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Lateinische Münzunion

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Vertragsurkunde von 1865

Die Lateinische Münzunion (offiziell Union monétaire latine) war eine Währungsunion zwischen Frankreich, Belgien, Italien, der Schweiz und Griechenland, die vom 23. Dezember 1865 faktisch bis 1914 und formal bis zum 31. Dezember 1926 bestand.

Einige weitere Länder prägten ihre Münzen ebenfalls nach den Vorschriften der Münzunion, ohne ihr jedoch beizutreten.

Geschichte und Grundzüge der Münzunion

Übersicht der teilnehmenden (rot) und assoziierten Staaten (andere Farben) zwischen 1866 und 1914.

1795 führte Frankreich als zweite dezimale Währung nach dem US-Dollar den Franc zu 100 Centimes ein. Das Gewicht der Silbermünzen war so genormt, dass 1 Franc genau 5 Gramm 900/1000-Silber, also 4,5 Gramm Feinsilber wog. Innerhalb des gleichen Währungssystems wurden auch Goldmünzen geprägt, wobei das Wertverhältnis von Silber und Gold auf 1:15,5 festgelegt wurde. Das einfache und übersichtliche System wurde schon bald von anderen Staaten, wie Belgien und der Schweiz, nachgeahmt.

Nach Italien wurde dieses System bereits mit dem Italienfeldzug Napoleons (1796/97) gebracht. Schon vor dem offiziellen Beginn der Währungsunion existierten also in mehreren Ländern ähnliche Verhältnisse, wobei teilweise die Münzen und auch Banknoten der anderen Staaten als Zahlungsmittel akzeptiert wurden.

Der in der Lateinischen Münzunion festgelegte Bimetallismus zwischen Gold- und Silbermünzen drückte sich folgendermaßen aus:

Zwei silberne 5-Franc-Stücke (= 45 Gramm Feinsilber) entsprachen einem goldenen 10-Francs-Stück (= 2,9032 Gramm Feingold), also 15,5: 1. Nur das silberne 5-Francs-Stück war neben den Goldmünzen als Kurantmünze vorgesehen.

Auf diesen Grundlagen unterzeichneten 1865 Frankreich, Belgien, Italien und die Schweiz (Inkrafttreten am 1. August 1866) einen Vertrag, der neben den technischen Details dieser Münzen auch die Ausgabepolitik und die gegenseitige Anerkennung einheitlich regelte. Am 21. Dezember 1868 trat Griechenland der Union bei. Der amerikanische Ökonom Henry Parker Willis (1874–1937) bezeichnete 1901 diesen Beitritt aufgrund der politischen Instabilität und unsoliden Wirtschaft Griechenlands als äußerst fragwürdig.[1]

Der Vertrag, der ursprünglich Ende 1879 auslaufen sollte, wurde am 5. November 1878 zunächst bis zum 31. Dezember 1885 erneuert, wobei aufgrund des zwischenzeitlich deutlich gesunkenen Silberpreises die Einstellung der Ausprägung der silbernen 5-Francs-Stücke beschlossen wurde.

In Deutschland waren bis 1871 Silbermünzen (Taler) vorherrschend; die Währung war durch Silber gedeckt (Silberstandard). Nach 1871 wurde der Silber- durch den Goldstandard abgelöst. Damit verlor das Silber seine wirtschaftliche Bedeutung immer mehr. Das Wertverhältnis sank von 1:14 einige Zeit lang auf 1:100, später stieg es wieder etwas an. Ab 1873 fiel der Silberpreis aufgrund der großen deutschen Silberverkäufe. Die Silberinflation in den 1880er Jahren veranlasste die Lateinische Münzunion, 1885 den Goldstandard einzuführen.

Am 6. November 1885 kam ein neuer Vertrag mit teilweise geänderten Bestimmungen zustande, der bis zum 1. Januar 1891 in Kraft bleiben und sich danach stillschweigend jeweils um ein weiteres Jahr verlängern sollte, sofern keine Vertragskündigung durch einen Mitgliedsstaat ausgesprochen wurde.

