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Konjunktiv

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Der Konjunktiv (aus spätlateinisch modus coniūnctīvus, eigentlich „eine der Satzverbindung dienende Aussageweise“ zu lat. coniungere „verbinden“, „zusammenbinden“) ist im Deutschen neben dem Indikativ und dem Imperativ einer der drei Modi eines Verbs. Da Aussagen im Konjunktiv häufig in den Bereich des Möglichen fallen, wird er auch als Möglichkeitsform bezeichnet. Der Konjunktiv zeigt jedoch nicht an, dass etwas möglich ist.

Im Deutschen gibt es zwei Arten des Konjunktivs: den Konjunktiv I und den Konjunktiv II, die jeweils in die Zeitstufen der Gegenwart, der Vergangenheit und der Zukunft untergliedert sind. Der Konjunktiv I findet seine Hauptverwendung in der indirekten Rede. Der Konjunktiv II wird häufig in Konditionalsätzen, aber auch als Ersatz für den Konjunktiv I in der indirekten Rede genutzt, wenn die Form des Konjunktivs I mit der Form des Indikativs formal identisch ist.

In manchen Funktionsarten kann in der korrekten deutschen Standardsprache statt eines Konjunktivs auch der Indikativ verwendet werden.

Konjunktiv I

Der deutsche Konjunktiv I geht der Form nach auf den indogermanischen Optativ Präsens zurück (Optativsuffix *-yéh₁-, ablautend mit *-ih₁-´; dieses als lautgesetzlich > german. *-ī- verallgemeinert (so stets beim Konjunktiv II, bei dem dieses german. *-ī- an den Perfektstamm antritt); für thematische Verben gilt: Themavokal *-o-/-ó- + Optativsuffix *-ih₁- > -o-yh₁-/-ó-yh₁-; immer mit Sekundärendungen), der in den germanischen Sprachen die Funktion des Konjunktivs übernommen hat. Den in anderen indogermanischen Folgesprachen aufzufindenden Konjunktiv (thematisch mit -é-Stufe der Wurzel) gibt es im Germanischen nicht.[1]

Bildung des Konjunktivs I

Die Formen des Konjunktivs I werden vom Wortstamm der Grundform (des Infinitivs) gebildet:

An den Stamm (Infinitiv minus -(e)n: lauf·en, sei·n) werden die Konjunktivendungen angefügt. Eine Orientierung ist dabei an den Indikativformen des Präsens, des Perfekts, des Futurs I und des Futurs II möglich.

Nachfolgend die Personalendungen des Konjunktivs I, abgeleitet vom Indikativ Präsens, sowie die beispielhafte Konjugation von sein, haben, können, müssen, wissen, wollen, installieren und reden:

sein haben können müssen wissen wollen installieren reden
P/N Endung Ind. Konj. I Ind. Konj. I Ind. Konj. I Ind. Konj. I Ind. Konj. I Ind. Konj. I Ind. Konj. I Ind. Konj. I
ich ~e bin sei habe habe kann könne muss müsse weiß wisse will wolle installiere installiere rede rede
du ~est bist seiest hast habest kannst könnest musst müssest weißt wissest willst wollest installierst installierest redest redest
er/sie/es ~e ist sei hat habe kann könne muss müsse weiß wisse will wolle installiert installiere redet rede
wir ~en sind seien haben haben können können müssen müssen wissen wissen wollen wollen installieren installieren reden reden
ihr ~et seid seiet habt habet könnt könnet müsst müsset wisst wisset wollt wollet installiert installieret redet redet
sie ~en sind seien haben haben können können müssen müssen wissen wissen wollen wollen installieren installieren reden reden

Nur wenige Verben unterscheiden sich, wie sein, haben, können, müssen, wissen oder wollen, im Konjunktiv I relativ stark von ihren Indikativ-Präsens-Formen (in der 1. und 3. Person Plural tritt - mit dieser singulären Ausnahme sind / seien - nie ein Unterschied auf). Im Falle von reden erscheint nur in der 3. Person Singular eine formal verschiedene Form. Eine Unterscheidung kommt nur zustande, wenn die Personen des Indikativs Präsens von der regelmäßigen Konjunktiv-I-Bildung abweichen - der Konjunktiv I selbst ist eine durchgehend regelhaft flektierende grammatische Kategorie.

Weitere Zeiten und z. B. das Vorgangspassiv können gebildet werden, indem die benötigten Hilfsverben „sein“, „haben“ oder „werden“ in den Konjunktiv I gesetzt werden:

Aktiv Vorgangspassiv
Indikativ Konjunktiv I Indikativ Konjunktiv I
Präsens Du gehst Er sagte, dass du gehest Du wirst getragen Er sagte, dass du getragen werdest
Perfekt Du bist gegangen Er sagte, dass du gegangen seiest Du bist getragen worden Er sagte, dass du getragen worden seiest
Futur I Du wirst gehen Er sagte, dass du gehen werdest Du wirst getragen werden Er sagte, dass du getragen werden werdest
Futur II Du wirst gegangen sein Er sagte, dass du gegangen sein werdest Du wirst getragen worden sein Er sagte, dass du getragen worden sein werdest

Verwendung des Konjunktivs I

Indirekte Rede

Der Konjunktiv I wird – vor allem in der Schriftsprache – in der indirekten Rede verwendet. Die sprachliche Äußerung einer Person kann von einem Berichtenden indirekt vermittelt werden (indirekte Rede, seltener: abhängige Rede, lat. oratio obliqua). Durch diesen Modus wird kenntlich gemacht, dass nicht die eigene Meinung oder Wahrnehmung, eine eigene Frage oder ein eigener Wunsch berichtet, sondern die Äußerung eines Dritten wiedergegeben wird. Die indirekte Rede wird häufig in Protokollen, Berichten oder Ähnlichem verwendet. Bei der indirekten Rede gerät die Rede in Abhängigkeit von Verben des Sagens, des Fragens (auch: indirekte Frage) oder des Wünschens (auch: indirekter Wunsch).

Mein Bekannter sagt, er habe geheiratet.
Zum Zweck der Entschließung, ob zu handeln sei, hat er die Notwendigkeit genau zu prüfen. (indirekte Frage)
Der Gläubiger stellt beim Gerichtsvollzieher den Antrag, dass die Zwangsvollstreckung betrieben werde. (indirekter Wunsch)

In der indirekten Rede verwendet man in der Regel die Form des Konjunktivs I (coniunctivus obliquus). Wenn die Formen des Indikativs und des Konjunktivs I gleich sind, wird auf die Formen des Konjunktivs II zurückgegriffen, um die Mittelbarkeit des Gesagten zu verdeutlichen. Sind auch die entsprechenden Konjunktiv-II-Formen identisch mit Indikativformen, so kann die entsprechende Konjunktiv-II-Form mit „würde“ benutzt werden. Eine Formengleichheit zwischen Indikativ- und Konjunktivformen besteht immer in der 1. und 3. Person Plural (wir/sie) und meist (bei regelmäßigen Verben immer) in der 1. Person Singular (ich). Am häufigsten werden in indirekter Rede Aussagen in der 3. Person wiedergegeben.

Zum Ausdruck der Vorzeitigkeit des Geschehens wird die Vergangenheitsform (Perfekt-Form) des Konjunktivs I, bei Ausdruck der Gleichzeitigkeit die Gegenwartsform (Präsens-Form) des Konjunktivs I, zur Darstellung einer Nachzeitigkeit die Zukunftsform (Futur-Form) des Konjunktivs I verwendet. Der Konjunktiv I nimmt im Deutschen nicht die Tempusform an, die der Hauptsatz aufweist. Als Bezugspunkt für die Beurteilung der Nach-, Gleich- und Vorzeitigkeit ist der Zeitpunkt der Äußerung durch den Dritten maßgeblich. Es ist nicht auf den Zeitpunkt der indirekten Wiedergabe abzustellen.

