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Goitein (Familie)

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Die Familie Goitein leitet ihren Namen aus dem Geburtsort ihres ersten bekannten Vorfahren ab, dem mährischen Ort Kojetín. Aus der Familie gingen zahlreiche Rabbiner, jüdische Gelehrte und sonstige Wissenschaftler hervor.

Die 1. Generation

Der Stammvater der bislang bekannten Goiteins ist Baruch Bendit Goitein (1770–1839), der viele Jahre Rabbiner im ungarischen Högyész war. Von ihm stammt eine Arbeit über die talmudische Methodik, die unter dem Titel Kesef Nibḥar[1] zwischen 1827 und 1828 in Prag erstmals veröffentlicht wurde.[2] Das Werk enthält 160 Grundsätze des rabbinischen Rechts, in denen die im Talmud enthaltenen Quellen und ihre Anwendung auf praktische Fälle aufgeführt sind.[3]

Die 2. Generation

Ob Baruch Goitein mehrere Nachfahren hatte, ist nicht bekannt. Überliefert ist nur die Existenz von Zvi Hirsch (Hermann) Goitein (1805–1860), der in Hőgyész 1841 Nachfolger seines Vaters als Rabbiner wurde.[4][3] Er war verheiratet mit Szoli Teller.[5] Seine Autorenschaft für Yedei Moshe ist ungeklärt.

Die 3. Generation

Das Ehepaar Goitein-Teller hatte sieben Kinder, „vier Söhne und drei Töchter. Der zweite Sohn war bereits Rabbiner, der älteste und der dritte waren Kaufleute geworden, der jüngste, unser Vater, war wieder zum ‚Lernen‘ bestimmt.“[6] Dieser hier erwähnte jüngste Sohn war

  • Gabor Goitein (1848–1883), auch Gabor Gedalja (Gabriel) Goitein. Nur über ihn und seinen älteren Bruder liegen nähere Informationen vor:
  • Elijahu Menahem Goitein (1837–1902) trat in die Fußstapfen seines Vaters und wurde abermals Nachfolger als Rabbiner in Hőgyész. Er war verheiratet mit Amalie, geborene Baneth.[7] Über das ihm zugeschriebene Werk Rab Berachot gibt es keine Hinweise.

In der nachfolgenden 4. Generation gibt es eine starke Ausdifferenzierung zwischen diesen beiden bekannten Goitein-Linien.

Die 4. und die nachfolgenden Generationen

Die Gabor-Goitein-Linie

Aus der Ehe von Gabor Goitein und seiner Frau Ida (Jette oder auch Henriette; geborene Löwenfeld, 1848–1931), einer Volksschullehrerin, gingen sechs Kinder hervor[5]:

  • Gertrud (Gittel) Unna-Goitein (1876–1954), Ehefrau des Mannheimer Rabbiners Isak Unna. Das seit 1898 verheiratete Paar hatte fünf Töchter und drei Söhne, unter ihnen
  • Emma Dessau-Goitein[9] (1877–1968), Malerin und Grafikerin, verheiratet mit dem Physiker Bernardo Dessau (1863–1949).
  • Hermann (1879–1882)
  • Rahel Straus-Goitein (1880–1963), seit 1905 verheiratet mit dem Juristen Elias (Eli) Straus, Sohn eines Bankiers und einer Mutter aus der Familie Feuchtwanger.[10] Rahel und Eli Straus hatten fünf Kinder:
    • Isabella (* 1909), verheiratete Emrich, Volkswirtin;
    • Hannah (* 1912; † in Kanada), verheiratete Strauss, Lehrerin und Psychologin;
    • Samuel (Peter) Friedrich (1914–1958), Landwirt in Israel;
    • Gabriele (* 1915), verheiratete Rosenthal, Kinderpsychologin;
    • Ernst Gabor Straus (1922–1983), Mathematikprofessor in Los Angeles), war seit Herbst 1944 mit Louise Miller verheiratet und hat zusammen mit ihr zwei Söhne:
      • Daniel Straus (* 1954)
      • Paul Straus (* 1957)[11]
  • Benedikt (Beni), geboren 1881, gestorben im Alter von 1/2 Jahr
  • Ernst Elijah (1882–1915), gefallen als Leutnant im Ersten Weltkrieg[12]

Die Elijahu-Menahem-Goitein-Linie

Die Nachfahren von Elijahu Menahem Goitein und seiner Frau Amalie sind:

  • Hirsch (Zvi) Goitein (* 1863 in Högyész; † 29. August 1903 in Kopenhagen), verheiratet mit Jitti Abeles.
    Hirsch Goitein besuchte von 1882 bis 1892 ein Rabbinerseminar und wurde 1892 in Berlin ordiniert. Er studierte außerdem in Königsberg und verfasste die 1890 veröffentlichte Dissertation mit dem Titel Der Optimismus und Pessimismus in der jüdischen Religionsphilosophie. Von 1892 bis 1898 war er Rabbiner in Náchod, danach bis 1903 in Kopenhagen.[13] Hirsch Goitein hat ein umfangreiches Werk hinterlassen, dessen Nachweise sich im WorldCat finden.
  • Eduard Ezechiel Goitein (1864–1914), verheiratet mit Frida Braunschweiger. Diese zog nach dem Tod ihres Mannes nach Frankfurt am Main und wohnte ganz in der Nähe ihres Schwagers Jacob Loeb Goitein.[14]
    Eduard Ezechiel Goitein besuchte von 1879 bis 1882 eine Jeschiwa, anschließend von 1884 bis 1891 das Gymnasium in Breslau. Von 1887 bis 1891 studierte er in Berlin und wurde 1891 in Halle promoviert. Seine Dissertation trug den Titel Das Vergeltungsprinzip im biblischen und talmudischen Strafrecht.[15] Parallel zu seinem Studium besuchte er ein Rabbinerseminar und wurde 1892 in Berlin ordiniert. Seine Stationen als Rabbiner waren: 1890–1892 Náchod, 1892–1897 Marienbad, 1897–1914 Burgkunstadt.[7]
    • Hugo Goitein (1897–1977) Seit Anfang der 1920er Jahre steht sein Name statt dem seiner Mutter unter deren Frankfurter Adresse, sein Beruf wird mit Kaufmann angegeben.[14] Paul Arnsberg erwähnt ihn für das Jahr 1938 als ausgeschiedenes Mitglied der Gemeindevertretung, der er für die Jüdische Volkspartei angehört habe. In der Gemeindevertretersitzung vom 6. September 1938 wird als Grund seines Ausscheidens genannt, er sei ausgewandert.[16]
    • Max Goitein (um 1897–1940)
    • Shlomo Dov Goitein (* 3. April 1900 in Burgkunstadt als Fritz Goitein; † 6. Februar 1985 in Princeton); im Juli 1929 heiratete er in Jerusalem Theresa Gottlieb (1899–1986), nach den Worten ihrer Tochter Ayala Gordon „die erste professionelle Lehrerin für Rhythmik, komponiert aus hebräischen Kinderliedern in Palästina“.[17]
      • Ayala Gordon war lange Jahre Leiterin und Kuratorin der Jugendabteilung des Israel-Museums in Jerusalem.[18] Über ihr umfangreiches publizistisches Werk informiert der WorldCat.
      • Eilon Goitein
      • Ofra Rosner[19]
  • Jacob Löb Goitein (* 1867; † 12. Oktober 1939 in Haifa). Seine Frau Berta war eine geborene Abraham (* 1867 in Windesheim – † 28. März 1946 in Ramat Gan). Aus der Ehe der beiden gingen fünf Kinder hervor, die alle in Frankfurt am Main geboren wurden:
    • Harry Goitein (1893–1916), nach Paul Arnsberg vermutlich Kriegsfreiwilliger[20], fiel im Ersten Weltkrieg in der Nähe von Amiens.
    • Max Goitein (1895–1968) war ebenfalls Soldat im Ersten Weltkrieg und arbeitete danach in einer international tätigen Metall- und Rohstoffhandlung. In den 1920er Jahren zog er nach Prag und heiratete dort die Opernsängerin Thea Klein (geborene Abt; 1900–1945). Das Paar wanderte 1939 nach Palästina aus und ließ sich in Ramat Gan nieder. Dort gründeten sie mit einem tschechischen Partner eine Fabrik für Zahnbohrer. Einige Jahre nach dem Tod seiner Frau heiratete Max Goitein die aus den USA stammende (Helena; 1898–1977), eine Sprachtherapeutin und zog mit ihr in die USA. Beide Ehen von Max Goitein blieben kinderlos.
    • Sittah Goitein (1896–1986 in Haifa) besuchte nach dem Abitur die Kunstschule in Frankfurt, eine Vorgängerin der heutigen Städelschule. 1924 heiratete sie Fritz Millner (* 30. März 1895 in Würzburg – März 1963 in Haifa).[21]
      Das Ehepaar Millner hatte zwei Söhne:
      • Harry Millner (1925–2009). Er wird bei Gordon als Erstgeborener vorgestellt und ist mit Margalit (Grietje Isaac; * 1923 in Amsterdam) verheiratet. Das Ehepaar trat in die von Fritz Millner mitgegründete Firma ein und hatte eine Tochter.
        • Doris Deborah Millner (* 1958 in Haifa), seit 1984 verheiratet mit Ron Cohen. Die beiden lebten und arbeiteten zur Zeit der Fertigstellung von Gordons Buch in Haifa, wo Ron niederländische Honorarkonsul war. Das Paar hat zwei Kinder:
          • Netta Cohen (1985) und
          • Erez Cohen (1988).
      • Uri Millner (* 1929 in Frankfurt; † 1948). Er fiel im Unabhängigkeitskrieg in der Nähe von Latrun. Er hatte eine Oberschule in Haifa besucht, war in der Hagana aktiv und arbeitete vor dem Unabhängigkeitskrieg als Polizist in der britischen Polizei.
    • Irma Rachel Goitein (1899–1989 in Haifa). Sie hatte an der Universität Frankfurt am Main Geschichte und Philosophie studiert und wurde mit einer Arbeit über Moses Hess promoviert: Probleme der Gesellschaft und des Staates bei Moses Hess.[22] Sie kam 1933 nach Palästina.
    • Dorle Goitein (1905–1998) und ihr Ehemann Zvi (Freilich) Efrat (1903–1961).
      Dorles voller Vorname ist Theodora – in Anlehnung an Theodor Herzls Vornamen, der wenige Monate vor Dorles Geburt gestorben war. Als Mitglied von Blau-Weiss absolvierte sie eine landwirtschaftliche Ausbildung auf dem Markenhof und gehörte zusammen mit ihrem Mann zu den Gründern und Gründerinnen des Kibbuz Beit Zera.
      Hauptartikel: Beit Zera
      Das Ehepaar hatte drei Kinder:
      • Uzi Efrat kam kurz nach der Gründung von Beit zera im Krankenhaus von En Charod zur Welt. Ihm folgten 1931 Zwillinge:
      • Judith (Yehudat) Efrat (* 5. Dezember 1931) Judiths Mann ist Shlomo Oren, mit dem zusammen sie vier Kinder hat:
        • Hagar Oren (* 1952), die in Beit Zera lebt und dort das Archiv des Kibbuz mit betreut. Aus ihrer Ehe mit Audi Ashkenazi gingen drei Kinder hervor:
          • Hadas Ashkenazi (* 1982)
          • Shaked Ashkenazi (* 1984)
            Shaked Ashkenazi nahm am 27. Januar 2020 in Freiburg an einem Gedenkabend an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz teil, bei dem auch die Erinnerung an die jüdische Geschichte des Markenhofs im Fokus stand. Shaked Ashkenazi wuchs in Beit Zera auf, wo sie bis zu ihrem 20. Lebensjahr auch lebte. Sie studierte dann am Weizmann Institute of Science in Rehovot und ging danach als Postdoktorandin nach Oxford, wo sie seit 2018 als Biologin forscht.[23]
          • Dafina Ashkenazi (* 1988)
        • Noga Oren (* 1954)
        • Rachel Oren (* 1958)
        • Civia Oren (* 1964
      • Amos Efrat (* 5. Dezember 1931; † 1996)
  • Joseph Solomon (Shlomo) Goitein (1880–1944) war in der vierten und letzten Generation als Rabbiner von Hőgyész tätig. Er war verheiratet mit Margit Malka Goitein, geborene Rozenberg (1902-1844). Beide wurden in Auschwitz ermordet.[24]
  • eine namentlich nicht bekannte Tochter, die mit dem Rabbiner Jizchak Michael Duschinsky verheiratet war.[25]

Einzelbiografien

Jacob Löb Goitein

Jacob Löb Goitein (* 1867 – † 12. Oktober 1939 in Haifa)[26] Er wurde in Ungarn geboren und übersiedelte später nach Frankfurt am Main, wo er bis zu seiner Emigration nach Palästina eine Weinhandlung betrieb.[27]

Nach Paul Arnsberg geriet Goitein „schon Anfang 1895 in den Bann von Theodor Herzl“ und war 1897 Mitbegründer der Frankfurter Ortsgruppe der Zionistischen Vereinigung für Deutschland[28] Dass dies zur damaligen Zeit auch für die Frankfurter Juden kein selbstverständlicher Akt war, macht Arnsberg an anderer Stelle deutlich.

„Bei den westjüdisch eingestellten Frankfurter Juden – von wenigen Ausnahmen abgesehen – gab es keine innere Beziehung zu der zionistischen Idee, und es war ein revolutionärer Entschluß, Zionist zu werden. Zu den Kreisen der Zionisten gehörten damals im wesentlichen polnische (österreichische) und russische Juden und nur eine verschwindend geringe Anzahl ‚deutscher Juden‘. Deutsche Juden, sofern sie sich dem Zionismus anschlossen, waren die Nonkonformisten der damaligen Zeit und gehörten im wesentlichen zu den Kreisen der Gemeindekonservativen. Die Trennungsorthodoxen sowie die Liberalen waren extrem antizionistisch. Die scharfe gesellschaftliche Trennung zwischen West- und Ostjuden spielte lange Jahre bei der Entwicklung der Frankfurter zionistischen Bewegung eine Rolle.
Klassische Figuren der Frankfurter zionistischen Frühperiode waren Fritz Sondheimer und Jakob L. Goitein. Goitein war schlechthin ‚der‘ Zionist in Frankfurt.“

Paul Arnsberg: Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution, Band I: Der Gang der Ereignisse, S. 813

Ebenfalls 1897, so eine von Ayala Gordon zitierte israelische Publikation[29], gehörte er zusammen mit Max I. Bodenheimer und David Wolffsohn dem Komitee an, das einen Jüdischen Kongress in München vorbereiten sollte, der dann aber nach Basel verlegt wurde und als Erster Zionistenkongress in die Geschichte einging. Goiteins Teilnahme an diesem Kongress ist durch das Protokoll belegt.[30]

Zu Beginn der 1900er Jahre übernahm Goitein den Vorsitz der Frankfurter Ortsgruppe der Zionistischen Vereinigung für Deutschland von seinem Vorgänger Fritz Sondheimer (1879–1930).[31] Das Frankfurter Israelitische Wochenblatt verkündete am 13. Oktober 1905 seine Wiederwahl zum Vorsitzenden[32], und Arnsberg führt ihn auch noch für das Jahr 1917 als Vorstandsmitglied. !932/33 gehört er der Vereinigung als Ehrenvorsitzender an.[31]

Goiteins in der Frankfurter Lokalgeschichte bislang kaum erforschte Rolle beschreibt Arnsberg wie folgt: „Er war ein religiöser, enthusiastischer und selbstloser Zionist, der seine Zeit und Gesundheit dafür hergab, den zionistischen Gedanken in Frankfurt und Deutschland zu verbreiten und Anhänger für den Zionismus zu gewinnen. Im jüdischen Frankfurt war er die Personifikation des Zionismus und lange Jahre Delegierter bei den Zionistenkongressen“[28] und gehörte verschiedenen Vorständen jüdischer Einrichtungen an:

  • Er war im Vorstand des von der Zionistischen Vereinigung bereits 1905 gegründeten Vereins Jüdische Bibliothek und Lesehalle, der die gleichnamige Einrichtung gründete und unterhielt, aus der 1922 die Bibliothek der Israelitischen Gemeinde Frankfurts hervorging.[33]
  • 1932/33 gehörte er dem Vorstand der Rabbinischen Lehranstalt Jeschiwa an.[34]

In den in Frankfurt anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des Reformjudentums und der Orthodoxie[35] stand Goitein auf der Seite der Orthodoxie, gehörte aber nicht zum Flügel der Israelitischen Religionsgesellschaft, sondern zählte zur Gemeindeorthodoxie, deren strenggläubige Angehörige in der jüdischen Einheitsgemeinde verblieben[28], deren Zentrum die Börneplatzsynagoge war. Als Zionist gehörte Goitein viele Jahre der konservativen Fraktion in der Gemeindevertretung der Israelitischen Gemeinde Frankfurts an und später der Fraktion der Jüdischen Volkspartei.[28] 1935 emigrierte Goitein nach Palästina, wo bereits Kinder von ihm mit ihren Familien lebten.

Fritz Millner

Der mit Jacob Löb Goiteins Tochter Sittah verheiratete Fritz Millner (* 30. März 1895 in Würzburg – März 1963 in Haifa) war Mitglied im jüdischen Wanderbund Blau-Weiß, dessen Frankfurter Vorstand er zeitweilig angehörte[36], und im Kartell Jüdischer Verbindungen (KJV), beides zionistische Organisationen. Er studierte an den Universitäten Heidelberg und Frankfurt und wurde 1921 mit einer Dissertation über Soziale Entwicklungstendenzen der Konsumgenossenschaften zum Dr. Phil. promoviert.[37] Beruflich wurde er Wirtschaftsprüfer und Kartell-Experte[38] und gründete nach seiner Auswanderung nach Palästina noch zur Mandatszeit zusammen mit einem Partner die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Bawly Millner & Co (auch: Bayly Millner & Co).[39]

In Frankfurt war Millner, wie sein Schwiegervater, in verschiedenen zionistischen Organisationen aktiv. Spätestens ab 1924 gehörte er dem Vorstand der Frankfurter Ortsgruppe der Zionistischen Vereinigung für Deutschland an und wird von Arnsberg auch noch für das Jahr 1932/33 als deren Vorstandsmitglied erwähnt.[31] Im gleichen Jahr saß er auch im Vorstand der von der Zionistischen Vereinigung betriebenen Hebräischen Sprachschule.[40]

Wann die Familie Millner nach Palästina auswanderte, ist unklar. In der schon erwähnten Biographischen Datenbank Jüdisches Unterfranken wird auf „vor 1937“ verwiesen, während in dem Buch von Ayala Gordon steht, er habe zu den Gründern von Aliya Chadasha[41] und der Irgun Oleij Merkas Europa (zu Deutsch: Vereinigung der Israelis mitteleuropäischer Herkunft) gehört. Diese wurde 1932 in Palästina gegründet[42], und Millner hätte sich als Gründungsmitglied dann schon dort aufgehalten haben müssen. Gordon nennt als Einwanderungsjahr 1933, was eher zu den von Arnsberg erwähnten Aktivitäten 1932/33 in Frankfurt passt.

