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Riesenkalmar

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Riesenkalmar
Riesenkalmar.jpg

Riesenkalmar (Architeuthis dux)

Systematik
Stamm: Weichtiere (Mollusca)
Klasse: Kopffüßer (Cephalopoda)
Ordnung: Kalmare (Teuthida)
Familie: Riesenkalmare
Gattung: Riesenkalmare
Art: Riesenkalmar
Wissenschaftlicher Name der Familie
Architeuthidae
Pfeffer, 1900
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Architeuthis
Steenstrup, 1857
Wissenschaftlicher Name der Art
Architeuthis dux
Steenstrup, 1857

Der Riesenkalmar (Architeuthis dux; oftmals irrtümlich als Riesenkrake bezeichnet) ist weltweit verbreitet. Wie alle Kalmare besitzt der Riesenkalmar zehn Arme, die um die Mundöffnung gruppiert sind, wovon zwei zu Tentakeln umgebildet sind. Aus diesem Grund werden sie den Zehnarmigen Tintenfischen oder Decabrachia zugeordnet. Die genaue Stellung innerhalb des Systems ist unklar.

Besonders häufig werden die Tiere an den Küsten Norwegens, Großbritanniens, Neufundlands, bei Japan, vor Australien und Neuseeland sowie vor Südafrika gefangen. Wahrscheinlich leben sie in einer Tiefe von über 300 Metern (nach anderen Angaben 500 bis 1000 Meter) unterhalb des Meeresspiegels. Aus diesem Grund sind auch erst seit dem Beginn der Tiefseefischerei mit Schleppnetzen häufigere Fänge der Tiere bekannt geworden. Teilweise wurden auch Überreste in Walmägen gefunden.

Systematik

Der Riesenkalmar, Architeuthis dux, ist die einzige Art der Gattung Architeuthis, die wiederum die einzige Gattung der Familie Architeuthidae innerhalb der Kopffüßer ist. Ursprünglich ging man von der Existenz weiterer Architeuthis-Arten aus (A. martensi (Hilgendorf, 1880), A. physeteris (Joubin, 1900), A. sanctipauli (Vélain, 1877), A. hartingii Verrill, 1875, A. japonica Pfeffer, 1912, A. kirkii Robson, 1887, A. stockii (Kirk, 1882)). Molekularbiologische Untersuchungen kamen jedoch zu dem Schluss, dass es sich bei den Riesenkalmaren um eine einzige, weltweit verbreitete Art handelt.[1] Somit wurden die anderen Arten mit Architeuthis dux synonymisiert.[2]

Beschreibung

Fundorte von Riesenkalmaren

In Fachbüchern finden sich vielfach falsche Angaben zur Größe. Ein Problem bei der Messung von Längen bei Riesenkalmaren ist die enorme Dehnfähigkeit der Arme, weshalb in der Regel die nur wenig veränderliche Mantellänge als Kriterium zur Betrachtung der tatsächlichen Größe herangezogen wird. Hier sei etwa das im Jahre 1887 in Lyall Bay (Wellington) am Strand angespülte Exemplar genannt. Es hatte eine Gesamtlänge von 18,3 Meter, während die Mantellänge nur 1,8 Meter betrug, was bei einem Exemplar mit natürlich langen Tentakeln einer Gesamtlänge von etwa 10,7 Meter entspricht. Die größte belegte Mantellänge beträgt 2,25 Meter, wobei Riesenkalmare in Ausnahmefällen eine Standardlänge von 5 Metern erreichen, Kopf und Fangarme eingeschlossen. Der größte Teil der Gesamtlänge wird durch die beiden langen dünnen Tentakel ausgemacht. Tatsächlich konnte nie ein Riesenkalmar nachgewiesen werden, der mit ungedehnten Tentakeln eine Länge von zwölf Metern überschritt.[3]

Riesenkalmare scheinen zu den langlebigsten Vertretern der Kopffüßer zu gehören. Sie werden drei bis fünf Jahre alt. Das bedeutet, dass sie ihre Größe in sehr kurzer Zeit erreichen.

Allgemein gelten Riesenkalmare als die größten Kopffüßer. Allerdings erreicht der weitaus weniger bekannte und kompakter gebaute Koloss-Kalmar, der allerdings zur Familie der Gallertkalmare gehört, noch deutlich größere Ausmaße mit Mantellängen bis zu 4 Meter.

Lebensweise

Saugnapfnarben auf dem Hautstück eines Pottwals

Riesenkalmare orientieren sich wahrscheinlich vorrangig anhand ihres gut entwickelten Sehvermögens. Ihre Augen zählen zu den größten im gesamten Tierreich. Lediglich die Augen des Koloss-Kalmars werden noch größer. Die riesigen Augen deuten auch auf den Lebensraum dieser Spezies hin – Meerestiefen, in die nur noch eine äußerst geringe Menge Licht vordringt. Über das Jagdverhalten der Tiere ist wenig bekannt. Untersuchungen des Magens brachten vor allem Reste von Kalmaren (auch der eigenen Art) und Fischen (zum Beispiel Hoki) zum Vorschein. Bisher wurde vermutet, dass der Riesenkalmar eher ein Lauerjäger als ein ausdauernd jagendes Tier sei. Die ersten Aufnahmen eines lebenden Tieres ließen jedoch Zweifel an dieser These aufkommen. Die Theorie, dass auch Pottwale auf seinem Speiseplan stehen, ist abwegig. Wahrscheinlicher ist, dass der Pottwal der einzige wirkliche Fressfeind großer ausgewachsener Riesenkalmare ist, wie Saugnapfnarben auf dem Körper von Walen und Reste von Riesenkalmaren in Pottwalmägen zeigen. Pottwale ernähren sich hauptsächlich von diversen Kalmar-Arten und unternehmen während der Jagd sehr lange und tiefe Tauchgänge. Mit Tauchtiefen von über 1000 Meter (gelegentlich bis 3000 Meter) können sie Kalmare erbeuten, die nur in der Tiefsee vorkommen und sonst von keinem anderen Säugetier erreicht werden können. Gigantische Saugnapfnarben auf der Walhaut förderten auch die Legende von ggf. über 60 Meter großen Kalmaren. Wie man aber inzwischen weiß, wachsen die Narben mit der Walhaut mit – d. h. eine tiefe Narbe, die ein Pottwal einst als Jungtier erhielt, dehnt sich mit dem Wachstum des Tieres mit aus. Sie erreicht beim erwachsenen Tier eine Größe, die das Wachstum des Wales, aber nicht die Größe des Tintenfischs, der die Narbe einst verursachte, widerspiegelt. Kleinere Exemplare werden aber auch von verschiedenen Fischen und Haien gefressen, sehr kleine Exemplare an der Oberfläche sogar von Hochseevögeln wie Albatrossen. Mittelgroße Exemplare fallen auch großen Grauhaien oder neben Pottwalen auch anderen größeren Zahnwalen zum Opfer, die in der Tiefsee nach Kopffüßern jagen.

Durch den Austausch des Natriumkations des Meerwassers gegen Ammonium in ihrem Muskelgewebe erhalten die Riesenkalmare wie auch einige andere Kalmare den notwendigen statischen Auftrieb, um im Salzwasser zu schweben.[4] Die Ammoniumchloridlösung macht sich durch starken Geruch bemerkbar, den die Tiere verströmen. Das zähe Fleisch der Riesenkalmare ist aus diesem Grunde für den Menschen ungenießbar.

Noch weniger als über die Ernährung ist über die Paarung und die Entwicklung der Tiere bekannt. Ganz offenbar implantiert das Männchen während der Paarung Spermatophoren unter die Haut der Partnerin. Man fand mehrere weibliche Tiere mit implantierten Spermatophoren; wie diese jedoch die Eier letztlich befruchten, ist bisher unbekannt. Spermabefunde belegen, dass Riesenkalmare offenbar keine Vorauswahl nach dem Geschlecht treffen; auch bei männlichen Tieren wurden von anderen Männchen implantierte Spermatophoren entdeckt. Das Paarungsverhalten belegt, dass die Paarung auch mit nicht fruchtbaren Partnern einen evolutionären Vorteil darstellen kann; eine Reproduktionsstrategie, die die Besamung männlicher Tiere einschließt, ist offenbar erfolgversprechender, als die aufwändige Suche nach einem weiblichen Kalmar.[5]

Im Ozeaneum Stralsund ist ein präpariertes Exemplar ausgestellt, das von neuseeländischen Fischern gefangen worden ist. Das mit 49 Kilogramm Gewicht und über sechs Meter Länge (von Mantel- bis Tentakelspitze) unterdurchschnittlich große Tier weist am hinteren Ende des Mantels eine Besonderheit auf: Dort wurden implantierte Spermatophoren gefunden, deren Herkunft gegenwärtig nicht geklärt ist.[Beleg?]

