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Robert Stricker

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Robert Stricker

Robert Stricker (geb. 16. August 1879 in Brünn, Mähren; gest. nach dem 28. Oktober 1944 im KZ Auschwitz) war ein jüdisch-österreichischer Bahnbeamter, Journalist, 1912 bis 1938 Vorstandsmitglied der Wiener Kultusgemeinde, Zionist und als Politiker Mitglied der österreichischen Konstituierenden Nationalversammlung 1919/20.

Leben

Robert Stricker war der Sohn von Israel und Florentina Stricker. Er besuchte die Technische Hochschule in Brünn und trat 1902 als Ingenieur in den Dienst der k.k. Staatsbahnen mit Dienstort Olmütz. 1905 wurde er in die Direktion der Kaiser Ferdinands-Nordbahn nach Wien versetzt.[1] Schon als Student wurde er ein Anhänger der zionistischen Ideen von Theodor Herzl und gab mit anderen jüdischen Studenten die Jüdische Volksstimme in Brünn heraus.[2] Dort war er 1896 schon Mitbegründer der zionistischen Studentenverbindung Veritas und 1898 der Vereinigung jüdischer Handelsangestellter Emunah.[3]

Bei den Wahlen zur Konstituierenden Nationalversammlung am 16. Februar 1919 erzielte Stricker, mit 7760 Stimmen, 0,3 % für die Jüdischnationale Partei, deren Obmann er war, ein Mandat.[4] Er war der einzige Abgeordnete, der sich gegen die Vereinigung Deutschösterreichs mit dem Deutschen Reich aussprach.[5] In der Nationalratswahl in Österreich 1920 gelang ihm trotz Stimmenzuwachs, wegen einer Änderung des Wahlrechts, der Wiedereinzug nicht.[6] Für die Nationalratswahl in Österreich 1923 bildete die zionistische Partei mit liberalen Gruppierungen die Jüdische Wahlgemeinschaft und erhielt 24.970, bzw. 0,8 % der Stimmen, erhielt aber kein Mandat.[7][4]

Stricker war ein säkulärer Zionist, der gegen jede Unterscheidung von West- und Ostjuden war. Dadurch wurde er zu einer Integrationsfigur der während des Ersten Weltkriegs nach Wien geflüchteten galizischen Juden.[8] 1926 schloss er sich der Fraktion des radikalen Zionismus, 1933 der Judenstaatspartei an.[1] Er war Redakteur der Jüdischen Zeitung, 1919 bis 1927 war er Chefredakteur und Mitherausgeber der wöchentlich erscheinenden zionistischen Wiener Morgenzeitung und gab anschließend die Zeitschrift Die Neue Welt[9] heraus.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde Stricker am 14. März 1938 in seinem Büro in der Universitätsstraße von SS-Männern verhaftet. Eine Flucht nach Budapest hatte er Tags zuvor abgelehnt, weil er die Kultusgemeinde nicht im „Stich lassen“ wollte. Am 1. April 1938 wurde er mit anderen jüdischen Funktionären ins KZ Dachau und später ins KZ Buchenwald geschafft. Wegen Misshandlungen schwer krank, wurde er nach elf Monaten entlassen, weil ein Lösegeld für ihn und andere Funktionäre vom World Jewish Congress gezahlt worden war. Eine Ausreise blieb ihm aber verwehrt. Im September 1942 wurde er mit seiner Frau Paula mit einem der letzten Transporte ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Seine beiden Kinder konnten hingegen fliehen und überlebten den Holocaust.[10]

In Theresienstadt wurde Stricker zum Mitglied des Ältestenrats gewählt.[11] Am 28. Oktober 1944 wurden er und seine Frau ins KZ Auschwitz verschickt und gleich nach der Ankunft ermordet.[12]

Obwohl er einer der bedeutendsten jüdischen Journalisten und Politiker Österreichs war, wurde er nach 1945 weitgehend vergessen. Im Norden von Tel Aviv ist, im Gegensatz zu Wien, dem Zentrum seines Wirkens, eine Straße nach Stricker benannt.[13]

Schriften (Auswahl)

  • Der jüdische Nationalismus. Wien 1919.
  • Schadet der Jüdische Nationalismus den Juden? Wien 1919.
  • Die wirksame Abwehr des Antisemitismus. Wien 1919.
  • Wie können wir unsere Jugend jüdisch erhalten? Wien 1919.
  • Die Vertreter des jüdischen Volkes. Wien 1919.
  • Jüdische Politik in Oesterreich. Tätigkeitsberichte und Auszüge aus deb im österrischen Parlamente 1919 und 1920 gehaltenen Reden. Wien 1920.
  • Die jüdische Nationalismus. Wien 1929.
  • Wege der jüdischen Politik. Aufsätze und Reden. Löwit, Wien/Leipzig 1929.
  • Zwerg-Judenstaat! Wien 1938.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Eintrag zu Robert Stricker auf den Webseiten des österreichischen Parlaments
  2. Aschkenas. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden. 15 (2005) Böhlau, Wien, S. 174.
  3. Isabella Gartner: Menorah. Jüdisches Familienblatt für Wissenschaft, Kunst und Literatur (1923–1932). Materialien zur Geschichte einer Wiener zionistischen Zeitschrift Königshausen & Neumann, Würzburg 2009, ISBN 978-3-8260-3864-8, S. 47.
  4. 4,0 4,1 Ergebnisse der Nationalratswahlen 1919 bis 1930
  5. Klaus Hödl: Als Bettler in die Leopoldstadt. Galizische Juden auf dem Weg nach Wien. Böhlau, Wien 1994, ISBN 3-20598-303-3, S. 297.
  6. Parlamentskorrespondenz Nr. 609 vom 17. September 2001
  7. Albert Lichtblau: Partizipation und Isolation. Juden in Osterreich in den „langen“ 1920er- Jahren. In: Archiv für Sozialgeschichte 57, Bonn 1997, S. 231–253, hier S. 243.
  8. Klaus Hödl: Als Bettler in die Leopoldstadt. Galizische Juden auf dem Weg nach Wien. Böhlau, Wien 1994, ISBN 3-20598-303-3, S. 294f.
  9. Ausgabe vom 24. März 1931
  10. Dieter Hecht: Robert und Paula Stricker. In: Paul Heller (Hrsg.): Von der Landeskrüppelanstalt zur Orthopädischen Universitätsklinik. Das „Elisabethheim“ in Rostock. (=Chilufim. Zeitschrift für jüdische Kulturgeschichte Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg 7/2009). Lit, Münster 2009, ISBN 978-3643101051, S. 169–178, hier: S. 174ff; Josef Fraenkel (Hrsg.): Robert Stricker. Ararat Publishing Society, London 1950, S. 48f.
  11. Stricker, T. Robert auf ghetto-theresienstadt.de
  12. Dieter Hecht: Robert und Paula Stricker. In: Paul Heller (Hrsg.): Von der Landeskrüppelanstalt zur Orthopädischen Universitätsklinik. Das „Elisabethheim“ in Rostock. (=Chilufim. Zeitschrift für jüdische Kulturgeschichte Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg 7/2009). Lit, Münster 2009, ISBN 978-3643101051, S. 169–178, hier: S. 175f; jewishvirtuallibrary
  13. Dieter Hecht: Robert und Paula Stricker. In: Paul Heller (Hrsg.): Von der Landeskrüppelanstalt zur Orthopädischen Universitätsklinik. Das „Elisabethheim“ in Rostock. (=Chilufim. Zeitschrift für jüdische Kulturgeschichte Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg 7/2009). Lit, Münster 2009, ISBN 978-3643101051, S. 169–178, hier: S. 176f.
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