Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Theodor Zöckler

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Theodor Zöckler (* 5. März 1867 in Greifswald; † 18. September 1949 in Stade) war evangelisch-lutherischer Pfarrer in Stanislau in Galizien. Er gründete dort die Zöcklerschen Anstalten und war Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche A. und H. B. in Kleinpolen von 1924 bis 1939.

Leben

Herkunft und Studium

Theodor Zöckler war ein Sohn von Otto Zöckler, dem späteren Theologieprofessor und Vertreter einer pietistischen Theologie Er studierte Evangelische Theologie in Leipzig, u. a. bei Franz Delitzsch, der ihn für die Judenmission begeisterte. Er war Mitglied in der christlichen Studentenverbindung Wingolfsbund.

Pfarrer und Aufbau der Anstalten in Stanislau

1891 ging er nach Stanislau im österreichischen Galizien und wurde Pfarrer der evangelischen deutschsprachigen Kirchengemeinde der Evangelischen Superintendentur A. B. Galizien. Er widmete sich zunächst der Judenmission.

1896 gründete er das Haus Bethlehem als eine diakonische Wohneinrichtung für zunächst 12 Waisen. Er baute eine Fabrik für Landwirtschaftsmaschinen und 1898 eine deutsche Schule. 1913 erfolgte der Aufbau einer Pflegeanstalt. So wurde ihr Ruf als „Bethel des Ostens“ und Zöcklers als „Bodelschwingh des Ostens“ begründet, und er wurde zur allgemein anerkannten Führungspersönlichkeit der Galiziendeutschen. Neben der karitativen Arbeit erwies er sich als ein Protagonist der Ökumene, der beste Kontakte zu anderen Konfessionen besaß.[1]

Flucht nach Linz und in die Schweiz

Während des Ersten Weltkrieges flüchtete Zöckler mit seiner Familie zunächst nach Linz und später weiter in die Schweiz.

Wieder Tätigkeit in Stanisławów und Superintendent

1919 war schließlich die Rückkehr nach Stanisławów möglich, das nun zu Polen gehörte. Die deutschen Kirchengemeinden in Polen bildeten seit 1920 die Evangelische Kirche A. u. H. B. in Kleinpolen.[2] In der Aufbauzeit des Kirch- und Schulwesens gelang es ihm, dieses im Sinne der Inneren Mission zu tun. Dabei erfuhr er Unterstützung aus dem Deutschen Reich.

1923 wurde Theodor Zöckler zum neuen Superintendenten und Kirchenpräsidenten der Evangelischen Kirche A. und H. B. in Kleinpolen gewählt.[3] Seit 1925 unterstützte er die Gründung der Ukrainischen Evangelischen Kirche A. B. für die ukrainische Bevölkerung Galiziens.

Der Kriegsbeginn bedeutete das Ende der Zöcklerschen Anstalten. Die polnische Polizei verhaftete Superintendent Zöckler; doch er kam bereits am 16. September 1939 wieder frei.

Umsiedlung ins Wartheland

Weihnachten 1939 wurde er wie alle galizischen Deutschen in das „Wartheland“ umgesiedelt. 1943 kehrte er kurzzeitig nach Stanislau zurück. Im Januar 1945 erfolgte die überstürzte Flucht vor der heranziehenden sowjetischen Armee.

Tätigkeit in Stade

Zöckler gelangte nach Stade. 1946 gründete er mit Unterstützung von früheren Vertrauensleuten das Hilfskomitee der Galiziendeutschen A. u. H. B. im Diakonischen Werk der EKD e. V. Der Verein gewährte den über ganz Deutschland verstreuten galiziendeutschen Flüchtlingen Hilfe, sofern sie sich in Not befanden. „Zunächst waren die Aufgaben seelsorgerliche, materielle und kulturelle Betreuung der über ganz Deutschland verstreuten Flüchtlinge, z. B. Besuchsdienst, Familienzusammenführung, Hilfe bei Unterkunft, Beratung bei Auswanderungsabsicht usw.“[4]

1949 starb er dort.

Familie

Theodor Zöckler war verheiratet mit Lilie Bredenkamp. Sie hatten sechs Kinder:

  • Paul Zöckler
  • Martha Zöckler (1897–1980) war Krankenpflegerin und Diakonissin in Stanislau und von 1946 bis 1967 Oberin des DIAKO Ev. Diakonie-Krankenhauses Bremen.[5]
  • Elisabeth Zöckler
  • Martin Zöckler, später Pfarrer
  • Lena Zöckler

Zöcklersche Anstalten

Die Anstalten in Stanislau/Stanisławów wurden durch Theodor Zöckler seit 1896 erbaut. Sie umfassten ein Waisenhaus Bethlehem, eine Fabrik für landwirtschaftliche Produkte, eine Volksschule und ein Gymnasium, eine Ausbildungsstätte für Vikare Martineum mit Paulinum, Wohngebäude und weitere Gebäude, zuletzt 20 Häuser. Dazu gab es eine deutsche Kirche.

Im Sommer 1939 gerieten die Anstalten unter Druck der polnischen Behörden: „Die von D. Zöckler begründeten Stanislauer Anstalten sehen sich gezwungen, Zöglinge zu entlassen, da die polnischen Behörden den deutschen evangelischen Liebeswerken rückwirkend für sechs Jahre heute Steuern auferlegt haben.“[6]

Im Herbst 1939 wurden die Anstalten nach der Besetzung der Stadt durch sowjetische Truppen durch einen Befehl von Marschall Woroschilow aufgelöst. Sie verfielen in den folgenden Jahren.

Heute wird die Fabrik wieder zur Herstellung landwirtschaftlicher Maschinen genutzt. Auch die Schulgebäude werden als Schule genutzt, in einem Teil ist ein Museum zur Geschichte der Schulen.

Nach dem Krieg wurde das Diakonissenmutterhaus „Ariel“ Zöcklerische Anstalten in Göttingen-Weende gegründet, als Fortsetzung der Anstalten in Stanislau.

Ehrungen

Zöckler und seine Tätigkeit werden in Iwano-Frankiwsk, dem damaligen Stanislau, noch immer hoch geschätzt. 2007 wurde eine Straße nach ihm benannt. Es gibt eine Gedenktafel für ihn an einer der Schulen. Persönlich erfuhr er große Wertschätzung unter den Ukrainern, so wurde er von einigen „Kyr Theodor“ genannt.

Sein Grab auf dem Stader Horstfriedhof ist erhalten (2019).

1937/1938 erhielt er den Nicolaus Kopernicus-Preis für das „Deutschtum in Polen“ durch die Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität Breslau

Schriften

Als Verfasser

  • Aus Jechiel Lichtensteins hebräischen Kommentar zum Neuen Testament. Leipzig 1895.
  • Zeugenaufgabe der Diaspora. o. J.
  • Innere Mission in der Diaspora. 1896.
  • mit August Wiegand: Der Evangelische Hülfsbund für Innere Mission in der Diaspora d. h. unter den zerstreuten Glaubensbrüdern: Eine Übersicht über sein Werk und seine Aufgaben. Püschel, Plau 1908 (21912).
  • Das Evangelische Kinderheim in Stanislau: Ein Rückblick und ein Hülferuf. Anstaltsleitung, Stanislau 1912.
  • Das Deutschtum in Galizien. Heimat und Welt/ Duncker, Weimar 1915 (2. Auflage: Heimat- und Welt-Verlag, Dresden 1917).
  • Christian Theophilus Lucky. In: Saat auf Hoffnung. 60. Leipzig 1917, S. 2–8.
  • mit Wilfried Lempp: Helft, dass das Feuer nicht erlischt! Wimmer, Linz 1929.
  • mit Wilfried Lempp: Dürfen wir so weitermachen?. Evangelische Anstalten, Stanislau 1933.
  • Denkschrift betr. die evangelisch-ukrainische Bewegung in Kleinpolen (19. Juli 1933). In: Die evangelische Kirche in Österreich, Belgien, Polen, Elsass-Lothringen, Siebenbürgen, Spanien, Ungarn, Ukraine. Bd. II.
  • Weihnachtsbitte der evangelischen Anstalten in Stanislawow, Polen. Evangelisches Kinderheim, Stanislau 1935.
  • Die Erbschaft und andere Erzählungen. Luther-Verlag/ H. G. Wallman, Posen/ Leipzig 1936 (2. Auflage: Lutherverlag, Posen 1942).
  • Der Mann ohne Taufschein: Er führet mich auf rechter Straße. Erzählung aus Galizien. Luther-Verlag/ H. G. Wallman, Posen/ Leipzig 1936.
  • Was ein altes Buch vermag: Eine Erzählung aus Galizien. Luther-Verlag/ H. G. Wallman, Posen/ Leipzig 1936.
  • 25 Jahre Diakonissenarbeit im polnischen Karpathenland: Sarepta. Rückblick und Ausblick. Evangelischer Hilfsbund für Innere Mission in der Diaspora; Gallneukirchen, Oberösterreich, Kirchnüchel, Ostholstein. Frau Blaßl, 1938.
  • Die Liebe Christi als die treibende Kraft der inneren Mission. Evangelischer Zentralverein für Innere Mission in Österreich, Wien 1917.
  • Die zerbrochene Brille (= Zum Feierabend. H. 19). Christliche Verlagsanstalt, Konstanz 1954, OCLC 73621028.

Als Herausgeber

  • Evangelisches Gemeindeblatt in Stanislau. (1904–1939)
  • Jahresberichte der evangelischen Anstalten in Stanislau.

Literatur

  • Maria Klanska: Theodor Zöckler und die Galiziendeutschen. In: Studia Germanica Posnaniensia. 24, 1999, ISSN 0137-2467, S. 103–120.
  • Wilfried Lempp: Theodor Zöckler und die Zeugenaufgabe der evangelischen Diaspora (= Gotteszeugen 63, ZDB-ID 845002-x). Verlag „Junge Gemeinde“, Stuttgart 1961, OCLC 73414800. (Der Autor war mehrjähriger Mitarbeiter Zöcklers.)
  • Rudolf Mohr: Bodelschwingh des Ostens. 80 Jahre deutsches Gymnasium in Stanislau. In: Der Gemeinsame Weg. 96, 1999, ISSN 0938-6343, S. 36–37.
  • Erich Müller: Zöckler und der Bund der christlichen Deutschen in Galizien. In: Jahrbuch Weichsel-Warthe. 45, 1999, ZDB-ID 533266-7, S. 88–94.
  • Roland Walloschke: Zöcklers Wirken gegen die Auswanderung und die Geschichte des Bundes. In: Zeitweiser der Galiziendeutschen. 37, 1999, ZDB-ID 507473-3, S. 52–58.
  • Christian Erasmus Zöckler: Theodor Zöcklers Standpunkt – Wirken und Widerstand im Nationalsozialismus. Superintendent Zöcklers vergebliche kirchenpolitische Memorenden. In: Zeitweiser der Galiziendeutschen. 39, 2001, ZDB-ID 507473-3, S. 92–99.
  • Christian Erasmus Zöckler: Wie kam es zur Gründung der Zöckler'schen Anstalten in Stanislau? In: Zeitweiser der Galiziendeutschen. 35, 1997, ZDB-ID 507473-3, S. 38–44.
  • Christian Erasmus Zöckler: Ein Leben für die Kinder: Theodor Zöckler und Lillie Zöckler. Das Bethel des Ostens. Edition Epb, Bergisch Gladbach 2005, ISBN 3-937835-07-5. (Der Autor ist ein Enkel Theodor Zöcklers.)
  • Erasmus Zöckler: Ihr sollt leben! Theodor Zöckler: Gründer des einst größten Hilfswerks im Osten Europas. Verlag des Gustav-Adolf-Werks e.V., Leipzig 2011; ISBN 978-3-87593-116-7.
  • Lillie Zöckler: Gott hört Gebet. Das Leben Theodor Zöcklers (= Aus klaren Quellen. 40, ZDB-ID 846474-1). Quell-Verlag, Stuttgart 1951. (Die Verfasserin, Ehefrau von Theodor Zöckler, berichtet von den missionarischen und diakonischen Aktivitäten ihres Mannes.)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Mit Bodelschwingh hatte er auch gemein, dass beide als Studenten (wie auch Zöcklers Vater) Mitglied im Wingolfsbund waren.
  2. Eduard Kneifel: Geschichte der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen. Selbstverlag, Niedermarschacht 1964, S. 17.
  3. Erich Müller: Zöckler, Theodor in der Ostdeutschen Biographie (Kulturportal West-Ost); abgerufen am 2. April 2012.
  4. Konvent der ehemaligen evangelischen Ostkirchen: Hilfskomitee der Galiziendeutschen
  5. Renate Meyer-Braun: Zöckler, Martha. In: Frauen Geschichte(n), Bremer Frauenmuseum (Hg.). Edition Falkenberg, Bremen 2016, ISBN 978-3-95494-095-0.
  6. Evangelischer Pressedienst, Juni 1939
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Theodor Zöckler aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.