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Russe (Stadt)

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Russe (Русе)
Wappen von Russe Karte von Bulgarien, Position von Russe hervorgehoben
Basisdaten
Staat: Bulgarien
Oblast: Russe
Einwohner: 164.202 (15. Juni 2010)
Koordinaten: 43° 51′ N, 25° 58′ O43.85638888888925.97055555555645Koordinaten: 43° 51′ 23″ N, 25° 58′ 14″ O
Höhe: 45 m
Postleitzahl: 7000
Telefonvorwahl: (+359) 082
Kfz-Kennzeichen: P
Verwaltung
Bürgermeister: Plamen Stoilov
Webpräsenz: www.ruse-bg.eu
Russe - Bulgarien - Nachbarorte: Giurgiu, Bjala, Swischtow, Lewski, Gorna Orjachowiza, Targowischte, Popowo, Rasgrad, Oltenia, Bukarest
Luftbild von Rousse mit der Donau im Hintergrund

Russe, Rousse oder Ruse [ˈrusɛ] (bulgarisch Русе, deutsch (veraltet): Rustschuk) ist mit 166.056[1] Einwohnern die fünftgrößte Stadt Bulgariens. Die Industriestadt stellt auch das kulturelle Zentrum Nordbulgariens dar. Bestimmend dafür sind ein Schauspiel- und ein Opernhaus, eine Kunstgalerie, ein Fernsehturm sowie mehrere Hochschulen.

Russe ist die Hauptstadt der Oblast Russe, Sitz der gleichnamigen Gemeinde Russe wie auch Grenzstadt zu Rumänien. Der Stadtkern von Russe wurde vom bulgarischen Staat wegen der geschichtlichen Bedeutung und besonderen architektonischen Gestalt des Ensembles mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet.

Lage

Die Hafenstadt Russe liegt in der Donautiefebene an der Donau durchschnittlich 29 Meter über dem Meeresspiegel nahe der Mündung des Flusses Russenski Lom. Die ihr gegenüber am anderen Ufer der Donau liegende rumänische Grenzstadt ist Giurgiu. Mit Giurgiu ist Russe über die Giurgiu-Russe-Freundschaftsbrücke verbunden. Die Entfernung von Russe nach Bukarest beträgt 80 Kilometer, nach Sofia sind es 280 Kilometer.

Geschichte

Antike und Mittelalter

Früheste Siedlungsspuren stammen bereits aus dem 5. Jahrtausend v. Chr.[2]. Die Römer gründeten dort Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr. die Hafenstadt Sexaginta Prista (Stadt der 60 Schiffe). Sie war Stützpunkt der Donauflotte der Römer, welche die Aufgabe hatte, die Nordgrenze des Römischen Reiches gegen Überfälle der nördlich der Donau lebenden Völker zu schützen.

Die Stadt wird bis zum 5. Jahrhundert erwähnt, wobei der römische Name auf Pristis und später Pristapolis verändert wurde. Es ist anzunehmen, dass der Untergang der römischen Stadt mit den Einfällen der Awaren und Slawen im Jahre 586 zusammenhängt (siehe hierzu Balkanfeldzüge des Maurikios).

Im Mittelalter erlangten Durostorum und die landeinwärts gelegene Stadt Tscherwen strategische Bedeutung.

Osmanische Zeit

Tscherwen entstand südlich der heutigen Stadt Russe am Russenski Lom und existierte bis zu den Eroberungszügen der Osmanen. Bei ihrem anschließenden Wiederaufbau unter osmanischer Herrschaft erhielt sie den Namen Rustschuk.

Feldzüge unter Michail Witjasul am Ende des 16. Jahrhunderts führten zur Zerstörung von Russe in großen Teilen. Wegen ihrer strategisch wichtigen Lage an der Donau wurde sie zu einer Festung ausgebaut. Außerdem erlangte sie große wirtschaftliche Bedeutung.[2]

Blick über die Donau auf Russe,
Darstellung aus dem Jahr 1824

Um Reformen im Osmanischen Reich durchzuführen, wurde 1864 aus der Zusammenlegung der osmanischen Provinzen Silistra, Niš und Widin die Großprovinz Tuna mit Russe als Zentrum und Residenz des Verwalters Midhat Pascha errichtet. Rustschuk entwickelte sich zu einem Handelszentrum mit starker Festung. Viele europäische Konsulate wurden eröffnet; Hotels, Schulen und eine Bibliothek entstanden.

Die Entwicklung der Stadt wurde durch die Donauschifffahrt und durch die am 7. November 1866 eröffnete erste Eisenbahnlinie des Landes, Russe-Warna, die erste Endstation des Orient-Express, gefördert. Bereits 1878, im Jahr der Befreiung von der osmanischen Herrschaft, zählte Russe über 26.000 Einwohner und war die größte Stadt im damaligen Fürstentum Bulgarien.

Im unabhängigen Bulgarien

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Territorium Süd-Dobrudscha an Rumänien verloren, damit schwächte sich die Wirtschaftskraft der Stadt Russe. Sie verlor viele Einwohner und war damit nur noch die drittgrößte Stadt nach Sofia und Warna. Große Produzenten verließen den Ort, ausländische Konsulate wurden bis auf das Russische geschlossen.

Im September 1940 kam die Süd-Dobrudscha nach Verhandlungen wieder zu Bulgarien, Russe wurde Verwaltungszentrum und es erfolgte ein erneutes Wirtschaftswachstum. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wandelten sich die Besitzverhältnisse, aus zahlreichen vorherigen Privatunternehmen wurden staatliche Fabriken. Chemiebetriebe wurden angesiedelt, die Lampenherstellung eingeführt, ein großer Handelshafen wurde gebaut. Die 1954 eingeweihte neue Giurgiu-Russe-Freundschaftsbrücke zwischen Russe und der rumänischen Stadt Giurgiu ist die einzige Verbindung zwischen Rumänien und Bulgarien und damit über die Donau hinweg, was die Transportwege enorm verbesserte. Russe wurde in den 1970er-Jahren wieder ein bedeutendes Verkehrs-, Handels-, Kultur- und Bildungszentrum.

In den frühen 1980er-Jahren führte der Bau eines großen Chemiekombinats in Giurgiu auf rumänischem Territorium zur dauerhaften Luftverschmutzung in Russe, wodurch bis 1992 15.000 Personen die Stadt verließen. Die ökonomische Krise der gesamten Länder des RGW wirkte sich besonders stark in Russe aus, die Industrieprodukte konnten nicht mehr verkauft werden, Spezialisten gingen weg, die Zahl der Arbeiter nahm ständig ab.

Gegenwart

Das 1906 errichtete, 18 m hohe „Denkmal der Freiheit“ des florentinischen Bildhauers Arnoldo Zocchi erinnert an die Befreiung Bulgariens von der osmanischen Herrschaft

Die politischen Veränderungen in der Sowjetunion, in Polen und in der DDR bewirkten letztendlich auch einen demokratischen Wandel in Bulgarien und damit auch in Russe.

Seit dem Fall des Kommunismus gewinnt Russe seine Bedeutung zurück. Die Umweltverschmutzung konnte beseitigt werden, einige Industriebetriebe produzieren wieder, die Bevölkerungszahl stabilisierte sich bis zum Jahr 2000 auf rund 165.000. Schrittweise erlangte Russe seine Bedeutung als grundlegendes kulturelles und wirtschaftliches Zentrum in Nordbulgarien zurück. Die Mitgliedschaft in der EU führte zu neuen Investitionen und der Ansiedlung internationaler Handelsunternehmen. Seitdem auch Rumänien 2007 der EU beitrat, wurde Russe ein beliebtes Wochenendziel der Bukarester.

Bevölkerungsentwicklung
1878195919852000200520082009
26.00091.700[3]186.000ca. 165.000169.000166.991167.043

Wirtschaft und Infrastruktur

Russe ist Industriestadt mit der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, mit Maschinenbau, Flussschiffbau und Textil- und Ledererzeugung. In der Umgebung der Stadt werden Zuckerrüben und Weintrauben angebaut. Seit dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens in die EU nutzen rumänische Bürger den Preisunterschied für Konsumgüter und Dienstleistungen auf bulgarischer Seite.

Im Mai 2010 hat der deutsche Automobilzulieferer Witte Automotive die Produktion in Russe aufgenommen. In dem Werk werden Komponenten für Fahrzeugzugangssysteme gefertigt und an viele europäische Fahrzeughersteller geliefert.[4]

Verkehr

Die Stadt besitzt den größten bulgarischen Donauhafen und ist ein Eisenbahn- und Straßenverkehrsknotenpunkt. Über die mit Hilfe der Sowjetunion aus eher strategischen Gründen anfangs der 1950er-Jahre erbaute kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke nach Giurgiu (Freundschaftsbrücke) wird ein großer Teil der Aus- und Einfuhrgüter Bulgariens transportiert. Viele Touristen und Pendler im kleinen Grenzverkehr benutzen die Brücke, beklagen sich jedoch darüber, dass auf beiden Seiten eine nicht unerhebliche Brückenmaut erhoben wird, wovon nur ein geringer Teil in die Erhaltung des altersschwachen Bauwerks investiert wird.

Bildung

In Russe existieren alle Schultypen Bulgariens. Die Stadt ist Standort einer Universität sowie von Deutsch-, Englisch- und Europäischen Sprachengymnasien. Die große Bezirksbibliothek und die Musikschule gehören ebenfalls zum Bildungsangebot.

Politik

Konsulate und Vertretungen

In der Stadt gibt es diplomatische Vertretungen folgender Länder:

Städtepartnerschaften

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Theater und Museen

Russe besitzt ein Schauspielhaus, ein staatliches Opernhaus, ein Puppentheater und eine Philharmonie für das Städtische Sinfonieorchester. Die Staatsoper Russe wird von Ivan Kiurkchiev geleitet, der früher selbst Sänger war und von Giuseppe di Stefano ausgebildet wurde. Er ist Gewinner des Caruso-Wettbewerbs. Von nationaler Bedeutung sind auch das Volkstheater Sawa Ognjanow und die Gemäldegalerie. Die Stadt beherbergt ein historisches Museum, ein naturwissenschaftliches Museum, ein Verkehrsmuseum (in einem früheren Bahnhofsgebäude)[5] und die städtische Kunstgalerie.

Kirchengebäude

  • St.-Peter-Kirche
  • St.-Paul-vom-Kreuz-Kathedrale
  • orthodoxe St.-Georg-Kirche
  • Katholische Eparchy
  • Armenische Kirche
  • evangelisch-methodistische Kirche
  • Synagoge
  • Seid-Pascha-Moschee

Bauwerke

Von den rund 200 architektonisch bedeutsamen Bauten sind die folgenden besonders hervorzuheben:[5]

  • das Theater (Dochodno sdanie),
  • der Sparkassenkomplex,
  • das Haus der Industrie- und Handelskammer,
  • das Haus der Seefahrt,
  • der Klub der Kulturschaffenden.

Die größte Gedenkstätte Russes ist das 1979 fertiggestellte Pantheon der Kämpfer der Wiedergeburt, dessen große vergoldete Kupel bei klarem Wetter weithin zu sehen ist. In ihm sind 453 namhafte Freiheitskämpfer bestattet.[2]

Beim neuen Bahnhof ist ein Festungstor aus der Türkenzeit sehenswert.

Der 204 Meter hohe Fernsehturm mit Aussichtsplattform ist das höchste Gebäude Bulgariens. Auffällig im Zentrum der Stadt sind die vielen historistischen Wohn- und Geschäftshäuser aus der Zeit der Jahrhundertwende. Die Stadt wird deswegen gern „Klein Wien“ genannt. - Erwähnenswert ist außerdem das Gerichtsgebäude.

Am Donauufer befindet sich das Hotel Riga, ein 22 Stockwerke hohes Hotel, das einen weiten Blick über die Stadt, die Donau, den Hafen bis nach Rumänien bietet.

Denkmäler

Das Theater Sava Ognianov
  • Freiheitsstatue mit Bulgarischen Löwen vor dem Postament, gegenüber dem Rathaus. Sie stammt aus der Werkstatt des italienischen Bildhauers Arnoldo Zocchi und ist dem New Yorker Original nachempfunden.
  • Denkmal für die Rote Armee (Aljoscha-Monument)
  • Denkmal für die im Serbisch-Bulgarischen Krieg 1885 Gefallenen des 5.-Donau-Infanterie-Regiments auf dem Alexander-Batenberg-Platz
  • Denkmal für Stefan Karadscha, einem Heerführer des Befreiungskampfes im 19. Jahrhundert
  • Denkmal für Angel Kantschew
  • Denkmal für Iwan Wedar

Veranstaltungen

  • Internationales klassisches Musikfestival (im März; seit 1961)[6]
  • BG MediaMarket Medienfestival (im Oktober)[7]
  • Skater-Festival Collision Course (im Mai; seit 2007)[8]
  • Literarischer Frühjahrssalon (im April/Mai; seit 2008)[9]

Bibliotheken

Umgebung

Nördlich von Russe, ungefähr sechs Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, findet man die sogenannte "Brücke der Freundschaft" - die mit 2,8 Kilometer längste Stahlbrücke Europas. Sie besteht aus zwei Etagen - oben fahren Autos, unten die Eisenbahn. Gebaut wurde sie im Jahre 1954, restauriert 2003 mit Geldern der Europäischen Union.

Elf Kilometer östlich der Stadt liegt der Waldpark Lipnik mit Hotel, Gaststätte, zahlreichen Ferienheimen, Sportanlagen und einem Campingplatz.

Unweit der Stadt Russe, nahe Iwanowo, befindet sich der Naturpark Russenski Lom mit den zum UNESCO-Weltkulturerbe zählenden Felskirchen von Iwanowo. Bei Basarbowo befindet sich das Basarbowski Höhlenkloster.

Söhne und Töchter der Stadt

Weblinks

 Commons: Russe – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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