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Treberhilfe Berlin
Die Treberhilfe Berlin war ein Sozialunternehmen mit Sitz in Berlin. Sie hatte in ihrem ertragreichsten Geschäftsjahr 2009 ca. 280 Mitarbeiter und machte einen Umsatz von mehr als 12 Millionen Euro. Der Name ist eine Ableitung des Begriffs des Trebegängers und weist auf die Zielgruppe des Unternehmens hin.
Geschichte
1988 schlossen sich der Verein der Aktiven Hilfe e.V. und der Verein zur Beratung und Unterstützung obdachloser junger Menschen e.V. zur Treberhilfe Berlin e.V. mit Sitz in Berlin-Schöneberg zusammen. Der Verein arbeitete zunächst nur mit ehrenamtlichen Mitarbeitern und ABM-Kräften. Im Jahre 1991 hatte er 25 hauptamtliche Mitarbeiter, schon wenige Jahre später hatte er über 100.[1]
Im Oktober 2005 wurde eine Gemeinnützige GmbH gegründet, die zu gleichen Teilen dem Verein Treberhilfe e.V. und dem umstrittenen Geschäftsführer Hans-Harald Ehlert gehörte.[2]
Die Unternehmensberater der Treberhilfe gGmbH Kienbaum Consultants International[3] stellten im Februar 2010 ihre Auftraggeber als ein gelungenes Beispiel für die Erwirtschaftung von „Social Profit“ vor.[4] Die Treberhilfe Berlin sei dabei das erste Unternehmen in Deutschland gewesen, welches diese Kennziffer ermitteln ließ.[5] Zum Konzept „Social Profit“ veranstaltete die Treberhilfe am 12. Februar 2010 in Berlin-Schöneberg eine Fachtagung. Das Konzept war sehr umstritten.[6]
Am 30. November 2011 wurde das operative Geschäft der Treberhilfe vom evangelischen Diakonieverein Berlin Zehlendorf für 0 Euro übernommen und in die GmbH Neue Treberhilfe überführt. Die Immobilien der Firma gingen in die Insolvenzmasse ein.[7]
Kritik an den Geschäftspraktiken der Treberhilfe
Im Juni 2009 wurde der Dienstwagen des damaligen Geschäftsführers Harald Ehlert in Mecklenburg-Vorpommern mit überhöhter Geschwindigkeit geblitzt. Da der Fahrer nicht festgestellt werden konnte, erhielt die Treberhilfe eine Fahrtenbuch-Auflage. Weil Ehlert vor dem Berliner Verwaltungsgericht dagegen klagte, wurde in der Öffentlichkeit wahrgenommen, dass es sich bei dem Dienstwagen um einen Maserati[8] handelte, für den ein Fahrer in Vollzeit auf Kosten des Unternehmens beschäftigt wurde. Bekannt war dies bereits seit einem Artikel im Berliner Tagesspiegel von 2008[9]. Erst nach der Fahrtenbuch-Klage begann eine öffentliche Diskussion über die Frage, welche Fahrzeug-Preisklasse(n) für Sozialunternehmen angemessen sind. Ehlert verteidigte zunächst seinen Dienstwagen und Fahrer als angemessen. Als der öffentliche Druck zu groß wurde, gab er bekannt, der Maserati sei nun nicht mehr sein Dienstwagen, sondern werde als "Sozial-Maserati" Touristen durchs "Soziale Berlin" fahren. Später wurde von der Treberhilfe bekanntgegeben, der Maserati stehe zum Verkauf.
Gleichzeitig wurde bekannt, dass Ehlert ein Jahresgehalt von 365.000 EUR bezog[10] und eine von der gGmbH erworbene Villa am Schwielowsee für eine unter dem Marktpreis liegende Miete privat bewohnte. Zudem vergab Ehlert auf Rechnung der Treberhilfe lukrative Aufträge für die Erstellung von Software und Wartung von Systemen an die K&L Systemhaus GmbH, an der er ebenfalls beteiligt und deren Geschäftsführer er zeitweise war. Es besteht außerdem der Verdacht, dass Gelder unrechtmäßig aus dem Unternehmen entnommen und für private Zwecke benutzt wurden. Die von dem Unternehmen erwirtschafteten Überschüsse seien ins Stammkapital geflossen und somit jetzt zur Hälfte nominell im Privateigentum von Ehlert.[11] Außerdem stellte sich heraus, dass durch den Geschäftsführer aktiv die Wahl eines Betriebsrates verhindert wurde. Später konnte trotz rechtlicher Gegenwehr der Geschäftsführung ein Betriebsrat gewählt werden, der aber weiterhin von der Unternehmensleitung boykottiert wurde.[12] Möglich wurden die Überschüsse der Treberhilfe und damit das luxuriöse Leben ihres Geschäftsführers durch eine Überbelegung der Einrichtungen. Außerdem zahlte sie den Mitarbeitern untertarifliches Gehalt.[13] Dem wurde von Seiten der Treberhilfe widersprochen.[14] Der Träger gewährte den Angestellten den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen, was durchschnittlich (je nach Alter des Mitarbeiters) 9 Tage weniger als der tariflich festgelegte Jahresurlaub waren.
Ehlert hielt in Form von zwei von ihm beauftragten Gutachten gegen die öffentliche Kritik, dass sein monatliches Gehalt als Geschäftsführer der Treberhilfe Berlin und auch die Miete für einen Teil der von ihm bewohnten Seevilla angemessen gewesen seien.
Ehlert trat im März 2010 offiziell als Geschäftsführer ab. Ihm folgten ihm fünf weitere Geschäftsführer, die immer wieder vom Aufsichtsrat abgesetzt wurden.[15] Presse und Mitarbeiterschaft der Treberhilfe nahmen dies immer wieder zum Anlass der Vermutung, dass Ehlert inoffiziell weiterhin die Geschäfte der Treberhilfe führte. Diese Vermutung bestätigte sich später.[7]
Auf Anzeige der Berliner Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) wurden am 29. April 2010 Büros der Treberhilfe von der Berliner Staatsanwaltschaft und der Steuerfahndung wegen des Verdachts von Steuerstraftaten durchsucht.[16] Die Treberhilfe wurde aus den Dachverbänden Paritätischer Wohlfahrtsverband und Diakonisches Werk ausgeschlossen. Das Diakonische Werk musste daraufhin in erster Instanz hinnehmen, dass ein angerufenes Gericht diese Maßnahme wegen einiger Verfahrensfehler im Ausschlussprozess der Diakonie kassierte.
Der Treberhilfe wurde aufgrund des Geschäftsgebarens von Ehlert die Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt Berlin aberkannt.[17] Ab Dezember 2010 wurden die Vorgänge in der Treberhilfe von einer Untersuchungskommission der Senatsverwaltung für Soziales untersucht. Aufgrund der Ergebnisse dieser Untersuchung wurden der Treberhilfe im Mai 2011 sämtliche Verträge für das Betreute Wohnen gekündigt, mit denen die Treberhilfe im Jahr 2010 mehr als 5 Mio. Euro erwirtschaftet hatte.[18]
Zuletzt geriet das Unternehmen in die Kritik, weil es von den Jobcentern für die Klienten gezahlten Mieten nicht an die Vermieter weiterleitete. Diesen Klienten wurde vielfach die Zwangsräumung angedroht und sie mussten ihre Wohnungen verlassen.[19]
Am 16. November 2011 meldete die Treberhilfe mit Verbindlichkeiten von mehr als 4,5 Millionen Euro Insolvenz an. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Treberhilfe nur noch etwa 100 Mitarbeiter, die seit drei Monaten kein Gehalt mehr ausbezahlt bekommen hatten.[20] Gleichzeitig wurde durch den Insolvenzverwalter bekannt, dass Harald Ehlert auch nach seinem angeblichen vollständigen Rückzug aus der Treberhilfe bis zur Insolvenz sein Geschäftsführergehalt von 365.000 Euro pro Jahr weiterbezogen [7] und kurz vor der Insolvenz die Villa am Schwielowsee weit unter Wert von der Treberhilfe gekauft hatte.[21] Später versuchte Ehlert, sich als Mitarbeiter bei der Neuen Treberhilfe einzuklagen.[22]
Unternehmensstruktur
Die Treberhilfe war in drei Geschäftsbereiche gegliedert:
- Die Wohnprojekte boten schwerpunktmäßig betreute Einzelwohnformen für Menschen in Krisensituationen an.
- Die ambulanten Dienste waren auf die Ausführung von Jugendhilfen ausgerichtet.
- Die Krisendienste arbeiteten in akuten Fällen von Obdachlosigkeit.
Einzelnachweise
- ↑ paperpress vom Juli 2009
- ↑ Weit weg vom Elend. Der Spiegel vom 12. April 2010
- ↑ Der Spiegel vom 27. März 2010
- ↑ Handelsblatt vom 9. Februar 2010
- ↑ Vorstellung Social Profit
- ↑ Kritiken an dem Konzept Social Profit
- ↑ 7,0 7,1 7,2 Manuela Heim: Treberhilfe landet in den Armen des Herrn . In: taz, die tageszeitung, 30. November 2011, abgerufen am 1. Dezember 2011.
- ↑ "Ausreißer-Wohlfahrt" in: Manfred Günther: Wörterbuch Jugend - Alter. Illustrationen: Klaus Stuttmann. Berlin 2010, S. 109
- ↑ Der Tagesspiegel vom 22. Dezember 2008
- ↑ Der Tagesspiegel vom 14. Dezember 2011
- ↑ Berliner Morgenpost vom 13. März 2010
- ↑ Der Tagesspiegel vom 22. Februar 2011
- ↑ Spiegel-Online vom 10. April 2010
- ↑ Der Tagesspiegel vom 23. Februar 2011
- ↑ Berliner Morgenpost vom 17. Dezember 2010
- ↑ Berliner Morgenpost vom 30. April 2010
- ↑ Der Tagesspiegel vom 15. Januar 2011
- ↑ Der Tagesspiegel vom 27. Mai 2011
- ↑ Potsdamer Neueste Nachrichten vom 8. Juni 2011
- ↑ Spiegel Online vom 16. November 2011
- ↑ Der Tagesspiegel vom 14. Dezember 2011
- ↑ Der Tagesspiegel vom 24. Januar 2012
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Treberhilfe Berlin aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |