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Skarifizierung
Als Skarifizierung beziehungsweise Skarifikation (von lat. scarificatio: „(das) Ritzen“, „(das) Schröpfen“) oder auch Narbentatauierung genannt, wird das Einbringen von Ziernarben in die Haut bezeichnet. Je nach Methode verwendet man dafür auch die Begriffe Cutting oder Branding.
Traditionelle Skarifizierung
Die Skarifizierung ist eine tief in den Traditionen verschiedener Völker verankerte Form der Körpermodifikation. Sie findet besonders bei jenen Ethnien Verbreitung, deren dunkle Haut eine Tätowierung nicht zuließe, beziehungsweise diese nur schlecht sichtbar sein ließe. Dies wird besonders in der Nilo-Saharischen Sprachfamilie des Sudans und Tschads, aber auch in Nigeria, Kenia, Tansania, Mosambik und Angola durchgeführt und dient einerseits der Clanzuordnung, andererseits als Körperschmuck, daneben allerdings auch der Initiation der Mädchen an der Grenze zum heiratsfähigen Alter.[1] Darüber hinaus können auch andere wichtige Lebensereignisse, sowohl der betreffenden Person als auch von Angehörigen, ein Grund zum Hinzufügen von Schmucknarben sein.[2]
Unter den Ethnien im Gebiet des Sepik in Papua-Neuguinea ist die Skarifizierung bedeutendes spirituell-mythologisches Initiationsritual der Männer (siehe: Skarifizierung am Mittelsepik)
- Sepik River initiations 1975, 7.JPG
Rituelle Skarifizierung als Initiation in Papua-Neuguinea
Skarifizierter Negrito-Krieger von den Philippinen, 1885, siehe auch Philippinische Stammestätowierungen
Skarifizierung aus ästhetischen Gründen in der westlichen Kultur
In verschiedenen Jugendsubkulturen der westlichen Welt werden heutzutage Narben als Körpermodifikation geschnitten. Dabei unterscheidet sich dies von der rituellen Skarifizierung der „Naturvölker“ insoweit, als zwar auch hier die Abgrenzung zu anderen Gruppen beabsichtigt ist und dies als Form des Körperschmucks betrachtet wird. Die in einem tiefenpsychologischem Sinn mit dem Erdulden von Schmerzen als Initiation ins Erwachsenenleben vorhandene Motivation mag ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, ist jedoch weder in einer Tradition verwurzelt noch ein stammeskulturelles Ereignis mit Einbeziehung der Angehörigen.[3]
Bei der Durchführung muss zwischen zwei Methoden unterschieden werden: dem Schneiden (Cutting) und dem Brennen (Branding). Das Schneiden erfolgt in der Regel mit einem Skalpell, wobei erst die Umrisse oder Outlines geschnitten werden und darauf hin die dazwischenliegende obere Hautschicht entfernt wird. Für ein Branding kann prinzipiell zwar jeder heiße Gegenstand verwendet werden, bei professioneller Durchführung wird dafür jedoch ein Elektrokauter verwendet.
Ein spezieller Stil der Skarifizierung hat sich mit der Hanabira oder japanischen Blüte entwickelt. Dabei wird bei Frauen auf dem Venushügel ein an alte traditionelle Formen anknüpfendes Blütenmuster erzeugt. Die Stilart wurde in den frühen 90er Jahren in der japanischen Bodmod-Szene erfunden und erfreut sich in den letzten Jahren auch zunehmend in der westlichen Welt, bisher vorwiegend in den USA, wachsender Beliebtheit.[4]
Eine Untersuchung an der Universität von Liverpool[5] hat gezeigt, dass Männer mit Gesichtsnarben besonders auf jene Frauen attraktiv wirken, welche auf der Suche nach kurzen Partnerschaften sind. Dieses Resultat wurde damit interpretiert, dass Narben die Assoziation von Männlichkeit (hoher Testosteronspiegel), Mut und Stärke/Gesundheit hervorrufen. Die männlichen Versuchsteilnehmer dieser Studie zeigten gegenüber Frauen mit Gesichtsnarben keine Präferenz (oder Ablehnung), weder bei potentiell kurzen Beziehungen noch bei Langzeitpartnerschaften.
Skarifizierung aus nicht-ästhetischen Gründen
Von beiden Formen unterscheidet sich das selbstverletzende Verhalten als psychische Störung in dem Sinn, dass hier die Psychopathologie im Vordergrund steht und der Aspekt des Körperschmucks völlig in den Hintergrund tritt.
Daneben wird eine Skarifizierung zur virologischen Diagnose einer Pockenerkrankung an der Hornhaut des Kaninchens durchgeführt; weiterhin wird die Pockenimpfung selbst mittels Skarifizierung am Oberarm durchgeführt.
Im westlichen Abendland bildete die Skarifikation durch Setzen kleiner Schnitte in die Haut die Grundlage für das anschließende blutige Schröpfen.
Heilung
Im Gegensatz zu den meisten anderen Formen der Körpermodifikation ist bei der Skarifizierung eine langsame und immer wieder gestörte Wundheilung erwünscht. Je nach gewünschter Narbenbildung versuchen die Akteure, die frischen und verheilenden Schnitte immer wieder mit Lösungen aus Zitrone, Zucker und Vaseline zu benetzen oder die neuen Hautzellen und Schorf zu entfernen.[6]
Einzelnachweise
- ↑ Von der Sprache unserer Haut - Kleine Kulturgeschichte der Haut
- ↑ E. Kasten (2007): Genitale Body-Modifications bei Frauen. Der Gynäkologe, Volume 40, Number 6, 489-500 doi:10.1007/s00129-007-1985-8
- ↑ Ziernarben (Scarification) als Körperschmuck
- ↑ K. Miyake: Sexual behavior of the Japanese in the future.
- ↑ Rob Burriss et al. (University of Liverpool), Men With Facial Scars Are More Attractive To Women Seeking Short-term Relationships. Personality and Individual Differences, Nov. 19, 2008 (in Englisch)
- ↑ Cutting und Skin Removal-Tagebuch mit Bildern aus 2 Wochen der Heilung
Siehe auch
Weblinks
- Skarifizierung aus ethnologischer Sicht
- Informationen und Bilder über Skarifizierung
- Deutsche Info-Seite mit vielel Bildern über den Vorgang des Cuttings zur Skarifizierung.
- ScarWars Art Project – Portal der internationalen Skarifikationsszene
- Beispiele für Japanese Flower Skarifizierung Bild1,Bild2
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Skarifizierung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |