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Jüdische Gemeinde Worms

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Die "Alte Synagoge" von der Gartenseite
Heiliger Sand, der historische jüdische Friedhof von Worms

Die Jüdische Gemeinde Worms (Kehillo kedoscho wermeise, die „Heilige Gemeinde Worms“[1]) war eine der ältesten belegten jüdischen Gemeinden im deutschsprachigen Raum. Bis zu der Vernichtung unter den Nationalsozialisten bestand die jüdische Gemeinde in Worms mit nur relativ kurzen Unterbrechungen durchgehend seit dem Mittelalter. Sie nahm durch diese lange Tradition in der Erinnerungskultur des aschkenasischen Judentums immer einer herausgehobene Stellung ein.[2]

Geschichte

Entstehung

In der ausgehenden Antike gab es jüdische Gemeinden am Rhein. Deren Kontinuität bis ins Hochmittelalter ist aber nicht belegbar.[3] Ab dem 9. Jahrhundert wanderten jüdische Fernhändler aus Italien und Frankreich in den Bereich ein, der später Deutschland werden sollte. Das Gebiet sollte nach dem Bestreben der Könige entwickelt werden. Die aus weiter fortgeschrittenen und verstädterten Gebieten einwandernden Fernhändler waren Teil dieses Innovationsschubs. Ab wann sich daraus aber in den Städten entlang des Rheins ortsansässige Gemeinden bildeten, ist aufgrund der dürftigen Quellenlage nicht sicher.[4] Dieser Mangel an historischen Fakten wurde schon im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit als Lücke empfunden, die durch eine Reihe von Gründungs-Legenden gefüllt wurde.[5]

Die Entstehung der Gemeinde in Worms wird für das 10. Jahrhundert angenommen.[6] Aus dieser Zeit stammen jedenfalls die ältesten schriftlichen Zeugnisse dazu, dass Juden in Worms wohnten.[7] Die Bauinschrift für die Synagoge Worms aus dem Jahr 1034 ist die älteste erhaltene einer Synagoge nördlich der Alpen überhaupt und das älteste sichere Zeugnis für eine Gemeinde in Worms.[8] Der älteste Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Worms („Heiliger Sand“) stammt aus dem Jahr 1058/59.[9]

Blütezeit

Äußere Verhältnisse

Im SchUM-Verbund

Seit dem 12. Jahrhundert bildete die Wormser Gemeinde zusammen mit der in Mainz und der in Speyer den Verbund der SchUM, ein Akronym aus den Anfangsbuchstaben der drei Städte.[10] Sehr früh nahmen diese Gemeinden in der Liturgie einen deutschen Ritus an, der sich von dem herkömmlich italienisch geprägten unterschied. Dies alles wurde schon früh in Gebetsbüchern und Minhag auch schriftlich niedergelegt.[11] Auch Musik spielte eine hervorragende Rolle.[12]

Ebenfalls seit dem 12. Jahrhundert entstand in Worms die Bewegung der Chassidej Aschkenas („die Frommen von Aschkenas“), deren Religionsausübung durch strenge Vorstellungen von Reinheit, Unreinheit und Bußpraktiken geprägt war. Die ursprünglich aus Mainz stammende Familie der Kalonyden spielte hier eine zentrale Rolle.[13]

Ihrer relativen Größe, der langen Kontinuität und der Tatsache, dass es den Gegnern der Wormser Gemeinde bis 1938 immer nur kurzfristig gelang, sie aus der Stadt zu vertreiben, verdankte sie eine lange Tradition. Daraus erwuchsen auch eine Reihe nur ihr eigener Gebräuche und von anderen Gemeinden abweichende Gebetsordnungen.[14] In der Frauensynagoge gab es – so lange sie baulich von der Männersynagoge durch eine Wand getrennt war[Anm. 1] – Vorbeterinnen, die den Gottesdienst leiteten.[15]

Die Wormser Gemeinde war eine der größten im Deutschen Reich. Im Reichssteuerverzeichnis von 1241 leistete sie nach der Gemeinde von Straßburg den zweithöchsten Betrag, den eine jüdische Gemeinde zahlte.[16] Im Laufe des 14.Jahrhunderts wurde der Ertrag aus dieser Steuer in zunehmendem Umfang an unterschiedliche Schuldner der deutschen Könige von diesen abgetreten.[17]

Schutzverhältnisse

Schon Kaiser Heinrich IV. erteilte den Juden von Worms Privilegien und Schutz. Zunächst am 18. Januar 1074 eine Befreiung von Abgaben (bestätigt 1112 durch Heinrich V.), 1090 eine umfassende Regelung ihrer Rechtsverhältnisse gegenüber der christlichen Mehrheit, einschließlich hoher Hemmschwellen gegen Konversion[Anm. 2][18] 1236 wurde dieses Wormser Privileg auf die Juden im ganzen Reich ausgedehnt.[19]

Die Rechtsstellung der jüdischen Gemeinde verschlechterte sich ab dem 14. Jahrhundert zusehends. Verschiedene Könige versuchten ihr zusätzliche Steuern aufzuerlegen oder ihr den Rechtsschutz gegenüber Schuldnern zu verweigern. In unterschiedlichem Maß versuchte die Stadt Worms, die jüdische Gemeinde in der Abwehr solcher Angriffe zu unterstützen.[20] Umgekehrt gab es auch politische Konstellationen, in denen der König die jüdische Gemeinde vor Angriffen der Stadt Worms schützte. Dabei gelang es der Wormser Gemeinde – neben der in Frankfurt am Main als eine der wenigen größeren Gemeinden –, sich erfolgreich den Versuchen der Stadt zu widersetzen, sie zu verteiben.[21]

Innere Organisation

Die jüdische Gemeinde verwaltete ein Rat aus 12 Mitgliedern („Parnassim“), der sich kooptierte.[22] Der Rat soll im 11. Jahrhundert entstanden sein.[23] Er wählte aus seinen Reihen einen Gemeindevorsteher, „der juden bischoff von Wormß“.[24][Anm. 3] Wahlen musste der (christliche) Bischof bestätigen.[25] Der Judenrat bestand bis zum Übergang der Reichsstadt Worms an Frankreich in Folge der Französischen Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts.[26] Letzte Judenbischöfe waren Michael Gernsheim von 1759 bis 1792 und – nach einer Vakanz in Folge der französischen Besetzung – ab 1797 Herz Abenheim.[27] In der Stadt Worms bestanden faktisch also zwei Selbstverwaltungen nebeneinander, wobei der christliche Bevölkerungsantail schon numerisch überwog. 1312 kam es zu einer Vereinbarung zwischen der jüdischen Gemeinde einerseits, Bischof und Domkapitel andererseits, die die Verfassung der jüdischen Gemeinde mit dem zwölfköpfigen Judenrat an der Spitze festschrieb.[28] Rechtsstreitigkeiten der Juden untereinander wurden vor dem jüdischen Rat ausgetragen. Hier kam ausschließlich jüdisches Recht zur Geltung. Bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Angehörigen beider Gruppen war allerdings das Stadtgericht der christlichen Bevölkerungsmehrheit zuständig.[29]

Juden konnten volles Bürgerrecht erlangen, was auch volle Steuer- und Wehrpflicht bedeutete.[30] So beteiligen sich zum Beispiel 1201 die Juden anlässlich einer Belagerung der Stadt an deren Verteidigung.[31] Die Regeln, nach denen die Aufnahme in die Bürgerschaft ablief, waren sehr ähnlich. Über die Annahme zum Bürger entschied faktisch ausschließlich der jüdische Rat. Ebenso wie Christen konnten Juden aber Ämter immer nur im Rahmen der eigenen Gruppe wahrnehmen. Juden konnten bis zur Ausbildung des Ghettos in der Mitte des 14. Jahrhunderts im ganzen Stadtgebiet Grundstücke erwerben und wohnen.[32]

Spätmittelalter und Neuzeit

Innere Organisation

Jüdische Tracht in Worms mit dem gelben Ring

1521 ernannte Kaiser Karl V. den Wormser Rabbi Samuel ben Elieser Seezum zum obersten Rabbi im Deutschen Reich mit Sitz in Worms, gleiches geschah unter Kaiser Ferdinand I. am 26. Juni 1559 mit Rabbi Jakob zu Worms.[33] Ende des 16. Jahrhunderts lebten etwa 600 Juden in der Stadt[34], 1610 knapp 800.[35]

Während des Dreißigjährigen Kriegs wurde die Stadt gezwungen, in großem Umfang einquartiertes Militär zu unterhalten, was sie wirtschaftlich ruinierte. Sie versuchte deshalb auch, die jüdische Gemeinde auszupressen, die so ebenfalls entsetzlich unter dem Krieg litt. 1641 wurde von Seiten des Kaisers eine neue städtische Judenordnung bestätigt, die alle Juden erstmals zum Tragen eines auf ihre Kleidung genähten gelben Stoffrings verpflichtete.[36] Nach dem Dreißigjährigen Krieg nahmen die Angriffe seitens der Stadt auf die jüdische Gemeinde an Intensität ab, sie waren nun weniger lebensbedrohlich und richteten sich primär gegen jüdisches Vermögen. Das endete erst mit der Übernahme der Herrschaftsgewalt auf dem linken Rheinufer durch Frankreich 1792.[37]

Äußere Verhältnisse

Im Laufe des 14. Jahrhunderts wurde der Ertrag aus der Steuer, die die jüdische Gemeinde dem deutschen König entrichtete, in zunehmendem Umfang an unterschiedliche Schuldner der Könige von diesen abgetreten.[38] Ein Tiefpunkt dieser Entwicklung ist der Verkauf der Rechte am 4. Januar 1348 durch Kaiser Karl IV. an die Stadt Worms. Diese kam ihrer Schutzpflicht nicht nach: Ein Jahr darauf, 1349, wurden im Pestpogrom etwa 400 Juden ermordet. Auf Druck dadurch wirtschaftlich geschädigter Dritter, insbesondere Pfalzgraf Ruprecht I., musste die Stadt ab 1353 wieder Juden in ihren Mauern zulassen.[39] In diese Zeit datiert auch die Entstehung des Ghettos[40], kurz danach dessen bauliche Abgrenzung zur übrigen Stadt durch Tore.[41] Das Dreiecksverhältnis zwischen Kaiser, Bischof und der Stadt Worms und die damit verbundene Konkurrenzsituation zwischen den drei Gewalten einerseits und der jüdischen Gemeinde andererseits bewirkte, dass die jüdische Gemeinde – neben der in Frankfurt am Main – als eine der wenigen größeren Gemeinden in den süddeutschen Städten nie dauerhaft aus der Stadt verdrängt wurde.[42] So erteilte zwar Kaiser Ferdinand I. am 17. Dezember 1558 der Stadt Worms die Genehmigung, die Juden zu vertreiben. Dies aber wurde vom Bischof hintertrieben.[43] Umgekehrt gab es auch politische Konstellationen, in denen der König die jüdische Gemeinde vor Angriffen der Stadt Worms schützte.[44] In verschiedenen Situationen versuchte wiederum die Stadt Worms die jüdische Gemeinde in der Abwehr äußerer Angriffe zu schützen.[45]

Verfolgungen

Während im Hochmittelalter Juden im ganzen Stadtgebiet Grundstücke erwerben und dort wohnen konnten[46], setzte nach dem Pestpogrom die Ghettoisierung ein: Juden wohnten von da an bis in die französische Zeit 1792 ausschließlich in der Judengasse und der Hinteren Judengasse. Die Rechtsstellung der jüdischen Gemeinde verschlechterte sich aber ebenso wie die Rechtsstellung des Einzelnen. Verschiedene Könige versuchten, der jüdischen Gemeinde zusätzliche Steuern aufzuerlegen oder jüdischen Gläubigern den Rechtsschutz gegenüber Schuldnern zu verweigern. In der Berufsausübung wurden Juden eingeschränkt, um Konkurrenz gegenüber den christlichen Handwerkern zu unterbinden.[47]

