Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzyklopädie zum Judentum.
Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ... Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten) |
How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida |
Ralph Dutli
Ralph Dutli (* 25. September 1954 in Schaffhausen) ist ein Schweizer Schriftsteller, Lyriker, Essayist, Biograph und Übersetzer.
Leben
Ralph Dutli wurde 1954 in Schaffhausen geboren, studierte Romanistik und Russistik an der Universität Zürich und an der Pariser Sorbonne und promovierte 1984 zum Dr. phil. Er lebte 1982 bis 1994 in Paris, seither als freier Autor in Heidelberg. Bekannt wurde er zunächst als Herausgeber und Übersetzer der Werke von Ossip Mandelstam, die in einer zehnbändigen, kommentierten, für die Lyrikbände zweisprachigen Gesamtausgabe im Ammann Verlag Zürich erschienen. Ausserdem schrieb er vier Bücher über den russisch-jüdischen Dichter Mandelstam (1891–1938), zuletzt die international erste umfassende Werkbiographie Meine Zeit, mein Tier (2003), die 2005 von dem bekannten Germanisten Konstantin M. Asadowski auch ins Russische übersetzt wurde (seit 2012 existiert auch eine französische Übersetzung). Außerdem veröffentlichte Dutli vielbeachtete Übersetzungen von Gedichten und Prosa der russischen Dichterin Marina Zwetajewa sowie, zum 10. Todestag des russisch-amerikanischen Lyrikers, Essayisten und Literaturnobelpreisträgers Joseph Brodsky, 2006 den Band Brief in die Oase. Hundert Gedichte, der erstmals im deutschsprachigen Raum eine repräsentative Auswahl aus allen Schaffensperioden bot.
Dutlis Band Notizbuch der Grabsprüche (2002) umfasst eigene Gedichte aus zwanzig Jahren. Neben 1982 bis 1994 in Paris, in der Nähe des Friedhofs Montparnasse, entstandenen Texten (in der Abteilung Schaman-Parnaß) stehen nordafrikanische, irische, provenzalische Erinnerungen (in Himbeerblut).
In dem Band Novalis im Weinberg (2005) wird dem Zauber des winterlichen Weinbergs nachgespürt. Der Zyklus Petrarcas Sieben Leben (2004) im selben Band imaginiert sieben postume Lebensläufe für den mittelalterlichen italienischen Dichter Petrarca, der Zyklus Aus dem Knie blüht das achtblättrige Kleeblatt ist eine Auseinandersetzung mit Arnold Böcklins Gemälde Die Muse des Anakreon (1873) sowie der Poesie des griechischen Dichters Anakreon. Der Zyklus Salz zu Salz (2007) beschäftigt sich mit dem Mythos des Salzes.
Zentral für Ralph Dutlis Poetologie ist der Band Nichts als Wunder. Essays über Poesie (2007), der Essays über provenzalische (Guilhem IX., Peire Vidal), französische (François Villon, Louize Labé, Paul Verlaine, Robert Desnos), englische (John Donne, George Herbert) und russische Dichter (Anna Achmatowa, Marina Zwetajewa, Sergej Jessenin, Alexander Puschkin, Joseph Brodsky) vereint. Die Abteilung Die Fliege im Bernstein entwirft eine Poetik der Lyrikübertragung, das „Poesie-Tagebuch“ unter dem Titel Der allerärmste Ort umfasst 50 aphoristisch-tagebuchartige Abschnitte. Dort findet sich auch eine Selbstcharakteristik des Autors: „Ich bin ein Essayist, der auch Gedichte schreibt. Ein Lyrikübersetzer, der sich sein Vortasten nicht ohne den Essay, den Versuch, den Tastversuch denken kann. Ein Lyriker, der sich nicht vorstellen kann, nicht auch Gedichte aus verschiedenen Zeiten und Sprachen und Räumen zu sich zu holen. Gedicht, Essay, Übertragung: Das eine hat das andere befruchtet und notwendig gemacht...“
Dutlis vierteiliges Hörbuch Russische Literaturgeschichte, erzählt von Ralph Dutli (2003) ist eine akustische Reise durch 1000 Jahre russischer Literatur, sein Band Liebe Olive (2009) eine Kulturgeschichte des Olivenbaums samt seiner Frucht, der mit dem Buch Das Lied vom Honig. Eine Kulturgeschichte der Biene (2012) eine Art kulturgeschichtlich-literarisches Diptychon bildet. Mit dem Buch Fatrasien. Absurde Poesie des Mittelalters (2010) versuchte er, eine bisher unbekannte Wurzel der modernen Poesie und der absurden Literatur freizulegen und die Erfindung des Surrealismus im 13. Jahrhundert nachzuweisen.
Der Roman Soutines letzte Fahrt (2013) beschwört das Leben des weißrussisch-jüdischen Malers Chaim Soutine, des Zeitgenossen von Chagall, Modigliani und Picasso. Am 6. August 1943 fährt er in einem Leichenwagen versteckt von der Stadt Chinon an der Loire nach Paris. Die Operation seines Magengeschwürs ist unaufschiebbar, aber die Fahrt dauert aufgrund der Umwege – um die Kontrollposten der Besatzungsmacht zu meiden – zu lange, nämlich 24 Stunden. In einem Strom bizarrer Bilder, die der verfolgte Maler im zeitweiligen Morphin-Delirium vor sich auftauchen sieht, erzählt der Roman halb historisch, halb fiktiv Episoden aus Soutines Kindheit in Smilowitschi bei Minsk, die ersten Malversuche in Wilna, den Traum von Paris, der Welthauptstadt der Malerei. Er schildert die Freundschaft mit Modigliani, den plötzlichen Erfolg und das Ende der goldenen Pariser Jahre. In mehreren phantasmagorischen Kapiteln fährt der verwirrte Maler, der an die Macht der Milch als einziges Heilmittel glaubt, in ein „weißes Paradies“, wo er einem mysteriösen „Doktor Bog“ begegnet, der ihn für geheilt erklärt, ihm jedoch das Malen verbietet. „Ein Roman über Kindheit, Krankheit und Kunst. Über die Wunden des Exils, die Ohnmacht des Buchstabens und die überwältigende Macht der Bilder“ (Wallstein).
Andreas Dorschel rühmt „Dutlis höchst musikalische Lyrik“[1]. Für seine Gedichte, Essays und Übersetzungen erhielt Dutli mehrere Auszeichnungen. Seit 1995 ist er ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
Werke
- Ossip Mandelstam – „Als riefe man mich bei meinem Namen“. Dialog mit Frankreich. Ein Essay über Dichtung und Kultur. Ammann, Zürich 1985
- Ein Fest mit Mandelstam. Über Kaviar, Brot und Poesie. Ammann, Zürich 1991
- Europas zarte Hände. Essays über Ossip Mandelstam. Ammann, Zürich 1995
- Notizbuch der Grabsprüche. Gedichte 1982–2002. Rimbaud, Aachen 2002
- „Meine Zeit, mein Tier“. Ossip Mandelstam. Eine Biographie. Ammann, Zürich 2003
- Russische Literaturgeschichte, erzählt von Ralph Dutli. 4 CD. Hörbuch, Hamburg 2003
- Mit dem Strohhalm trinkst du meine Seele. Gedichte von Marina Zwetajewa und Anna Achmatowa, gelesen von Katharina Thalbach und Ralph Dutli. Auswahl und Booklet-Essay von Ralph Dutli. 1 CD. Der Hörverlag, München 2003
- HOTARU – das Leuchtkäferbüfett. Ein „japanischer“ Gedichtzyklus. Mit einer Radierung von Bruno Ritter, Maloja/Chiavenna. Dîvân Nr. 10. Joseph Weiss, Mendrisio 2003
- Novalis im Weinberg. Gedichte. Ammann, Zürich 2005
- Nichts als Wunder. Essays über Poesie. Ammann, Zürich 2007
- Thomas Strässle: Salz. Das weiße Gold. Mit Gedichten von Ralph Dutli. Sanssouci Verlag/Hanser, München 2007
- Liebe Olive. Eine kleine Kulturgeschichte. Ammann, Zürich 2009
- Novalis au vignoble et autres poèmes. Edition bilingue. Traduction de l'allemand par l'auteur et Catherine Dutli-Polvêche. Editions Le Bruit du temps, Paris 2009
- Fatrasien. Absurde Poesie des Mittelalters. Wallstein, Göttingen 2010
- Bienentänze. Illustrationen Katrin Laskowski. Vontobel-Stiftung, Zürich 2010
- Mandelstam, mon temps, mon fauve. Une biographie. Editions Le Bruit du temps, Paris 2012
- Das Lied vom Honig. Eine Kulturgeschichte der Biene. Wallstein, Göttingen 2012
- Soutines letzte Fahrt. Roman. Wallstein, Göttingen 2013
Gedichte in Anthologien:
- Peter von Matt/Dirk Vaihinger: Die schönsten Gedichte der Schweiz. Nagel & Kimche im Carl Hanser Verlag, München/Wien 2002
- Muscheln und Blumen. Literarische Texte zu Werken der Kunst. Aargauer Kunsthaus u. Ammann Verlag, Zürich 2003
- Schweizer Literatur der Gegenwart. In: manuskripte (Graz), Nr. 168, 2005
- Extrakt. Zehn Jahre Literatur im Herrenhaus Edenkoben 1997–2007. Edenkoben 2007
Das übersetzerische Werk:
- Ossip Mandelstam: Die Reise nach Armenien. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1983
- Ossip Mandelstam: Schwarzerde. Gedichte aus den Woronescher Heften. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984
- Ossip Mandelstam: Das Gesamtwerk in zehn Bänden. Ammann, Zürich 2001 (die Einzelbände erschienen 1985–2000)
- Johannes Bobrowski: Ce qui vit encore. Poèmes. Traduits de l'allemand et présentés par Ralph Dutli & Antoine Jaccottet. Edition bilingue. Editions de l'Alphée, Paris 1987 (& Collection Orphée, Editions de la Différence, Paris 1993)
- Marina Zwetajewa: Mein weiblicher Bruder. Brief an die Amazone. Matthes & Seitz, München 1985/1995
- Marina Zwetajewa/Ossip Mandelstam: Die Geschichte einer Widmung. Gedichte und Prosa. Ammann, Zürich 1994
- Marina Zwetajewa: Liebesgedichte. Mit Aquarellen von Leiko Ikemura. Ammann, Zürich 1997/2002
- Joseph Brodsky: Brief in die Oase. Hundert Gedichte. Herausgegeben von Ralph Dutli. Carl Hanser, München/Wien 2006
Auszeichnungen
- 1988 Internationaler Publizistikpreis Klagenfurt
- 1992 Georg-Fischer-Preis Schaffhausen
- 1993 Übersetzerpreis des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft BDI
- 1996 Hugo-Ball-Förderpreis der Stadt Pirmasens
- 2000 Werkbeitrag Pro Helvetia, Werkjahr der Stadt Zürich
- 2002 Literaturpreis der Stadt Stuttgart
- 2003 Arbeitsstipendium Herrenhaus Edenkoben, Anerkennungspreis Dialog-Werkstatt Zug
- 2004 Dr. Manfred Jahrmarkt-Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung
- 2006 Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
Anmerkungen
- ↑ Andreas Dorschel: Zwischen Wein und Wüste. In: Süddeutsche Zeitung Nr. 260 (11. November 2005), S. 16.
Weblinks
- Literatur von und über Ralph Dutli im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag über Ralph Dutli im Lexikon des Vereins Autorinnen und Autoren der Schweiz
- http://www.ralph-dutli.de – Offizielle Website von Ralph Dutli.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Dutli, Ralph |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Schriftsteller, Lyriker und Essayist |
GEBURTSDATUM | 25. September 1954 |
GEBURTSORT | Schaffhausen |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ralph Dutli aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |