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Wulstlinge
Wulstlinge | ||||||||||||
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Grüner Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Amanita | ||||||||||||
Pers. |
Die Wulstlinge (Amanita) sind eine große Pilzgattung aus der Familie der Wulstlingsverwandten (Amanitaceae). Dazu zählen auch die Artengruppen, die auf Deutsch als Kaiserlinge, Knollenblätterpilze und Scheidenstreiflinge bezeichnet werden. In Europa kommen rund 100 Arten, Varietäten und Formen vor bzw. sind dort zu erwarten. Einige Spezies wie der Perlpilz und der Orangegelbe Scheidenstreifling gelten als gute Speisepilze. Etliche Arten sind dagegen giftig, darunter der Grüne Knollenblätterpilz, der Pantherpilz und der Fliegenpilz. Letzterer Pilz ist die Typusart der Gattung.
Merkmale
Die Arten der Gattung Amanita sind in der Regel mittelgroße, zentral gestielte Blätterpilze mit freien oder fast freien, meist weißen, seltener gelblichen bis gelben, gedrängt stehenden Lamellen. Hut und Stiel sind meist leicht voneinander trennbar. Der Hutrand ist nicht eingerollt, er kann gerieft oder nicht gerieft sein. Die Wulstlinge besitzen ein Velum universale, das an den reifen Fruchtkörpern als Scheide oder Hutschuppen nachweisbar ist, diese sind nicht radial orientiert. Das Velum partiale bleibt bei reifen Fruchtkörpern als häutiger, geriefter oder glatter Ring (Manschette) zurück, es fehlt in der Gruppe Amanitopsis (Streiflinge oder Scheidenstreiflinge), dann entspringt der Stiel einer deutlichen häutigen Volva (Scheide) oder es sind flockige Reste der Volva vorhanden. Der Stiel kann zylindrisch ausgebildet, keulenartig oder knollig verdickt sein oder einer häutigen Scheide entspringen. Viele Arten der Gattung haben leuchtend gefärbte Hüte, es kommen aber auch weiße und bräunliche Formen vor. Die Trama der Lamellen ist bilateral. Das Sporenpulver ist weiß, selten grünlich; die Sporen sind breitellipsoid bis kugelig, glatt, farblos und besitzen keinen Keimporus. Sie können amyloid (mit Jodreagenzien anfärbbar) oder inamyloid sein. Der Geruch ist meist unauffällig, kann aber auch süßlich-kunsthonigartig oder dumpf wie Kartoffelkeime sein. Geschmacksproben verbieten sich bei dieser Gattung, da einige sehr stark giftige Arten bereits in sehr geringen Mengen zu gesundheitlichen Schäden führen können.
Ökologie
Die Arten der Gattung Amanita sind bodenbewohnende Ektomykorrhiza-Bildner mit diversen Laub- und Nadelbäumen oder auch Zwergsträuchern. Sie bewohnen entsprechend Lebensräume, in denen die Mykorrhiza-Partner der jeweiligen Arten vorhanden sind.
Verbreitung
Die Gattung ist weltweit verbreitet, einzelne Arten wurden mit den mit ihnen vergesellschafteten Baumarten verschleppt. Das Artenspektrum kann sich bereits innerhalb Europas stark unterscheiden (Mittelmeerraum, Osteuropa). Dies führt zum Teil dazu, dass es beim Sammeln von Speisepilzen in für den Sammler fremden Regionen zu gefährlichen Verwechslungen kommen kann. Dies deshalb, weil in der Gattung sehr giftige Arten und beliebte Speisepilze vorkommen.
Arten
In Europa kommen folgende Arten vor bzw. sind dort zu erwarten.[1]
Wulstlinge (Amanita) in Europa |
Systematik
Die Gattung umfasst etwa 500 Arten, die Abgrenzung der einzelnen Arten zueinander und die Aufteilung der Gattung in Untergattungen und Sektionen wird in der Literatur unterschiedlich dargestellt, entsprechend schwankt auch die angegebene Artenzahl. Die Stellung der Streiflinge (ringlose Arten) wird unterschiedlich gehandhabt, während sie manchmal in die eigene Gattung Amanitopsis gestellt wurden, werden sie in moderner Literatur als Sektion Vaginatae der Untergattung Amanita betrachtet.
