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Gesichtsfeld
Mit Gesichtsfeld bezeichnet man in der Physiologie und Augenheilkunde alle zentralen und peripheren Punkte und Gegenstände des Außenraums, die bei ruhiger, gerader Kopfhaltung und geradeaus gerichtetem, bewegungslosem Blick visuell wahrgenommen werden können, auch ohne sie direkt zu fixieren. Durch variierende Größe und Leuchtdichte stellen diese Punkte zudem unterschiedliche Anforderungen an die Qualität der Wahrnehmung und ermöglichen so eine Beurteilung der visuellen Sensibilität einzelner Netzhautareale.
Man unterscheidet das monokulare Gesichtsfeld des jeweils rechten und linken Auges vom binokularen Gesichtsfeld beider Augen. Bei einem Erwachsenen beträgt seine horizontale Ausdehnung beider Augen zusammen bis etwa 180°, die vertikale zirka 60° nach oben und 70° nach unten.[1] Zum äußeren Rand hin reduziert sich die Wahrnehmung auf sich bewegende Objekte, eine Mustererkennung ist hier nicht mehr möglich.
Die quantitative, funktionelle Prüfung und Vermessung des Gesichtsfeldes nennt man Perimetrie. Diese Untersuchung hat nicht nur für lokale Erkrankungen eine hohe Bedeutung, sondern unterstützt in vielen Fällen auch ganz entscheidend die neurologische Diagnostik.[2] Eine überschlägige, qualitative Prüfung erfolgt mit dem Verfahren des sogenannten Konfrontationsgesichtsfeldes.[3]
Einschränkungen und Defekte
Natürliche Einschränkungen des Gesichtsfeldes sind je nach Größe und Ausprägung die Nase, Augenbrauen und Wangenknochen. Auch die Lage des Augapfels innerhalb der Augenhöhle (Orbita) hat Einfluss auf das Gesichtsfeld. Ein teilweises oder vollständiges Herabhängen des Oberlides (Ptosis) führt ebenfalls zu einer Gesichtsfeldeinschränkung.
Ein zwar vollständiger, aber nicht krankhafter Gesichtsfeldausfall ist der so genannte Blinde Fleck, diejenige Stelle des Augenhintergrunds, an der der Sehnerv in das Auge eintritt.
Pathologische Gesichtsfeldausfälle werden ihrer Qualität entsprechend als relativ (unterschiedlich ausgeprägte Herabsetzung der visuellen Sensibilität) oder absolut (Fehlen jeglicher visueller Sensibilität) eingestuft. Man nennt diese Ausfälle Skotome. Sie werden in der Regel durch krankhafte Veränderungen an der Netzhaut, dem Sehnerv oder dem Sehzentrum verursacht. Ausfälle können zentral und/oder peripher lokalisiert sein, wobei zentrale Ausfälle direkt Auswirkungen auf die Sehschärfe haben und abhängig sein können von dem vorhandenen Farbspektrum. Die Größe der Skotome kann dabei sehr unterschiedlich sein. Weitere klassische Gesichtsfelddefekte kennt man zum Beispiel als Hemianopsie (halbseitige Gesichtsfeldausfälle), Quadrantenausfälle oder als so genanntes Bjerrum-Skotom bei einem Glaukom.
Ovales, variables Gesichtsfeld
Das Gesichtsfeld hat eine gewölbte ovale Form. Die genaue Größe unterliegt individuellen Schwankungen. Bei Kindern und alten Menschen ist es etwas verkleinert. Die gelbe Linie im unteren rechten Bild zeigt den mittleren Winkelbereich der schwarz/weiß Wahrnehmung eines linken Auges. Er erstreckt sich von fast 90° auf der linken Seite bis 60° zur Nase hin. Zum Boden hin überschreitet er 70°, nach oben nähert er sich 60°. Die Farbempfindung für blau setzt bei 70° ein, gefolgt von grün (nicht eingezeichnet) und rot bei 50°. Nur im inneren Bereich der roten Kurve ist eine farbgetreue Wahrnehmung möglich. Der Sehfokus ist auf einen kleinen Bereich von weniger als 1° (Radius) im Zentrum begrenzt. Er ist deutlich kleiner als der blinde Fleck, eingezeichnet als dunkelgrauer Kreis, etwa 12° links der Mitte.
Die geringe Rezeptordichte auf der Netzhaut (Retina) liefert ein niedrig aufgelöstes Bild. Nur der Fokus im Zentrum ist scharf, aber so klein, dass er im Bild fast gar nicht zu erkennen ist. Am äußeren Rand sieht das Auge nur Grautöne. Von außen nach innen folgen die Blauwahrnehmungsgrenze, die Rot- sowie die Grünwahrnehmungsgrenze. D.h., die grüngelbe Linie in der Abbildung links markiert die Wahrnehmungsgrenze, nicht die Grünwahrnehmungsgrenze. Der blinde Fleck liefert gar keine Bildinformation. Sakkaden und Bewegungen des Kopfs verwackeln das Bild.
Die visuelle Wahrnehmung ist eine Leistung des Gehirns, das die Informationen der Retina zu einem inneren Bild der Umwelt auswertet. Beispielsweise verursachen Sakkaden im Bewusstsein keine Bildsprünge, sondern sie vergrößern unbewusst den Bereich fokussierten Sehens. Der blinde Fleck ist wirklich blind. Die fehlende Information erscheint nicht etwa als schwarzer Bereich. Stattdessen werden Farbwerte aus der Umgebung interpoliert, um den Eindruck eines geschlossenen Bildeindrucks zu vermitteln. Deshalb sind auch Schädigungen der Netzhaut wie bei Glaukomen subjektiv schwer feststellbar.
Subjektives Gesichtsfeld
Der Eindruck vom Gesichtsfeld hängt auch von der Körperlage ab: Im Liegen wirkt das Oval umgekehrt geformt und bei flachem Horizont scheinen die zwei Horizontpunkte hinter dem Scheitelpunkt und fußwärts weiter voneinander entfernt zu sein als die zwei seitlichen Punkte. Dies geht vermutlich auf Beziehungen zwischen der Bildverarbeitung im Gehirn und dem Gleichgewichtssinn zurück.
Das Gesichtsfeld wird kleiner, wenn man sich mit hoher Geschwindigkeit fortbewegt. Es entsteht ein Röhrengesichtsfeld (auch: Tunnelblick). Alkohol, Medikamente oder psychische Dispositionen können ebenfalls Einfluss auf die Größe des Gesichtsfeldes haben.
Gesichtsfeld von Tieren
Das Gesichtsfeld anderer Lebewesen unterscheidet sich von dem des Menschen teilweise recht deutlich:
- Frosch ca. 330°
- Fliegen ca 300° (Facettenaugen)
- Turmfalke 300°
- Krokodil 290°
- Schleiereule 160°
- Schnecken (Napf- und Lochaugen) etwa 100° bis 200°
- Quallen und Würmer (Flachaugen) 100° bis 180°, bei mehreren Augen - zusammen genommen - größer.
Die einfachen Augen (Gruben-, Flach- und Punktaugen) sowie Napf- und Lochaugen sind allerdings nicht bildgebend, sondern geben nur ungefähre Richtungen an. Echte Bilder erzeugen erst die Facettenaugen höherer Insekten durch die Gruppierung länglicher Lichtkanäle, sowie die Linsenaugen größerer Tiere. Fluchttiere wie Pferde oder Kaninchen, die ein großes Blickfeld grob überschauen müssen, tragen die Augen seitlich am Kopf, während Raubtiere, wie Katzen, die überlappende Blickfelder mit guter räumlicher Auflösung benötigen, die Augen vorn und eng beisammen tragen.
Abgrenzung
Vom Gesichtsfeld zu unterscheiden ist das Blickfeld, das auf der zentralen Fixation von Gegenständen mit Hilfe von Augenbewegungen und Kopfbewegungen beruht und nicht von unterschiedlicher, sensitiver Empfindlichkeit beeinflusst wird.[4]
Auch das Sichtfeld hat nichts mit dem Gesichtsfeld zu tun. Man bezeichnet damit die Grenzen des objektseitigen Strahlenraums eines optischen Instruments, beispielsweise einer Kamera.[5]
Literatur
- Herbert Schober: Das Sehen. Band 1. 2., verbesserte und erweiterte Auflage. Fachbuchverlag, Leipzig 1957.
- Gottfried Gerstbach: Auge und Sehen – der lange Weg zu digitalem Erkennen. In: Der Sternenbote. Heft 8, 2000, ISSN 0039-1271, S. 160–180.
- Inge Flehmig: Normale Entwicklung des Säuglings und ihre Abweichungen. Früherkennung und Frühbehandlung. 5., unveränderte Auflage. Thieme, Stuttgart u. a. 1996, ISBN 3-13-560605-8.
Einzelnachweise
- ↑ Theodor Axenfeld (Begründer), Hans Pau (Hrsg.): Lehrbuch und Atlas der Augenheilkunde. 12., völlig neu bearbeitete Auflage. Unter Mitarbeit von Rudolf Sachsenweger u. a. Gustav Fischer, Stuttgart u. a. 1980, ISBN 3-437-00255-4.
- ↑ Claus-W. Wallesch (Hrsg.): Neurologie. (Diagnostik und Therapie in Klinik und Praxis). Elsevier, Urban & Fischer, München u. a. 2005, ISBN 3-437-23390-4.
- ↑ Anselm Kampik, Franz Grehn (Hrsg.): Augenärztliche Therapie. Thieme, Stuttgart u. a. 2002, ISBN 3-13-128411-0, S. 410.
- ↑ Herbert Kaufmann (Hrsg.): Strabismus. 3., grundlegend überarbeitete und erweiterte Auflage. Mit Beiträgen von Wilfried de Decker u. a. Georg Thieme, Stuttgart u. a. 2004, ISBN 3-13-129723-9.
- ↑ Karl Mütze (Hrsg.): Brockhaus ABC der Optik. Physikalische Optik, optische Instrumente, Spektroskopie, Lumineszenz, Lichttechnik, Elektronenoptik, Photographie, Farbenlehre, physiologische Optik, optische Wahrnehmung, Ophthalmologie, Augenoptik. F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1961.
Weblinks
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