Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Stammlager

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Dieser Artikel befasst sich mit einer Form von deutschen Kriegsgefangenenlagern während des Zweiten Weltkriegs. Die Verwendung des Begriffs Stammlager für bestimmte nationalsozialistische Konzentrationslager wird unter Konzentrationslager (Der Lagerkomplex in Deutschland und den besetzten Ländern) erörtert.
Stammlager Luft III im Modell.
Lagertoreingang des Stammlagers IV B bei Mühlberg/Elbe
Blick über die Lagerstraße des Stammlager IV B
Appell der deutschen Wachmannschaften
Wachturm

Stammlager (im militärischen Sprachgebrauch Stalag) war in den Weltkriegen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Bezeichnung für größere Kriegsgefangenenlager, in denen die Kriegsgefangenen registriert und von denen aus sie auf Arbeitskommandos verteilt wurden.[1]

Begriffsklärung

Der Begriff Stammlager wird auch im Zusammenhang mit deutschen Konzentrationslagern benutzt und kennzeichnet dort die Verwaltungsstelle für weitere Konzentrationslager (Nebenlager).

In diesem Artikel wird auf eine häufige Verwendung des Begriffs Stammlager näher eingegangen, mit der man bestimmte deutsche Kriegsgefangenenlager des Zweiten Weltkriegs meint, die entsprechend der Heeresdienstverordnung H.Dv 38/5[2] vom 16. Februar 1939[3] von der deutschen Wehrmacht errichtet wurden.

Bei der Betrachtung sind Front-Stammlager (Frontstalag), die eigentlichen Mannschafts-Stammlager (Stalag) und die Stammlager Luft (Stalag Luft) zu unterscheiden.

Bezug zur Zweiten Genfer Konvention

Die Heeresdienstverordnung 38[4] setzte im Wesentlichen in ihren einzelnen Teilen die zweite Genfer Konvention von 1929 um, deren Signatarstaat das Deutsche Reich war. Während die Kriegsgefangenen der westlichen Alliierten im Krieg in den Stammlagern dann auch tatsächlich zu weiten Teilen entsprechend der zweiten Genfer Konvention behandelt wurden, galt das für Kriegsgefangene aus der Sowjetunion nicht einmal annähernd.

Ursprünglich waren die Stammlager als Lager für Mannschaften und Unteroffiziere vorgesehen. Im Laufe des Krieges wurden aufgrund der steigenden Zahl an Gefangenen dann auch Offiziere, die zuvor – traditionell und gemäß der Haager Vereinbarung – stets von ihren Mannschaften getrennt in Oflags untergebracht waren, Stammlagern zugeteilt.

Kommandostruktur

Für das Kriegsgefangenenwesen im „Heimatkriegsgebiet“ und seine Stammlager war das Allgemeine Wehrmachtsamt (AWA) unter der Leitung von General Hermann Reinecke im Oberkommando der Wehrmacht verantwortlich, für die Front-Stalags außerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs das Oberkommando des Heeres. Am 25. September 1944 wurde das Kriegsgefangenenwesen dem Reichsführer SS Heinrich Himmler in seiner Eigenschaft als Befehlshaber des Ersatzheeres (BdE) unterstellt. Himmler ernannte den SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Gottlob Berger zum Chef des Kriegsgefangenenwesens. Für die einzelnen Stalags hatte diese Änderung der Zuständigkeit jedoch nur eine geringe Bedeutung.

Stammlager und Zwangsarbeit

Die Stammlager dienten als Durchgangsstationen für Kriegsgefangene in den Arbeitseinsatz in der Kriegswirtschaft, in Außenkommandos, Zechen und industriellen Betrieben aller Art. Sowjetische Gefangene, die mit Zügen aus dem Osten ankamen, wurden von hier aus weiterverteilt. Waren diese Ostarbeiter in den Betrieben infolge schlechter Behandlung, Überarbeitung und Hunger arbeitsunfähig geworden, wurden sie wieder in das Stammlager, meist den dortigen San(itäts)bereich, zurückgeschickt. Ein Teil von ihnen kam daraufhin in die Landwirtschaft, ein anderer Teil starb. Da nur wenige zum Arbeitseinsatz zurückkamen und ein erheblicher Arbeitskräftemangel bestand, gingen einzelne Betriebe dazu über, Gefangene ausreichend zu ernähren und so zu behandeln, dass ihre Arbeitskraft erhalten blieb und weiter ausgebeutet werden konnte, anstatt sie der Vernichtung durch Arbeit, wie diese Vorgehensweise in der Sprache des Nationalsozialismus euphemistisch genannt wurde, zuzuführen.

Bezeichnung und Anzahl der Stammlager

Relativ dicht an der Front wurden die sogenannten Frontstammlager (Frontstalag) eingerichtet. Sie dienten der Registrierung der Kriegsgefangenen und ihrer Verschickung ins Reichsgebiet. Das Großdeutsche Reich war in insgesamt 17 Wehrkreise (WK) unterteilt. (WK XIV bis WK XVI und WK XIX fehlten, sodass die höchste Ziffer WK XXI war.) Während das Generalkommando des von einem Wehrkreis gestellten Armeekorps an der Front stand, blieb das Stellvertretende Generalkommando, auch als Wehrkreiskommando (WKKdo) bezeichnet, im Wehrkreis zurück und nahm dort die Geschäfte des Befehlshabers wahr. In diesen Wehrkreisen wurden nun die eigentlichen Stammlager (volle Bezeichnung: Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager) eingerichtet. Die Nummerierung der Stammlager erfolgte dem Wehrkreis entsprechend mit römischen Ziffern. Der Buchstabe hinter der Ziffer bezeichnete das Lager in aufsteigender Folge. Zum Beispiel war Stammlager III B in Fürstenberg (Oder) das zweite Stammlager im dritten Wehrkreis (WK III). Lager, deren Bezeichnung ein „/Z” nachgestellt wurde, etwa wie Stammlager IVB/Z, waren „Zweiglager” und somit einem Hauptlager angegliedert. Das Hauptlager ist durch ein nachgestelltes /H” bezeichnet worden.

Stammlager außerhalb des Reichsgebietes hatten arabische Ziffern. Wenn diese Lager in das Reichsgebiet verlegt wurden, erhielten sie die gängige Wehrkreisbezeichnung, führten aber in Klammern auch weiterhin die arabischen Nummern. Auch innerhalb des Reichsgebietes wurden aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen arabische Nummern für einige Stalags vergeben.[5]

Insgesamt wurden im Deutschen Reich und in den von Deutschland besetzten Gebieten 222 Stalags eingerichtet.[6] Die Belegungsstärke der einzelnen Stammlager konnte zwischen 7.000 und über 70.000 Kriegsgefangenen variieren. Am 1. Januar 1944 wurden über 2.200.000 Kriegsgefangene in den Stammlagern festgehalten.[7]

Neben den Front- und Mannschafts-Stammlagern gab es acht Stammlager-Luft (Stalag Luft), die dem Oberkommando der Luftwaffe unterstanden. In ihnen wurden sowohl Offiziere als auch Mannschaftsdienstgrade festgehalten.[8]

Siehe auch

Verwandte Themen

  • Stalag 17 ist ein Film von Billy Wilder, der die Geschehnisse im berüchtigten Stammlager XVII B in Krems-Gneixendorf beschreibt. Nach diesem Film wurde auch das Reggae-Instrumentalstück Stalag 17 benannt, das später zu einem der bekanntesten Reggae-Riddims wurde (Stalag Riddim).
  • Die Serie Ein Käfig voller Helden spielt in einem fiktiven Stalag 13, das sich in Anlehnung an das reale Stalag XIII C in der Nähe der Kleinstadt Hammelburg befindet.
  • Als Stalags wird darüber hinaus eine bestimmte Sorte Groschenromane bezeichnet, die in den 1960er Jahren zur Zeit des Eichmann-Prozesses in Israel massenhaft in Umlauf kamen. Als pornographisches Subgenre der Holocaustliteratur handeln sie stereotyp von weiblichen SS-Offizieren, die sich sexuell an Gefangenen vergehen. Eine Auseinandersetzung mit diesem Phänomen leistet der Dokumentarfilm Stalags – Holocaust and Pornography in Israel des israelischen Regisseurs Ari Libsker (Israel 2007).[9]

Literatur

  • Axel Drieschner; Barbara Schulz (Hrsg.): Stalag III B Fürstenberg (Oder). Kriegsgefangene im Osten Brandenburgs 1939–1945. Metropol Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-936411-91-3 (Beiträge zur Geschichte Eisenhüttenstadts 4)
  • Rolf Keller: Sowjetische Kriegsgefangene im Deutschen Reich 1941/42. Behandlung und Arbeitseinsatz zwischen Vernichtungspolitik und kriegswirtschaftlichen Erfordernissen. Göttingen 2011. ISBN 978-3-8353-0989-0
  • Uwe Mai: Kriegsgefangen in Brandenburg, Stalag III A in Luckenwalde 1939–1945, Metropol Verlag Berlin, 1999, ISBN 3-932482-25-5
  • Ray T. Matheny: Die Feuerreiter. Gefangen in „Fliegenden Festungen“. Albrecht Knaus Verlag, München u. a. 1988, ISBN 3-8135-0568-5 (Bericht eines Gefangenen des Stalag XVII B)
  • Gianfranco Mattiello; Wolfgang Vogt: Deutsche Kriegsgefangenen- und Internierungseinrichtungen 1939–1945. Handbuch und Katalog, Lagergeschichte und Lagerzensurstempel, Bd. 1 Stammlager (Stalag), Bd. 2 Oflag, BAB, Dulag. Mailand (Selbstverlag) 1986 u. 1987
  • Jörg Osterloh: Ein ganz normales Lager. Das Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager 304 (IV H) Zeithain bei Riesa/Sa. 1941 bis 1945. 2. Auflage. Kiepenheuer, Leipzig 1997, ISBN 3-378-01018-5 (Schriftenreihe der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft 2)
  • Martin Albrecht, Helga Radau: Stalag Luft I in Barth. Britische und amerikanische Kriegsgefangene in Pommern 1940 bis 1945. Thomas Helms Verlag Schwerin 2012. ISBN 978-3-940207-70-8

Quellen

  1. Verwendung des Begriffs Stammlager z. B. mehrfach in: Johannes Bell (Hrsg.); Parlamentarischer Untersuchungsausschuss für die Schuldfragen des Weltkriegs: Völkerrecht im Weltkrieg: 3. Reihe im Werk des Untersuchungsausschusses, Band 3,Teil 1. Nationalversammlung, 1919-20. Berlin, Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte, 1927, S.228
  2. Dienstanweisung für den Kommandanten eines „Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlagers“: H.Dv. 38/5, Berlin, Reichsdruckerei, 1939
  3. Achim Kilian: Mühlberg. 1938–1948. Ein Gefangenenlager mitten in Deutschland. Böhlau, Köln u. a. 2001, ISBN 3-412-10201-6, S.24
  4. Vorschrift für das Kriegsgefangenenwesen: H.Dv. 38, Heeresdienstvorschrift
  5. Stefan Geck: Das deutsche Kriegsgefangenenwesen 1939–1945 (PDF; 649 kB), Masterarbeit, Uni Münster, 1998, S.34
  6. Gianfranco Mattiello, Wolfgang Vogt: Deutsche Kriegsgefangenen- und Internierteneinrichtungen 1939–1945. Band 1: Stammlager (Stalag), Koblenz/Milano, Selbstverlag, 1986
  7. Stefan Geck: Das deutsche Kriegsgefangenenwesen 1939–1945 (PDF; 649 kB), Masterarbeit, Uni Münster, 1998, S.41
  8. Gianfranco Mattiello, Wolfgang Vogt: Deutsche Kriegsgefangenen- und Internierteneinrichtungen 1939–1945. Band 2: Oflag BAB, Dulag etc., Koblenz/Milano, Selbstverlag, 1987, S. 165
  9. Vgl. Tal Sterngast: Schultzes Hündin, in: taz vom 5. August 2007; Ruth Schneeberger: Stalag-Romane: Von der Gier nach dem Schock, in: Süddeutsche Zeitung, Online-Ausgabe, 18. September 2007; sowie die Website zum Film: www.stalags.com

Weblinks

 Commons: Stalags – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Stammlager aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.