Unterschieden werden meist folgende Untergattungen:
Untergattung Amanita
Arten mit nicht amyloiden Sporen und meist gerieftem oder geripptem Hutrand.
Diese Untergattung wird unterteilt in die Sektionen:
Sektion Amanita (Wulstlinge): mit Ring, dieser kann bei einzelnen Arten allerdings flüchtig sein, und knolliger, manchmal sogar mit deutlich gerandeter knolliger Stielbasis ohne eigentliche Volva. An der Stielbasis kommen warzige oder flockige abwischbare Velumreste vor, die in gleicher Weise auch auf dem Hut gefunden werden. Diese lassen sich zwischen den Fingern pulverig zerreiben. Zu dieser Form der Verteilung kommt es, weil das Velum universale ringsum aufreißt. In diese Sektion gehören u.a.:
- Isabellfarbiger Wulstling (A. eliae)
- Narzissengelber Wulstling (A. gemmata)
- Fliegenpilz oder Roter Fliegenpilz (A. muscaria), die Typusart der Gattung
- Pantherpilz (A. pantherina)
- Königs-Fliegenpilz oder Brauner Fliegenpilz (A. regalis)
Sektion Caesareae (Kaiserlinge): mit gerieftem Hutrand, einem in Form einer Volva aufreisendem Velum universale und einem Ring, damit steht diese Sektion zwischen der Sektionen Vaginate (Streiflinge) und Amanita (Wulstlinge). Typischer Vertreter ist der
- Kaiserling (A. caesarea)
Sektion Vaginatae (Scheidenstreiflinge): stets mit gerieftem Hutrand und einem zylindrischen Stiel, der in einer derb-ledrigen oder pulverigen, vergänglichen Volva steckt. Ein Velum partiale und damit ein Ring ist nicht vorhanden, der manchmal verwendete Trivialnamen Scheidenstreiflinge weist auf die beiden kennzeichnenden Merkmale hin. Velumreste können auf dem Hut zurückbleiben. In diese Sektion gehören u.a. :
- Zweifarbiger Scheidenstreifling (A. battarrae)
- Riesen-Scheidenstreifling (A. ceciliae)
- Orangegelber Scheidenstreifling (A. crocea)
- Rotbrauner Scheidenstreifling (A. fulva)
- Ockergrauer Riesen-Scheidenstreifling (A. lividopallescens)
- Grauhäutiger Scheidenstreifling (A. submembranacea)
- Grauer Scheidenstreifling (A. vaginata)
Untergattung Lepidella
Diese Untergattung ist gekennzeichnet durch amyloide (mit Jodreagenz anfärbbare) Sporen, einen meist nicht gerieften Hutrand, einen Ring am Stiel sowie flockige, warzige oder schollenförmige Reste des Velum universale auf dem Hut.