Schwankungen im Silber- und Goldpreis führten zu den dem Bimetallismus eigenen Problemen auch für die Münzunion, da die Kräfte des Marktes teilweise den Bestimmungen des Vertrages entgegenwirkten.[2] So wurden einige Münzen gehortet oder eingeschmolzen, andere waren dagegen im Übermaß im Umlauf zu finden.

Griechenland wurde 1908 aus der Union ausgeschlossen, da der überschuldete Staat in großen Mengen Papiergeld druckte, das nicht durch Edelmetall gedeckt war und dadurch die Stabilität der gesamten Währungsgemeinschaft gefährdet wurde. Zwei Jahre später konnte das Land wieder aufgenommen werden.[3]

Am 4. November 1908 wurde Belgisch-Kongo offiziell Mitglied der Münzunion.[4]

Mit dem Ersten Weltkrieg erfolgte sofort in allen Vertragsstaaten außer der Schweiz die Abkehr von einer Währung auf Edelmetall-Kurantmünzen-Basis. Teile des Vertragswerkes wurden nach und nach aufgehoben. 1926 kündigte Belgien seine Mitgliedschaft auf, und zum 1. Januar 1927 setzte die Schweiz als letztes Land die Münzen der anderen Staaten außer Kurs.

Münzausprägungen

Jeder Mitgliedsstaat prägte eigene Münzen mit eigenen Währungsbezeichnungen. Die Währungseinheiten, die im Verhältnis von 1:1 zueinander standen, waren der Franc zu 100 Centimes in Frankreich und Belgien, der Franken zu 100 Rappen in der Schweiz, die Lira zu 100 Centesimi in Italien und die Drachme zu 100 Lepta in Griechenland.

Folgende Münzen waren nach den Bestimmungen des Vertrags zugelassen:

Nennwert Gewicht Durchmesser Metall
100 Fr. 32,26 g 35 mm Gold 900/1000 fein
50 Fr. 16,13 g 28 mm Gold 900/1000 fein
20 Fr. 6,45 g 21 mm Gold 900/1000 fein
10 Fr. 3,23 g 19 mm Gold 900/1000 fein
5 Fr. 1,61 g 17 mm Gold 900/1000 fein
5 Fr. 25,00 g 37 mm Silber 900/1000 fein
2 Fr. 10,00 g 27 mm Silber 835/1000 fein
1 Fr. 5,00 g 23 mm Silber 835/1000 fein
0,50 Fr. 2,50 g 18 mm Silber 835/1000 fein
0,20 Fr. 1,00 g 16 mm Silber 835/1000 fein

Vor der Einführung der Vertragsnormen wurden nach diesem System auch Goldmünzen zu 40 Francs und 80 Francs (Lire) sowie Silbermünzen zu 0,25 Franc geprägt. Diese wurden bald nach der Vertragsunterzeichnung eingezogen, ebenso ältere Münzen, die zwar den Gewichten des Vertrages entsprachen, jedoch nicht dem Feingehalt oder dem Durchmesser. Nicht alle zugelassenen Münzen wurden auch von allen Mitgliedsländern geprägt.

Die Münzen von 2 Francs abwärts wiesen einen geringeren Feingehalt auf, was bedeutete, dass ihr Nennwert nicht vollständig durch ihren Metallwert gedeckt war, womit es sich um Scheidemünzen handelte. Scheidemünzen aus unedlen Metallen waren nicht Bestandteil des Vertrages und wurden je nach Mitgliedsstaat nach verschiedenen Normen herausgegeben.

Es bestand für die öffentlichen Kassen der Mitgliedsländer Annahmezwang für die Goldmünzen und die 5-Francs-Stücke (entspr. Lire, Franken und Drachmen). Bei kleineren Silber-Nominalen war er auf 100 Francs beschränkt. Der Umlauf des eigenen Papiergelds und von fremden Währungen war in die Regelungshoheit jedes Mitgliedsstaates gestellt.

Übernahme des Systems der Münzunion ohne Vertragsbeitritt

Folgende Staaten und Gebiete prägten Münzen nach demselben System, jedoch mit eigener nationaler Währungsbezeichnung, ohne aber der Münzunion offiziell beigetreten zu sein:

Charakter als Zahlungsmittel in den Vertragsstaaten

Die von den Nichtmitgliedern nach dem System der Münzunion geprägten Münzen waren in den Vertragsstaaten keine gesetzlichen Zahlungsmittel; einige davon (die Gold- und großen Silbermünzen) zirkulierten aber trotzdem international.

Indirekt waren auch Österreich-Ungarn und Russland über deren fast geraden Wechselkurs: 4 Gulden (ab 1892: 8 Kronen) = 10 Francs bzw. 1 (Gold-)Rubel = 4 Francs faktisch Mitglied in diesem Währungsverbund. Bereits ab 1870 prägte Österreich-Ungarn Goldmünzen zu 4 und 8 Gulden als Handelsmünzen, die die zusätzliche Wertbezeichnung 10 Fr bzw. 20 Fr trugen.

Die russisch-finnischen Goldmünzen zu 10 und 20 Markka entsprachen ebenfalls im Feingehalt den 10- bzw. 20-Francs-Stücken, während die Silbermünzen nicht nach den Vorschriften der Lateinischen Münzunion ausgeprägt wurden.

Abbildungen diverser Münzen der Lateinischen Münzunion

Literatur

  • Albert Niederer: Die Lateinische Münzunion. Katalog sämtlicher Münzen der 5 Unionsstaaten mit gesetzlicher Gültigkeit in der Schweiz von 1852–1927 = L’Union Monétaire Latine. Helvetische Münzenzeitung, Hilterfingen 1976.
  • Silvana Koch-Mehrin: Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik. Die Lateinische Münzunion 1865–1927. Nomos-Verlag, Baden-Baden 2001, ISBN 3-7890-7631-7 (zugleich: Heidelberg, Univ., Diss., 2000).
  • René Frank: Eine Übersicht der verschiedenen Prägungen nach den Normen der Lateinischen Münzunion. In: moneytrend 6/2005, ZDB-ID 630026-1, S. 180–185 (online; PDF; 2,0 MB).
  • Theresia Theurl: Eine gemeinsame Währung für Europa. 12 Lehren aus der Geschichte. Österreichischer Studien-Verlag, Innsbruck 1992, ISBN 3-901160-05-1 (Geschichte & Ökonomie. 1), S. 175–213.
  • Guido Thiemeyer: Internationalismus und Diplomatie. Währungspolitische Kooperation im Europäischen Staatensystem 1865 bis 1900. Oldenbourg, München 2009, ISBN 978-3-486-58431-8.
  • Guido Thiemeyer: Otto von Bismarck, Napoleon III. und die Lateinische Münzunion. In: Bankhistorisches Archiv. Bd. 28/1 (2002), S. 1–20.
  • Henry Parker Willis: A History of the Latin Monetary Union. A Study of International Monetary Action. University of Chicago Press, Chicago IL 1901.

Weblinks

 Commons: Lateinische Münzunion – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Oliver Marc Hartwich: Unravelling the Greek basket case. Business Spectator, 20. Oktober 2011, abgerufen am 7. Juni 2012 (englisch): „It is hard to see why the admission of Greece to the Latin Union should have been desired or allowed by that body. In no sense was she a desirable member of the league. Economically unsound, convulsed by political struggles, and financially rotten, her condition was pitiable. Struggling with a burden of debt, Greece was also endeavouring to maintain in circulation a large amount of inconvertible paper. She was not territorially a desirable adjunct to the Latin Union, and her commercial and financial importance was small. Nevertheless her nominal admission was secured, and we may credit the obscure political influences … with being able to effect what economic and financial considerations could not. Certainly it would be hard to understand on what other grounds her membership was attained.“
  2. Vgl. dazu Greshamsches Gesetz
  3. Artikel auf WELT online vom 30. Juli 2012, abgerufen am 30. August 2012
  4. Geldgeschichte des Kongo, National Bank of Rwanda (engl.), abgerufen am 30. August 2012
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