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Bananenrepublik

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Dieser Artikel behandelt das Schimpfwort. Für das Kreisverkehrsbauwerk siehe: Bananenrepublik Köln.

Bananenrepublik ist die abwertende Bezeichnung für Staaten, in denen Korruption und Bestechlichkeit vorherrschen, deren Rechtssystem nicht funktioniert, wirtschaftliche oder politisch-moralische Verhältnisse von Ineffizienz und Instabilität geprägt sind oder in denen staatliche Willkür herrscht oder denen diese Eigenschaften zugeschrieben werden.

Allgemeines

Der umgangssprachliche Begriff ist eine Lehnübersetzung des US-amerikanischen Begriffs banana republic.[1] Als Bananenrepubliken wurden ursprünglich die kleinen Staaten in Mittelamerika bezeichnet, die überwiegend vom Bananenexport abhängig waren und dabei auf fremdes Kapital – meist aus den USA – angewiesen waren.[2] Zu Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts nutzte insbesondere die United Fruit Company ihre Verbindung zu US-amerikanischen Politikern, Militärs und Unternehmern dazu, ihre partikularen gegen staatliche und gesellschaftliche Interessen durchzusetzen. Die Wehrlosigkeit eines Staates gegenüber solchen Partikularinteressen führt zu dessen Status als Bananenrepublik. Zur Wahrung von Handelsinteressen erfolgten bis 1934 direkte Militärinterventionen durch die US Navy, das United States Marine Corps und gelegentlich auch durch die U.S. Army im Rahmen einer Kanonenbootpolitik. In späteren Jahren wurden diese sogenannten Bananenkriege durch die Unterstützung interner Revolten oder Militärputsche ersetzt, wie etwa 1954 in Guatemala.

Geschichte

Die Partikularinteressen wirkten sich in Mittelamerika besonders deutlich aus. Anfangs wurden einzig solche Länder so bezeichnet, die nur oder vorwiegend Bananen exportierten bzw. anbauten. Der Begriff geht dabei vor allem auf die mittelamerikanischen Staaten wie etwa Guatemala, Honduras, Nicaragua oder Panama zurück, deren Politik und Staatsgeschäfte über Jahrzehnte durch den Einfluss der großen Südfruchtexporteure United Fruit Company (Chiquita)[3] und Standard Fruit Company (Dole) bestimmt wurde. Die wirtschaftliche Macht dieser US-amerikanischen Unternehmen war weitaus größer als die politische Macht der Regierungen oder gar der Bevölkerung dieser Länder. Ein früherer US-amerikanischer PR-Berater, Edward L. Bernays, war u. a. zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit von United Fruit.

Im April 1907 installierten die USA in Honduras eine korrupte Diktatur unter Miguel R. Dávila, um die Interessen der United Fruit Company zu schützen. Bereits 1910 kontrollierten die US-Firmen 80 % der honduranischen Bananenpflanzungen.[4] Die Diktatoren Tiburcio Carías Andino und Juan Manuel Gálvez, die von 1933 bis 1948 bzw. von 1949 bis 1954 an der Macht waren, betätigten sich ebenfalls als Handlanger der United Fruit Company. Ähnlich verlief es 1930 in der Dominikanischen Republik mit Rafael Trujillo, in Guatemala 1954 mit Carlos Castillo Armas und in Chile 1973 mit Augusto Pinochet.[5] Die United Fruit Company kontrollierte in Guatemala nicht nur den Bananenhandel („Chiquita“), sondern auch die Post, den größten Hafen und die Stromversorgung des Landes.[6]

Ausweitung auf andere Staaten

Der Begriff Bananenrepublik geht vermutlich auf den US-amerikanischen Schriftsteller O. Henry (eigentlich William Sydney Porter) zurück. In einer 1904 erschienenen Novelle Cabbages and Kings (Kohlköpfe und Könige) heißt es, wohl unter Anspielung auf Honduras: „At that time we had a treaty with about every foreign country except Belgium and that banana republic, Anchuria“ („Zu dieser Zeit hatten wir mit fast jedem Land einen Vertrag geschlossen, mit Ausnahme von Belgien und dieser Bananenrepublik, Anchurien“). Der abschätzige, in der heutigen Form benutzte Begriff wurde 1935 erstmals verbreitet gebraucht. Der Ausdruck reflektierte zunächst den übermäßigen Einfluss von Bananenimporteuren wie United Fruit. Der Begriff Bananenrepublik hat sich seitdem auf andere Staaten ausgeweitet und wird heute weltweit als negativer Ausdruck für einen Staat verwendet, in dem auf wirtschaftlichem, politischem oder rechtlichem Gebiet Korruption herrscht.[2]

In Deutschland wird der Begriff heute vor allem polemisch gebraucht, um Handlungsweisen politischer Gegner als angeblich korrupt zu bezeichnen oder tatsächliche Korruption in einen größeren Zusammenhang zu stellen.

Staatskritische Protestfahne
„BananenRepublik Deutschland“

Am 26. Januar 1978 sagte Oppositionsführer Helmut Kohl im Deutschen Bundestag zu Verteidigungsminister Georg Leber, die CDU/CSU-Fraktion werde „nicht zulassen, daß die Psychologie einer Bananenrepublik zum Umgangsstil des deutschen Parlaments gemacht wird“ und warf dem Abgeordneten Willy Brandt vor, er habe „den Stil einer Bananenrepublik in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt“.[7]

Am 4. Mai 1981 titelte in Deutschland Der Spiegel „Wie in einer Bananenrepublik“ über die Geschäftspraktiken der deutschen Lebensversicherer.[8] Im Zusammenhang mit der Flick-Affäre griff der Spiegel den Begriff erneut auf: „Seit Mitte Dezember 1981 liefert Bonn eine neue Definition: BRD = Bananenrepublik Deutschland.“[9] Die Flick-Affäre entwickelte sich zu einem der größten Skandale der Nachkriegszeit. Dabei ging es um versuchte Einflussnahme durch illegale Parteienfinanzierung, vor allem mit dem Geld des Unternehmers Friedrich Karl Flick. In diesem Zusammenhang wurde Bananenrepublik 1984 zu einem der Wörter des Jahres.[10]

Heutige Verwendung

Der Begriff wird heute über Mittel- und Südamerika hinaus auch für andere Staaten verwendet, die die Attribute einer Bananenrepublik aufweisen. Hierzu zählen eine schwache Wirtschaft, die weitgehend von einem Exportartikel abhängig ist, politische Instabilität, Wirtschaft und Politik bestimmende mafiöse Strukturen, Auseinandersetzungen werden mit Waffengewalt ausgetragen, fehlende oder nicht funktionierende, despotisch regierende Staatsmacht, lasche Gesetze und nicht funktionierende Strafverfolgung oder Versickerung.

Heute wird "Bananenrepublik" zum einen abwertend für Länder (meist der Dritten Welt) verwendet, in denen durch erhebliche Einflussnahme von ausländischen Unternehmen Korruption, Verbrechen, Vetternwirtschaft, persönliche Bereicherung auf Staatskosten und zweifelhafte Wahlen gefördert wurden. Zum anderen wird der Begriff aber auch als unscharfer Streitbegriff gegen Staaten in Stellung gebracht, deren politische Kultur mit Korruption und Willkür in Zusammenhang gebracht wird. Deshalb wird dieser Begriff abwertend auch in politischen Diskussionen und Polemiken über Industrieländer wie beispielsweise die Schweiz, Deutschland, Frankreich, Österreich, Griechenland oder Italien verwendet, wenn man ähnliche Praktiken (die teilweise verdeckt oder beschönigt werden) unterstellt oder kritisiert.

