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Mitteleuropa

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Die ungefähre Lage Mitteleuropas

Mitteleuropa oder Zentraleuropa ist eine Region in Europa zwischen West-, Ost-, Südost-, Süd- und Nordeuropa. Geografisch gibt es keine eindeutigen Kriterien, die zur Abgrenzung herangezogen werden könnten.

Der Begriff „Mitteleuropa“ kann auch politisch, kulturhistorisch oder naturräumlich definiert werden. Außerdem unterliegt die Auffassung des Begriffs dem geschichtlichen und politischen Wandel. Mitteleuropa ist daher nicht eindeutig zu definieren, doch kommt der Frage seit dem Ende des Kalten Krieges stärkere Aufmerksamkeit zu.

Geografische Abgrenzung Mitteleuropas

Bei der geografischen Abgrenzung können klimatische und naturräumliche Gegebenheiten (beispielsweise Vegetationstypen oder tektonische Erscheinungen) herangezogen werden. Die Naturwissenschaften definieren als Kriterium das ozeanische bis subkontinentale, gemäßigt warme Großklima. Eine grobe Abgrenzung Mitteleuropas ist im Westen und Nordwesten der Rhein, im Norden die Nordsee und die Eider (bzw. alternativ Skagerrak/Kattegat) sowie anschließend die Ostsee. Im Osten bieten sich Weichsel und Ostkarpaten an, im Südosten der Unterlauf der Donau, im Süden die Drau und die Zentralalpen. Doch gibt es Zweifel, ob Flüsse wie Eider oder Weichsel ausreichen, um einen Teilkontinent zu definieren. Die geografische Einteilung bleibt jedenfalls unscharf.

Versuch einer klimatischen Abgrenzung

Im Gegensatz zu Mitteleuropa findet man in Südeuropa mediterranes Klima (gemäßigt warm bis subtropisch), in Westeuropa gemäßigt warmes euozeanisches bis ozeanisches Klima, in Nordeuropa kühl-gemäßigtes bis subboreales Klima, in Osteuropa kontinentales bis eukontinentales Klima und entsprechende Naturräume vor.

Religiöse Abgrenzung nach Osten und Südosten

Konfessionen in Mitteleuropa 1901
Völker in Mitteleuropa 1901

Vor dem Zweiten und noch klarer vor dem Ersten Weltkrieg war Mitteleuropa religiös abgrenzbar. In Mitteleuropa war de facto neben jüdischen Minderheiten fast ausschließlich die katholische und evangelische Variante des Christentums vertreten. Östlich und südöstlich traf dieser Kulturkreis auf russisch-orthodoxe und griechisch-orthodoxe Glaubensbekenntnisse bzw. auf die muslimischen der bosnisch-herzegowinischen Muslime.

Kulturelle und politische Abgrenzung heute

Vorschlag des Ständigen Ausschusses für geografische Namen zur Abgrenzung von Mitteleuropa

Aus deutscher Sicht bestehen keine Zweifel an der Zugehörigkeit von Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein, Polen, Slowakei, Tschechien und Ungarn zu Mitteleuropa. Bei beinahe allen angrenzenden Staaten gibt es Spielräume bezüglich der Zugehörigkeit. Je nach Sichtweise und Auswahlkriterium werden sie ganz oder teilweise zu Mitteleuropa bzw. anderen Teilräumen des Kontinents gezählt. Insofern wird auch Slowenien häufig dazugerechnet, gelegentlich auch Kroatien, die baltischen Staaten, Rumänien und die Benelux-Staaten.

Häufig sind diese Gebiete wegen vielfacher Einflüsse mehrerer Regionen nicht eindeutig zuzuordnen und werden je nach politischer Intention oder „Heimatgefühl“ zugeordnet. Heute soll die Verortung eines Landes(-teils) zu „Mitteleuropa“ häufig gleichzeitig auch eine tatsächliche oder angestrebte Nähe oder Zugehörigkeit zur Europäischen Union verdeutlichen.

In Österreich ist die gängige Abgrenzung zum Teil eine andere: In Ostösterreich wird Mitteleuropa mit den Nachfolgestaaten der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie gleichgesetzt, Regionen wie das Baltikum und die norddeutsch-polnischen Ebenen werden als „nordeuropäisch“ empfunden, Deutschland und die Schweiz als „westeuropäisch“: Danach liegt die Region insgesamt weiter südöstlich. In Westösterreich wird dies anders gesehen und es dominiert die oben angeführte deutsche Sichtweise.

Im heutigen englischen Sprachraum wird häufig nur zwischen ost- und westeuropäischen Ländern unterschieden. Dabei werden die Länder Ostmitteleuropas (siehe auch: Visegrád-Länder) auch als Central Europe bezeichnet. Die Staaten Westmitteleuropas (Niederlande, Deutschland, Schweiz, Liechtenstein, Österreich) werden zu Westeuropa („Western Europe”) gerechnet. Diese Ost-/West-Einteilung verliert seit der EU-Osterweiterung an Bedeutung.

Mitunter werden zur Abgrenzung Mitteleuropas auch kulturreligiöse Kriterien herangezogen, genauer: das Überwiegen des römisch-katholischen Bekenntnisses. Diese „Grenze” würde demnach durch die etwa gleichermaßen katholisch wie protestantisch geprägten Staaten Deutschland und Lettland verlaufen und sich nach Ost- und Südosteuropa zum orthodoxen Bekenntnis abgrenzen (Weißrussland, Ukraine, Rumänien, Serbien), teilweise (mit Bosnien und Herzegowina) auch zum Islam. Eine Abgrenzung Mitteleuropas nach Westen und Süden kann mit diesem Ansatz kaum getroffen werden.

Teilweise wird eine Abgrenzung von Mitteleuropa nach Osten (tlw. auch Süden) im Verhältnis des Bürgers zum Staat und wechselseitig getroffen bzw. diskutiert. Kurz und überspitzt zusammengefaßt überwiegt jetzt in Mitteleuropa die "korrekte" Dienstleistungsverwaltung, während in Osteuropa die Verwaltung noch immer obrigkeitlich und "biegsam" wahrgenommen wird.

Besiedlung und ursprüngliche Bevölkerung

Die ersten Mitteleuropäer rechnet man zum Homo heidelbergensis, der vor über einer halben Million Jahren aus dem Süden eingewandert war. Vor etwa 200.000 Jahren entwickelte er sich durch Anpassung an die extremen eiszeitlichen Lebensbedingungen zum Neandertaler, der aufgrund seiner eigenständigen Evolution höchstwahrscheinlich nicht zu den direkten Vorfahren des modernen Menschen zählt. Der Neandertaler bewohnte Mitteleuropa bis vor etwa 30.000 Jahren.[1]

Der Zeitraum des anschließenden Kältemaximums bis vor etwa 20.000 Jahren blieb in den meisten Teilen Mitteleuropas weitgehend menschenleer. Die Besiedlung durch den modernen Menschen (Homo sapiens) erfolgte im Zeitraum von vor 36.000 bis vor 10.000 Jahren durch Jäger-Sammler-Gesellschaften, die vermutlich den großen Tierherden der damaligen Kältesteppen folgten und aus Zentralasien kamen. Man bezeichnet sie als Cro-Magnon-Menschen. Genetisch betrachtet bildeten sie jedoch nicht den Hauptanteil der heutigen Europäer.

Noch ist unklar, welche Menschen als eigentliche „Urahnen“ der heutigen mitteleuropäischen Bevölkerung in Frage kommen. Es muss noch mindestens ein bisher unbekanntes Phänomen in der Demografie stattgefunden haben. Dafür kommen zum Beispiel „plötzliche“ erfolgreiche genetische Veränderungen wie die Ablösung der Laktoseintoleranz in den letzten 6.000 Jahren oder weitere Migrationswellen steinzeitlicher Jäger und Sammler aus dem Osten in Frage. Die genetische Untersuchung des Erbgutes der Knochenfragmente von 22 Vertretern später Jäger- und Sammlergesellschaften aus Russland, Litauen, Polen und Deutschland (Schwäbische Alb), die vor 15.000 bis 4.300 Jahren lebten, zeigt, dass sie eine sehr homogene, einheitliche Gruppe darstellten. Von ihnen stammt der Großteil der heutigen Europäer ab.

Vor etwa 7.500 Jahren brachten sehr wenige Einwanderer aus dem Nahen Osten die neuen Wirtschaftsweisen von Ackerbau und Viehzucht nach Mitteleuropa, die sich bis auf die Kulturen im Nord-Ostseeraum sehr schnell durchsetzten. Ihre Kultur wird als Bandkeramik bezeichnet. Nach neueren Forschungsergebnissen der Paläogenetik waren diese (Neolithiker) genetisch jedoch nur zu einem sehr kleinen Teil am Werden der heutigen Mitteleuropäer beteiligt.[2][3]

Geschichte des Begriffs Mitteleuropa

Der Begriff Mitteleuropa war zunächst ein politischer Begriff, der jedoch unterschiedlichen Zielsetzungen gedient hat. Er kam in der Mitte des 19. Jh. auf, als Constantin Frantz eine Föderation „Mitteleuropa“ aus Deutschland, Polen und Donauslawen vorschlug, um ein Gegengewicht zu den Großmächten Russland und Frankreich zu schaffen. Ähnliche Ideen waren auch in der Nationalliberalen Partei verbreitet, so bei Friedrich List und Heinrich von Gagern, die ein deutsch-österreichisch geführtes Mitteleuropa von Hamburg bis Triest propagierten.

Zur selben Zeit – vor 1871 – wurde der Begriff auch in Österreich-Ungarn wichtig: als Alternative zur von vielen in Deutschland und Österreich propagierten großdeutschen Lösung, die vorsah, alle Deutschen – und nur diese – in einem Staat zusammenzufassen. In Österreich lehnte man dies mehrheitlich ab, da dies eine Zerschlagung des Vielvölkerstaates Österreich-Ungarns bedeutet hätte. Die Regierung Österreichs schlug daher als Alternative die „mitteleuropäische Lösung“ der deutschen Frage vor: den Zusammenschluss Deutschlands mit ganz Österreich-Ungarn zu einem „70-Millionen-Reich“.

Tatsächlich wurde 1871 das „kleindeutsche“ bismarcksche Deutsche Reich gegründet. In der Folge kam es zu einer endgültigen Spaltung in der Auffassung der Mitteleuropa-Idee in eine deutsche und eine österreichische Variante.[4] Während die deutsche Variante Mitteleuropa als "den unter der Führung der deutschen Kultur zur heutigen Blüte erhobenen Erdenraum im Rahmen eines Weltbildes" sieht [5], so wurde aus österreichischer Sicht Mitteleuropa als ein im Rahmen der Habsburger Monarchie gewachsener Organismus gesehen.[6]

Vor dem Ersten Weltkrieg verbanden sich mit der Mitteleuropa-Idee vor allem wirtschaftliche Ziele, so forderte Walther Rathenau die Schaffung einer mitteleuropäischen Zollunion. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges plante Theobald von Bethmann Hollweg in seinem Septemberprogramm die Gründung eines mitteleuropäischen Wirtschaftsverbandes. 1915 veröffentlichte Friedrich Naumann sein Buch Mitteleuropa. Er schlug darin einen Staatenbund vor, in dem Deutschland eine führende und beherrschende – Rolle spielen sollte. Naumanns Idee fand in Deutschland großes Echo.[7]

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor der Begriff etwas an Bedeutung, da Europa nunmehr im Kalten Krieg in West- und Osteuropa geteilt war. Entsprechend dieser dualistischen Nomenklatur wurden die westlichen Staaten Mitteleuropas zu Westeuropa gerechnet und die östlichen Staaten zu Osteuropa. Allerdings wurde der Begriff Mitteleuropa oft und gern verwendet, wenn man die Teilung Europas in die zwei Blöcke thematisieren wollte; diese Teilung verlief durch die „Mitte Europas“. Auch im Zusammenhang mit polemisierenden Slogans wie „Mitteleuropa ist ein Pulverfass“ – eine Anspielung auf den extrem hohen Bestand an Atombomben in Ost- und Westdeutschland – hatte dieser Begriff seine Bedeutung. Diese spiegelte sich auch in der Mitteleuropadebatte wider, in der es um die Zukunft Deutschlands ging, wahlweise als NATO-Mitglied oder in der Neutralität.

Nach Ende des Kalten Krieges diente der Begriff nunmehr der Identitätsstiftung für die im Kalten Krieg als osteuropäisch bezeichneten Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes, insbesondere für Polen, Ungarn und die Tschechoslowakei, die sich friedlich in Tschechien und die Slowakei teilte, mit dem Zerfall Jugoslawiens auch für Slowenien und Kroatien. Insofern ändert sich die politische räumliche Auffassung des Begriffes Mitteleuropa wieder zu einer größeren Ausdehnung in Richtung Osten.

Die mitteleuropäische Zeitzone

Rot: die großzügig nach Westen abgegrenzte Mitteleuropäische Zeitzone

Zur mitteleuropäischen Zeitzone (MEZ) gehören in Europa folgende Länder:

Albanien, Andorra, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Kosovo, Kroatien, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Mazedonien, Monaco, Montenegro, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, San Marino, Schweiz, Schweden, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien (ohne Kanarische Inseln), Tschechien, Ungarn und Vatikanstadt.

Die Zeit richtet sich nach der Ortszeit des 15. Meridians, der etwa an der Grenze zwischen Deutschland und Polen verläuft. Da die Erde in 24 Zeitzonen aufgeteilt ist, läge normalerweise die Westgrenze der MEZ ungefähr an der Grenze Deutschlands und der Niederlande. Dennoch gehören auch das deutlich weiter westlich gelegene Frankreich und sogar Spanien dieser Zeitzone an. Diese großzügige Einteilung führt zu großen Unterschieden in der Position der Mittagssonne.

Siehe auch

Literatur

  • Erhard Busek, Emil Brix: Projekt Mitteleuropa. Ueberreuter, Wien 1986, ISBN 3-8000-3227-9.
  • Jürgen Elvert: Mitteleuropa! Deutsche Pläne zur europäischen Neuordnung (1918–1945) (= Historische Mitteilungen. Beiheft. 35). Steiner, Stuttgart 1999, ISBN 3-515-07641-7 (Zugleich: Kiel, Universität, Habilitations-Schrift, 1996).
  • Helga Mitterbauer, András F. Balogh (Hrsg.): Zentraleuropa. Ein hybrider Kommunikationsraum. Praesens, Wien 2006, ISBN 3-7069-0372-5.
  • Günter Lehmann: Mitteleuropa. Handbuch zur Geschichte. Historisches Geschehen nach Zeittafel von 0001 bis 2000. Mecklenburger Buchverlag, Neubrandenburg 2009, ISBN 978-3-9812309-0-1.
  • György Konrád: Antipolitik. Mitteleuropäische Meditationen. Suhrkamp, Frankfurt 1985. ISBN 3-518-11293-7

Weblinks

 Commons: Mitteleuropa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Mitteleuropa – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Almut Bick: Steinzeit (= Theiss WissenKompakt). Theiss, Stuttgart 2006, ISBN 3-8062-1996-6.
  2. Michael Stang: Revolution. Europas erste Bauern kamen von auswärts. In: Deutschlandfunk, aus Forschung und Technik, 4. September 2009, Paläogenetische Forschungsergebnisse des Instituts für Anthropologie, Mainz, BRD.
  3. Universität Mainz.
  4. Zoran Konstantinović, Fridrun Rinner: Eine Literaturgeschichte Mitteleuropas (= Comparanda. Bd. 3). Studien-Verlag, Innsbruck u. a. 2003, ISBN 3-7065-1555-5, S. 12.
  5. Joseph Partsch: Mitteleuropa. Die Länder und Völker von den Westalpen und dem Balkan bis an den Kanal und das Kurische Haff. Perthes, Gotha 1904.
  6. Ignaz Seipel: Nation und Staat. Braumüller, Wien-Leipzig 1916.
  7. Friedrich Naumann: Mitteleuropa. Reimer, Berlin 1915; und Richard W. Kapp: Bethmann-Hollweg, Austria-Hungary and Mitteleuropa 1914–1915. In: Austrian History Yearbook. Bd. 19, 1983, S. 215–236, doi:10.1017/S0067237800001065; und Stephan Verosta: The German Concept of Mitteleuropa, 1914–1918 and its Contemporary Critics. In: Robert A. Kann, Béla A. Király, Paula S. Fichtner (Hrsg.): The Habsburg Empire in World War I. Essays on the Intellectual, Military, Political and Economic Aspects of the Habsburg War Effort (= Studies on Society in Change. Bd. 2 = East European Monographs. Bd. 23). Columbia University Press u. a., New York NY u. a. 1977, ISBN 0-914710-16-8, S. 203–220.
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