Werbekasten von „Der Stürmer“ im August 1935 in Worms
Die "Alte Synagoge" (Ruine im Vordergrund) nach 1945

Aber schon seit dem Hochmittelalter litt auch die Wormser Gemeinde unter viel massiveren Bedrohungen, Pogromen:

  • 1096 das Kreuzzugspogrom, das älteste bekannte Pogrom in Worms. Dabei wurde die jüdische Bevölkerung überwiegend ermordet.[48]
  • 1197 werden Frau und Kinder des Wormser Rabiners Eleasar ben Jehuda ermordet.[49]
  • 1349 Pestpogrom
  • 10. April 1615, Ostermontag, Vertreibung der jüdischen Gemeinde aus Worms, Zerstörung der Synagoge, Beschädigung des „Heiligen Sand“. Die jüdischen Einwohner konnten erst im Januar 1616 unter dem Schutz pfälzischen Militärs wieder zurückkehren.[50]
  • Kein Pogrom in der Art der vorhergegangenen war die Zerstörung von Worms durch die Franzosen am 31. Mai 1689. Die Gemeinde musste die Stadt verlassen, ihre Gebäude wurden erneut schwer beschädigt und es dauerte bis 1699, bevor sie wieder in die Stadt zurückkehren konnte.[51]
  • Im Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge schwer beschädigt[52], in der folgenden
  • Schoa wurde die Gemeinde vernichtet. Mindestens 354 Wormser wurden dabei ermordet oder galten anschließend als vermisst.[53] Die Deportation derjenigen, die zuvor nicht hatten fliehen können, fand in mehreren „Aktionen“ statt, am 20. März 1942[54], vom 24.–27. September 1942[55], am 30. September 1942[56], 1944 gegen „jüdische“ Partner aus „Mischehen[57] und noch am 24. März 1945 wurden bei einer Erschießung durch die Gestapo Rosa Bertram und Erich Salomon aus Worms ermordet.[58] Darüber hinaus wurden viele ermordet, die zunächst zwar noch hatten ins Ausland fliehen können, aber dann von der vorrückenden Wehrmacht überrollt wurden und so wieder dem mordenden Zugriff nationalsozialistischer Rassenpolitik ausgesetzt waren.[59]

Emanzipation

Die Neue Synagoge

In Zeiten, in denen die Verfolgung nicht prägend war, übernahm die Gemeinde zahlreiche kulturelle Einflüsse aus ihrer Umwelt. Die SchUM-Gemeinden passten zum Beispiel ihr Eherecht an, unter anderem durch den Verzicht auf Polygamie[60], oder die Bedeutung, die Märtyrern zugemessen wurde.

Im 17. Jahrhundert besuchten in Einzelfällen Kinder aus der jüdischen Gemeinde die städtische Schule.[61] Allerdings waren die religiösen Unterschiede noch so trennend, dass 1789 die Gedenkveranstaltung zum 100. Jahrestag der Stadtzerstörung durch französisches Militär streng getrennt durchgeführt wurde, je in einer eigenen Veranstaltung von den Römisch-Katholischen, Lutheranern, Reformierten und Juden.[62]

Mit der Auflösung der Strukturen der Heiligen Römischen Reichs wurde der Judenrat durch einen Gemeindevorstand ersetzt. Dieser setzte sich für die vollständige Emanzipation ein, die 1847/48 erreicht werden konnte, mehr als 40 Jahre nachdem dies unter französischer Hoheit schon einmal geschehen war, aber um Jahre früher als in vielen anderen deutschen Staaten. Ab den 1830er Jahren nahmen Juden zunehmend ihren Wohn- und Geschäftssitz außerhalb des Ghettos. Um 1800 wohnten etwa 500, um 1850 etwa 1000 Juden in der Stadt, was überwiegend Ergebnis des Zuzugs vom Land war.[63]

Mit Ferdinand Eberstadt setzte die hessische Regierung 1849 erstmals in Deutschland einen Juden als Bürgermeister ein. Er amtierte bis 1852.

In den 1840er Jahren spaltete sich die Gemeinde über Fragen der Modernisierung und Anpassungen an die sich ebenfalls schnell wandelnde Kultur außerhalb der Gemeinde in eine orthodoxe und eine liberale Richtung. Baulich fand das seinen Ausdruck unter anderem darin, dass die trennende Wand zwischen Frauen- und Männersynagoge beseitigt wurde. Der orthodoxe Teil der Gemeinde verselbständigte sich daraufhin und errichtete 1871, auf der der mittelalterlichen Synagoge gegenüber liegenden Seite des Platzes, eine eigene Synagoge, die Neue Synagoge.[64]

Einrichtungen

Die Einrichtung, die die Wormser Gemeinde weit über ihren regionalen Bereich hinaus bekannt machte, war im Hochmittelalter die dortige Jeschiwa. Zahlreiche Theologen, die dort ausgebildet wurden, übernahmen leitende Funktionen in Gemeinden im nördlichen Europa.

Die Gemeinde besaß alle Einrichtungen, die für ein Gemeindeleben erforderlich waren: Synagoge, Mikwe, Gemeindehaus („Haus zur Sonne“) und ein Tanzhaus (an der Stelle des heutigen Raschi-Hauses). Um diesen Kern hatte sich im ausgehenden Mittelalter das Ghetto gebildet. Es bestand aus den beiden Straßen Judengasse und Hintere Judengasse und war dort, wo diese Straßen in die umgebende Stadt mündeten, durch Tore gesichert. Die Pflicht für Juden, im Ghetto zu wohnen, wurde erst in der Zeit nach 1792 aufgehoben, als Worms zu Frankreich gehörte.

1924 wurde ein kleines Jüdisches Museum im ersten Stock des Vorbaus der Frauensynagoge eröffnet. Treibende Kraft war Isidor Kiefer, der es aufgebaut hatte und betreute. Es ging im Novemberpogrom 1938 unter.[65]

Gegenwart

Nach der Schoah bestand in Worms keine jüdische Gemeinde mehr. Dem Stadtarchivar Friedrich Maria Illert war es gelungen, einen Teil des Kulturguts der Gemeinde vor der Zerstörung zu retten. Dazu zählten unter anderem das Archiv der Gemeinde, mittelalterliche Handschriften und frühe Drucke, der historischen Friedhof „Heiliger Sand“ und Bauteile der Alten Synagoge. Auch der jüdische Teil des Friedhofs Hochheimer Höhe blieb erhalten.[66] Die beiden Synagogen wurden schwer beschädigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Ruine der Neuen Synagoge abgerissen, die alte Synagoge 1958 bis 1961 auf den Grundmauern des historischen Gebäudes – unter Verwendung geborgener Architekturteile – rekonstruiert.

Rechtsnachfolger der untergegangenen jüdischen Gemeinde Worms war aufgrund eines Landesgesetzes die damals in Rheinland-Pfalz einzig bestehende Jüdische Gemeinde Mainz.[67] Ansprüche machten anfangs aber auch die Stadt Worms und die Jewish Trust Corporation for Germany – Branche Francais geltend. Dies führte zu einem Vergleich, dessen Ergebnis letztlich war, dass ein Teil des Museums- und Archivgutes nach Israel abgegeben wurde, ein anderer Teil ins Eigentum der jüdischen Gemeinde Worms gelangte, aber als Depositum im Stadtarchiv Worms liegt.[68] Die Immobilien wurden ebenfalls der Jüdischen Gemeinde Mainz zugesprochen, wobei die Bauunterhaltung weitgehend von der Stadt – auch mit Hilfe von Bundes- und Landesmitteln – wahrgenommen wird.

Die Jüdische Gemeinde von Mainz, Worms und Rheinhessen ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie ist eine Einheitsgemeinde und versteht sich als orthodoxe Gemeinde. Sie handelt aufgrund einer Satzung, die von der Mitgliederversammlung verabschiedet wurde. An der Mitgliederversammlung können alle Gemeindemitglieder teilnehmen. Alle zwei Jahre wird von ihr der ehrenamtlich tätige Vorstand in geheimer Wahl gewählt. Er bestimmt die Richtlinien der Gemeindepolitik, führt die täglichen Geschäfte und vertritt die Gemeinde nach außen.[69]

Bekannte Persönlichkeiten

Schüler der Jeschiwa

Samson Wertheimer

Wormser

Literatur

nach Autoren / Herausgebern alphabetisch geordnet

  • Otto Böcher: Die Alte Synagoge zu Worms. In: Der Wormsgau. Beiheft 18 (1960) = Dissertation an der Universität Mainz.
    • Erster Neudruck in: Ernst Róth: Festschrift zur Wiedereinweihung der Alten Synagoge zu Worms (siehe unten), S. 11–154.
    • Zweiter Neudruck in: Fünfzig Jahre Wiedereinweihung der Alten Synagoge zu Worms. Erweiterter Nachdruck der Forschungen von 1961 mit Quellen. Worms-Verlag, Worms 2011. ISBN 978-3-936118-60-5 * Max Dienemann: Die Geschichte der Einzelgemeinde als Spiegel der Gesamtgeschichte. ND in: Ernst Róth: Festschrift zur Wiedereinweihung der Alten Synagoge zu Worms. Ner Tamid Verlag, Frankfurt am Main 1961..
  • Max Freudenthal: Die Eigenart der Wormser Gemeinde in ihrer geschichtlichen Wiederkehr. In: Ernst Róth: Festschrift zur Wiedereinweihung der Alten Synagoge zu Worms. Ner Tamid Verlag, Frankfurt am Main 1961, S. 155–166.
  • Georg Illert: Die jüdischen Altertümer in Worms in den Jahren 1938–1961. In: Ernst Róth: Festschrift zur Wiedereinweihung der Alten Synagoge zu Worms. Ner Tamid Verlag, Frankfurt am Main 1961, S. 229–240.
  • J. Kiefer: Das Museum der israelitischen Gemeinde Worms. In: Ernst Róth: Festschrift zur Wiedereinweihung der Alten Synagoge zu Worms. Ner Tamid Verlag, Frankfurt am Main 1961, S. 213–217.
  • Guido Kisch: Die Rechtsstellung der Wormser Juden im Mittelalter. In: Ernst Róth: Festschrift zur Wiedereinweihung der Alten Synagoge zu Worms. Ner Tamid Verlag, Frankfurt am Main 1961, S. 173–181.
  • Adolf Kober: Die deutschen Kaiser und die Wormser Juden. In: Ernst Róth: Festschrift zur Wiedereinweihung der Alten Synagoge zu Worms. Ner Tamid Verlag, Frankfurt am Main 1961, S. 182–198.
  • Fritz Reuter: Warmasia – das jüdische Worms. Von den Anfängen bis zum jüdischen Museum des Isidor Kiefer (1924). In: Gerold Bönnen (Hg. Im Auftrag der Stadt Worms) Geschichte der Stadt Worms. Theiss, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1679-7, S. 664–690.
  • Fritz Reuter: Warmasia – 1000 Jahre Juden in Worms. 3. Auflage. Worms 2009.
  • Ursula Reuter: Jerusalem am Rhein. In: Beiträge zur rheinisch-jüdischen Geschichte 3 (2013), S. 5–32.
  • Annelore Schlösser, Karl Schlösser: Keiner blieb verschont. Die Judenverfolgung 1933 – 1945 in Worms = Der Wormsgau, Beiheft 31. Stadtarchiv Worms, Worms 1987/1989. ISSN 0342–426X

Weblinks

Anmerkungen

  1. Die Trennwand wurde 1842 beseitigt.
  2. Bestätigt am 6. April 1157 durch Friedrich I. In dieser Bestätigungsurkunde findet sich auch die älteste erhaltene Erwähnung der Juden als königliche „Kammerknechte“ (Kober: Die deutschen Kaiser, S. 183).
  3. Dieser Titel wurde in in Analogie zur weltlichen Gewalt des christlichen Bischofs, der im Hochmittelalter auch die Befugnisse des Königs örtlich wahrnahm, geschaffen (Kisch: Die Rechtsstellung, S. 181).

Einzelnachweise

  1. Kiefer: Das Museum, S. 217.
  2. Reuter: Jerusalem, S. 8.
  3. Reuter: Jerusalem, S. 8f.
  4. Reuter: Jerusalem, S. 9f.
  5. Böcher: Die alte Synagoge, S. 24.
  6. Reuter: Jerusalem, S. 13, 20.
  7. Böcher: Die alte Synagoge, S. 23; Reuter: Warmasia – das jüdische Worms , S. 664.
  8. Böcher: Die alte Synagoge, S. 23; Reuter: Jerusalem, S. 20; Reuter: Warmasia – das jüdische Worms , S. 664.
  9. Reuter: Jerusalem, S. 23.
  10. Reuter: Jerusalem, S. 13.
  11. Freudenthal, S. 157.
  12. Freudenthal, S. 160f.
  13. Reuter: Jerusalem, S. 27.
  14. Kiefer: Das Museum, S. 214.
  15. Kiefer: Das Museum, S. 216.
  16. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 184.
  17. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 184.
  18. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 183, dort auch eine deutschsprachige Widergabe des Urkundeninhalts.
  19. Kisch: Die Rechtsstellung, S. 176; Kober: Die deutschen Kaiser, S. 184.
  20. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 185.
  21. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 187.
  22. Kisch: Die Rechtsstellung, S. 177.
  23. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 666.
  24. Kisch: Die Rechtsstellung, S. 177.
  25. Kisch: Die Rechtsstellung, S. 182.
  26. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 667.
  27. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 686.
  28. Freudenthal, S. 156.
  29. Kisch: Die Rechtsstellung, S. 179, 182.
  30. Kisch: Die Rechtsstellung, S. 180.
  31. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 184.
  32. Kisch: Die Rechtsstellung, S. 177ff.
  33. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 188.
  34. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 674.
  35. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 675.
  36. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 190f.
  37. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 192ff.
  38. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 184.
  39. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms , S. 670.
  40. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms , S. 666.
  41. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 672.
  42. Kisch: Die Rechtsstellung, S. 176; Kober: Die deutschen Kaiser, S. 187.
  43. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 188.
  44. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 187.
  45. Kober: Die deutschen Kaiser, S. 185.
  46. Kisch: Die Rechtsstellung, S. 177ff.
  47. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 674.
  48. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 669.
  49. Dienemann: Die Geschichte der Einzelgemeinde, S. 168.
  50. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 678.
  51. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 685.
  52. Schlösser: Keiner blieb verschont, S. 40ff.
  53. Schlösser: Keiner blieb verschont, S. 113–132; vgl. auch: ebd., S 11.
  54. Schlösser: Keiner blieb verschont, S. 72f.
  55. Schlösser: Keiner blieb verschont, S. 74f.
  56. Schlösser: Keiner blieb verschont, S. 77f.
  57. Schlösser: Keiner blieb verschont, S. 78f.
  58. Schlösser: Keiner blieb verschont, S. 80.
  59. Schlösser: Keiner blieb verschont, S. 83ff.
  60. Freudenthal, S. 157; Reuter: Jerusalem, S. 16.
  61. Freudenthal, S. 157.
  62. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 686f.
  63. Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 688.
  64. Illert: Die jüdischen Altertümer, S. 229.
  65. Kiefer: Das Museum; Reuter: Warmasia – das jüdische Worms, S. 690.
  66. Illert: Die jüdischen Altertümer, S. 229.
  67. Homepage der Jüdischen Gemeinde Mainz K.d.ö.R.
  68. Illert: Die jüdischen Altertümer, S. 231ff.
  69. Homepage der Jüdischen Gemeinde Mainz.
  70. Freudenthal, S. 156.
  71. Freudenthal, S. 156.
  72. Freudenthal, S. 156.
  73. Kiefer: Das Museum, S. 214.
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