Grafische Anspielung

Nach den Pannen bei der österreichischen Bundespräsidentenwahl 2016 hat Stadtbaumeister Markus Voglreiter eine auf das Wort Bananenrepublik anspielende Fahne öffentlich gehisst. Diese trägt übereinander drei spaßig verfremdete – etwa mit Zigarre im Schnabel, rot-weiß-rotem Trägerleibchen am Oberkörper – oder mutierte österreichische Bundesadler und in den Fängen jeweils unterschiedlich gestaltete Bananen, gezeichnet vom Künstler Manfred Kiwek. Die beim Büro des Baumeisters nächst dem Kreisverkehr Obertrum gehisste Fahne erregte Aufsehen, löste laut Voglreiter einige positive Reaktionen von passierenden Rad- und Motorradfahrern aus und bewirkte Berichterstattung im ORF. Daraufhin ließ ihn die Polizei am 19. September 2016 die Fahne demontieren und machte eine Anzeige wegen „Herabwürdigung von Staatssymbolen“. „Wer die Fahne oder ein anderes Symbol der Republik Österreich öffentlich ‚beschimpft, verächtlich macht oder sonst herabwürdigt‘, dem drohen nach dem Paragrafen 248 des Strafgesetzbuches bis zu sechs Monate Haft oder eine Geldstrafe.“ Anfang Dezember 2016 verlautete, dass „der Verfassungsschutz die Ermittlungen einstellte, da keine ‚Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole‘ nachzuweisen war.“[11][12][13]

Literatur

  • O. Henry: Cabbages and Kings.
  • Fritz Lietsch, Bernhard Michalowski (Hrsg.): Die Bananenrepublik: Skandale und Affären in der Bundesrepublik; eine Chronik, Heyne, München 1989, ISBN 3-453-03364-7; 2. Auflage (um die DDR erweitert), 1990, ISBN 3-453-03364-7.
  • Wolfhart Berg: Bananenrepublik Deutschland : Korruption – der ganz alltägliche Skandal, mvg, Landsberg am Lech 1997, ISBN 3-478-71830-9.
  • Steve Striffler, Mark Moberg: Banana Wars: Power, Production, and History in the Americas. Duke University Press, Durham (NC) 2003, ISBN 978-0-8223-3196-4.

Weblinks

Wiktionary: Bananenrepublik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch, 2002, S. 87
  2. 2,0 2,1 Renate Wahrig-Burfeind: Brockhaus Wahrig Deutsches Wörterbuch. Mit einem Lexikon der Sprachlehre. In: Digitale Bibliothek. 9., vollständig neu bearbeitete und aktualisierte Auflage. wissenmedia in der inmedia ONE GmbH, Gütersloh/München 2012, ISBN 978-3-577-07595-4 (CD-ROM-Ausgabe)., Stichwort »Bananenrepublik«
  3. Stephen Schlesinger, Stephen Kinzer: Bananen-Krieg – CIA-Putsch in Guatemala Ernst Kabel Verlag GmbH, Hamburg 1984, ISBN 3-921909-52-X.
  4. Robert J. McMahon/Thomas W. Zeiler, Guide to U.S. Foreign Policy: A Diplomatic History, 2012, S. 112
  5. James H. Hill, The Everyday Language of White Racism, 2011, o. S.
  6. Dr. Wort (radio ffn), Mich laust der Affe: Neues aus der Welt der Redewendungen, 2012, o. S.
  7. Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 69. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Januar 1978. Abgerufen am 17. März 2019.
  8. DER SPIEGEL 19/1981 vom 4. Mai 1981, S. 79
  9. DER SPIEGEL 52/1981 vom 21. Dezember 1981, Rückspiegel-Zitat aus dem Handelsblatt, S. 182
  10. Gesellschaft für deutsche Sprache, Wort des Jahres 1984, Rang 5
  11. „Protestfahne“ in Kobersdorf gehisst orf.at, 18. November 2016, abgerufen 19. November 2016.
  12. Polizeiaktion gegen Bundesadler mit Bananen orf.at, 19. September 2016, abgerufen 19. November 2016.
  13. Bananenrepublikfahne: Keine Ermittlungen mehr orf.at, 2. Dezember 2016, abgerufen 2. Dezember 2016.
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