Der Katalog der Deutschen Nationalbibliothek verzeichnet über die schon erwähnte Dissertation hinaus eine weiteres Werk von Fritz Millner, das er allerdings 1958 unter dem Namen S. S. Millner veröffentlichte: den Gedichtsband Ich suchte ein Grab.[43] Nach seinem Tod erschien 1966 posthum ein weiterer Gedichtsband von ihm: Die Strasse hat kein Ende[44]

Dorle und Zvi Efrat

Theodora (Dorle) Goitein (1905–1998)[45] ist die Tochter von Jakob Löb Goitein.

Dorle Goitein gehörte dem Verband Blau-Weiß an und bereitete sich in einer Gärtnerei in Frankfurt-Sachsenhausen und auf dem Markenhof auf ihre Auswanderung nach Palästina vor. In dem Buch von Ayala Gordon ist außerdem von einem einjährigen Besuch einer höheren Schule für Agrarwissenschafte in der Nähe von Bonnn die Rede. 1924 wanderte Dorle Goitein in Begleitung ihres Cousins Shlomo Dov Goitein, der bereits als Lehrer in Haifa unterrichtete und im Laufe der Sommerferien nach Deutschland gekommen war, nach Palästina aus.[46]

Dorle Goitein schloss sich den Chaluzim an, die sich im Dezember 1923 gemeinsam in Ruba al-Nasra, dem heutigen Mizra[47] niedergelassen hatten. Zu dieser Gruppe gehörten auch frühere Gefährten von ihr vom Markenhof[46], und mit ihnen zusammen gründete sie dann später Beit Zera. Kurz nach der Gründung des Kibbuz heiratete sie dort 1927 den in Krakau geborenen Zvi Freilich (Fröhlich) (1903–1961), der seinen Nachnamen in Efrat änderte. Zvi stammte aus einer orthodoxen jüdischen Familie und wurde in einer Cheder und in der Jeschiwa ausgebildet. Nachdem Abschluss seines Studiums begann er mit den Vorbereitungen für die Einwanderung nach Palästina und wanderte im Alter von 21 Jahren nach Palästina aus, wo er sich der Markenhof-Gruppe anschloss. In Beit Zera arbeitete er als Landmaschinenmechaniker und führte bei Bedarf Reparaturen durch.[46]

Dorle und Zvi Efrats erstes Kind wurde 1927 geboren; ihm folgten 1931 Zwillinge. Dorle war die erste Kindergärtnerin des Kibbuz. Sie hatte weder Pädagogik noch Unterichten studiert, bildete sich aber durch den besuch von Pädagogik-Kursen fort. Die Arbeit mit den Kindern war schwierig, da die Pädagoginnen sich um alle Bedürfnisse und Anforderungen der Kinder kümmern und alle organisatorischen und pädagogischen Probleme lösen mussten. Die Kinder lebten außerhalb des Elternhauses im Kinderhaus, das über drei Räume, eine Dusche und eine Essecke verfügte.[46]

