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Atomismus

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Der Ausdruck Atomismus bezeichnet entsprechend seiner griechischen Etymologie (a-tomos, nicht-teilbar) ganz allgemein die Annahme, dass ein Bereich aus kleinsten, fundamentalen, nicht teilbaren oder auf andere Elemente reduzierbaren Elementen besteht.

Am verbreitetsten ist die Verwendung des Begriffs im Zusammenhang der Naturphilosophie, Metaphysik und Kosmologie, wobei eine gewisse Kontinuität von vorsokratischen Annahmen weniger materieller Elemente bis zum Atombegriff der modernen Teilchenphysik besteht. Auch in anderen Kontexten wird von Atomismus gesprochen, wenn kleinste, nicht weiter erklärbare oder reduzierbare theoretische Begriffe oder Objekte der Wirklichkeit beschrieben werden, beispielsweise bei einer Annahme fundamentaler semantischer Einheiten, wie dies u. a. der Logische Atomismus entwickelte (siehe auch Elementarsatz).

Naturphilosophischer Atomismus

Antike

Der Atomismus, auch die Atomistik genannt, bezeichnet eine kosmologische Theorie, der zufolge das Universum aus kleinsten Teilchen, den Atomen (griechisch átomos, das Unzerschneidbare, Unteilbare), zusammengesetzt ist, die sich in vollkommen leerem Raum bewegen. Diese Atome wurden als diskret (d. h. voneinander trennbar), unendlich hart, unveränderlich und ewig gedacht. Er steht im Gegensatz zur Auffassung, beispielsweise der Eleaten, der Materie als Kontinuum. Der Atomismus kam im fünften Jahrhundert vor Christus in Griechenland auf, vor allem durch Leukippos und Demokrit als erste Vertreter der philosophischen Schule von Abdera. Demokrits zentrale Aussage dazu lautet:[1]

„Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter; in Wirklichkeit gibt es nur Atome und leeren Raum.“

Im vierten Jahrhundert entwickelte Epikur die Lehre weiter. Lukrez' Lehrgedicht De rerum natura (Über die Natur der Dinge, um 55 vor Christus) gibt eine zusammenhängende Darstellung dieser materialistischen Weltsicht in lateinischer Sprache; in erkenntnistheoretischer Hinsicht sind der sogenannte Epikureismus und der antike Atomismus synonym. Im Gegensatz dazu nahm die Lehre von den Elementen beziehungsweise die Suche nach der Arché (seit dem sechsten Jahrhundert vor Christus) an, dass die Materie aus einem einzigen Urstoff gebildet sei, aus Wasser (Thales, Anaximander), Luft (Anaximenes) oder aus einer Mischung von Erde, Feuer, Luft und Wasser (Empedokles, Aristoteles).

Neuzeit

Galilei

Galileis Aussage, Körper könnten ihre Form wandeln, bestünden aber immer aus dem gleichen Stoff, steht im Gegensatz zur katholischen Auffassung der Eucharistie, nach der sich beim Abendmahl der Stoff von Wein zu Blut verwandelt, während die Form bestehen bleibt.

Durch die Chemie wissenschaftlich präzisierter Begriff

1797 formulierte der französische Chemiker Joseph-Louis Proust das nach ihm benannte Proustsche Gesetz. John Dalton erweiterte dieses zum Gesetz der multiplen Proportionen. Er zog daraus den Schluss, Atome seien die unteilbaren Bausteine der chemischen Verbindungen und publizierte diese Auffassung 1808 mit dem Werk A New System of Chymical Philosophy. Die Jahrtausende alte spekulative Atomhypothese war damit auf eine naturwissenschaftliche Grundlage gestellt.

