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Movierung

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Movierung oder Motion (lateinisch motio, von movēre „bewegen“) wird in der Sprachwissenschaft die Ableitung neuer Wörter aus bestehenden genannt, durch die das Geschlecht spezifiziert wird. Durch Movierung werden meistens weibliche Namen (meistens Vornamen), Personen- oder Tierbezeichnungen und andere Nomina Agentis aus den entsprechenden männlichen Namen oder maskulinen Wörtern gebildet, seltener umgekehrt.

Diese Art der Wortbildung ist besonders im Deutschen und Niederländischen äußerst produktiv, im Französischen und Englischen in geringerem Maße.

Deutsch

Deutsch ist eine Sprache mit auffällig weit verbreiteter Movierung. Fast zu jeder Personenbezeichnung kann eine spezifisch weibliche Form gebildet werden.

Movierung von männlich zu weiblich

Das für die Movierung eines femininen Nomens Agentis meistverwendete Verfahren im Deutschen ist die Ableitung von einem gleichbedeutenden Maskulinum mittels Suffix -in, das als spezielles Derivationsmorphem auch Movem genannt wird:

  • KönigKönigin
  • SchauspielerSchauspielerin

Dabei erscheint häufig, insbesondere in urdeutschen Substantiven, ein Umlaut im Wortstamm:

  • AnwaltAnwältin (vgl. Plural Anwälte)
  • ArztÄrztin (vgl. Plural Ärzte)
  • BauerBäuerin (vgl. Plural Bauern!)

Jedoch:

  • MaschinenbauerMaschinenbauerin (vgl. Plural Maschinenbauer)

Die Movierung kann auch durch unterschiedliche Endungen geschehen, u.a. in manchen Fremdwörtern:

  • ZeugeZeugin (betrifft fast alle maskulinen Substantive auf -e)
  • WandererWanderin (betrifft alle Substantive zu Verben mit Infinitiv auf -ern)
  • FriseurFriseuse (alternativ → die Friseurin)

Daneben gibt es einige fremde Movierungssuffixe, die beibehalten wurden:

  • StewardStewardess
  • BaronBaroness (neben Baronin)
  • BachelorBachelorette
  • PrinzPrinzessin

Wenn in Komposita das rechte Teillexem geschlechtsspezifisch gewählt wird, redet man üblicherweise nicht von Movierung:

  • KaufmannKauffrau (neben ?Kaufmännin) ↔ Kaufleute
  • RatsherrRatsfrau (neben Ratsherrin)
  • EdelmannEdelfrau, Edeldame
  • HofherrHofdame (neben Hofherrin)

Movierung von weiblich zu männlich

In manchen Fällen ist die weibliche Wortform die Grundform und daher kürzer als die männliche:

  • HexeHexer
  • WitweWitwer
  • BrautBräutigam (Sonderfall)

Diese Wortbildung ist jedoch kaum produktiv; so gibt es z.B. keine maskuline Ableitung von Hure.

Ansonsten werden für traditionell weibliche Berufe meist neue Wörter gebildet, wenn (auch) auf einen Mann Bezug genommen werden soll:

  • KrankenschwesterKrankenpfleger, Krankenpflegerin
  • PutzfrauRaumpfleger, Raumpflegerin
  • HebammeEntbindungspfleger, Entbindungspflegerin

Substantivierte Adjektive und Partizipien

Substantivierte Adjektive und Partizipien tragen Endungen wie Adjektive. Obwohl es auf den ersten Blick ähnlich aussieht wie die Movierung im voranstehenden Abschnitt, handelt es sich hier um eine starke oder schwache Adjektivdeklination und nicht um die Movierung eines Substantivs. Man erkennt den Unterschied im Einzelfall daran, dass die männliche Form nach dem bestimmten Artikel nicht auf -r endet.

  • der Angestelltedie Angestellte (Singular, schwache Deklination)
  • AngestellterAngestellte (Singular, starke Deklination)
  • im Plural kein Genusunterschied, aber trotzdem Endungsunterschied: die Angestellten (schwach) / Angestellte (stark)

Genauso werden gebildet:

  • Grüne(r)Grüne
  • Jugendliche(r)Jugendliche
  • Studierende(r)Studierende

Beamter und Gesandter haben zwar die starken und schwachen Formen nebeneinander, die darauf hinweisen, dass sie ursprünglich Partizipien waren. Sie bilden aber trotzdem movierte Formen:

  • Beamte(r)Beamtin
  • Gesandte(r)Gesandtin

Tierbezeichnungen

Für viele Haustiere und für einheimisches Wild gibt es spezielle Wörter für männliche und weibliche Tiere:

  • das Rindder Bulle / die Kuh
  • das Pferdder Hengst / die Stute
  • das Schweinder Eber / die Sau
  • das Wildschweinder Keiler / die Bache

Daneben gibt es auch vielfach Movierungen durch Endungen:

  • der Hunddie Hündin
  • der Eseldie Eselin
  • die Gansder Ganter / Gänserich
  • die Katzeder Kater
  • die Katzedie Kätzin
  • die Puteder Puter

Im Gebrauch unterscheiden sich die movierten Formen für Tiere dadurch von denen für Menschen, dass auch feminine unmovierte Formen geschlechtsübergreifend verwendet werden: auch ein Kater ist eine Katze, aber ein Witwer ist keine Witwe. Ist die weibliche Form die unmovierte, gibt es sehr selten Movierungen, um explizit geschlechtsspezifische weibliche Formen zu erzeugen wie die Kätzin oben. Formen wie Giraffin oder Rättin sind eher Ad-hoc-Bildungen, die in Wörterbüchern nicht verzeichnet sind.

Bei den meisten Tieren außer den Haustieren gibt es nur eine generische Form mit unterschiedlichem Genus (der Elefant, die Giraffe, das Zebra, der Wal, die Schlange, das Kamel) und geschlechtsspezifische Wörter werden oft durch Zusammensetzung gebildet (Elefantenbulle, Elefantenkuh, Kamelhengst, Kamelstute).

Eigennamen

Auch in Vornamen finden sich häufig Movierungen, die aus verschiedenen Sprachen stammen und daher sehr verschiedene Ausprägungen annehmen, die sogar je nach Herkunft doppeldeutig sein können.

  • AndreaAndreas, Andre (auch ital. Andrea)
  • Maria, MarieMario, Marius
  • HermineHermann
  • Wilhelmine, WilhelmaWilhelm
  • Christiane, ChristineChristian
  • ErikaErik
  • SvenjaSven
  • RenéeRené
  • AlexandraAlexander
  • HeikeHeiko

Beschränkungen der Movierung

Vor allem Maskulina auf Suffix -ling werden in der deutschen Sprache im Regelfall nicht (mehr) moviert, z.B. Lehrling. Sie werden zum Teil durch Alternativen ersetzt.

  • LehrlingAuszubildender, Auszubildende (Azubi)
  • LehrlingLehrtochter (schweizerisch)

Auch das Wort Gast ist in seiner movierten Form heute unüblich, obwohl diese im Mittelhochdeutschen durchaus in Gebrauch war. Zu den Feminina, die nicht moviert werden, aber auch männliche Personen bezeichnen können, gehören v.a. Person, Wache und Geisel; außerdem (im jüngeren Neuhochdeutsch) Waise, welches jedoch spezifiziert werden kann zu Waisenknabe oder Waisenmädchen.

Niederländisch

Im Niederländischen werden abhängig von der Form des Grundwortes zwei verschiedenen Suffixe zur Movierung verwendet:

  • koningkoningin (König / Königin)
  • spelerspeelster (Spieler / Spielerin)

Daneben wird bei Fremdwörtern meistens auch die ursprüngliche weibliche Nebenform übernommen, wenn nötig mit phonologischer Anpassung:

  • politicuspolitica (Politiker / Politikerin)
  • acteuractrice (Schauspieler / Schauspielerin)

Englisch

Im Englischen ist Movierung von Personen heutzutage unüblich; so kann professor sowohl den Mann als auch die Frau bezeichnen. Einige Wörter haben ihr historischen Movierungsformen (die dem Französischen entlehnt sind) jedoch bewahrt:

  • duke ‘Herzog’ → duchess
  • actor ‘Schauspieler’ → actress

Zwar sind Formen auf -ess auch für andere Personenbezeichnung möglich; sie gelten jedoch als scherzhaft, spöttisch oder abwertend:

  • professorprofessoress

Für Tiere gibt es movierte Formen mit Präfix she-; jedoch können so auch männliche Bezeichnungen moviert werden:

  • wolfshe-wolf / he-wolf

Nordgermanische Sprachen

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Die nordgermanischen Sprachen movieren sehr selten; so gibt es etwa keine speziell weiblichen Bezeichnungen für Staatsangehörigkeiten:

  • dän. islænding ‘Isländer/-in’
  • schw. islänning ‘Isländer/-in’
  • norw. islending ‘Isländer/-in’
  • isl. Íslendingur ‘Isländer/-in’

Allerdings gibt es einige Movierungen älterer Herkunft in den skandinavischen Sprachen, die aus dem Niederdeutschen übernommen wurden:

  • dän. ven ‘Freund’ → veninde ‘Freundin’
  • schwed. vän ‘Freund’ → väninna ‘Freundin’
  • norw. venn ‘Freund’ → venninne ‘Freundin’

Im Isländischen ist eine solche Movierung nicht möglich; stattdessen wird mit kona ‘Frau’ ein Kompositum gebildet:

  • isl. vinur ‘Freund’ → vinkona ‘Freundin’

Latein

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In der lateinischen Sprache waren sowohl männliche als auch weibliche Personenbezeichnungen durch Suffixe markiert, sodass eine spezifisch weibliche Markierung häufig unnötig war:

  • fīlius ‘Sohn’ – fīlia ‘Tochter’
  • servus ‘Sklave’ – serva ‘Sklavin’
  • erus ‘Herr’ – era ‘Herrin’ (beides in Bezug auf Sklaven)
  • dominus ‘Herr’ – domina ‘Frau’ (als Standesbezeichnung)

Jedoch gibt es für männliche Nomina agentis auf -tor die Möglichkeit, eine weibliche Form mittels Suffix -trīx zu bilden:

  • cantor ‘Sänger’ → cantrīx ‘Sängerin’

Aus diesem Suffix entstand später das französische Suffix -ice (z.B. in actrice ‘Schauspielerin’), das italienische -ice (z.B. attrice), das spanische (heute unproduktive) -iz (z.B. actriz) oder das englische -ess (z.B. actress).

Französisch

Im Französischen ist Movierung teilweise schon aus dem Lateinischen ererbt:

  • ami ‘Freund’ → amie ‘Freundin’
  • paysan ‘Bauer’ → paysanne ‘Bäuerin’
  • coiffeur ‘Friseur’ → coiffeuse ‘Friseurin’
  • acteur ‘Schauspieler’ → actrice ‘Schauspielerin’

Für viele Personenbezeichnungen ist jedoch Movierung nicht möglich, etwa für ministre oder président. Die Feministische Linguistik konnte nachweisen, dass solche Bezeichnungen als ‘männlich’ empfunden werden, da diese Berufe traditionell von Männern ausgeübt wurden und keine weibliche Movierung tragen. In der Folge wurden verschiedene Möglichkeiten der Movierung diskutiert und teilweise gerichtlich durchgesetzt; so wurde etwa in Frankreich Madame le ministre zu Madame la ministre.

Rumänisch

Im Rumänischen werden vor allem die beiden Suffixe (aus dem Lateinischen ererbt) und -că (aus den slawischen Nachbarsprachen entlehnt) zur Movierung von Feminina benutzt:

  • vecin ‘Nachbar’ → vecină ‘Nachbarin’
  • țăran ‘Bauer’ → țărancă ‘Bäuerin’

Für Tiere gibt es die Möglichkeit, Maskulina auf -oi zu movieren:

  • vulpe ‘Fuchs’ (generisch) → vulpoi ‘Fuchs’ (spezifisch männlich)

Davon wiederum kann mittels -că ein spezifisches Femininum moviert werden:

  • vulpoivulpoaică ‘Füchsin’

Das so entstandene Suffix -oaică dient manchmal auch zur Ableitung weiterer spezifisch femininer Wörter:

  • nemț ‘Deutscher’ → nemțoaică ‘Deutsche’

Slawische Sprachen

Slawische Sprachen kennen mehrere Suffixe zur Movierung von Bezeichnungen für weibliche Personen, etwa Tschechisch:

  • soused ‘Nachbar’ → sousedka ‘Nachbarin’
  • žák ‘Schüler’ → žákyně ‘Schülerin’

Die beiden Suffixe {k} und {yn} können auch kombiniert auftreten:

  • přítel ‘Freund’ → přítelkyně ‘Freundin’

Für maskuline Nomina Agentis auf -ník gibt es das entsprechende feminine Suffix nice:

  • pracovník ‘Arbeiter’ → pracovnice ‘Arbeiterin’

In einigen slawischen Sprachen werden außerdem Nachnamen von Frauen moviert. So endet der Nachname der Ehefrau oder der Tochter eines Mannes im Tschechischen meist auf -ová. Beispielsweise wird aus Janda durch Movierung Jandová. Im Sorbischen unterscheidet man sogar zwischen Nachnamen verheirateter Frauen, die auf „-owa“ oder „-yna/-ina“ enden und Namen unverheirateter Frauen, die auf „-ec/-ic“ (obersorbisch) bzw. „-ojc“ (niedersorbisch) enden. So wird aus Brězan im Obersorbischen Brězanowa (Frau des Brězan) bzw. Brězanec (Tochter des Brězan).

Chinesisch

Im Chinesischen wird selten moviert. Normalerweise ist es im Kontext nicht erforderlich, eine Berufsbezeichnung für Frauen durch Movierung grammatikalisch zu markieren.

Wenn man durch Movierung ein weibliches Pendant zu einem männlichen oder geschlechtslosen Begriff bezeichnen will, präfigiert man das Wort mit dem Präfix 女:

  • 医生 ‘Arzt’ → 女医生 ‘Ärztin’

Im Chinesischen gibt es nur einen Sonderfall zur Movierung für weibliche Berufstätige durch Suffigierung:

  • 老板 ‘Betriebsinhaber’ → 老板娘 ‘Betriebsinhaberin’

Das Wort 老板娘 ist zweideutig, bedeutet einerseits Arbeitgeberin und andererseits die Ehefrau eines Arbeitgebers.

Literatur

  • Michael Lohde: Wortbildung des modernen Deutschen: ein Lehr- und Übungsbuch, Gunter Narr Verlag, 2006. ISBN 9783823362111, S. 124–126. Digitalisat
  • Monika Sokol: Französische Sprachwissenschaft: Eine Einführung mit thematischem Reader, Gunter Narr Verlag, 2001. ISBN 9783823349808, S. 96. Digitalisat

Weblinks

Wiktionary: Movierung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Motion – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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