Diese Untergattung wird in bis zu 4 Sektionen unterteilt:
Sektion Lepidella: gilt als die wahrscheinlich ursprünglichste Gruppe der Gattung. Die Arten der Gattung haben einen jung immer stark mit Velumfetzen behangenen Hutrand. Das sehr flüchtige und auf der Huthaut abwischbare Velum enthält viele Spaerocyten und nur wenig fadenförmige Hyphen, es lässt sich zwischen den Fingern zu einem sehr feinen Pulver zerreiben. Auch der Ring dieser Arten ist sehr flüchtig, die Stielbasis ist wulstig, knollig oder zwiebelartig wurzelnd, eine Volva ist nicht vorhanden. Die Arten dieser Sektion sind meist mehr oder weniger hell gefärbt. In diese Sektion gehören u.a. :
- Igel-Wulstling (A. echinocephala)
- Graziler Wulstling (A. gracilior)
- Fransiger Wulstling (A. strobiliformis)
- Schuppenstieliger Wulstling (A. vittadinii)
Sektion Amidella: mit ebenfalls behangenem Hutrand, jedoch wesentlich dauerhafterem, da aus miteinander verflochten Hyphen bestehendem Velum. Die Stielbasis steckt in einer derben, dauerhaften Volva, der Stiel ist meist zylindrisch und nicht knollig. Die Lamellen und das Velum einiger Arten dieser Sektion bräunen oder schwärzen beim Trocknen oder Liegen. Von dieser Sektion kommen in Mitteleuropa nur wenige Vertreter vor:
- Eier-Wulstling (A. ovoidea)
- Ockerscheidiger Eier-Wulstling (A. proxima)
Sektion Phalloidae (Knollenblätterpilze): diese Sektion, die die giftigsten Vertreter der Gattung (außerhalb Europas auch Speisepilze) enthält, ist gekennzeichnet durch eine stabile, sackartige und dauerhafte Volva, in welcher der zylindrische und nicht knollige Stiel steckt. Reste des Velum fehlen meist auf der Hutoberfläche. Wenn sie vorhanden sind, sind sie dick, schollenförmig und vereinzelt. Wichtige Arten dieser Sektion sind:
- Grüner Knollenblätterpilz (A. phalloides)
- Frühlings-Knollenblätterpilz (A. verna)
- Kegelhütiger Knollenblätterpilz (A. virosa)
Sektion Validea: Zu dieser Sektion gehören Arten einer meist deutlich gerandeten, knolligen Stielbasis bei denen das Velum universale auf dem Hut und an der Stielbasis feine bis grobe, regelmäßige oder unregelmäßige mit den Finger zu Krümeln oder Pulver zerreibbare Schollen, Warzen oder Flocken aufweist. Die Hutfarbe kann weiß, rosa, gelb, ocker oder braun sein. Eine Volva fehlt meist.
- Gelber Knollenblätterpilz (A. citrina),
- Grauer Wulstling (A. excelsa)
- Gelbflockiger Wulstling (A. fracheti)
- Porphyrbrauner Wulstling (A. porphyria)
- Perlpilz (A. rubescens)
Bedeutung
Die Arten der Gattung Amanita besitzen eine große ökologische Bedeutung als Mykorrhiza-Partner diverser Baumarten. In Mitteleuropa sind unter anderem Fichte, Birke, Eiche und Buche mit Arten dieser Gattung vergesellschaftet. Einige Amanita-Arten wie der in Deutschland geschützte Kaiserling und der Perlpilz sind beliebte Speisepilze. Zur Gattung gehören mit den eigentlichen Knollenblätterpilzen einige sehr gefährliche, potentiell tödliche Giftpilze.
Gifte
Die giftigen Arten der Gattung enthalten verschiedene Gifte.
Die eigentlichen Knollenblätterpilz-Arten enthalten vor allem toxisch wirkende, zyklische Peptide mit sieben oder acht Aminosäuren.
- Phalloidin als Hauptvertreter der Phallotoxine wirkt durch die Inhibition der Depolymerisation zellularer Actin-Filamente, was die Zellmotilität und die Funktionen des Cytoskeletts behindert. Beim Grünen Knollenblätterpilz enthält frisches Material etwa 20 bis 60 Milligramm Phallotoxine pro 100 Gramm Pilzmasse.
- Virotaxine sind aus sieben Aminosäuren bestehende, zyklische, toxische Peptide, die im Kegelhütigen Knollenblätterpilz vorkommen, in ihrer Wirkung ähneln sie dem Phalloidin.
- Amanitine (Amatoxine) wirken im Zellkern und hemmen dort die Wirkung der RNA-Polymerase II, einem Enzym, das zur Transkription benötigt wird, so dass die Zelle abstirbt. Diese Substanzen verursachen die lebertoxische Wirkung des Grünen Knollenblätterpilzes. Für einen erwachsenen Menschen gelten etwa 0,1 mg/kg Körpergewicht als tödlich, diese Menge ist in etwa 5 bis 50 Gramm frischem Material des Grünen Knollenblätterpilzes enthalten. Diese Substanzen sind hauptsächlich für die Giftwirkung der eigentlichen Knollenblätterpilze verantwortlich.
