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Orthorexia nervosa

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Orthorexia nervosa ist eine Essstörung, bei der die Betroffenen ein auffallend ausgeprägtes Verlangen danach haben, sich möglichst „gesund“ zu ernähren. Die Existenz eines solchen Krankheitsbildes wird vielfach bestritten.[1] Und es ist in der wissenschaftlichen Medizin nicht anerkannt.[2]

Begriffsgeschichte

Der Begriff Orthorexie (von griechisch: ὀρθός orthós „richtig“ und ὄρεξις órexis „Begierde“, „Appetit“) wurde erstmals vom amerikanischen Arzt Steven Bratman im Oktober 1997 in Anlehnung an die Bezeichnung „Anorexia nervosa“ geprägt.[3] Bratman, der jahrelang spezielle Diäten sowohl bei sich selbst als auch bei seinen Patienten praktiziert hatte, habe bei sich und vielen Gleichgesinnten krankhafte Muster im Umgang mit dem Thema Essen entdeckt. Problematisch seien vor allem Ernährungsphilosophien mit stark ideologischer Komponente, die ihren Anhängern beispielsweise den Schutz vor Krankheiten aller Art versprechen.

In ihrem einflussreichen Buch The Blessings of a Skinned Knee (2001) hat die amerikanische klinische Psychologin Wendy Mogel die Gewohnheit vieler Eltern, die Ernährung ihrer Kinder mit Argusaugen zu überwachen und ihnen die Bissen vermeintlich gesunder Lebensmittel in den Mund zu zählen, als eine Hauptursache dafür benannt, dass Kinder Essstörungen entwickeln. Für besonders schädlich hält Wendy Mogel es, wenn individuelle Lebensmittel nicht nur als gesund bzw. ungesund, sondern darüber hinaus auch als moralisch gut bzw. schlecht kategorisiert werden. Wenn man die Frage nach einer gesunden Ernährung zur Unterscheidung von Gut und Böse heranziehe, werde sie ‒ so kritisiert Mogel ‒ zur Ersatzreligion.[4]

Diskussion um ein mögliches Krankheitsbild

Orthorexie wird als eine ausgeprägte Fixierung auf die Auswahl von „gesundem“ und der Vermeidung von „ungesundem“ Essen verstanden. Ob es sich dabei um eine Krankheit oder lediglich um einen „aufwändigen“ Lebensstil handelt, wird daran gemessen werden müssen, zu wie viel Leidensdruck dieses Verhalten führt. Orthorektisches Verhalten könnte andererseits als Bewältigungsstrategie für eine zu Grunde liegende schwerere Essstörung im Sinne einer „Ausstiegsdroge“ gesehen werden.[5] Nach dieser Auffassung würde mit der Feststellung einer Orthorexia nervosa lediglich ein Befund erhoben und der Diagnose „schwerere Essstörung“ zugeordnet.

Auch für den Fall einer eigenständigen Erkrankung existiert noch kein anerkanntes System zur Diagnose der Orthorexie. Folgende Kriterien gelten als Anhaltspunkte[6]:

  • Die Störung dauert über einen längeren Zeitraum an.
  • Es gibt bedeutende negative Auswirkungen auf die Lebensqualität des Betroffenen, z. B. soziale Isolation.
  • Ständiges Kreisen der Gedanken um das Essen und
  • Schuldgefühle, falls vom Ernährungsplan abgewichen wird.
  • Gefühl der Überlegenheit, Missionierungseifer, um andere von seiner Ernährung zu überzeugen.
  • Schwere Gesundheitsschäden bis hin zum Tod können die Folge sein.[7]

Es wird diskutiert, ob zu einer Diagnose der Orthorexie auch die Präsenz zwanghafter Persönlichkeitszüge notwendig sein könnten.[8][9] Der fließende Übergang von normal zu krankhaft hat viel mit dem Konzept der Persönlichkeitsstörungen gemein.

Während die Anorexia nervosa eine quantitative Essstörung ist, wird die Orthorexie als eine qualitative Essstörung beschrieben. Nach Barthels beträgt die Prävalenz in der Gesamtbevölkerung ein bis zwei Prozent.

Weblinks

Literatur

  • Friederike Barthels, Reinhard Pietrowsky: Orthorektisches Ernährungsverhalten – Nosologie und Prävalenz (Orthorectic Eating Behaviour – Nosology and Prevalence Rates.) In: Psychotherapie, Psychosomatik, medizinische Psychologie : PPmP ; Organ des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin. Stuttgart u. a. 2012; 62(12), S. 445–449 (Abstract. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/ New York, abgerufen am 25. August 2014.)
  • Johann Kinzl, Ingrid Kiefer, Michael Kunze: Besessen vom Essen. Kneipp-Verlag, Leoben 2004, ISBN 3-902191-67-8, S. 38f.

Quellen

  1. Andreas Karwautz: Essstörungen – neue Ansätze und rezente Ergebnisse bei jugendlichen Populationen. In: Neuropsychiatrie. Band 20, Nr. 2/2006, S. 131–134 (online; PDF-Datei; 73 kB)
  2. gesundheits-fakten.de
  3. Der ursprüngliche Aufsatz über Orthorexie, im Oktober 1997 im Yoga Journal veröffentlicht.
  4. Wendy Mogel: The Blessings of a Skinned Knee: Using Jewish Teachings to Raise Self-Reliant Children. Scribner, New York/ London/ Toronto/ Sydney/ Singapore 2001, ISBN 0-684-86297-2, S. 161–173. (eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA); vgl. Eva-Maria Schnurr: Die Besser-Esser. In: Die Zeit. 13. September 2006.
  5. Katharina Hauer: Orthorexia nervosa bei österreichischen Diätassistentinnen. Dissertation. Innsbruck 2005. (online)
  6. Orthorexia nervosa: Besessen von gesunder Ernährung chirurgie-portal.de, 15. Juni 2007. Abgerufen am 4. Oktober 2012.
  7. Gesundheitsschäden als Folge der einseitigen Ernährung
  8. L. M. Donini, D. Marsili, M. P. Graziani, M. Imbriale, C. Cannella: Orthorexia nervosa: validation of a diagnosis questionnaire. In: Eat Weight Disord. 2005 Jun
  9. L. M. Donini, D. Marsili, M. P. Graziani, M. Imbriale, C. Cannella: Orthorexia nervosa: a preliminary study with a proposal for diagnosis and an attempt to measure the dimension of the phenomenon. In: Eat Weight Disord. 2004 Jun
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