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Renaissancetheater (Wien)
Das Renaissancetheater ist ein Wiener Theater in der Neubaugasse im 7. Bezirk und dient derzeit als einer der Spielorte für das Theater der Jugend. Der Theatersaal, für dessen Einbau wohl die Brüder Eduard und Emanuel Schweinburg verantwortlich waren,[1] befindet sich in einem Mietwohnhaus und umfasst 667 (ursprünglich 844) Sitzplätze. Da es sich um kein eigenständiges Theatergebäude handelt, wird es oft auch Renaissancebühne[2] genannt.
Geschichte
Zu den Hauptaufgaben des 1906 gegründeten Vereins Wiener Freie Bühne gehörte die Verbreitung der Theaterkultur in den sozial schwächeren Bevölkerungsschichten. Für die Aufführungen war ursprünglich das Wiener Stadttheater vorgesehen, dessen Bau aber noch nicht vollendet war.
Der Verein wählte daher den eben fertiggestellten Theatersaal in der Neubaugasse 36, wo am 12. Dezember 1912 in dem damals „Volksbühne“ genannten Theater die erste Vorstellung des Vereins mit der Aufführung von Nestroys Kampl stattfand.[3]
Die Volksbühne unter der Leitung von Arthur Rundt und seinem streng literarischen Programm blieb bis zum Sommer 1916 in diesem Theaterraum, „beweisend, daß Wien eine Bühne dieser Art aus sich selbst heraus beanspruchen darf und erhalten kann, dabei zeigend, wie Würde und Niveau dem Sinne nach auch mit schmächtigen Mitteln gehalten werden können.“[4] Gespielt wurden etwa Hanns Sassmanns Das blaue Aug’, Else Feldmanns Der Schrei, den niemand hört, Georg Hirschfelds Die Mütter oder Romain Rollands Die Wölfe.
Ab Herbst 1916 verlegte Rundt die Spielstätte der Volksbühne in das ehemalige Colosseum in der Nussdorferstraße 4–6 und eröffnete dort mit Shakespeares Sommernachtstraum in Bühnenbildern von Alfred Roller. Es folgten Wolfram Rosemanns Kater Lampe und Sophokles’ Antigone.[4]„Abseits von Gut und Böse wandelt die ‚Volksbühne’ ihre einsame Straße weiter. Direktor Rund ist mit großen Plänen nach Wien gekommen. Er wollte dem arbeitenden Volk eine Kunststätte bieten, wollte mit Großmann den Wienern zeigen, wie man Theater spielen muß und soll. Am leidigen Geld ist der schöne Zukunftstraum gescheitert und man musste ‚mit Wasser kochen’. [...] Mit dem verstorbenen Pernerstorfer sind auch die Kunstambitionen der Sozialdemokratie ins Wesenslose versunken, Wien hat eine kleine Bühne mehr. Auf der fleißig und gut gespielt wird, wenn auch der Fassungsraum jedwede wirkliche Anregung von selbst verbietet ...“[5]
Das Theater in der Neubaugasse benützten bis 1918 andere Gruppen. Ab 1920, nach einer Neugründung des Vereins Wiener Freie Bühne, bespielte dieser wieder das Theater, das nunmehr in Renaissancebühne umbenannt wurde. Zu dieser Zeit traten u.a. Alfred Neugebauer,[6] Hans Moser[7] oder Gisela Werbezirk[7] dort auf.
Am 12. Dezember 1923 spielte Ida Roland an der Renaissancebühne die Titelrolle in der Uraufführung von Hans Kaltnekers Mysterium "Die Schwester" die lesbische Ruth.
