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Werner Rom (ICZ-Präsident)
Werner Rom (geb. 21. August 1943; gest. 28. September 2019 in Zermatt) war (als Nachfolger Sigi Feigels) ICZ-Präsident von 1993 bis 2001. In Roms Amtszeit fielen die sogenannte Holocaust-Debatte in der Schweiz und der "Fall Meili" mit ihren vielen Anfeindungen, aber auch zahlreichen Sympathiebekundungen. Rom engagierte sich eloquent und tatkräftig in der Diskussion um die Rückerstattung nachrichtenloser Vermögen und um die Arbeit der Bergier-Kommission.
Nachruf Werner Rom, tachles 4. Oktober 2019
Werner Rom, der unermüdliche Aktivist für Gerechtigkeit und gegen Judenhass, wurde einen Tag vor Beginn des jüdischen Neujahrs unerwartet aus dem Leben gerissen.
Shella Kertész, Präsidentin der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ), die Werner Rom jahrelang selber präsidierte, sagte es sehr treffend am Mittwoch in ihrer einfühlsamen Rede während der Abdankung: «Ein kleiner Trost bleibt für uns alle: Wir werden Werner so in Erinnerung behalten, wie er war – ein überaus aktiver, gescheiter, interessanter Mensch, der immer beschäftigt war und noch Ideen hatte, die er umsetzen wollte. Er war einfach ein Macher.»
Übereinstimmend sind die Worte, mit denen der Verstorbene beschrieben wird: zupackend, aktiv, kämpferisch, klar, eloquent, effizient, engagiert. Aber auch humorvoll, immer mit einem Spruch auf den Lippen, nie um Kritik verlegen, wenn er es für angebracht hielt.
Schon jung politisch versiert
Werner Rom war auch als Familienmensch engagiert. Sein Wunsch, mit seinem vierjährigen Enkel Erik Ski fahren zu können, wird ihm jetzt unerfüllt bleiben. Die «Römer», wie sie genannt wurden, waren fünf Brüder, die mit ihren Familien einen Clan bildeten, der zusammenhielt. Der recht frühe Tod zweier Brüder traf ihn schwer. Auch ausserhalb der Familie und des Clans war es sein Talent, Freunde zu sammeln und gesellig zu sein.
Schon in jungen Jahren, im Jugendbund und als Präsident der jüdischen Studentenschaft an der Universität Zürich, gab es für Werner Rom nur einen Weg: vorwärts für das Judentum und für Israel. Mit knapp 24 Jahren schlug er dem damaligen FDP-Sekretär Walter Blum am ersten Tag des Sechstagekrieges vor, für den Abend eine Solidaritätskundgebung zu organisieren. Sie wurde überaus erfolgreich und sein erster politischer Grosserfolg. Walter Blum, Zentralsekretär der Gesellschaft Schweiz-Israel (GSI), erinnert sich voll Trauer, Anerkennung und Freundschaft: «Wir trauern um einen Freund, der massgeblich am Wiederaufbau der GSI im Jahre 1967 mitwirkte. Die GSI hat ihm viel zu verdanken, vor allem für seinen langjährigen Dienst im Zentralvorstand und für die vielen Jahre danach, in denen er uns mit Rat und Tat zur Seite stand. Wir wünschen seiner Gattin Béatrice und seinen Kindern in diesen Tagen Kraft und Zuversicht. Er wird in unseren Erinnerungen weiterleben.» Später kam der tatkräftige Einsatz für die verfolgten Juden in der damaligen Sowjetunion, gemeinsam mit Chana Berlowitz und anderen sowie weiteren Persönlichkeiten, die nicht zuletzt wegen dieser unermüdlichen Tätigkeit in Israel leben können.
Stets die richtigen Fragen gestellt
Nach der Schliessung seines Modehauses im Zürcher Seefeld blieb der Rastlose nicht untätig. Dann kam seine intensive Beschäftigung mit dem Judentum in all seinen Facetten. Jacques Picard, heute emeritierter Professor für Jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Basel, erinnert sich an den engagierten Hörer: «Werner Rom trieben stets die aufmerksame Neugierde, die Geschichte des Judentums zu kennen, und gleichzeitig die unablässige Suche nach neuen Horizonten voran, um mit vielen Fragen seinen Weg des Lernens und Erkennens vertiefen zu können.» Werner Rom besuchte Vorlesungen in Basel, Bern, Luzern und Zürich zu allen verschiedenen Themen des Judentums.
Diese Vernetzung und die gelebten Freundschaften in der akademisch-jüdischen Welt ermöglichten es, dass Werner Rom rechtzeitig zum 150-Jahr-Jubiläum der ICZ ein historisch stimmiges und sehr lesbares Buch über die Gemeinde recherchieren und schreiben lassen konnte. Es war beinahe unmöglich, ihm «Nein!» zu sagen, wenn er etwas wollte.
Für die jüdische Sache
Sein Einsatz für alles Jüdische war nicht unkritisch, im Gegenteil. Als ICZ-Präsident lieferte er sich an mancher Delegiertenversammlung des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) unvergessliche, homerische Rededuelle mit anderen Präsidenten und Delegierten. Er focht nicht mit dem Florett, sondern mit dem Degen. Daran erinnert sich Herbert Winter, Präsident des SIG: «Mit Werner Rom hat der SIG und mit ihm die ganze jüdische Gemeinschaft der Schweiz eine starke Persönlichkeit mit Ecken und Kanten verloren, die sich stets klar und deutlich für die jüdische Sache eingesetzt hat. Insbesondere seine vielbeachteten Voten in den Delegiertenversammlungen und im Centralcomité des SIG, sein unermüdlicher Einsatz im Kampf gegen den Antisemitismus und sein Engagement in der Sache des Wachmanns Meili bleiben uns in bester Erinnerung. Seine Stimme wird uns fehlen.» Die von Winter erwähnte Meili-Geschichte traf den ICZ-Präsidenten mitten in der Kontroverse um die sogenannten nachrichtenlosen jüdischen Vermögen, die von Schweizer Banken nicht ausgeliefert wurden, was zu einer Staatskrise in der Schweiz eskalierte, mit unablässigem Druck von amerikanischen Juden. Auch die ICZ blieb nicht von hasserfüllter Post verschont. Meili fand als Wachmann im Keller des Hauptsitzes der UBS an der Zürcher Bahnhofstrasse beim Reisswolf Akten, von denen er wusste, dass sie nach einem Bundesbeschluss nicht vernichtet werden durften, weil sie aus den Jahren des Nazi-Regimes stammten. Der junge gläubige Christ, Familienvater und Israel-Freund, nahm die Papiere nach Hause und brachte sie in die ICZ. Roms politischer Instinkt liess ihn nach beschwichtigenden Mitteilungen der UBS und der Bezirksanwaltschaft proaktiv richtig handeln. Im Januar 1997 organisierte er in der ICZ eine denkwürdige Pressekonferenz, in der er Meili vor- und dessen Handlung richtigstellte. Er stellte Meili auch einen Anwalt zur Verfügung. Von da an entwickelte sich eine Affäre, die weltweit Aufsehen erregte und die Werner Roms Einsatz nicht nur als ICZ-Präsident, sondern auch als fürsorglicher Mensch erforderte. Er kümmerte sich weiter um die Familie Meili, bis diese gegen seinen Rat den Lockrufen amerikanischer Politiker in die USA folgte. Christoph Meili, Whistleblower von 1997, erinnert sich dankbar: «Werner Rom ist mir als ruhiger, sanftmütiger Mann in Erinnerung, der ehrlich und klar war. Er konnte Klartext reden und warnte mich, nicht in die USA zu gehen – recht hatte er! Schade um ihn, er wird sicher eine Lücke in der Gemeinde hinterlassen, wie in der Familie.»
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