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Carl Lutz

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Gedenkstelle für Carl Lutz in Budapest

Carl Robert Lutz (* 30. März 1895 in Walzenhausen (AR); † 12. Februar 1975 in Bern) war ein Schweizer Diplomat, der die grösste Rettung von Juden während des Zweiten Weltkriegs durchgeführt hat. Zusammen mit Widerstandskämpfern gelang es Carl Lutz, insgesamt 62.000 ungarische Juden zu retten.

Dank seinen Anstrengungen überlebte die Hälfte der jüdischen Bevölkerung von Budapest und wurde nicht in die Vernichtungslager der Nazis während dem Holocaust deportiert. Drei Mal wurde Lutz für den Friedensnobelpreis nominiert. Von Yad Vashem erhielt er den Ehrentitel Gerechter unter den Völkern.

Frühes Leben

Lutz wuchs in Walzenhausen in einer frommen Familie auf, die die Methodistenkirche besuchte. 1913 wanderte er in die Vereinigten Staaten aus. Er wollte Pfarrer werden, aufgrund seiner Schüchternheit gab er diesen Berufswunsch auf. Seit 1920 arbeitete er in der Schweizer Gesandtschaft in Washington, D.C. und später in den Konsulaten in Philadelphia und St. Louis. Mit seiner Frau Gertrud Lutz-Fankhauser, der späteren UNICEF-Vizepräsidentin, ging er 1935 an das Konsulat in Jaffa im Völkerbundsmandat Palästina, wo er bis 1940 als Konsularbeamter arbeitete. Gemeinsam wurden sie Zeuge der dramatischen Unruhen zwischen Palästinensern und jüdischen Einwanderern aus Europa.

Budapest 1942–1945

Nach einem kurzen Aufenthalt in Berlin wurde er 1942 unter dem Gesandten Maximilian Jaeger als Vizekonsul an die Botschaft nach Budapest versetzt. Bekannt wurde er durch seinen Einsatz für ungarische Juden, wodurch über 60.000 Menschen – rund die Hälfte aller überlebenden ungarischen Juden – vor der Deportation und dem Holocaust gerettet wurden. Er erreichte dies in seiner Position als Leiter der Abteilung „Fremde Interessen“ an der Schweizer Botschaft, indem er ab Mai 1944 für Juden, die nach Palästina auswandern wollten, Schutzpässe und Schutzbriefe ausstellte. Dies bewahrte sie vor der Deportation nach Auschwitz, denn die ungarische Gendarmerie und das Eichmann-Kommando respektierten diese Papiere, wobei Lutz’ frühere Tätigkeit in Palästina, bei der Wahrnehmung deutscher diplomatischer Interessen gegenüber Großbritannien im Jahre 1940, eine Rolle spielte. Der schwedische Diplomat Raoul Wallenberg, der im Juli 1944 nach Budapest kam, informierte sich über die Vorgehensweise des Schweizers und arbeitete mit ihm zur Rettung von Budapester Juden zusammen. Wallenbergs Tätigkeit wurde weltweit durch den Fall seines mysteriösen Verschwindens bekannt, dagegen blieb Lutz als quasi unordentlicher Beamter in der Schweiz lange ungewürdigt.[1][2]

Nachkriegszeit und Tod

Nach dem Krieg wurde sein Verhalten in einer Überprüfung der gesamten Botschaftstätigkeit zwar als korrekt beurteilt, aber die Bezeichnung der rechtmäßig ausgegebenen Schutzpapiere als „Schweizerpässe“ wurde seitens der Polizeiabteilung des Eidgenössischen Politischen Departements als „Kompetenzüberschreitung“ gewertet, ohne dass es zu einer formellen Rüge kam. Nach seiner Scheidung heiratete Lutz 1950 die ungarische Jüdin Maria Magdalena Grausz, die er 1944 in Budapest kennengelernt hatte. Von 1954 bis 1961 wurde er als Konsul in Bregenz eingesetzt. Lutz kämpfte sein Leben lang um Anerkennung seiner aussergewöhnlichen Leistung, die ihm jedoch versagt blieb. 1975 starb er vereinsamt und verbittert und ist auf dem Berner Bremgartenfriedhof begraben.[3][4][5]

Ehrungen

  • 1961 Ernennung zum Ehrenkonsul (jedoch ohne entsprechende Gehaltserhöhung)
  • 1963 verlieh ihm sein Geburtsort Walzenhausen das Ehrenbürgerrecht (2013 Sonderausstellung über die Judenrettung zu seinen Ehren)[6]
  • 1964 ehrte Yad Vashem ihn und seine erste Frau Gertrud Lutz-Fankhauser mit dem Titel Gerechter unter den Völkern
  • 1991 Denkmal in Budapest
  • 1995 Posthume Rehabilitation durch Schweizer Behörden
  • 2014 Ehrenmedaille der George-Washington-Universität[7]

Ausstellungen

  • 1999 Visas for Life[8]
  • 2006 Visa retten Leben – Carl Lutz, Historisches und Völkerkundemuseum, St. Gallen[9]
  • 2007 Doppelausstellung über Gertrud und Carl Lutz, Lichthof, Universität Zürich[10]

Siehe auch

Literatur

Filme

Spielfilm

Dokumentarfilme

Weblinks

 Commons: Carl Lutz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. [1] Artikel von Agnes Hirschi: Carl Lutz und der jüdische Widerstand in Ungarn in der NZZ am 13. Mai 2005
  2. [2] Artikel von Bernhard Odehnal: Carl Lutz rettete Tausende Juden vor dem Holocaust. im Tages-Anzeiger vom 3. Mai 2012
  3. [3] Amnesty - Magazin für Menschenrechte März 2014
  4. [4] Artikel Unbekannte Aufnahmen von Carl Lutz in der NZZ am 22. Juni 2014
  5. [5] Interview mit Daniel von Aarburg 31. August 2014 auf SRF DOK
  6. [6] Jörg Krummenacher in der NZZ vom 16. August 2013
  7. [7] Artikel von Ruth Wittwer: Späte Ehre für den Schweizer Holocaust-Helden Carl Lutz. SRF Kultur 3. März 2014
  8. Andreas Oplatka: Visa für das Leben, Diplomaten als Retter – eine Ausstellung in Budapest (bis Ende Juni 1999). NZZ, 18. Juni 1999, abgerufen am 10. Januar 2015.
  9. Gaby Ochsenbein: Carl Lutz: Der mutige Diplomat aus dem Appenzell. swissinfo, 12. Dezember 2006, abgerufen am 10. Januar 2015.
  10. Thomas Gull: Zivilcourage und Menschlichkeit – eine Ausstellung über Gertrud und Carl Lutz. UZH, 21. September 2007, abgerufen am 10. Januar 2015.
  11. Carl Lutz – der vergessene Held swissfilms.ch
  12. Der vergessene Schweizer Held Artikel im Tages-Anzeiger vom 24. Juni 2014
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Carl Lutz aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.