Die eigentlichen Knollenblätterpilze verursachen das Phalloides-Syndrom, das mit einer Latenzzeit von etwa 8 bis 12 Stunden (Seltener 2 bis 7 oder bis 36 Stunden) nach Pilzgenuss mit Brechdurchfällen beginnt. Nach etwa 24 Stunden stellt sich häufig eine Beruhigung ein, die jedoch nur bei leichten Vergiftungen ein Zeichen der Genesung ist, in schwereren Fällen kommt es zu Leberschäden, die nach 4 bis 16 (meist 8) Tagen zum Tode führen können.
Der Fliegenpilz, Pantherpilz und der Narzissengelbe Wulstling enthalten vor allem Ibotensäure und Muscimol (Pantherin), die das Pantherina- oder Fliegenpilz-Syndrom verursachen. Hier kommt es nach einer Latenzzeit von 15 Minuten bis 2(4) Stunden zu Schläfrigkeit, Rauschzuständen, Schwindelgefühl, Erregung und Halluzinationen, daneben können anticholinergische und cholinergische Symptome auftreten. Leichtere Vergiftungen klingen bald ab, tödliche Vergiftungen sind selten. Es scheint beim Narzissengelben Wulstling Rassen oder Formen mit unterschiedlichen Giftgehalten zu geben, in manchen Gegenden wird er als Speisepilz gesammelt. Der Muscarin-Gehalt des Fliegenpilzes ist unbedeutend.
Der Gelbe Knollenblätterpilz (Amanita citrina) enthält Bufotenin, welches beim Kochen zerstört würde und ist damit vor allem roh giftig. Er kommt durch sein unangenehmes Aroma und die Verwechslungsgefahr mit giftigen Arten nicht als Speisepilz in Frage.
Quellen
Literatur
- Rita Lüder: Grundkurs Pilzbestimmung. Quelle & Meyer, Wibelsheim 2007, ISBN 3-494-01341-1.
- Marcel Bon: Pareys Buch der Pilze: über 1500 Pilze Europas. Aus dem Englischen von Till R. Lohmeyer. Paul Parey, Hamburg - Berlin, 1988, ISBN 3-490-19818-2.
- René Flammer, Egon Horak: Giftpilze-Pilzgifte. Schwabe, Basel 2003, ISBN 3-7965-2008-1.
- Egon Horak, Meinhard Moser: Röhrlinge und Blätterpilze in Europa. 6. völlig neu bearbeitete Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2005, ISBN 3-8274-1478-4.
- Achim Bollmann, Andreas Gminder, Peter Reil: Abbildungsverzeichnis europäischer Großpilze. 4. Auflage, mit Gattungs-CD. Schwarzwälder Pilzlehrschau, Hornberg 2007, ISSN 0932-920X.
- Heinrich Dörfelt (Herausgeber): Wörterbuch der Mycologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg-Berlin 2001, ISBN 3-8274-0920-9.
- Karin Montag: Von Schollen, Tupfen und Fransen. Der Tintling, Heft 2/2007, ISSN 1430-595X, Seite 4.
- Josef Breitenbach, Fred Kränzlin: Pilze der Schweiz. Band 4. Verlag Mykologia, Luzern 1995, ISBN 3-85604-040-4.
- Theodor Wieland: Amatoxine, Phallotoxine - die Gifte des Knollenblätterpilzes, Chemie in unserer Zeit, 13. Jahrg. 1979, Nr. 2, S. 56-63, ISSN 0009-2851
Einzelnachweise
- ↑ Eric Strittmatter: Die Gattung Amanita. In: Fungiworld.com. Pilz-Taxa-Datenbank. 11. Juli 2008, abgerufen am 3. August 2012.
Weblinks
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