Existenz und Sichtungen

30. November 1861: Die Besatzung der Alecton harpuniert 120 Meilen nordöstlich von Teneriffa einen Riesenkalmar.

Riesige Tintenfische galten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts als Seemannsgarn. Obwohl seit Jahrhunderten über Sichtungen von Riesenkalmaren und Begegnungen mit diesen Tieren berichtet wurde, wurden die Erzählungen meist ins Reich der Legenden und der Kryptozoologie verwiesen. Selbst die Funde gestrandeter Kalmare mit Längen von weit über 10 Metern wurden von der Zoologie nicht ernst genommen. Heute weiß man, dass es diese Tiere tatsächlich gibt.

Rekonstruktion von Architeuthis dux - Museum von Toulouse
  • Der erste wissenschaftliche Beweis war der Schnabel eines 1854 in Jütland (Dänemark) gestrandeten Tieres, der in die Hände des Naturforschers Japetus Steenstrup gelangte. Dieser untersuchte ihn und beschrieb so den ersten Riesenkalmar, Architeuthis dux.
  • Während des Zweiten Weltkrieges versenkte der deutsche Hilfskreuzer Thor den britischen Truppentransporter Britannia. Elf Überlebende, die sich nach dem Untergang des Schiffes an ein kleines Rettungsfloß geklammert hatten, berichteten übereinstimmend, einer von ihnen sei von einem großen Kopffüßer in die Tiefe gezogen worden.[6]
  • Spanische Wissenschaftler haben im September 2003 zwei Riesentintenfische an der Nordküste Spaniens bei Oviedo erstmals lebend gefangen, diese verendeten jedoch kurz darauf. Der größere war elf Meter lang und wog 140 Kilogramm (laut einer dpa-Meldung).
  • Am 30. September 2004 gelangen den japanischen Forschern Tsunemi Kubodera und Kyoichi Mori mit einer automatischen Kamera und einem Köder vor den Ogasawara-Inseln im westlichen Nordpazifik in 900 m Tiefe die ersten Fotos eines Riesenkalmars in seiner natürlichen Umgebung. Das Tier verlor einen seiner Fangarme (Tentakel), als dieser sich am Köderhaken verfing. Die Länge des Fangarmes betrug 5,5 Meter, was auf eine Gesamtlänge des Tieres von rund acht Metern schließen lässt. Bei dieser Gelegenheit konnte auch beobachtet werden, dass diese Tiere aktiv jagen.[7][8]
  • Vom 7. September bis 7. Oktober 2005 waren Tsunemi Kubodera, Yasuhiro Koyama und Kyoichi Mori erneut vor Ogasawara-Inseln erfolgreich und es gelangen Videoaufnahmen in 240 bis 940 Metern Tiefe, die einen Kalmar bei mehreren Angriffen auf den Köder und die Leine zeigen.[9][10][11] Beim Angriff auf den Köder setzte er starke Lichtimpulse frei (Biolumineszenz)[12][13][14]
  • Im Dezember 2006 konnte das Team um Tsunemi Kubodera erneut vor den Ogasawara-Inseln Aufnahmen von einem Riesenkalmar machen, diesmal an der Wasseroberfläche und als Videoaufnahme. Das den Angaben nach weibliche und noch nicht ausgewachsene Tier wurde mit einem Fressköder aus 600 Metern Tiefe angelockt, und konnte lebend an Bord des Schiffes gehoben werden, verendete dort jedoch – vermutlich an inneren Verletzungen, die es durch die Druckveränderung beim Auftauchen erlitt. Über die Länge des Tieres existieren bisher keine verlässlichen Angaben, genannt wurden zwischen drei und sieben Meter. Der Fang wurde in Formalinlösung konserviert, um ihn zu einem späteren Zeitpunkt eingehender zu untersuchen.
  • Im Juli 2007 wurde ein toter Riesenkalmar mit einer Mantellänge von zwei Metern und Gesamtlänge von acht Metern in Tasmanien an Land gespült.[15]
  • Am 30. Juli 2009 wurde ein sechs Meter großes Exemplar in 1500 Meter Seetiefe im Golf von Mexiko geborgen. Nach Erklärung des US-Innenministeriums habe die Crew des Forschungsschiffs Gordon Gunter den Riesenkalmar, der rund 50 Kilogramm gewogen habe, gefangen.[16]
  • Im Juli 2012 konnte der japanische Meeresbiologe Tsunemi Kubodera vom Nationalmuseum der Naturwissenschaften in Tokio einen Riesenkalmar in seiner natürlichen Umgebung filmen. Die Aufnahmen entstanden in einer Wassertiefe zwischen 600 und 900 Metern vor den Chichi-Inseln.[17]
  • Im Januar 2013 gelang es dem Discovery Channel und NHK, mit Hilfe eines Teams in einem U-Boot nahe der Chichi-Insel einen Riesenkalmar zu filmen. Auf dem Video ist klar zu erkennen, dass dieser etwas größer als das U-Boot mit einer ungefähren Länge von 3,5 Metern war. Ihm fehlten die langen Tentakel, die vermutlich von einem Pottwal gefressen worden waren. Mit ihnen wäre er ungefähr neun Meter lang gewesen. Das Team benötigte mehrere Versuche, bis die Aufnahmen schließlich gelangen. In Interviews verrieten die Forscher, dass ihre Angst vor diesem Tier sehr groß war, obwohl sie darauf vorbereitet waren.
  • Am 22. Dezember 2015 wurde vor der Küste der Toyama-Bucht des Japanischen Meeres ein 4 Meter langes Exemplar aus unmittelbarer Nähe gefilmt.[18]

Belege

  1. Inger Winkelmann, Paula F. Campos, Jan Strugnell, Yves Cherel, Peter J. Smith, Tsunemi Kubodera, Louise Allcock, Marie-Louise Kampmann, Hannes Schroeder, Angel Guerra, Mark Norman, Julian Finn, Debra Ingrao, Malcolm Clarke & M. Thomas P. Gilbert: Mitochondrial genome diversity and population structure of the giant squid Architeuthis: genetics sheds new light on one of the most enigmatic marine species Proceedings of the Royal Society Mai 2013, Band 280, Nr. 1759, doi: 10.1098/rspb.2013.0273
  2. Bouchet, P. (2014). Architeuthis Steenstrup, 1857. World Register of Marine Species
  3. Craig R. McClain et al.: Sizing Ocean Giants: Patterns of Intraspecific Size Variation in Marine Megafauna. PeerJ 3, 2015, doi:10.7717/peerj.715.
  4. Brad A. Seibel, Shana K. Goffredi, Erik V. Thuesen, James J. Childress, Bruce H. Robison: Ammonium content and buoyancy in midwater cephalopods (PDF; 239 kB), Journal of Experimental Marine Biology and Ecology 313 (2004) 375–387
  5. Hendrik J. T. Hoving, Stephanie L. Bush and Bruce H. Robison: A shot in the dark: same-sex sexual behaviour in a deep-sea squid, Biology Letters (2011)
  6. Roland Hanewald: Das Tropenbuch. Jens Peters Publ., Berlin 1987, S. 188. ISBN 3-923821-13-1
  7. Tsunemi Kubodera und Kyoichi Mori in Proceedings of the Royal Society: First-ever observations of a live giant squid in the wild, 22. Dezember 2005
  8. FAZ: Der Jäger der Riesenkalmare, 29. Dezember 2005
  9. Tsunemi Kubodera, Yasuhiro Koyama, Kyoichi Mori: Observations of wild hunting behaviour and bioluminescence of a large deep-sea, eight-armed squid, Taningia danae. Proc. R. Soc. B 272, 1029-1034, (doi:10.1098/rspb.2006.0236) pdf
  10. Videoaufnahme 1 (MOV; 2,1 MB)
  11. Videoaufnahme 2 (MOV; 6,5 MB)
  12. Video 1 zur Biolumineszenz (.mov; 3,7 MB)
  13. Video 2 zur Biolumineszenz (.mov; 2,3 MB)
  14. Video 3 zur Biolumineszenz (.mov; 2,4 MB)
  15. Spiegel Online: Riesenkalmar an Strand gespült
  16. Spiegel Online: Riesenkalmar im Golf von Mexiko gefangen
  17. n-tv: Japaner filmen Riesenkalmar
  18. Riesenkalmar verirrt sich in Hafenbucht. In: FAZ.net. 29. Dezember 2015, abgerufen am 31. Dezember 2015.

Weblinks

 Commons: Riesenkalmare – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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