Dorle Efrat arbeitete etwa zehn Jahre lang im Kinderhaus und danach in der Gemüsegärtnerei und in der Hühnerfarm des Kibbuz. Viele Jahre lang war sie für den Kleiderladen und das Lager zuständig, und als 1969 der neue Speisesaal gebaut wurde, organisierte sie die Kochteams. Nachdem sie das Rentenalter erreicht hatte, ließ sie sich zur Buchbinderin ausbilden und arbeite in der Bibliothek des Kibbuz.[46]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Im Englischen wird der Titel mit Choice Silver (Wähle Silber) wiedergegeben. (Norman A. Stillman: Introduction in Studies in Islamic History and Institutions by S.D. Goitein)
  2. Ein Reprint der Titelseite des offenbar nie ins Deutsche übersetzten Werkes ist online zugänglich: Reprint der Titelseite von Kesef Nibḥar.
  3. 3,0 3,1 Gotthard Deutsch, A. Rhine: GOITEIN, BARUCH (BENEDIT), in: Jewish Encyclopedia
  4. Deutsche Biographie: Goitein, Hermann (Hermann Zwi Hirsch Goitein) &
  5. 5,0 5,1 Deutsche Biographie: Straus, Rahel, geborene Goitein
  6. Rahel Straus: Wir lebten in Deutschland, S. 22
  7. 7,0 7,1 Gábor Lengyel: Moderne Rabbinerausbildung in Deutschland und Ungarn, S. 225
  8. Ivonne Meybohm: Erziehung zum Zionismus. Der Jüdische Wanderbund Blau-Weiß als Versuch einer praktischen Umsetzung des Programms der Jüdischen Renaissance, Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-631-58481-1, S. 11, Anmerkung 18
  9. Zu ihr existiert ein Artikel in der italienischen WIKIPEDIA: it:Emma Goitein Dessau
  10. Siehe hierzu das Kapitel Vaters Familie in Rahel Straus: Wir lebten in Deutschland, S. 122 ff. Mehr zu Elias Straus und dessen Familie bei Susanne Rieger, Gerhard Jochem: Das Ehepaar Dr. Elias und Dr. Rahel Straus, geb. Goitein, München (PDF; 97 kB), RiJo Research, 26. Mai 2006, abgerufen am 12. Juni 2020
  11. School of Mathematics and Statistics at the University of St Andrews (Scotland): Biography Ernst Gabor Straus
  12. Gedenkbuch des Reichsbund jüdischer Frontsoldaten (RjF)
  13. Hirsch Goitein im Katalog der DNB & Gábor Lengyel: Moderne Rabbinerausbildung in Deutschland und Ungarn, S. 226
  14. 14,0 14,1 Quelle: Historische Adressbücher der Stadt Frankfurt am Main
  15. Nachweise zu dem Buch finden sich im WorldCat.
  16. Paul Arnsberg, Band I, S. 901
  17. Das Zitat ist der Titel von Ayala Gordons Buch im WorldCat. Weitere Quellen: Tom Segev: Eilon Goitein and Ayala Gordon, keep their father, historian Shelomo Dov Goitein's personal papers 26 years after death, find letters from 1929, in: Haaretz, 14. Oktober 2011 & A Tribute to Shelomo Dov Goitein
  18. Ruth Markus: Artists: Yishuv and Israel: 1920-1970, in: Jewish Women's Archive
  19. Nachruf auf Shlomo Dov Goitein, The New York Times, 10. Februar 1985
  20. Paul Arnsberg, Band I, S. 755
  21. Biographische Datenbank Jüdisches Unterfranken: Fritz Millner
  22. Irma Goitein: Probleme der Gesellschaft und des Staates bei Moses Hess. Ein Beitrag zu dem Thema Hess und Marx mit bisher unveröffentlichtem Quellen-Material, C. L. Hirschfeld, Leipzig 1931
  23. Anja Bochtler: Als der Zionismus Juden in Freiburg Perspektiven bot, Badische Zeitung, 28. Januar 2020 & Shaked Ashkenazi – Junior Research Fellow at Sir William Dunn School of Pathology & Prestigious Newton International Fellowship awarded to postdoc Shaked Ashkenazi
  24. Yad Vashem: Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer
  25. Gábor Lengyel: Moderne Rabbinerausbildung in Deutschland und Ungarn, S. 212