Goethe

Johann Wolfgang von Goethe gebrauchte den Ausdruck atomistisches Denken im Gegensatz zum dynamischen Denken:

„Zweierlei Vorstellungsarten: dynamisch und atomisch. Aus verschiedenen Vorstellungsarten entsteht ein neues Resultat; jeder hat die seine; jeder neigt mehr zu der einen oder der anderen herüber. Lukrez, Epikur bekannten sich zu der Vorstellungsart, die wir die atomistische oder chemische nennen möchten; in den realen Stoffen der Materie suchten sie Entstehung und Ordnung durch Hilfe des Zufalls. Andere suchten es in einer unsichtbaren höheren Gewalt, in anregenden Kräften.“[2]

Atome in Chemie und Physik

Der Atombegriff der neuzeitlichen Chemie bildet eine naturwissenschaftliche Fundierung des Konzepts der vordem rein hypothetischen Elementarteilchen, unterscheidet sich von diesen aber grundlegend hinsichtlich der Erklärungsfunktion und Tragweite des theoretischen Anspruchs. Zu den für die Chemie grundlegenden Eigenschaften der Atome zählen ihre Unzerstörbarkeit und unveränderliche Zuordnung zu einem bestimmten chemischen Element. Diese Annahmen wurden in der Physik mit der Entschlüsselung der Radioaktivität und der Entdeckung der Kernreaktionen, u. a. der Kernspaltung, im 20. Jahrhundert widerlegt.

Logischer Atomismus

Der logische Atomismus ist eine frühe Position innerhalb der analytischen Philosophie und wurde vor allem von Bertrand Russell vertreten. Nach ihm soll die Welt aus atomaren Tatsachen bestehen, die in atomaren Sätzen abgebildet werden.

Linguistischer Atomismus

Der Ausdruck linguistischer Atomismus bezeichnet (polemisch) eine nichtstrukturelle Untersuchung sprachlicher Einheiten als isolierte, atomisierte Elemente ohne Berücksichtigung struktureller Zusammenhänge und Abhängigkeiten.[3]

Ontologischer oder Begriffsatomismus (Moore)

George Edward Moore vertrat einen ontologischer Atomismus in Form eines Begriffsatomismus, wonach die Wirklichkeit aus kleinsten, einfachen Bestandteilen in Form von Begriffen (concepts) aufgebaut ist.[4]

Atomismus als Gegensatz zum Holismus

In der Gegenwart wird der Atomismus dem ganzheitlichen Denken beziehungsweise dem Holismus gegenübergestellt. Beides sind Kategorien zur Beschreibung des Verhältnisses von Gesamtheit und Detail bei der Betrachtung komplexer Systeme. Der auf Aristoteles zurückgehende Satz von der Übersummativität (Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile), weist beispielsweise in der Biologie darauf hin, dass Lebensphänomene nicht auf physikalische und chemische Vorgänge reduziert werden können, also nicht im Sinne des Atomismus zerlegbar seien.

Siehe auch

Literatur

  • Bernhard Dietrich Haage: Die Korpuskulartheorie bei Geber latinus. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 12, 1994, S. 19–28.
  • Robert Hugh Kargon: Atomism in England from Hariot to Newton, Oxford: Clarendon Press 1966.
  • R. Kayser: Die Urbewegung der Atome bei Leukipp und Demokrit. Eine Studie über die Zusammenhänge von Ontologie und Physik im abderitischen Materialismus. 1997.
  • Friedrich Albert Lange: Geschichte des Materialismus (1866), Frankfurt am Main 1974 (ISBN 3-518-07670-1).
  • Kurd Laßwitz: Geschichte der Atomistik vom Mittelalter bis Newton. I-II, Hamburg und Leipzig 1890 (Neudruck Darmstadt 1963).
Quellensammlung zum antiken Atomismus

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Capelle: Die Vorsokratiker, Fragmente und Quellenberichte - Leipzig: Kröner, 1935. (Kröners Taschenausgabe Band 119) - S. 135
  2. Schriften zur Morphologie II, 6, Goethe Gespräche Winter 1805/06 Band 3
  3. Ulrich, Linguistische Grundbegriffe, 5. Aufl. (2002): Atomismus.
  4. Vgl. E. Kanterian, Analytische Philosophie, Frankfurt a.M., Campus, 2004, S. 30
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