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Schwarzes Bilsenkraut

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Schwarzes Bilsenkraut
Hyoscyamus niger

Hyoscyamus niger

Systematik
Asteriden
Euasteriden I
Ordnung: Nachtschattenartige (Solanales)
Familie: Nachtschattengewächse (Solanaceae)
Gattung: Bilsenkräuter (Hyoscyamus)
Art: Schwarzes Bilsenkraut
Wissenschaftlicher Name
Hyoscyamus niger
L.
Habitus
Hyoscyamus niger, Früchte und Samen

Das Schwarze Bilsenkraut (Hyoscyamus niger), auch „Hexenkraut“, ist eine Pflanze aus der Gattung der Bilsenkräuter aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae).

Beschreibung

Die krautige Pflanze wird meist 30 bis 60 (in Extremfällen bis ca. 170) Zentimeter hoch. Die Wurzel ist spindelförmig und nach oben hin rübenförmig, der Stängel ist klebrig. Die Blätter sind länglich-eiförmig und grob buchtig gezähnt. Die unteren Blätter umfassen den Stängel, die oberen sind schmal gestielt.

Bilsenkraut kann – je nach Zeitpunkt der Keimung – ein- oder zweijährig sein. Bei zweijährigen Pflanzen erscheint im ersten Jahr nur eine Blattrosette. Im darauffolgenden Jahr kommt die Pflanze dann zur Blüte. Den einjährigen Pflanzen fehlt oft der purpurne Blütenfarbstoff.

Die trichterförmige Blüte ist schmutzig gelblich weiß und violett geadert. Die Blüten sind in den Blattachseln angeordnet. Die Frucht ist eine bauchige circa 1,5 Zentimeter lange Deckelkapsel, die vom Kelch umschlossen wird. Der Samen ist graubraun, grubig vertieft und circa 1 mal 1,3 Millimeter groß.

Die Blütezeit erstreckt sich im Wesentlichen über die Monate Juni bis Oktober.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 34, seltener 68.[1]

Ökologie

Das Schwarze Bilsenkraut ist einjährig (sommer- oder winterannuell) oder zweijährig. Durch seine klebrigen Drüsenhaare riecht es unangenehm; es wurzelt bis 55 cm tief.

Die Blüten sind homogame „Große Trichterblumen“. Es ist eine typische Langtagpflanze und blüht erst ab einer Tageslänge von mindestens 11 Stunden. Die Staubfäden sind am Grunde behaart und wirken als Saftdecke, die den Zugang zum Nektar erschwert; aber es bleiben drei spaltförmige Öffnungen frei. Der Nektar wird von den unteren Fruchtknotenhälften abgeschieden und im unteren Teil der Kronröhre gesammelt. Bestäuber sind Hummeln, aber auch andere Blütenbesucher können eine Selbstbestäubung bewirken. Die Blütezeit erstreckt sich im Wesentlichen über die Monate Juni bis Oktober.

Die Früchte sind Deckelkapseln, die nach der Blüte auf einem kurzen starren Stiel stehen. Sie tragen 300–400 Samen pro Kapsel. Nach der Samenreife vergrößert sich der Kelch, wird zum Windfang, so dass die Kapsel bei starkem Wind zum Windstreuer wird. Durch den klebrig-drüsigen Kelch und die stachelspitzigen Kelchzipfel wird die Fruchtkapsel auch zum Tierstreuer. Es findet aber auch Menschenausbreitung statt, so dass die Pflanze zum Kulturbegleiter und Kulturrelikt wurde. Fruchtreife ist von August bis Oktober. Die Samen sind Wärmekeimer und bleiben über 600 Jahre keimfähig.

Verbreitung und Standorte

Das Schwarze Bilsenkraut ist in Eurasien und Afrika weit verbreitet: von Skandinavien bis Südeuropa, in Nord- und Westasien, in Nordindien und Nordafrika. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Art sehr zerstreut bis selten im ganzen Gebiet zu finden.

Schwarzes Bilsenkraut wächst in Schuttunkrautgesellschaften, an Wegrändern, Mauern und so weiter. Es bevorzugt frische, nährstoff- und stickstoffreiche Sand- oder Lehmböden. Es ist in Mitteleuropa eine Charakterart des Onopordetum acanthii aus dem Onopordion-Verband.[1]

Inhaltsstoffe und Giftigkeit

Die ganze Pflanze ist sehr stark giftig, besonders aber die Wurzeln und die Samen. Die Blätter sind in Mengen über 0,5 g giftig. Etwa 15 Samen sind für Kinder tödlich.

Hauptwirkstoffe: In den Blättern findet man einen Gesamtalkaloidgehalt von 0,06-0,17 %, in den Wurzeln 0,08 %, in den Samen 0,05-0,3 %. Dazu gehören die Alkaloide: (–)-Hyoscyamin (bei Isolierung entsteht das Racemat Atropin) und (–)-Scopolamin (stellen 40 % der Gesamtalkaloide dar), sowie weitere Alkaloide wie Apoatropin, Cuskhygrin und andere.

Mehltaupilze senken den Alkaloidgehalt der Pflanze.

Da die Verwendungsmöglichkeit des Bilsenkrauts als Rauschmittel seit langem bekannt ist und sein Ruf als Hexenpflanze es für manche sehr interessant macht, werden immer wieder Selbstversuche mit Extrakten des Bilsenkrauts vorgenommen. Da jedoch einerseits die Grenzwerte von berauschender und toxischer Dosis sehr nahe beieinanderliegen und andererseits der Wirkstoffgehalt (bei variabler Wirkstoffzusammensetzung) drastisch schwankt, können sehr schnell schwere Vergiftungen auftreten, die aufgrund der hohen Toxizität der Stoffe auch tödlich enden können. Die tödliche Dosis liegt bei Scopolamin bei 50 mg, niedrigere Dosen können jedoch bereits durch Atemlähmung den Tod herbeiführen.

Vergiftungssymptome: Hautrötung, trockener Mund, Unruhe, Schläfrigkeit oder Halluzinationen, Verwirrtheit, Pupillenerweiterung, Herzrhythmusstörungen und komatöse Zustände, Bewusstlosigkeit und Tod durch Atemlähmung.

Die Rauschwirkung kann mehrere Tage bis zu einer Woche anhalten. Irreversible Schäden wie Gedächtnisverluste und Verhaltensstörungen können aufgrund der Neurotoxizität der Inhaltsstoffe auftreten.

Medizinische Anwendung

Apothekengefäße für Hyoscyamuspräparate aus dem 19. Jahrhundert
Schwarzes Bilsenkraut, Illustration

In der Volksheilkunde wurde die narkotisch und halluzinogen wirkende Pflanze als krampflösendes Mittel und als Räuchermittel bei Asthma bronchiale eingesetzt. Die Blätter und auch die leicht dosierbaren Samen des Bilsenkrautes werden wegen ihres berauschenden Effekts geraucht. Heute ist der Einsatz als obsolet anzusehen, da der Wirkstoffgehalt stark schwankt und es häufig zu Vergiftungen kam.

In der Homöopathie wird Bilsenkraut als Konstitutionsmittel bei hochgradigen Erregungszuständen mit Halluzination, Hysterie, Manie und Lähmung der Schließmuskeln (Darm, Blase) sowie gegen „Kitzelhusten“, Krämpfe, Delirien, Schlaflosigkeit und Durchfall eingesetzt. Zur Herstellung der Urtinktur wird die ganze Pflanze im blühenden Zustand verwendet. Extrakte des Bilsenkrauts wurden auch zur Herstellung von Laudanum verwendet.

Bis ins 17. Jahrhundert wurde auch Bier mit den Samen des Bilsenkrautes versetzt, um seine Wirkung zu verstärken.

Obwohl verschiedene Quellen angeben, dass auch der Name der Stadt Pilsen, aus der das bekannte Pilsner Bier stammt, in Zusammenhang mit dem Anbau des Bilsenkraut ("Pilsenkraut") steht,[2] ist diese (volks-)etymologische Zuordnung umstritten.[3][4]

Literarisch gewann das Bilsenkraut in den deutschen Shakespeare-Übersetzungen an Publizität, indem das Gift Hebenon, mit dem Hamlets Onkel dessen Vater vergiftete, als Bilsenkraut übersetzt wurde – die eigentliche Interpretation von Hebenon bleibt jedoch umstritten:

„Da ich im Garten schlief
Beschlich dein Oheim meine sich’re Stunde
Mit Saft verfluchten Bilsenkrauts im Fläschchen
Und träufelt’ in den Eingang meines Ohres
Das schwärende Getränk!“

Literatur

Weblinks

 Commons: Schwarzes Bilsenkraut – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim), ISBN 3-8001-3131-5, S. 820.
  2. Christian Rätsch: Urbock oder echtes Bier. 29. Juli 2015. Abgerufen am 26. August 2015: „Diese ehemaligen Anpflanzungen leben in verschiedenen Ortbezeichnungen bis heute fort, z.B. Bilsensee, Billendorf, Bilsengarten und vor allem im böhmischen Pilsen. So hat die Stadt, nach der unser modernes, stark gehopftes Bier »Pilsner« heißt, seinen Namen selbst vom Bilsenkraut, das dem echten »Pilsener Bier«, nämlich dem Bilsenkraut-Bier seinen Namen verlieh! In der Schweiz lebt der alte Name pilsener krut in der Bezeichnung Pilsenkraut bis heute fort.
  3. Profous, A. 1951: Místní jména v Čechách. Praha, S. 382-384
  4. Opium fürs Volk: Natürliche Drogen in unserem Essen von Andrea Fock, Jutta Muth, Udo Pollmer, Monika Niehaus
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