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Sehbehinderung
Klassifikation nach ICD-10 | ||
---|---|---|
H54 | Blindheit und Sehschwäche | |
ICD-10 online (WHO-Version 2013) |
Eine Sehbehinderung ist eine meist dauerhafte massive Einschränkung der visuellen Wahrnehmungsfähigkeit. Man teilt sie allgemein in Schweregrade ein, die sich in der Regel am verbliebenen Ausmaß der Sehschärfe des besseren Auges orientieren (Sehrest). Die ausgeprägteste Form einer Sehbehinderung ist die Amaurose, die vollständige Form der Blindheit ohne jegliche optische Reizverarbeitung. Als Ursache können unterschiedliche organische, funktionelle oder optische Störungen in Frage kommen. Von diesen wiederum hängen Prognose und therapeutische Maßnahmen ab.
Zum Begriff der Sehbehinderung
Die Kriterien dafür variieren je nach der verwendeten Definition (z. B. WHO, dt. Sozialgesetzbuch etc.).
Einstufungen nach dem Berufsverband der Augenärzte in Österreich und Deutschland
- Sehbehinderung: bis zu einer maximalen Sehschärfe (Visus) von 0,3 auf dem besseren Auge
- hochgradige Sehbehinderung: bis zu einer maximalen Sehschärfe (Visus) von 0,05 auf dem besseren Auge
- Blindheit: bis zu einer maximalen Sehschärfe (Visus) von 0,02 auf dem besseren Auge
- Amaurose: keinerlei Lichtwahrnehmung und optische Reizverarbeitung mehr vorhanden
Auch eine Einschränkung des Gesichtsfeldes auf weniger als 5 Grad gilt als Blindheit.
Die Werte gelten jeweils für eine Messung mit bestmöglicher Korrektur oder Sehhilfe (z.B. Brille oder Kontaktlinsen).
Weitere Formen
Partiell-funktionale Sehbehinderungen sind Farbenblindheit oder Nachtblindheit. Zudem fallen auch bestimmte Erkrankungen bzw. Symptomatiken unter den Begriff der Sehbehinderung, auch wenn sie nicht den gesetzlichen Kriterien entsprechen. Hierzu zählen bspw. Halbseitengesichtsfeldausfälle, Doppelbilder, Blickparesen, Visueller Neglect oder Formen kortikaler Blindheit.
Ursachen
Die Ätiologie von Sehbehinderungen kann sehr vielfältig sein. Zu den Ursachen gehören zum Beispiel
- organische Veränderungen und Erkrankungen des Auges, insbesondere der Netzhaut, zum Beispiel Makuladegenerationen
- neurologisch bedingte Behinderungen des Sehnerven und der übergeordneten Zentren durch bspw. Tumore, Aneurysmen, Schlaganfall, Entzündungen etc.
- funktionelle Behinderungen wie eine hochgradige Amblyopie
- Augenmuskelgleichgewichtsstörungen wie der Nystagmus
Prinzipiell lassen sich erworbene Behinderungen von angeborenen unterscheiden.
Auswirkungen
Sehbehinderte haben häufig mit Vorurteilen zu kämpfen. Sie haben oft große Probleme damit, dass sie von Menschen, die sich mit dem Thema nicht auskennen, missverstanden und manchmal sogar als Simulant betitelt werden. Aus diesem Grund scheuen sich viele Sehbehinderte davor, sich zu kennzeichnen, was sowohl für sie als auch für andere Verkehrsteilnehmer die Sicherheit erhöhen würde. Viele Menschen ahnen nicht, dass es so viele Sehbeeinträchtigungen gibt, die nicht korrigiert werden können und bei denen nicht einmal eine Brille getragen wird. Nichtbetroffene können oft nicht verstehen, dass Sehbehinderte etwas nicht sehen können, dafür aber an anderer Stelle scheinbar normal sehen und keine Hilfe benötigen. Ein Phänomen, das Unverständnis hervorruft ist bspw. ein Mensch mit Tunnelblick (sehr eingeengtem Gesichtsfeld), der sich kaum orientieren kann und auf einen Blindenstock angewiesen ist, der sich dann aber hinsetzt und eine Zeitung liest. Zudem kann das Sehvermögen bspw. von der Tagesform des Betroffenen, der Anstrengung, der das Auge bereits ausgesetzt war oder den Lichtverhältnissen abhängen. Ein Sehbehinderter verhält sich daher nicht immer gleich, was zu Irritationen führen kann. Ein Hauptanliegen der Sehbehindertenverbände ist daher Aufklärung.
Kenntlichmachungen für sehbehinderte und blinde Menschen
Österreich
Gemäß § 3 Straßenverkehrsordnung (StVO), dem Vertrauensgrundsatz, werden „Sehbehinderte mit weißem Stock oder gelber Armbinde“ ausdrücklich davon ausgenommen, dass der „Straßenbenützer vertrauen darf, dass [diese] Personen die für die Benützung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen“[1] (Weil „diese Menschen besonderer Aufmerksamkeit durch andere Verkehrsteilnehmer bedürfen“[2]).
Diese ausdrücklich geforderte Kennzeichnung ist in der StVO und auch sonst nicht rechtlich geregelt näher gewesen, eingebürgert war seit Langem ein Symbol mit drei im Dreieck angeordneten schwarzen Punkten auf gelben Grund, wie es auf der Armbinde getragen wurde. Die Herkunft dieses Zeichens ist unklar, sie könnte in Bezug zur Braille-Schrift stehen, ist aber wohl primär ein rein ikonographisch auffallendes Zeichen. Allgemein galt zwei Punkte oben, ein Punkt unten für ‚sehbehindert oder blind‘, ein Punkt oben, zwei Punkte unten für ‚hörbehindert oder gehörlos‘.[3]
Die österreichischen Blindenverbände waren schon länger bemüht, „eine Armbinde in neuem Design und modernen Stoffqualitäten zu entwickeln, die auch bei Dunkelheit besser erkennbar ist.“[4] Außerdem wollte man die „stigmatisierenden drei schwarzen Punkte durch ein anderes, eindeutiges und international möglichst gleichartiges Symbol“[4] ersetzen. Da seitens Gesetzgebers keine Einwände bestanden, wurde mit der ÖNORM V 2106:2002-08-01 Gelbe Armbinden für blinde und sehbehinderte Menschen - Gestaltung und Abmessungen[5] ein neues, verbindliches Logo geschaffen. Der „Mensch mit Langstock“ ist schon länger in Südwesteuropa üblich,[3] und wurde nach ÖNORM als „schwarze geschlechtsneutrale Person mit Blinden-Langstock auf gelbem Grund“[6] definiert. Mit der StVO-Novelle 2005 waren auch hörbehinderte und gehörlose Menschen nicht mehr vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen, sodass das traditionelle Symbol kein eindeutiges Kennzeichen der Zielgruppe des § 3 mehr darstellte.[6]
Die neue Blindenarmbinde ist neben dem Logo mit rückstrahlenden Elementen und eingenähten reflektierenden Gewebestreifen versehen.[7] Der Blindenstock muss mindestens zu zwei Drittel Teilen weiß sein, und sollte ebenfalls mit reflektierenden Elemente versehen sein. Die Kennzeichnung eines sehbehinderten oder blinden Straßenverkehrsteilnehmers „liegt in dessen Eigenverantwortung und Eigeninteresse.“[8] Eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht gibt es nicht,[6] eine verwendete Kennzeichnung ist aber für die anderen Verkehrsteilnehmer bindend.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapiemöglichkeiten hängen stark von Ausmaß und Ursache der Behinderung ab. Eine vollkommene Restitution ist selten möglich, und nicht selten werden entsprechende Rehabilitationsmaßnahmen notwendig.
Siehe auch
Literatur
- Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales
- Leitlinien Nr. 07 vom Berufsverband der Augenärzte Deutschlands
- Andreas Schaufler, Low Vision, DOZ Verlag, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-942873-06-2
- Andreas Schaufler, Low Vision – komplett überarbeitete Neuauflage, DOZ Verlag, Heidelberg 2013, ISBN 978-3-942873-14-7
Weblinks
- Leitlinie Nr. 7 des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA):Versorgung von Sehbehinderten und Blinden (PDF; 76 kB)
- Definition Blind und Sehbehindert auf der Seite Integrationskinder
- Sehbehinderungssimulator
- Nachschlagewerk Augenkrankheiten beim BFS-NRW
- ich sehe so, wie Du nicht siehst - broschüre des DBSV
Verbände:
- Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ)
- Deutsche Blindenstudienanstalt (BLISTA)
- Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. - DBSV
- Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf - DVBS
- Netzwerk berufliche Teilhabe blinder und sehbehinderter Menschen (Deutschland)
- Pro RETINA Deutschland e. V. - Pro Retina Deutschland, Selbsthilfevereinigung von Menschen mit Netzhautdegenerationen
- Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs
Sonstiges:
- incobs.de – Informationspool Computerhilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte
- [1] - Informationskampagne zur beruflichen Teilhabe sehbehinderter Menschen
Einzelnachweise
- ↑ Zitat § 3 StVO
- ↑ Zitat Vorbemerkungen zur ÖNORM V 2106
- ↑ 3,0 3,1 Wolfgang Kremser: Die neue gelbe Armbinde für sehbehinderte und blinde Menschen. In: Der Durchblick. Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich, S. Durchgeblickt > Wissenswertes, abgerufen am 14. April 2010.
- ↑ 4,0 4,1 Zitat Kremser: Die neue gelbe Armbinde
- ↑ ÖNORM V 2106 - Norm-Kurzinformation. Österreichische Baudatenbank, Austrian Standards
- ↑ 6,0 6,1 6,2 Wolfgang Kremser: Kennzeichnung von sehbehinderten und blinden Menschen im Straßenverkehr gemäß österreichischer Straßenverkehrsordnung § 3 - Vertrauensgrundsatz. In: Blinde und sehbehinderte Menschen in Österreich - Probleme und Lösungen. 29. März 2008, abgerufen am 14. April 2010.
- ↑ Martin Ladstätter: Die neue Blindenarmbinde. In: BIZEPS-INFO. BIZEPS - Zentrum für Selbstbestimmtes Leben, 15. Oktober 2003, abgerufen am 14. April 2010 (mit Abb.).
- ↑ Zitat Kremser: Kennzeichnung
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