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Sophismus (Rhetorik)
Ein Sophismus (Pl. Sophismen) oder Sophisma (Pl. Sophismata), von altgriechisch sophízesthai ‚ausklügeln‘, ‚aussinnen‘ und altgriechisch sophós ‚geschickt‘, ‚klug‘ ist ein Argument, das scheinbar einen logisch gültigen Beweis führt, tatsächlich aber einen formellen oder informellen Fehlschluss darstellt. Ein unabsichtlicher Trugschluss wurde auch als Paralogismus bezeichnet.
Geschichte (Abriss)
Die Verwendung und Aufdeckung von Sophismen hatte im 5. Jahrhundert v. Chr. eine besondere Bedeutung in den griechischen Stadtstaaten, in denen öffentliche Angelegenheiten durch Verhandlungen und argumentativ begründete Entscheidungen von Gremien geregelt wurden. Sie gelten als bevorzugtes Stilmittel der Sophisten, einer Gruppe altgriechischer Rhetoriker und Philosophen. Die Sophisten beanspruchten, jede Position argumentativ und dem Anschein nach logisch zwingend begründen zu können. Einige Sophisten vertraten auch philosophisch eine Subjektivität der menschlichen Erkenntnis (etwa Protagoras) und demonstrierten sie, indem sie mit Sophismen einen Satz und seine Negation bewiesen. Zum Teil folgten die Debatten formellen Mustern der Begründung (Dialektik), der Widerlegung (Elenktik) und des Streitgesprächs (Eristik). Diese Verfahren wurden in der Folge neu definiert, z. B. in den Dialogen Platons, um den Anspruch der Sophisten zu widerlegen.
Ein bekanntes Beispiel ist etwa der Sophismus des Euathlos, die ältesten bekannten Beispiele sind die Sophismen des Eubulides: der Gehörnte, der Verhüllte und die Paradoxie des Haufens. Erste Überlieferungen einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung finden sich im Organon des Aristoteles, insbesondere in der Topik, und den Sophistischen Widerlegungen.
In der abendländischen Tradition wurden im Anschluss an Aristoteles vor allem Sophismen untersucht, die mit der Syllogistik formal fassbar sind und solchen, die auf Homonymien bzw. Suppositionen beruhen. Erst mit der Logik von Port-Royal geraten auch informelle Sophismen wieder in den Blick. Modernere Klassiker sind die Arbeiten von Arthur Schopenhauer (die Eristische Dialektik) und zuletzt das Standardwerk Fallacies von Charles Leonard Hamblin. Im 20. Jahrhundert sind Sophismen und Trugschlüsse auch Gegenstand der Denkpsychologie geworden, wobei oft thematisiert wird, wieso das Denken im Alltag oft von den Normen der Logik abweicht.
Denkpsychologische Rekonstruktion (Beispiel)
Es gibt verschiedene Gründe, warum im Alltag häufige Fehler im logischen Denken auftreten.
Schlussfolgerndes Denken erfordert, mehrere Informationseinheiten gleichzeitig im Arbeitsgedächtnis verfügbar zu halten. Nach der Theorie der mentalen Modelle wird das normale Denken dadurch überfordert, weil es stärker an Relevanz- und Sparsamkeitsprinzipien orientiert ist als an systematischer Vollständigkeit, um möglichst rasch zu Ergebnissen zu gelangen. Bekannt ist folgendes Beispiel von Philip Johnson-Laird:
- Entweder Ann sitzt auf dem Sofa und sieht fern, oder aber Eve steht am Fenster und beobachtet die Vögel.
- Ann sitzt auf dem Sofa.
- Sieht Ann fern?[1]
In Tests antworten die meisten Menschen mit ‚Ja‘, obwohl dies nicht logisch folgt. Dieses Antwortverhalten wird als Beleg dafür angesehen, dass gewöhnliches Schlussfolgern mit mentalen Modellen und begrenztem Arbeitsspeicher erfolgt. Dies kann als Beleg dafür verstanden werden, dass die Gesetze der formalen Logik nicht die Tiefenstruktur des tatsächlichen Denkens widerspiegeln, sondern nur als normative Vorgabe zu verstehen sind. Im Beispiel erscheint die Antwort ‚Ja‘ als folgerichtig, weil der zweite Teil des Entweder… oder…-Satzes und die Verknüpfung der Teilsätze ausgeblendet werden, da es in ihnen nicht um ‚Ann‘ geht. Es könnte aber zum Beispiel sein, dass Eve am Fenster steht und die Vögel beobachtet, während Ann auf dem Sofa sitzt und liest.
Literatur
- Martin Cohen: 99 philosophische Rätsel. Campus-Verlag, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-593-36653-3.
- Charles Leonard Hamblin: Fallacies, London: Methuen 1970, ISBN 0416145701 (gebundene Ausgabe), ISBN 0-416-70070-5 (Taschenbuchausgabe) – ein Standardwerk zum Thema der Fehlschlüsse, in englischer Sprache
- Christian Gizewski : Die Lehre des Aristoteles von der ‚Widerlegung der Sophismen‘ und die Struktur der Öffentlichkeit in der Polis, in: KLIO 81 (1999) 1, S. 112 - 130.
Siehe auch
Weblinks
- Eintrag in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (englisch, inklusive Literaturangaben)
Einzelnachweise
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Sophismus (Rhetorik) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |