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Jesus-Boot

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Ausstellung des restaurierten Bootes im Yigal Alon Museum in Israel mit „Schatten“ (Rekonstruktion) an der Wand.

Als Jesus-Boot wird ein Bootsfund vom See Genezareth bezeichnet. Das antike Schiffswrack stammt aus der Zeit des Jesus von Nazaret. Im Blick auf die Fundstelle nahe dem antiken Hafen Magdala wäre das Boot aber zutreffender als Magdala-Boot zu bezeichnen. Es wird nach aufwendiger Restaurierung heute im Yigal Alon Museum des Kibbutz Ginnossar ausgestellt.

Beschreibung

Das Jesus-Boot ist ein Segelboot aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., das auch gerudert werden konnte. Mit einer Größe von 8,2 × 2,3 Metern hätte es 5 bis 10 Personen Platz geboten. Da es jedoch ein Fischerboot war, ist eher von zwei bis drei Personen (und Stauraum für die Ladung) auszugehen.

Die hier angewandte Bootskonstruktionstechnik ist die für den antiken Mittelmeerraum typische Schalenbauweise. Dabei wurden zunächst Kiel und Planken mit Nut- und Federkonstruktion verbunden, dann die Spanten mit Nägeln befestigt.[1] Die Verschalung bestand aus Holz der Libanonzeder, der Rahmen aus Eiche; darüber hinaus gab es aber auch Hölzer von Aleppokiefer, Johannisbrotbaum, Christusdorn, Weißdorn, Judasbaum, Lorbeer, Platane, Feigenbaum, Weide und Pistazie.[1]

Kurz nachdem es untergegangen war, füllte sich das Boot mit Schlick aus einem hier einmündenden Fluss; alle Hölzer, die aus dem Schlick noch herausragten, wurden nicht konserviert; von diesen Teilen des Bootes blieben nur die Nägel erhalten.[2]

In dem Boot lagen ein keramischer Kochtopf aus der römischen Kaiserzeit und eine Öllampe.[1]

Auffindung und Bergung

Im Jahr 1986 hatte der See Genezareth nach mehreren trockenen Jahren einen besonders niedrigen Wasserspiegel. Kibbutzmitglieder entdeckten am Ufer einige rostige Nägel und Holzreste. Nachdem bekannt wurde, dass es sich hier um ein antikes Bootswrack handelte, das die Medien „Jesus-Boot“ nannten, fand die Bergung großes öffentliches Interesse.

Sie war schwierig, denn das Holz hatte eine schwammartige Konsistenz und durfte nicht austrocknen. Nach Entfernung des Schlamms wurde der Bootskörper mit Fiberglasrippen stabilisiert und das Boot mit Polyurethanschaum gefüllt, sodass es transportfähig war. Eine Schicht Polyethylen sorgte dafür, dass der Schaum sich wieder vom Holz entfernen ließ.[3]

So gelangte das Boot schwimmend bis zum Hafen des Kibbutz, wo inzwischen eine Konservierungsbaracke errichtet worden war. Hier sollte das Holz in einem langwierigen Prozess so weit stabilisiert werden, dass es museal präsentiert werden konnte. Dazu lag das Wrack neun Jahre lang in einem Wasserbecken; das Wasser im Holz wurde langsam gegen ein Gemisch aus Polyethylenglycol und synthetischem Wachs ausgetauscht.[4]

Ein weiteres Jahr dauerte die kontrollierte Trocknung. Jetzt konnten die stützenden Fiberglasrippen gegen eine Konstruktion aus Metallstreben (Foto) ausgewechselt werden. Die museale Präsentation projiziert auf die Wand den „Schatten des Bootes“, sein vermutetes ehemaliges Aussehen, und informiert über den komplexen Prozess der Bergung und Restaurierung.[5]

Einzelfunde: Öllampe, Kochtopf, Nägel.

Interpretation

Die Bedeutung dieses Bootes liegt nicht darin, darüber zu spekulieren, ob Jesus oder einer seiner Jünger damit gefahren sein könnte, sondern in den Informationen, die über das Alltagsleben am See Genezareth im 1. Jahrhundert n. Chr. zu gewinnen sind: Es ist handwerklich sehr gut verarbeitet,[6] besteht aber zum Teil aus minderwertigen, also billigen Hölzern und wiederverwendeten Nägeln und Teilen von anderen Booten.[6] Wer aus diesen Materialien sein Boot bauen musste, lebte offenbar unter ärmlichen Bedingungen.[7]

Dabei war Magdala ein antikes Zentrum der Fischverarbeitung, wo die Würztunke Garum für den Export produziert wurde. Die Fischerei auf dem See hätte deshalb recht einträglich sein können. „Doch die zahlreichen Abgaben (Fischereilizenzen, Steuern, Zölle), die an den Kaiser und an seine Klientelfürsten abgeführt werden mussten, ließen die Fischer nicht reich werden.“[8]

Die Fischerfamilien, teilweise Kleingenossenschaften, mussten nämlich nicht nur für ihre Ausrüstung selbst aufkommen, sondern auch hohe Fischereilizenzen bezahlen. Diese wurden zum Teil von einer Art Wasserpolizei eingetrieben.[9] Sie konnten sich nicht gegen niedrige Abnahmepreise wehren und trugen das Risiko schlechter Fangergebnisse auch allein. Auf der anderen Seite war es der lokale Klientelherrscher, der die Gewinne sowohl aus den Fischereilizenzen als auch aus den Gewerbesteuern (die bei der Fischverarbeitung anfielen) abschöpfte, und zwar mittelbar über von ihm abhängige Zollpächter.[9]

Schiffsmosaik aus Magdala

In einer Stadtvilla von Magdala (Migdal Nunia) legten Archäologen einen Mosaikfußboden des 1. Jahrhunderts n. Chr. frei, mit einer Schiffsdarstellung, der für die Rekonstruktion wichtige Informationen zu Segel, Ruder und Takelage entnommen werden konnten. Das Mosaik stellt (laut Avner Raban) ein für die Verhältnisse auf dem See Genezareth hergerichtetes sogenanntes myoparo-Schiff dar, nämlich für flaches Wasser und häufig wechselnde Winde. Dieser Schiffstyp ist auch auf einer Münzprägung aus Tiberias aus der Zeit von Kaiser Caracalla zu sehen.

Das Mosaik aus Migdal Nunia illustriert, wie ein Fischerboot auf dem See Genezareth ausgesehen hat.

Nachbauten

Auf der Museumswerft Flensburg wurde ein Nachbau des Bootes angefertigt, der im Jahr 2010 unter dem Namen „Ichthys“ vom Stapel lief und dem Bibelzentrum Schleswig für museumspädagogische Aufgaben dient. Es ist der einzige Nachbau, der als Boot funktionsfähig ist.

Der Bootsnachbau vom See Genezareth nimmt eine zentrale Stellung in der neutestamentlichen Ausstellung des Museums Bibelhaus am Frankfurter Museumsufer ein. Um dieses begehbare Exponat gruppieren sich antike Kleinfunde vom See Genezareth, die das Museum als Dauerleihgabe der israelischen Antikenverwaltung präsentiert.

Literatur

  • Orna Cohen: …ein Schiff wird kommen ... Die Bergung und Restaurierung eines 2000 Jahre alten Bootes am See Gennesaret in: Jürgen Zangenberg et al. (Hrsg.): Leben am See Gennesaret. Kulturgeschichtliche Entdeckungen in einer biblischen Region. Philipp von Zabern, Mainz 2003. ISBN 3-8053-2914-8, S. 147–152.
  • Peter Hirschberg: Israel und die palästinensischen Gebiete. EVA, Leipzig 2011, ISBN 978-3-374-02841-2, S. 78–79.
  • Annette Merz: Das „Meer von Galiläa“ und die Jesusbewegung, in: Welt und Umwelt der Bibel Nr. 24, 2002, S. 32–39.
  • Avner Raban: The boat from Migdal Nunia and the anchorages of the Sea of Galilee from the time of Jesus (online)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Orna Cohen: Ein Schiff wird kommen. S. 149.
  2. Orna Cohen: Ein Schiff wird kommen. S. 147.
  3. Orna Cohen: Ein Schif wird kommen. S. 148.
  4. Orna Cohen: Ein Schiff wird kommen. S. 150.
  5. Orna Cohen: Ein Schiff wird kommen. S. 151.
  6. 6,0 6,1 Annette Merz: Der See von Galiläa. S. 36.
  7. Peter Hirschberg: Israel. S. 79.
  8. Peter Hirschberg: Israel. S. 79.
  9. 9,0 9,1 Annette Merz: Das Meer von Galiläa. S. 35.

Weblinks

 Commons: Jesus-Boot – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Jesus-Boot aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.