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Lenka Reinerová

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Lenka Reinerová (geb. 17. Mai 1916 in Prag; gest. 27. Juni 2008 ebenda) war eine deutsch- und tschechischsprachige Schriftstellerin und Journalistin tschechischer Staatsangehörigkeit. Reinerová war die letzte Vertreterin der deutschsprachigen Literatur in Prag. Zu ihren Freunden zählten im Prag der Zwischenkriegszeit die Autoren Egon Erwin Kisch, Max Brod und Franz Werfel.

Lenka Reinerová (2003)

Leben

Lenka Reinerová wuchs in einer mehrsprachigen jüdischen Familie als Tochter eines tschechischen Eisenwarenhändlers und einer Deutschböhmin auf.[1] Reinerová arbeitete als Journalistin unter anderem bei der Arbeiter-Illustrierte-Zeitung, die in der Herausgeberschaft von F.C. Weiskopf und Hermann Leupold bis zum Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Prag unter dem Namen Volks-Illustrierte erschien.

Als im März 1939 Prag durch deutsche Truppen besetzt wurde, war sie gerade bei Freunden in Bukarest und ging von dort ins Exil nach Paris. Sie wurde verhaftet. Sechs Monate in Einzelhaft im Pariser Frauengefängnis La Petite Roquette folgten. Danach wurde sie im Frauenlager Camp de Rieucros (Südfrankreich, Vichy-Zone) interniert, konnte schließlich über Casablanca nach Mexiko entkommen. Auf dem gleichen Schiff wie sie befand sich der deutsche Schriftsteller Gustav Regler, der ebenfalls auf der Reise nach Mexiko war. Sie blieben in den folgenden Jahren miteinander in Verbindung. In Mexiko lernte Reinerová das Maler-Ehepaar Frida Kahlo und Diego Rivera kennen. Im Jahr 1945 kehrte sie mit ihrem Mann, dem Schriftsteller und Arzt Theodor Balk, nach Europa zurück, zunächst nach Belgrad, wo 1946 ihre Tochter Anna geboren wurde, und erst 1948 nach Prag. Sie wurde während der stalinistischen Säuberungen rund um den Slánský-Prozess inhaftiert, jedoch 1964 rehabilitiert. Sie war Chefredakteurin der Zeitschrift Im Herzen Europas. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 wurde sie jedoch aus der KPČ ausgeschlossen und zudem für mehrere Jahre mit Publikationsverbot belegt. Sie verlor ihre Verlagsarbeit und war bis 1989 vor allem als Simultandolmetscherin tätig. Seit 1989 erschienen zahlreiche Erinnerungsbücher und Erzählungen.

Reinerová war Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste. Sie lebte in Prag und sprach bis zuletzt das typische Prager Deutsch, was den Verleger Klaus Wagenbach dazu veranlasste zu sagen: „Wenn Sie wissen wollen, wie Kafka gesprochen hat, hören Sie Reinerová zu.“ Anlässlich der Verleihung des Schillerrings 1999 meinte sie dazu selbst:

„Den Schillerring habe ich bekommen, als Erste sogar. Ich bin mir doch dessen bewusst, ich schreibe doch ein Prager Deutsch, ich schreibe ja kein Deutsches Deutsch. Das freut mich natürlich, dass dieses Prager Deutsch anerkannt wird. Das ist schön.“[2]

2004 gründete sie zusammen mit František Černý und Kurt Krolop das Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren. Im Jahr 2001 wurde ihr die Verdienstmedaille I. Ranges durch den Präsidenten Václav Havel verliehen, 2006 erhielt Lenka Reinerová das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.

Anlässlich des Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz wurde am 25. Januar 2008 im Deutschen Bundestag im Rahmen der Gedenkstunde zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus eine von ihr verfasste bewegende Rede zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus vorgetragen. Aus gesundheitlichen Gründen konnte sie selbst nicht mehr erscheinen.

Ehrungen

Werke

  • Grenze geschlossen. Verlag Neues Leben, Berlin 1958
  • Ein für allemal. VEB Verlag Neues Leben, Berlin 1962
  • Der Ausflug zum Schwanensee. Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1983
  • Es begann in der Melantrichgasse. Erinnerungen an Weiskopf, Kisch, Uhse und die Seghers. Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1985; Neuausgabe 2006, ISBN 978-3-7466-2204-0
  • Die Premiere. Erinnerungen an einen denkwürdigen Theaterabend und andere Begebenheiten. Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1989, ISBN 3-351-01180-6
  • Das Traumcafé einer Pragerin. Erzählungen. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-7466-1168-7
  • Mandelduft. Erzählungen. Aufbau-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-351-02838-5
  • Zu Hause in Prag – manchmal auch anderswo. Erzählungen. Aufbau-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-351-02387-1
  • Alle Farben der Sonne und der Nacht. Aufbau-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-351-02969-1
  • Närrisches Prag. Ein Bekenntnis. Aufbau-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-351-03040-1
  • Ich hatte die Vision einer gerechteren Ordnung. In: Martin Doerry (Hrsg.): Nirgendwo und überall zu Haus. Gespräche mit Überlebenden des Holocaust. DVA, München 2006, ISBN 3421042071 (auch als CD) S. 194–203
  • Das Geheimnis der nächsten Minuten. Aufbau-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-351-03204-3

Literatur

  • Corinna Schlicht: Lenka Reinerová. Das erzählerische Werk. Oberhausen: Karl Maria Laufen, 2003 (= Autoren im Kontext - Duisburger Studienbögen 4),ISBN 9783874681957,ISBN 3874681955.
  • Gudrun Salmhofer: "Was einst gewesen ist, bleibt in uns." Erinnerung und Identität im erzählerischen Werk Lenka Reinerovás. Innsbruck, Wien, Bozen: Studienverlag 2009. (= Schriften des Centrums für Jüdische Studien. 16.) ISBN 978-3-7065-4708-6
  • Kisch hat uns alle inspiriert. In: Der Spiegel. Nr. 40, 2002, S. 192 (30. September 2002, Interview, online).

Weblinks

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Lenka Reinerová aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.