Von 1925 bis 1931 leitete Josef Jarno das Theater[8] und engagierte Publikumslieblinge wie seine Frau Hansi Niese, Maria Eis, Lucie Englisch oder Willy Trenk-Trebitsch.[9]
In der Zeit zwischen 1932 und 1938 blieb das Theater, von vereinzelten Veranstaltungen abgesehen, geschlossen. Die danach folgende Spielzeit wurde von Felix Lapernikus-Gerald geleitet, zur Aufführung gelangten auch Operetten, wie etwa 1943 Odo Nowosad-Nissens Der Himmel auf Erden oder Nico Dostals Eva im Abendkleid.[10] und Verliebtes Dreieck (1944, Regie: Hans Olden).[11]
Im Sommer 1946 führte Alexander Kowalewski die Operette Der gütige Antonius von Jara Beneš mit großem Erfolg auf.[12] 1947 war Fritz Habeck Dramaturg und stellvertretender Direktor der Renaissancebühne.[13] 1947 inszenierte Franz Pfaudler Nikolai Gogols "Der Revisor" mit Wolf Albach-Retty und Hans Olden (Bühnenbild: Gustav Manker). 1948 pachtete Leon Epp die Bühne als zusätzliche Spielstätte für Unterhaltungstheater. In diesem Jahr wurde dem aus dem Exil zurückgekehrten Oskar Karlweis ein euphorischer Empfang bereitet.[14] Die erwarteten Einnahmen blieben aber aus und Epp musste überschuldet das Theater bereits 1949 an Paul Löwinger abgeben, der es zur Spielstätte der Löwinger-Bühne machte. Daneben fanden auf der Bühne auch Gastspiele statt, so 1950 von Ludwig Stössel[15] oder 1957 von Harry James.[16]
Ab Herbst 1957 wurde der Theaterraum abwechselnd auch vom Theater der Jugend benützt. Seit 1970 wird das Renaissancetheater allein vom Theater der Jugend geführt. Die technische Ausstattung ist für Kinder- und Jugendtheater einzigartig und ist sowohl für Sprechtheater als auch Musikproduktionen geeignet.
Einzelnachweise
- ↑ Mirjam Langer: Wiener Theater nach dem „Anschluss“ 1938 (PDF; 831 kB) S. 39.
- ↑ z. B. Deutsches Bühnenjahrbuch. Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, Berlin 1930.
- ↑ Volksbühne Zum ersten Male Nestroys Kampl. In: Reichspost, 14. Dezember 1912, S. 10 (Online bei ANNO)
- ↑ 4,0 4,1 Ludwig Ullmann: Ein Jahr Wiener Theater. In: Jacques Jaeger (Hrsg.): Wiener Almanach. Jahrbuch für Literatur, Kunst und öffentliches Leben. 25. Jahrgang. Moritz Perles, Wien/Leipzig 1917/18, S. 172.
- ↑ Rudolf Linden: Die „Theaterstadt“ 1918. Ein Rück- und Ausblick. In: Jacques Jaeger (Hrsg.): Wiener Almanach. Jahrbuch für Literatur, Kunst und öffentliches Leben. 28. Jahrgang. Moritz Perles, Wien/Leipzig 1919, S. 232.
- ↑ Alfred Neugebauer
- ↑ 7,0 7,1 Teilnachlass Hans Moser in der Wienbibliothek
- ↑ Wiener Theaterbilder Renaissance-Bühne. In: Wiener Bilder, 18. Oktober 1925, S. 9 (Online bei ANNO)
- ↑ Novität der Renaissance-Bühne. In: Wiener Bilder, 13. Dezember 1925, S. 10 (Online bei ANNO)
- ↑ Teilnachlass von Karl Wimmer im Österreichischen Kabarettarchiv
- ↑ Paulus Manker: "Der Theatermann Gustav Manker. Spurensuche." Amalthea, Wien 2010 ISBN 978-3-85002-738-0
- ↑ Alexander Kowalewski gestorben In: Rathauskorrespondenz vom 2. Juni 1948.
- ↑ Fritz Habeck In: Austria-Forum
- ↑ Ursula Liebl: Erinnerung an den Schauspieler Oskar Karlweis. Hoffnungsfroher Humor In: Wiener Zeitung vom 24. März 2000 (abgerufen am 6. November 2013).
- ↑ 80. Geburtstag von Ludwig Stössel In: Rathauskorrespondenz vom 9. Februar 1963.
- ↑ 21. Oktober 1957
Literatur
- Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7 (Band 5), S. 659.
- Ingrid Pötz: Zur Geschichte des Theaters in der Neubaugasse. Volksbühne – Renaissancebühne. Diplomarbeit an der Universität Wien 1986 [1].
Weblinks
- Eintrag zur Volksbühne bei litkult1920er.aau.at, ein Projekt der Universität Klagenfurt
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