispiele sind Kohlenstoff-14 (14C) und das Wasserstoff-Isotop Tritium (3H).
Natürliche Radionuklide
Natürliche Radionuklide kommen in der Biosphäre oder in der Erde vor. Sie stammen zum Teil aus dem Reservoir der bei der stellaren Nukleosynthese gebildeten Nuklide, insbesondere die schweren mineralischen Radionuklide wie Uran-235. Diese sogenannten primordialen Radionuklide müssen entsprechend lange Halbwertszeiten haben. Da sich der Anteil der bei der Nukleosynthese gebildeten Nuklide rechnerisch modellieren lässt und die Radionuklide unter ihnen gemäß ihren Halbwertszeiten zerfallen, lässt sich aus ihren heute gemessenen Anteilen auf das Alter der die Erde bildenden Materie schließen.
Ein anderer Teil der natürlichen Radionuklide wird kontinuierlich durch die Wechselwirkung hochenergetischer kosmischer Strahlung (Höhenstrahlung) mit der Atmosphäre gebildet. Diese Radionuklide nennt man kosmogen. Das radioaktive Kohlenstoffisotop 14C (Halbwertszeit ca. 5730 Jahre) ist der bekannteste Vertreter dieser Gattung. Siehe Radiokohlenstoffmethode.
Der Rest der natürlichen Radionuklide wird von den wiederum radioaktiven Zerfallsprodukten der ersten Gattung gebildet. Man nennt diese Radionuklide radiogen.
Künstliche Radionuklide
Unter künstlichen Radionukliden versteht man solche, die durch vom Menschen herbeigeführte Kernreaktionen entstehen. Viele künstliche Radionuklide kommen aufgrund ihrer geringen Halbwertszeiten in der Natur nicht in merklichen Mengen vor.
Herstellung:
- durch Neutronenbestrahlung im Kernreaktor oder mit anderen Neutronenquellen, z. B.
- C-14 durch die Reaktion 14N(n,p)14C,
- P-32 durch die Reaktion 35Cl(n,α)32P;
- durch Bestrahlung mit geladenen Teilchen in Beschleunigern, sogenannte Zyklotron-Radionuklide, z. B.
- F-18 durch die Reaktion 18O(p,n)18F,
- O-15 durch die Reaktion 15N(d,n)15O.
Viele künstliche Radionuklide besitzen so kurze Halbwertszeiten, dass sie von ihrem längerlebigen Mutternuklid in einem Nuklidgenerator erst kurz vor ihrer Verwendung abgetrennt werden. Hierbei werden die benötigten Radionuklide durch geeignete Lösungsmittel oder Bindemittel eluiert. Ein häufig benutzter Generator ist der 99Mo-99mTc-Generator.
Übersicht der Einteilung von Radionukliden
Primordial | Kosmogen | Radiogen | Künstlich |
---|---|---|---|
|
Anwendung
Nuklid | Halbwertszeit |
---|---|
Sauerstoff-15 | 2 min |
Kohlenstoff-11 | 20 min |
Fluor-18 | 110 min |
Technetium-99m | 6 h |
Iod-123 | 13 h |
Iod-124 | 4 d |
Iod-131 | 8 d |
Indium-111[1] | 2,80 d |
Indium-113m[1] | 99,49 min |
Phosphor-32 | 14,26 d |
Cobalt-60 | 5,27 a |
Chrom-51 | 28 d |
Kupfer-64 | 0,5 d |
Quecksilber-197 | 2,7 d |
Ytterbium-169 | 30 d |
Selen-75 | 127 d |
Radionuklide werden in vielen Bereichen der Technik und Naturwissenschaft sowie in der Medizin verwendet. Beim Umgang ist darauf zu achten, dass alle notwendigen Maßnahmen zum Strahlenschutz beachtet und eingehalten werden (vgl. Strahlenschutzverordnung).
In der Chemie (genauer Radiochemie) werden Radionuklide beispielsweise als Radioindikatoren eingesetzt. Dabei werden Verbindungen mit Radionukliden markiert, das heißt, es werden Radionuklide in die Verbindung eingebaut (Leitisotope), um zeitliche oder örtliche Veränderungen (beispielsweise Mengenbestimmungen) durchzuführen. Ein Vorteil dieser Methode ist, dass die radioaktiv markierten Verbindungen die gleichen chemischen Reaktionen wie ihre nicht radioaktiven Äquivalente erfahren, aber deutlich besser zu unterscheiden und aufzufinden sind (auch bei niedrigen Konzentrationen).
Analog dazu nutzt die Biologie und Medizin ähnliche Verfahren, um Stoffwechselprozesse im lebenden Organismus sichtbar zu machen und zu untersuchen (Autoradiographie, Radiochromatographie). In der Strahlentherapie kommen umschlossene Radionuklide zur Anwendung, beispielsweise 60Co („Kobaltkanone“); vgl. Nuklearmedizin. Des Weiteren bietet die Radionuklidtherapie eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten. Die nebenstehende Tabelle zeigt exemplarisch eine Auswahl einiger Radionuklide und ihre Halbwertszeiten, die u. a. auch in der Strahlentherapie von Krebs angewendet werden. Für Untersuchungen in vivo sollten die Halbwertszeiten möglichst klein sein, um das Gefährdungspotential für den Körper zu minimieren.
In der Technik werden Radionuklide beispielsweise als Energiequelle eingesetzt (vgl. Kernkraftwerk, Radionuklidbatterie).
Gefahrenklassen
Die deutsche Strahlenschutzverordnung teilt Radionuklide je nach Gefährdungspotential in vier Klassen ein.
Literatur
- Hans Götte, Gerhard Kloss: Nuklearmedizin und Radiochemie. In: Angewandte Chemie. 85, Nr. 18, 1973, S. 793–802, doi:10.1002/ange.19730851803.
- C. Keller: Grundlagen der Radiochemie. 3. Auflage, Salle & Sauerländer, 1993, ISBN 3-7935-5487-2.
- C. Keller (Hrsg.): Experimente zur Radiochemie. Diesterweg & Salle & Sauerländer, 1980, ISBN 3-425-05453-8.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Chemistry Explained - Indium (Englisch) Abgerufen am 31. August 2011: „Indium-113 is used to examine the liver, spleen, brain, pulmonary („breathing“) system, and heart and blood system. Indium-111 is used to search for tumors, internal bleeding, abscesses, and infections and to study the gastric (stomach) and blood systems.“
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Radionuklid aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |