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Salo Drucker

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Gedenktafel für Salo Drucker

Salomon Siegfried Drucker, genannt Salo (geb. 17. September 1885 in Lissa, Provinz Posen; gest. 19. August 1940 im KZ Sachsenhausen) war ein deutscher Kinderarzt, Sozialmediziner und NS-Opfer.

Leben

Drucker absolvierte von 1904 bis 1909 ein Medizinstudium an der Universität Berlin und wurde anschließend in Berlin approbiert und zum Dr. med. promoviert. Ab 1910 spezialisierte er sich als Assistenzarzt in Berlin auf Pädiatrie. Er trat der SPD bei und engagierte sich im Bereich der Gesundheitspolitik für den Zentralbildungsausschuss als „Wanderredner“. Daneben veröffentlichte er zu medizinischen Themen und zur sozialen Lage. Nach dem Ersten Weltkrieg war er von 1919 bis 1922 Gemeinde- und Schularzt in Berlin-Reinickendorf.

Von 1922 bis zu seiner Entlassung 1933 war er erster Stadtarzt des Bezirks Wedding, wo er ebenfalls gesundheitspolitisch wirkte. Als Leiter des örtlichen Gesundheitsamts in einem von materieller Not geprägten Arbeiterbezirk baute er das Gesundheitswesen aus. Unter seiner Leitung standen unter anderem das Schulgesundheitswesen, die Trinker- und Tuberkulosefürsorge, das Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhaus, die Kinderfürsorge, das Badewesen sowie Beratungsstellen für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Im Bereich der Sozialmedizin referierte er auf Veranstaltungen und organisierte Ausstellungen zu hygienischen Fragestellungen. Dabei kooperierte er mit Georg Benjamin und Alfred Grotjahn. Drucker warb insbesondere für die Alkoholabstinenz bei Arbeitern und der Jugend durch Aufklärung, Schriften und Schaffung alkoholfreier Räume. Er gehörte dem Vorstand des Deutschen Arbeiter-Abstinenten-Bundes und der Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Alkoholgegner an. Des Weiteren trat er 1924 dem Verein sozialistischer Ärzte bei.[1]

„Jede Maßnahme zur Einschränkung des Alkoholkonsums stößt nicht nur auf erbittertsten Widerstand des materiell interessierten Alkoholkapitals, sondern auch aller bürgerlicher Parteien, die in der alkoholischen Durchfeuchtung des Proletariats eines ihrer Herrschaftsmittel erblicken […] Die Arbeiterklasse muß sich auch vom Alkohol selbst befreien.“

Salo Drucker: Alkohol und Proletariat, 1928.[2]

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde er aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums am 15. April 1933 als Jude und Sozialdemokrat aus dem Amt des Stadtarztes entlassen. Anschließend emigrierte er in die Schweiz, wo er jedoch nicht praktizieren durfte. Auch weil er Gefahr lief seine Pensionsansprüche in Deutschland zu verlieren, kehrte er 1934 mit seiner Frau nach Berlin zurück. Nach erfolglosen Versuchen in die USA oder nach England zu emigrieren zog er 1935 von Berlin-Frohnau nach Berlin-Wilmersdorf, wo er in seiner Wohnung eine Privatpraxis einrichtete. Dort behandelte er jüdische Kinder und konnte nach dem Entzug seiner Approbation zuletzt nur noch als jüdischer Krankenbehandler praktizieren. Am 11. Juni 1940 wurde Drucker in seiner Wohnung durch Beamte der Gestapo festgenommen, in das Gestapogefängnis Prinz-Albrecht-Straße 8 verbracht und im Polizeipräsidium vernommen, da er der Verbreitung von „Gräuelpropaganda“ beschuldigt wurde. Mitte Juli 1940 wurde er in das KZ Sachsenhausen eingewiesen, wo er bereits einen Monat später starb.[1] Angeblich soll er an einer Lungenentzündung gestorben sein. Seine Asche wurde auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee beigesetzt.[3]

Stolperstein für Salo Drucker

Zu Druckers Erinnerung wurde am 19. August 1990 in Berlin-Wedding eine Gedenktafel in der Reinickendorfer Straße 60a enthüllt. Im Stadtteil Wilmersdorf wurde zu seinem Gedenken an seinem letzten Wohnort in der Fasanenstraße 59 ein Stolperstein verlegt.[3] Dort befindet sich auch ein Stolperstein für seine Ehefrau Liesbeth, geborene Sachs (1884-1941). Das Paar blieb kinderlos. Die Sozialdemokratin unterstütze ihren Mann bei seinem Vorgehen gegen den Alkoholismus. Mit einem Transport wurde sie am 27. November 1941 vom Bahnhof Grunewald aus nach Riga verbracht und dort in einem nahen Waldstück mit den weiteren 1053 Deportierten am 30. November 1941 erschossen.[4]

Schriften (Auswahl)

  • Die Geschlechtskrankheiten : Ein Vortragsgrundr. mit 33 Bildern, Zentralbildungsausschuß der sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Berlin 1915
  • Vom Rauchen und Trinken, G. Birk & Co. m. b. H., München 1927
  • Der Sinn der sozialistischen Abstinenzbewegung, Deutscher Arbeiter-Abstinenten-Bund, Berlin 1927
  • Alkoholismus und Arbeiterwohlfahrt, Hauptausschuß f. Arbeiterwohlfahrt, Berlin 1929
  • Alkoholkranken-Fürsorge und Krankenkassen, Verb. Schweizer. Fürsorgestellen f. Alkoholgefährdete, Bern 1934

Literatur

  • Eduard Seidler: Jüdische Kinderärzte 1933–1945. Entrechtet – Geflohen – Ermordet. Jewish Pediatricians – Victims of Persecution 1933–1945. S. Karger, Basel 2007, ISBN 9783805582841, S. 147f.
  • Heinz Domeinski: Dr. med. Salo Drucker—erster Stadtarzt im Wedding. In Bernhard Meyer, Hans Jürgen Mende (Herausgeber): Berliner jüdische Ärzte in der Weimarer Republik, Luisenstädtischer Bildungsverein, Berlin 1996; S. 41-81.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Eduard Seidler: Jüdische Kinderärzte 1933–1945. Entrechtet – Geflohen – Ermordet, Basel 2007, S. 147f.
  2. Zitiert bei Eduard Seidler: Jüdische Kinderärzte 1933–1945. Entrechtet – Geflohen – Ermordet, Basel 2007, S. 148
  3. 3,0 3,1 Stolpersteine in Berlin. Monika Hein: Salo Siegfried Drucker
  4. Stolpersteine in Berlin. Monika Hein: Liesbeth Drucker (geb. Sachs)
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Salo Drucker aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.