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Grabstein

Aus Jewiki
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Dieser Artikel behandelt den Gedenkstein für Tote. Siehe auch Burg Grabštejn (Grafenstein)
Datei:Stele Licinia Amias Terme 67646.jpg
Antiker christlicher Grabstein (Rom, 3. Jahrhundert)

Grabsteine (veraltet: Leichenstein) sind bearbeitete, meistens beschriftete massive Natursteine, die auf Friedhöfen in der Regel am Kopfende eines Grabes freistehend aufgestellt sind. Dabei gehört meistens je ein Grabstein zu einem Grab. Grabsteine dienen in den meisten Kulturen und allen großen Religionen zum Totengedenken sowie zur oberirdischen Kennzeichnung einer Grabstelle.

Geschichte

In der Antike legte man außerhalb von griechischen, griechisch-römischen und römischen Städten ganze Gräberstraßen an (Athen, Pompeji, Via Appia bei Rom), die neben kleinen Baulichkeiten, Tempeln und Monumenten mit zahlreichen Grabsteinen (Stelen) besetzt waren. Römische Grabsteine mit Inschriften und Reliefdarstellungen fanden sich überall dort, wohin sich die römische Herrschaft und Kolonisation erstreckte.

Datei:Grabsteine St. Gommarus Enkhuizen.JPG
Grabplatten des 17. und 18. Jahrhunderts auf dem Fußboden der Kirche St. Gommarus in Enkhuizen
Datei:Grabstein 04-07-2004-0009.JPG
Redender Stein auf Föhr. Das Schiffsmotiv ist typisch für Seefahrergemeinden

Die Christen übernahmen die römische Sitte, Grabsteine und Steinsarkophage vor den Toren zu errichten. Mit der aus der Reliquientranslation in die Kirchengebäude einhergehenden Suche nach dem fürbittenden Beistand der Heiligen daselbst entwickelte sich der Brauch, den geistlichen und weltlichen Adel, später auch wohlhabende, um die Kirche verdiente Bürger in Gewölben unter dem Fußboden der Kirchen, Kapellen und Kreuzgänge zu bestatten. Als äußeres Zeichen des Bestattungsortes wurden oberhalb des Fußbodens Grabplatten mit Inschriften und den Reliefbildnissen der Verstorbenen eingelassen. Diese Grabplatten wurden entweder aus Marmor, Sand- und Kalkstein, Granit, Schiefer oder auch Metall (Messing, Bronze) gefertigt. Als der Fußboden der Kirchen nicht mehr ausreichte, befestigte man die Grabplatten an den Wänden und Pfeilern der Kirchenschiffe und Kapellen aufrecht stehend. Im weiteren Verlauf wurden auch die in den Fußboden eingelassenen Grabplatten aufgerichtet, um sie vor der Zerstörung durch Fußtritte zu schützen.

Andere Gemeindemitglieder wurden außerhalb der Kirche im unmittelbar angrenzenden Terrain (Kirchhof) bestattet. Hier wurden ebenfalls Grabsteine errichtet, die oft an den Kirchenmauern befestigt wurden. Seit dem 18. Jahrhundert setzten sich aufrecht stehende Stelen durch. Im Zeitraum vom 17. zum 19. Jahrhundert wurden Grabsteine in manchen Regionen mit langen biographischen Inschriften versehen. Sie werden deshalb mitunter als „redende“ oder „sprechende“ Steine bezeichnet.[1][2]

Da Grabsteine aus Granit und anderen Gesteinen teuer waren, wurden vielfach auch Grabmäler oder Kreuze aus Holz verwendet, die jedoch aufgrund der geringeren Haltbarkeit oft vergangen sind. Auf den friesischen Inseln verwendeten die Walfänger Walknochen, insbesondere auf Vlieland sind solche „Grabsteine“ noch erhalten geblieben.

Grabsteine in verschiedenen Kulturen

Christliche Traditionen
Bei Gräbern in christlichen Kulturen werden meist der Name des Verstorbenen und das Geburts- und Todesdatum (oder nur das Jahr) angegeben. Insbesondere in katholischen Ländern sind auch Bilder der Verstorbenen üblich. Grabsteine werden oft mit biblischer Ornamentik versehen, im evangelischen Raum sind auch Bibelsprüche auf folgende Äußerung Luthers hin üblich.

„Wenn man auch sonst die Gräber wollte ehren, wäre es fein, an die Wände, wo sie da sind, Sprüche aus der Schrift darüber zu malen oder zu schreiben, dass sie vor Augen wären, denen, so zur Leiche oder au den Kirchhof gingen.[3]

Jüdische Grabsteine
heißen Mazevot und sind oft mit Symbolen versehen (zum Beispiel segnende Hände, Schofar), die auf die Bedeutung des Toten im Leben hinweisen sollen. Oft ist die Inschrift auf einer Seite hebräisch, auf der anderen in der Landessprache. Es ist üblich, dass die Hinterbliebenen bei einem Besuch des Grabes einen Kieselstein auf den Grabstein des Toten legen.
Osmanischer Grabstein (Istanbul, 19. Jahrhundert)
Grabsteine im Islam
kann ein Grab nach der Beisetzung mit einem Grabstein versehen werden, der den Namen und das Alter des Verstorbenen (sowohl nach dem Lunarkalender des Islams diesen eingravieren, als auch nach greogrianisch geprägten Solarkalender), die Namen des Vaters oder/ und der Mutter, Blumenornamentik, Bilder der Verstorbenen, schriftliche Verweise auf ihre Todesursachen, Koranversen und Hadithen beinhalten kann. Hier gibt es teilweise Unterschiede, je nach Ethnie und Land, aber auch nach Gesichtspunkten wie wirtschaftlichen, politischen und sozialen Status des Verstorbenen.
Gräber in Japan
wird üblicherweise der Grabstein mit Grab der Familie xy beschriftet, die einzelnen beigesetzten Familienmitglieder werden, wenn überhaupt, nur auf der Rückseite aufgelistet. Die Familienzugehörigkeit wird patrilinear bestimmt. Bräuche und Pflege variieren, jedoch besuchen viele Familienangehörige die Gräber ihrer Familie zum Anlass des Obon-Festes.

Gestaltungsvorschriften

Größe und Aussehen von Grabsteinen unterliegen in Deutschland der jeweiligen Friedhofsordnung. Grabsteine werden aus Natursteinen aus aller Welt hergestellt. Die Friedhofsordnungen liegen in der Gestaltungshoheit von Kommunen oder Kirchen. Die Vorschriften befassen sich unter anderem mit der Farbe und Oberflächenbearbeitung des Grabsteins, mit eingravierten Schriftbuchstaben oder aufgesetzten Buchstaben aus Bronze oder Aluminium.

Grundformen der Grabsteine

  • Breitstein (meist für Doppelgrabstellen): Breite des Steins zirka 1,20 m und mehr, Höhe unterschiedlich ab 1,00 m
  • Reihenstein (meist für Einzelgrabstellen): Breite des Steins zirka 0,80 m, Höhe ab 0,80 m
  • Stele (meist für Einzelgrabstellen) Als Grabstein gibt es menschenkörperhaft aufrecht gestellte Grabsteine, die Stele genannt werden
  • Urnenstein (Einzelgrabstelle oder Sammelgräber): Steinhöhe meist unter 0,60 m und quaderförmig
  • Kissenstein oder Liegestein (meist für Einzelgrabstellen): rechteckige bis quadratische Form (Größe variabel zirka 0,50 x 0,50 m), zirka 0,15 bis 0,20 m hoch

Daneben gibt es auf sogenannten Gestaltungsfeldern (eigenständige Grabfelder auf Friedhöfen) die Möglichkeit Grabsteine aufzustellen, die vergleichsweise frei nach den Vorstellungen der Hinterbliebenen gestaltet sind. Steinmaterialien und Bearbeitungen sind frei wählbar, die Größen der Steine werden durch die Grabgröße begrenzt.

Stehende Grabsteine, die höher als 0,50 m sind, werden in regelmäßigen Zeitabständen - meist nach der Frostperiode - zur Sicherung der Verkehrssicherheit einer Standfestigkeitsprüfung unterzogen. Ein Beauftragter der Friedhofsverwaltung prüft von Hand, ob der Stein noch fest mit dem Sockel und dem Fundament verankert ist. Ein komplexeres Prüfverfahren erfolgt mit mechanischen Geräten, die eine gleichbleibende Last gegen den Stein aufbringen. Dabei wird das „unkontrollierte Rütteln von Hand“ vermieden, durch das möglicherweise auch Steine gelöst werden können.

Import von Grabsteinen und Kinderarbeit

Ein erheblicher Anteil der in Deutschland verwendeten Grabsteine und der zur Grabmalherstellung benutzten Steinblöcke wird aus Indien importiert.[4] Mit einem Anteil von etwa einem Drittel an der Gesamtausfuhr ist Deutschland der größte Abnehmer indischer Grabmale. Lange war der Grabmalsektor mit dem Vorwurf konfrontiert worden, die Grabsteine würden häufig mit Hilfe von Kinderarbeit hergestellt, was gegen das Übereinkommen 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verstößt. Die indische Regierung geht für die Provinz Rajasthan von insgesamt etwa 300.000 tätigen Kindern aus, die in Minen arbeiten. Insgesamt stünden 60 % der beschäftigten Kinder in Schuldknechtschaft.[5] Verschiedene Kommunen und Gemeinden in Deutschland änderten nach Kenntnis dieser Umstände ihre Friedhofssatzungen. So werden Grabsteine nur zugelassen, wenn sie als nicht aus Kinderarbeit stammend zertifiziert sind, wie sie von der 2005 unter Beteiligung von Misereor gegründeten Organisation XertifiX oder von der Unternehmensberatung WiN=WiN – Agentur für globale Verantwortung durch das Siegel Fair Stone vergeben werden.[6] Durch den Direktimport von Steinmaterial liegen die Preise kundengefordert so niedrig, dass auch die Aufarbeitung von exklusiven Altgrabmalen zu teuer ist.

Galerie

Andere Wortnutzung

In der Schweiz ist Grabstein eine sehr gebräuchliche, umgangssprachliche Bezeichnung für die militärische Erkennungsmarke.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Grabsteine – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Walter Lüden: Redende Steine. Grabsteine auf der Insel Föhr. Hamburg 1984
  2. Wolfgang Runge: Sprechende Steine. Grabstelen im Oldenburger Land von 1600 bis 1800. Oldenburg 1979.
  3. WA 35, 479 ff.
  4. Herkunft von Natursteinen, http://www.xertifix.de/naturstein/herkunft.shtml
  5. Government of India, Ministry of Labour and Employment: Report of the national commission on labour, Chapter VII: Unorganised sector, http://labour.nic.in/lcomm2/2nlc-pdfs/Chap-7finalA.pdf
  6. Einige Steinproduzenten und Importeure weisen Berichte über Kinderarbeit an Grabsteinen als falsch zurück und verweisen auf die Steinbrüche, in denen Pflastersteine hergestellt werden. Sie strengten daher mehrere Klagen gegen die Organisation XertifiX und die Stadt München an, schlossen sich Siegeln wie Rugmark und Fairtrade an und gründeten eigene Hilfswerke.
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