  26. Die nachfolgenden Ausführungen über diesen Familienzweig basieren – soweit keine anderen Quellen benannt werden – auf einem Auszug aus dem Buch The history of the Goitein family: 1771-2012, das von Hagar Oren, Jacob Löb Goiteins Urenkelin, zur Verfügung gestellt wurde.
  27. Sowohl seine Geschäftsadressen in Frankfurt als auch seine Wohnadressen dort sind durch die Historischen Adressbücher der Stadt Frankfurt bis 1935 lückenlos dokumentiert.
  28. 28,0 28,1 28,2 28,3 Paul Arnsberg, Band III, S. 151–152
  29. Ruth Bondy: פליקס : פנחס רוזן וזמנו / Feliḳs: Pinḥas Rozen ṿe-zemano, Zemorah-Bitan, Tel-Aviv 1990. (Pinchas Rosen in seiner Zeit)
  30. Zionisten-Congress Basel 1897 - Officielles Protokoll, S. 138
  31. 31,0 31,1 31,2 Paul Arnsberg, Band II, S. 47
  32. http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/2692449 Frankfurter Israelitisches Wochenblatt], Heft 40 vom 13. Oktober 1905, S. 10 (Aus der zionistischen Bewegung)
  33. Paul Arnsberg, Band II, S. 65
  34. Paul Arnsberg, Band II, S. 81
  35. Matthias Morgenstern: Jüdische „Mustergemeinde“ im Widerstreit – Die Israelitische Religionsgesellschaft in Frankfurt am Main, in: Georg Heuberger (Hg.): Ostend. Blick in ein jüdisches Viertel, Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2000, S. 42–47
  36. Paul Arnsberg, Band II, S. 51
  37. Fritz Millner: Soziale Entwicklungstendenzen der Konsumgenossenschaften, Philosophische Dissertation, Heidelberg 1921
  38. Dass er dabei eher linken Positionen zuneigte zeigt sich auch daran, dass die Zeitschrift Der Funke, das Organ des Internationalen Sozialistischen Kampfbunds in seiner Ausgabe vom 24. April 1932 Unter der Überschrift Rundfunksendungen, die wir zur Beachtung empfehlen auf einen Vortrag Millners über das Kartellwesen aufmerksam machte.
  39. Laut Elsevier Science Direct war das mittlerweile als Horwath Bavly Millner & Co. firmieende Unternehmen 1986 „one of the larger firms of Certified Public Accountants in Israel“.
  40. Paul Arnsberg, Band II, S. 72
  41. Im Zusammenhang mit ihrem Forschungsprojekt zu Richard Lichtheim beschreibt Andrea Kirchner Aliya Chadasha als eine in Palästina agierenden moderate Partei, „die die Idee eines souveränen jüdischen Nationalstaates ablehnte und stattdessen eine fortgesetzte Zusammenarbeit mit dem britischen Mandatar favorisierte“. (Von Konstantinopel nach Genf. Richard Lichtheim (1885-1963). Annäherung an eine politische Biographie) Auf der Seite des Israel Democracy Institute wird Aliya Chadasha mit New Immigration übersetzt, also Neue Einwanderung. Die Bewegung fusionierte 1948 zwei zionistischen Organisationen zur Progressive Party, die als sozial-liberal beschrieben wird.
  42. Rede des Präsidiumsvorsitzenden Reuven Merhav zum 75. Jubiläum der Fünften Alija und des Irguns, gehalten im Zentrum der Künste in Herzlija am Montag, den 29. Oktober 2007.
  43. S. S. Millner: Ich suchte ein Grab, Verlag Die Arche, Zürich 1958
  44. Fritz S. Millner: Die Strasse hat kein Ende, Verlag Die Arche, Zürich 1966
  45. Julia Franziska Maria Böcker: HACHSCHARA AUF DEM MARKENHOF − VOM ZIONISTISCHEN AUSWANDERERLEHRGUT ZUM KIBBUTZ
  46. 46,0 46,1 46,2 46,3 46,4 Meriam Haringman; Ayala Gordon; Edith Frankel: The history of the Goitein family: 1771-2012
  47. Für einen kurzen Abriss der Geschichte des Kibbuz siehe den Artikel in der englischen WIKIPEDIA: en:Mizra
  48. „The history of the Goiten family was initiated by Meriam Haringman and Ayala Gordon. Each family, all of whom are offspring of Eliyahu Menahem Goiten, participated by writing and telling the particular story of their branch.“
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