Für den Konjunktiv I stehen daher nur drei Zeitformen zur Verfügung, die im Folgenden an Beispielen erklärt werden.

Gleichzeitigkeit von Geschehen und Wiedergabe durch den Dritten
Tom sagt: „Ich gehe heute ins Kino.“ (= direkte Rede)

wird zu

Tom sagt, er gehe heute ins Kino. (= indirekte Rede mit Hilfe einer Konjunktiv-I-Form; wegen der Gleichzeitigkeit des Geschehens mit der Äußerung Toms wird die Zeitform des Konjunktiv I genommen, die sich am Indikativ Präsens orientiert)
Tom sagte gestern: „Ich gehe ins Kino.“ (= direkte Rede)

wird zu

Tom sagte gestern, dass er ins Kino gehe. (= indirekte Rede mit Hilfe einer Konjunktiv-I-Form; wegen der Gleichzeitigkeit von Geschehen und Äußerung durch Tom ist Konjunktiv I Präsens richtig)
Tom berichtet: „Wir gehen in die Schule.“ (= direkte Rede)

wird zu

Tom berichtet, dass sie in die Schule gehen würden. (= indirekte Rede mit Hilfe der Konjunktiv-II-Form und „würde“, orientiert am Indikativ Präteritum; Konjunktiv I, orientiert am Indikativ Präsens, wäre „sie gehen“, da dies mit der Indikativform identisch ist, versucht man die Konjunktiv-II-Form, diese wäre „sie gingen“, auch diese entspricht dem Indikativ, also kann man die Ersatzform mit „würde“ wählen)
Vorzeitigkeit des Geschehens in Bezug auf die Wiedergabe durch den Dritten
Tom erzählt: „Wir waren gestern im Schwimmbad.“ (= direkte Rede)

wird zu

Tom erzählt, dass sie gestern im Schwimmbad gewesen seien. (= indirekte Rede; der Besuch des Schwimmbads war vor dem Bericht Toms; daher bedient man sich einer Konjunktiv-I-Form, die sich am Indikativ Perfekt orientiert)
Nachzeitigkeit des Geschehens in Bezug auf die Wiedergabe durch den Dritten
Tom berichtete: „Daniel wird gleich in die Schule gehen.“ (= direkte Rede)

wird zu

Tom berichtete, dass Daniel gleich in die Schule gehen werde. (= indirekte Rede; der Gang in die Schule ist dem Bericht durch Tom zeitlich nachgelagert; richtig ist daher der Konjunktiv I Futur)

Andere Verwendungen

Außerdem bildet er die Wunschform (Optativ) der 1. und 3. Person Singular und Plural, wobei oft die Wortstellung invertiert wird:

Es lebe der König!
Dein Reich komme, Dein Wille geschehe.

Konjunktiv I ist auch bei der Aufforderungsform (Jussiv) an die 3. Person Singular und Plural im Gebrauch:

Man nehme, wenn man hat, ein halbes Pfund Butter.
Gehen wir! (letzteres ist nur durch Betonung unterscheidbar von der Frageform: „Gehen wir?“).

Konjunktiv II

Der Konjunktiv II ist innerhalb des grundsprachlichen Systems der Konjugationen formal der Optativ des Perfekts; das germanische Präteritum setzt durchweg den aus der Grundsprache ererbten Indikativ Perfekt fort. Von einem möglichen grundsprachlichen Konjunktiv Perfekt findet sich im Germanischen keine Spur.

Bildung des Konjunktivs II

Der Konjunktiv II der Gegenwart wird somit vom Indikativ Präteritum abgeleitet, das das grundsprachliche Perfekt fortsetzt. An die Perfektform tritt das Optativsuffix *-yéh₁-, ablautend mit *-ih₁-´, an; dieses wird als lautgesetzlich > german. *-ī- verallgemeinert. Unregelmäßige starke Verben mit umlautfähigem Stammvokal werden daher umgelautet: kommen → kam → käme, singen → sang → sänge, backen → buk → büke, wachsen → wuchs → wüchse, heben → hob → höbe; bei einem Teil der starken Verben der dritten Ablautreihe wird das im Neuhochdt. durchgängige „a“ des Präteritums, das noch im Althochdt. im Plural ein „u“ aufwies, bei der Bildung des Konjunktivs II meist durch ein „ü“ oder „ö“ ersetzt, zum Beispiel: sterben → starb → stürbe, werfen → warf → würfe, beginnen → begann → begönne oder gewinnen → gewann → gewönne. An den gegebenenfalls so modifizierten Wortstamm wird dann die entsprechende Personalendung angefügt.

Die Personalendungen des Konjunktivs II sind dieselben wie beim Konjunktiv I, beispielhaft konjugiert anhand des starken Verbs „treffen“ (Präteritum traf~, umgelautet träf~,) und des schwachen Verbs „installieren“ (Präteritum installiert~):

treffen installieren
P/N Endung Präteritum Konjunktiv II Präteritum/Konjunktiv II
ich ~e ich traf ich träfe ich installierte
du ~est du trafst du träfest du installiertest
er/sie/es ~e er traf er träfe er installierte
wir ~en wir trafen wir träfen wir installierten
ihr ~et ihr traft ihr träfet ihr installiertet
sie ~en sie trafen sie träfen sie installierten

Das starke Verb „treffen“ hat eine eigene, umgelautete Flexion für den Konjunktiv II und ist gut vom Präteritum unterscheidbar. Hingegen sind bei dem regelmäßigen Verb „installieren“ beide Formen völlig identisch; in diesem Fall wird üblicherweise auf die „würde-Form“ (s.u.) ausgewichen.

Die Bildung der Zeiten Plusquamperfekt, Futur I und Futur II entspricht sowohl im Aktiv als auch im Vorgangspassiv den Regeln des Indikativs. Das flektierte Hilfsverb wird anstelle des Hauptverbs in den Konjunktiv II gesetzt:

Aktiv Vorgangspassiv
Indikativ Konjunktiv II Indikativ Konjunktiv II
Präteritum du gingst du gingest ich wurde getragen ich würde getragen werden
Plusquamperfekt du warst gegangen du wärest gegangen ich war getragen worden ich wäre getragen worden
Futur I du wirst gehen du würdest gehen[2][3] ich werde getragen werden ich würde getragen werden
Futur II du wirst gegangen sein du würdest gegangen sein ich werde getragen worden sein ich würde getragen worden sein

Das Futur I des Aktivs dient mittlerweile hauptsächlich dazu, den Konjunktiv II an sich zu bilden („würde-Form“).

Verwendung des Konjunktivs II

Irrealis

Der Konjunktiv II wird auch Irrealis genannt. Der Konjunktiv II wird verwendet, um unmögliche und unwahrscheinliche Bedingungen oder Bedingungsfolgen zu benennen oder um auszudrücken, dass unter mehreren an sich möglichen Folgen infolge menschlicher Entscheidungen durch Ermessensgebrauch eine bestimmte Folge ausscheiden werde. Durch die Formulierung von Bedingungen und deren Folgen lassen sich auch Vorstellungen und Wünsche, die wahrscheinlich nicht eintreten werden oder unmöglich sind, oder Zweifel des Sprechers an bestimmten Sachverhalten zum Ausdruck bringen.

Bedingung, deren Eintritt unmöglich oder sehr unwahrscheinlich ist

Der irreale Bedingungssatz wird oft mit „wenn“ oder „falls“ eingeleitet. Der Nebensatz stellt eine Bedingung auf, deren (unmöglicher oder unwahrscheinlicher) Eintritt etwas folgen lässt, das im Hauptsatz bezeichnet wird. Es wird sowohl im Hauptsatz wie im Nebensatz Konjunktiv II verwandt.

Wenn ich ein Vöglein wär’ und zwei Flüglein hätt’, flög’ ich zu Dir.

Die Konjunktion „wenn“ oder „falls“ kann auch entfallen, so dass der Satz mit dem finiten Verb beginnt.

Wärest du früher aufgestanden, hättest du deinen Termin nicht verpasst.

Der Nebensatz kann entfallen, wenn die Bedingung aus dem Kontext erschlossen werden kann.

Ich flöge nicht. (Kontexterschließung: „Wenn ich an deiner Stelle wäre, flöge ich nicht.“)

Das Gleiche gilt, wenn der Nebensatz durch eine Infinitiv-, eine Präpositionalkonstruktion oder Sätze mit „sonst“ oder „aber“ ersetzt werden kann.

Es wäre besser, nicht zu fliegen. (Infinitivkonstruktion statt: „Es wäre besser, wenn du nicht flögest.“)
An deiner Stelle flöge ich nicht. (Präpositionalkonstruktion statt: „Wenn ich an deiner Stelle wäre, flöge ich nicht.“)
Er flöge jetzt nach Amerika, aber er hat keinen Urlaub. (Aber-Konstruktion statt: „Wenn er Urlaub hätte, flöge er jetzt nach Amerika.“)

Es kann auch der Hauptsatz entfallen, wenn die Bedingungsfolge aus dem Kontext erschließbar ist; der Nebensatz wird zum einfachen Satz. Die Erschließung der Bedingungsfolge ist bei Wünschen möglich, deren Eintritt unmöglich oder sehr unwahrscheinlich ist.

Wäre ich doch ein begnadeter Künstler! (statt: „Ich wäre sehr glücklich, wenn ich ein begnadeter Künstler wäre.“)
Unwahrscheinliche oder unmögliche Bedingungsfolgen

Der Konjunktiv II findet auch Anwendung, wenn der spezifische Bedingungs-Folgen-Zusammenhang unwahrscheinlich bzw. unmöglich ist. Der Eintritt einer Bedingungsfolge kann unwahrscheinlich bzw. unmöglich sein, weil die Folge an sich irreal ist (irrealer Folgesatz) oder weil derjenige, auf den sich die Bedingung bezieht, unter mehreren möglichen Folgen ein Auswahlermessen hat und eine an sich mögliche Folge ermessensbedingt (wahrscheinlich) ausscheidet. Wichtig ist, dass die der Bedingungsfolge zugrunde liegende Bedingung real ist.

a) Irrealer Folgesatz

Beim irrealen Folgesatz ist die Folge unmöglich oder unwahrscheinlich, obwohl der Bedingungseintritt denkbar ist und die Folge nicht durch die Ausübung eines Ermessens ausfällt.

Ich trank so viel, dass mein Kopf beinahe explodiert wäre.
Niemand ist so klug, als dass er alles wüsste.

b) Ermessensbedingtes Ausscheiden einer an sich möglichen Folge

Diese Fallgruppe liegt vor, wenn erwartet wird, dass eine bestimmte denkbare Bedingungsfolge unter mehreren denkbaren Bedingungsfolgen wegen eines unwahrscheinlichen Ermessensgebrauchs nicht eintreten werde. Ein ermessensbedingtes Ausscheiden einer an sich möglichen Folge ist bei naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhängen nicht denkbar, sondern nur bei menschlichen Entscheidungen. Räumt derjenige, welcher das Ermessen ausüben kann, ein, dass eine bestimmte Ermessensentscheidung unwahrscheinlich sei, spricht man auch von Einräumungssätzen.

Sie ist viel zu ehrgeizig, als dass sie aufgäbe.
Auch wenn der Täter verurteilt (werden) würde, verziehe ich ihm nicht. (Einräumungssatz)
Irrealer Vergleichssatz
Ich fühlte mich, als wäre ich alleine auf der Erde.
Zögern, Zweifel bei einer Frage, Vermutung oder Feststellung
Wäre so etwas denkbar?
Sie könnte schon in den Urlaub gefahren sein.

Höflichkeitsform

Der Konjunktiv II dient außerdem als Höflichkeitsform. Sie wird zum einen verwendet, wenn man Bitten an andere Personen richtet:

Könnten Sie das für mich erledigen? anstatt Erledigen Sie das für mich! (Imperativ) oder Können Sie das für mich erledigen? (Indikativ als Frage)
Hätten Sie einen Moment Zeit? anstatt Haben Sie einen Moment Zeit? (Indikativ als Frage)

Zum anderen kann der Konjunktiv II als Bescheidenheitsform in Bezug auf sich selbst fungieren:

Ich hätte gerne ein Bier. oder Ich möchte gerne ein Bier. anstatt Ich will ein Bier.
Ich würde gerne ins Kino gehen. anstatt Ich will ins Kino gehen.
Ich würde vorschlagen, dass wir noch eine Nacht darüber schlafen. anstatt Ich schlage vor, dass wir noch eine Nacht darüber schlafen.

Die Möglichkeitsform dient hier dazu, um den Wunsch oder den Anspruch auf Erfüllung förmlich abzumildern.

Konjunktiv II in der indirekten Rede

Ersatzform für den Konjunktiv I

Stimmt in den Fallgruppen, in welchen der Konjunktiv I die richtige Konjunktivform ist, dieser mit dem Präsens Indikativ überein, so kann der Konjunktiv I durch den Konjunktiv II ersetzt werden, um einer Verwechslung mit dem Indikativ Präsens vorzubeugen, die insbesondere in der 1. Person Singular sowie der 1. und 3. Person Plural häufig möglich ist.

Ausdruck des Zweifels am Inhalt des Berichteten

Der Konjunktiv II wird auch verwendet, wenn der Sprecher gegenüber dem, was er berichtet, Zweifel hat oder es für unzutreffend hält (implizite Bewertung).[4] Zum Beispiel

  • Paula sagte, sie hätte fleißig gelernt (der Sprecher glaubt es aber nicht).
  • Rosa meinte, das ließe sich nicht ändern.

Konjunktiv-Form mit „würde“ (Ersatzform des Konjunktiv II)

Wenn die Konjunktiv-II-Form infolge Identität mit den Formen des Indikativ Präteritums zu Missverständnissen führen kann, kann auf eine Hilfskonstruktion mit „würde“ ausgewichen werden. Folgerichtig ist der Einsatz des „würde-Konjunktivs“ bei der Bildung der indirekten Rede erlaubt, wenn der Konjunktiv I wegen der Identität mit dem Indikativ Präsens durch den Konjunktiv II ersetzt wird und die vom Präteritum abgeleitete Normalform des Konjunktiv II mit dem Indikativ Präteritum übereinstimmt.

Bei genauerer Betrachtung handelt es sich dabei um die ursprünglichen Futurformen des Konjunktivs II, die ihre Funktion verändert haben, da die Zukunft im Deutschen immer mehr mit den Präsensformen + Lexik (morgen, übermorgen, in zwei Jahren u. ä.) ausgedrückt wird (s. a. Konditionalis):

Er sagte: „Ich werde das gerne machen.“

wird in der indirekten Rede zu

Er sagte, er werde das gerne machen. (Konjunktiv I)

bzw.

Er sagte, er würde das gerne machen. (Konjunktiv II, abgeleitet vom Indikativ Präteritum. Grammatisch gesehen ist diese Form jedoch nicht korrekt, sondern gehört in den Bereich der Umgangssprache, zumal damit auch noch ein Bedeutungswandel verbunden ist, denn nun wird ein Wunsch ausgedrückt, während in der korrekten Form eine Absicht zum Ausdruck gebracht wird.)

Bildung der Formen des „würde-Konjunktivs“: Beispiel: gehen

Infinitiv Indikativ Präteritum Konjunktiv II
gehen er ging er würde gehen

Beispiel: gehen

Infinitiv Indikativ Plusquamperfekt Konjunktiv II
gehen er war gegangen er würde gegangen sein

Beispiel: singen

Infinitiv Indikativ Plusquamperfekt Konjunktiv II
singen er hatte gesungen er würde gesungen haben

Umgangssprache

In der Umgangssprache wird der Konjunktiv I heute nur noch selten verwendet und wird meist durch den Indikativ ersetzt:

Er hat gesagt, dass er ins Theater geht.

anstatt

Er sagte, dass er ins Theater gehe.

Für den Konjunktiv II wird in der Umgangssprache meist die „würde“-Form verwendet:

Er hat gesagt, dass er ins Theater gehen würde.

anstatt

Er sagte, dass er ins Theater ginge.

In den bairischen Dialekten wird der Konjunktiv II mit dem Morphem -àt- gebildet, z. B. findàt (fände), frågàt („fragte“ in der Bedeutung von „würde fragen“) usw. Allerdings existieren daneben auch unregelmäßige Formen bzw. unregelmäßige Formen mit Anfügung des Morphems -àt, so z. B. gàng, fànd und gàngàt, fàndàt (ginge, fände). Im Hochdeutschen hingegen verdrängt der „würde“-Konjunktiv immer mehr den Konjunktiv I und II und wird deshalb von manchen bereits zu einem eigenen strukturellen System des Konjunktivs III zusammengefasst.

Konjunktiv in anderen Sprachen

Der Konjunktiv als Modus kommt mehr oder weniger erkennbar in allen indogermanischen Sprachen vor, hat aber meist völlig unterschiedliche Funktionen. Manche Sprachen unterscheiden dabei zusätzlich einen Optativ vom eigentlichen Konjunktiv. Die meisten Sprachen haben ähnlich wie das Deutsche ein oder zwei besondere Formen (wie zum Beispiel Konjunktiv I und Konjunktiv II). Manche, insbesondere ältere Sprachen (Altgriechisch, Sanskrit), aber auch die Französische Sprache, haben neben Indikativ und Konjunktiv noch andere Verbformen (Modi), die weitere sprachliche Nuancen ermöglichen.

Englisch

Im Englischen ist der Konjunktiv I noch in mehreren Formen in Verwendung. Beispiele hierfür sind einige feststehende Formeln wie God save (statt: saves) the Queen! für Gott schütze (statt: schützt) die Königin! oder der Ausdruck eines Zweckes wie in He closed the window lest anyone see him. für Er schloss das Fenster, so dass ihn niemand sehe. Die bedeutendste Benutzung gibt es allerdings beim Ausdruck von Befehlen, Vorschlägen oder Wünschen. Beispiel: She asked that he not be (statt: is not) told. für Sie bat darum, dass man es ihm nicht erzähle (statt: erzählt). Der Konjunktiv II findet sich in systematischem Gebrauch in Gestalt von Wörtern wie might, would oder could sowie in irrealen "if-clauses", zum Beispiel in If he were (statt: was) here(…) oder It looked as though it were about to start raining..

Latein

Historisch (im Latein noch gut erkennbar) war der Konjunktiv das Gegenstück des Indikatives. So wie es im Indikativ die drei Zeiten Präsens, Präteritum und Futur I gibt (jeweils auch mit den vorzeitigen Formen Perfekt, Plusquamperfekt und Futur II), wäre für alle diese Formen auch eine passende Konjunktiv-Form zu erwarten.

Während sich in den romanischen Sprachen im Laufe der letzten zwei Jahrtausende diese Formen teilweise verloren haben, sind sie im Latein noch großenteils erhalten. Dort gibt es:

  • Konjunktiv Präsens
  • Konjunktiv Imperfekt
  • Konjunktiv Perfekt
  • Konjunktiv Plusquamperfekt

Den Konjunktiv der beiden Futurformen bildet das Lateinische in Coniugatio periphrastica durch das Partizip Futur mit der entsprechenden Form des Hilfsverbs esse, oder es ersetzt ihn: Statt des Konjunktivs Futur I wird in Bezug auf ein Haupttempus der Konjunktiv Präsens gewählt, in Bezug auf ein Nebentempus der Konjunktiv Imperfekt, statt des Konjunktivs Futur II in Bezug auf ein Haupttempus der Konjunktiv Perfekt, in Bezug auf ein Nebentempus der Konjunktiv Plusquamperfekt.

Der Konjunktiv wird im Lateinischen in Hauptsätzen als Iussiv, als Optativ, als Hortativ, als Deliberativ und als Prohibitiv verwendet, in konditionalen Satzgefügen als Irrealis und als Potentialis, sowie in Nebensätzen, die mit den Konjunktionen ut, cum, ne und einigen anderen eingeleitet werden, und in indirekten Fragesätzen.

Spanisch

Der Konjunktiv I

Der deutsche Konjunktiv I hat im Spanischen keine direkte Entsprechung. In der indirekten Rede gilt im Spanischen die Consecutio temporum, das heißt, die Auswahl der Zeitform im Nebensatz hängt davon ab, ob dessen Aussage bezüglich derjenigen des Hauptsatzes vorzeitig, gleichzeitig oder nachzeitig ist. Dies wird im folgenden Beispiel dargestellt. Während im Deutschen mehrfach der Konjunktiv I zum Einsatz kommt, wird im Spanischen zwischen verschiedenen Zeiten gewechselt, um die Reihenfolge der Ereignisse zu verdeutlichen:

Sie erklärte mir, sie habe lange am Bahnhof gewartet, es sei aber niemand gekommen; der nächste Zug komme erst um 14 Uhr; sie werde bis dahin einkaufen gehen und dann wieder zum Bahnhof zurückkehren. Ella me explicó que había esperado mucho tiempo en la estación pero que nadie había llegado; el próximo tren no iba a llegar sino hasta las 14 horas; ella iba hasta entonces a ir de compras y entonces volvería a la estación.

Trotz einer gewissen formalen Ähnlichkeit ist der spanische subjuntivo del presente keinesfalls mit dem deutschen Konjunktiv I gleichzusetzen; er wird in der indirekten Rede grundsätzlich nicht eingesetzt, dafür aber in einer Vielzahl anderer Zusammenhänge, in denen auf Deutsch der Indikativ stünde (Beispiel: Hoffentlich regnet es nicht vs. Ojalá no llueva).

Der Konjunktiv II

Der Konjunktiv II entspricht dem spanischen Subjunktiv (subjuntivo) und Konditionalis (spanisch condicional).

In irrealen Bedingungssätzen benutzt man auf Spanisch im Nebensatz den Subjunktiv und im Hauptsatz den Konditionalis:

Wenn das Studium vom Staat finanziert würde, brauchten die Studenten nicht nebenbei zu arbeiten. Si los estudios fuesen/fueran financiados por el Estado los estudiantes no tendrían que trabajar a tiempo parcial.
Wenn er mehr Geld gehabt hätte, wäre er mitgekommen. Si él hubiese/hubiera tenido más dinero habría venido con nosotros.
Hätte ich das gewusst, wäre ich nicht gekommen. Si lo hubiese/hubiera sabido no habría venido

Bei nichtwirklichen Wunsch- und Vergleichsätzen benutzt man im Spanischen in der Regel das Imperfekt im Subjunktiv oder den Plusquamperfekt im Subjunktiv (’condicional perfecto’):

Wäre er wenigstens höflich gewesen! ¡Si por lo menos hubiera sido amable!
Wenn wir dich nur vergessen könnten! ¡Si tan sólo pudiéramos olvidarte!
Er kann pfeifen, als ob er ein Vogel wäre. Él sabe silbar como si fuera un pájaro
Er tut so, als ob er uns nicht kennen würde. Él hace como si no nos conociera

Weblinks

Wiktionary: Konjunktiv – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Besch, Werner. Sprachgeschichte: ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. Herausgeber: Werner Besch. Bd. 2. Berlin; New York: de Gruyter, 2003. S. 2511
  2. http://www.bastiansick.de/kolumnen/fragen-an-den-zwiebelfisch/unerfuelltes-futur-ii
  3. http://conjd.cactus2000.de/showverb.php?verb=haben
  4. Gerhard Schoebe, Schoebe Grammatik kompakt, Oldenbourg, München 1997, S. 142
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