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Altorientalische Kirchen
Die im Deutschen verbreitete Bezeichnung altorientalische Kirchen ist nicht vom Begriff Alter Orient abzuleiten, sondern eine Übersetzung von englisch Ancient Oriental Churches, bezeichnet also eigentlich alte Ostkirchen (vgl. spanisch antiguas iglesias orientales). In jüngerer Zeit wird die Benennung orientalisch-orthodoxe Kirchen bevorzugt.
Als altorientalische Kirchen werden im Wesentlichen jene Ostkirchen bezeichnet, die sich nach dem Konzil von Ephesos (431) oder nach dem Konzil von Chalcedon (451) von der römischen Reichskirche trennten. Bei den „Altorientalen“ handelte es sich zum einen um Landeskirchen außerhalb der Grenzen des Oströmischen Reichs („Nationalkirchen“), zum anderen um gegen den konstantinopolitanischen Zentralismus gerichtete regionale Bewegungen im byzantinisch beherrschten Armenien, Ägypten, Georgien und Syrien, die dort sowohl Griechen wie Kopten oder Syrer vereinten („Oppositionskirchen“). Die Trennung hatte neben dogmatischen auch politische Gründe. Einen alle diese Gruppen vereinenden »Altorientalismus« gibt es weder theologisch noch historisch.
Einzelne Kirchengemeinschaften
Zu den altorientalischen Kirchen werden gezählt
- die im Westen so genannten „monophysitischen“ (genauer „miaphysitischen“) Kirchen, die miteinander in Kirchengemeinschaft stehen (im Folgenden als orientalisch-orthodox bezeichnet):
- Koptische Kirche (in Ägypten und der Diaspora)
- Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien mit ihrem indischen Teil der „Malankara Syrisch-Orthodoxe Kirche“
- Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche
- Armenische Apostolische Kirche
- Eritreisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche
- Indisch-Orthodoxe Kirche (vor allem in Kerala)
- Unabhängige Syrische Kirche von Malabar, die nicht mit den obigen Kirchen in Kirchengemeinschaft steht (sondern mit der Anglikanischen Gemeinschaft und der Mar-Thoma-Kirche)
- die dogmatisch entgegengesetzten Kirchen:
- Assyrische Kirche des Ostens (auch als „Nestorianer“ bezeichnet) mit ihrem indischen Teil der Chaldäisch-Syrischen Kirche des Ostens und die
- Alte Kirche des Ostens
Gewöhnlich nicht zu den altorientalischen Kirchen zählt man sämtliche Kirchen oder Teilkirchen, die das Chalcedonense oder den byzantinisch-konstantinopolitanischen Ritus angenommen haben, die Georgische Orthodoxe Kirche, ferner nicht die meist in der Neuzeit entstandenen katholischen Ostkirchen. Eine umfassendere Übersicht über alle Ostkirchen und ihre heutige Ritenzugehörigkeit bietet der Artikel Vorreformatorische Kirchen.
Kontakte und Zusammenarbeit
Die orientalisch-orthodoxen Kirchen standen während vieler Jahrhunderte über die jeweiligen Patriarchatsgrenzen (Haupt- und Tochterkirchen) hinweg nur in sehr unregelmäßigem Kontakt miteinander. Nur Kopten und Äthiopier hatten relativ regelmäßige und enge Verbindung, da zum Metropoliten von Äthiopien („Abuna“) bis in das 20. Jahrhundert stets ein vom alexandrinischen Patriarchen entsandter Kopte bestellt wurde. Das Selbstverständnis der „monophysitischen“ Kirchen als Teile einer Konfession entstand größtenteils erst im 20. Jahrhundert. Vom 15. Januar bis 21. Januar 1965 trafen sich Oberhäupter und Kleriker aller orientalisch-orthodoxen Kirchen in Addis Abeba zu einer Konferenz. Das war das erste Treffen dieser Art seit dem Konzil von Ephesos. Die Kirchen bekräftigten ihre Zusammenarbeit und bildeten Strukturen dafür.
Die in Deutschland lebenden altorientalistische Christen werden seit 2013 durch den Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland vertreten.
Lehre
Die orientalisch-orthodoxen Kirchen sind in Lehre und Liturgie den byzantinisch-orthodoxen Kirchen ähnlich, betonen aber stärker die Einheit der göttlichen und der menschlichen Natur in Jesus Christus. Sie erkennen nur drei ökumenische Konzilien an: erstes Konzil von Nicäa (325), erstes Konzil von Konstantinopel (381), Konzil von Ephesos (431). Als das vierte ökumenische Konzil – das die Orthodoxie von den Nicht-Orthodoxen scheidet – gilt in der Reichs- und ihren Nachfolgekirchen das Konzil von Chalkedon (451).
Die Assyrische „Kirche des Ostens“ erkennt nur die ersten zwei dieser Konzilien an und unterscheidet sich in ihrer gottesdienstlichen Ordnung merklich von den anderen Kirchen. Als einzige Ostkirche kennt sie (heute) nur wenige Ikonen. In theologischer Hinsicht bildet sie einen Gegenpol zu den anderen altorientalischen Kirchen – sie betont stärker die Unvermischtheit der göttlichen und menschlichen Natur in Christus und betitelt Maria als „Mutter Christi“, nicht als „Mutter Gottes“.
Sakralsprachen
Die Sakralsprache ist die jeweilige antike Volkssprache (Syrisch-Aramäisch, Koptisch, Armenisch, Georgisch, Ge’ez , Altnubisch). Manche Kirchen verwenden auch andere Sprachen im Gottesdienst, so vor allem das Arabische, das Malayalam und moderne westliche Idiome.
Aktuelle Situation
Durch Flüchtlingswellen, Emigration, und Übertritte zum Islam haben die altorientalischen Kirchen in ihren Stammländern viele Mitglieder verloren. Mit Ausnahme der heutigen Republik Armenien und Äthiopiens sind sie heute Minderheitenkirchen. Gleichzeitig haben sie sich aber im westlichen Kulturkreis ausgebreitet. Die Assyrische Kirche hat sogar ihren Hauptsitz inzwischen nach Chicago verlegen müssen.
Siehe auch
Portal:Christlicher Orient – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Christlicher Orient
- Vorreformatorische Kirchen
- Orthodoxe Kirchen
- Orientalische Christen in Amerika
- Orientalische Christen in Europa
- Syrisch-Orthodoxe Kirche von Europa
Literatur
- Christian Lange, Karl Pinggéra (Hrsg.): Die altorientalischen Kirchen. Glaube und Geschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-22052-6.
- Wolfgang Hage: Das orientalische Christentum. Die Religionen der Menschheit. Bd. 29/2. Kohlhammer, Stuttgart 2007 ISBN 978-3-17-017668-3
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Altorientalische Kirchen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |