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Anton Bamberger

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Anton Bamberger, um 1910

Anton Bamberger (geb. 4. April 1886 in Mitwitz, Oberfranken; gest. 28. Dezember 1950 in New York City) war ein deutsch-amerikanischer Unternehmer, ein Firmengründer und ein Pionier des US-amerikanischen Plastik-Recyclings.

Familie

Anton Bambergers Eltern: Sarah „Serry“ Bamberger (1862–1925), geborene Ullmann, und ihr Ehemann Philipp Bamberger (1858–1919), um 1916
Else, Gerhard und Anton Bamberger, 1923

Er war der zweite Sohn des Kaufmanns und Unternehmers Philipp Bamberger (1858–1919) und der letzte Bürger jüdischer Abstammung, der in Mitwitz geboren wurde,[1][2][3] ebenso wie sein älterer Bruder in Haus Nr. 23.[4] Sein älterer Bruder war der Kaufmann und Unternehmer Otto Bamberger (1885–1933), seine jüngeren Brüder der promovierte Chemiker und Unternehmer Hugo Bamberger (1887–1949) sowie der Kaufmann und Unternehmer Ludwig Bamberger (1893–1964). Anton Bamberger wuchs zusammen mit seinen Brüdern im oberfränkischen Lichtenfels bei Bamberg auf, nachdem seine Familie etwa in der Zeit kurz nach seiner Geburt aufgrund der Verlagerung ihres Familienunternehmens D. Bamberger dorthin umgezogen war, außerdem mit seinem Cousin Alfred (1890–1956),[5] dem Sohn seines Onkels Fritz (1862–1942).[6][7][8] Sein Großvater David Bamberger (1811–1890), der Gründer dieses Unternehmens, zog per 1. Juli 1887 nach Lichtenfels.[9]

Die Familie war nicht religiös. Anton Bamberger heiratete am 10. November 1919 in Hannover Else „Elsie“ (* 11. April 1894 in Bocholt; † 24. August 1986 in New York City), geborene Magnus.[5][2][10][11] Diese war eine Tochter des Ivan Magnus (1850–1916) und der Ida Cohen (1866–1920). Aus der Ehe des Anton Bamberger gingen zwei Kinder hervor, Vera (* 18. März 1924, später verheiratete Hirtz)[12][13] und Gerhard Franz Philipp (* 20. September 1925; † 2. Dezember 2013 in Sarasota, Florida), beide in Hannover geboren.[2]

Wirken

Die Brüder Ludwig (1893–1964), Otto (1885–1933), Hugo (1887–1949) und Anton Bamberger, um 1910

Anton Bamberger wuchs im oberfränkischen Lichtenfels bei Bamberg auf und ging um etwa 1905 bei Meyer Cohen & Co. (benannt nach Adolph Meyer und Alexander Abraham Cohen) in Hannover-Linden in die Lehre, ein Unternehmen, das auf Gummi- und chemische Nebenprodukte fokussierte. Im Jahr 1911 wurde er als Manager in dessen Filiale nach New York City berufen. Mit der George Washington des Norddeutschen Lloyd fuhr er von Bremerhaven aus am 13. November 1911 auf der Nordatlantikroute nach New York City, wo er die englische Sprache erlernte.[2][14][5]

Schon 1914 kehrte er jedoch wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges nach Deutschland zurück und diente in der Armee des Deutschen Kaiserreiches als Unteroffizier bei der Artillerietruppe an der Ostfront.[5] 1915 wurde er mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet.[2]

Nach Kriegsende kehrte er nach Hannover zurück, heiratete und erwarb dort zusammen mit Partnern sein früheres Ausbildungsunternehmen, das zu Jacobowitz & Co., G.m.b.H. umfirmierte.[15] Das Unternehmen wuchs rasch, möglicherweise zu rasch, denn während der Hyperinflation 1923 geriet es in erhebliche Schwierigkeiten und war 1924 bankrott. Unmittelbar danach begründete Anton Bamberger zusammen mit seinem Partner Hermann Bolte ein neues Unternehmen, das unter Bolte & Co., K.G. (Bolco-Logo) firmierte, das bis in die 1950er Jahre am Markt war. Dieses handelte mit Chemie- und chemischen Nebenprodukten und war in Hannovers Innenstadt ansässig, in der Hinüberstraße 18, in der Nähe des Hauptbahnhofes.[5][2] Anton Bamberger spezialisierte sich dabei auf Abfallprodukte, für die er weltweit nach Abnehmern suchte. Dabei pflegte er intensive Geschäftskontakte mit den Continental Gummiwerken in Hannovers Vahrenwalder Straße. Auch mit Ölraffinerien stand er in geschäftlicher Verbindung und eröffnete nahe dem eigenen Firmengebäude eine freie Tankstelle.[5]

Nach der Machtabtretung an die Nationalsozialisten 1933 wurde ihm das berufliche und private Leben zunehmend erschwert. Sein Hobby, die Jagd, zusammen mit weiteren jüdischen Geschäftsleuten im nahegelegenen Revier von einem Jagdhaus aus betrieben, musste er einstellen. Juden durften keine Jagdwaffen mehr besitzen, ihnen wurden auch keine Jagdhunde oder Räumlichkeiten mehr überlassen. 1936 wurde Anton Bamberger durch die „Arisierung“ ohne Kompensation aus dem Unternehmen vertrieben, konnte seine zahlreichen guten Geschäftsverbindungen zunächst jedoch weiter nutzen und arbeitete vom heimischen Wohnzimmer aus mit einer Sekretärin weiter.[5] Am 15. Januar 1938 reisten er und seine Ehefrau Else mit der S.S. Manhattan der United States Lines in die USA zu seinem Onkel Gustav „Gus“ Bamberger (1864–1943) nach Cleveland, um die Emigration seiner Familie vorzubereiten, und erhielt von diesem ein Affidavit, das er am 4. Juni 1938 für seine Familie nutzte, um über das niederländische Rotterdam mit der TSS Veendam der Holland-America Line nach New York City zu emigrieren.[2][14]

Die A. Bamberger Corporation in Brooklyn, New York, um 1943

Dort handelte Anton Bamberger zunächst mit chemischen Nebenprodukten, bevor er die A. Bamberger Corporation, eines der ersten Plastik-Recyclingunternehmen der USA, einen Pionier der Aufbereitung und Wiederverwertung von Plastikwertstoffen, gründete.[5][16][2][14] Sein Sohn Gerald Francis (Gerhard Franz Philipp) Bamberger (1920–2013) arbeitete vom ersten Tag an mit.[5] Zu diesem neu entstehenden Marktsegment war er durch Herbert Hoffman inspiriert worden, einen ehemaligen Studenten der Technischen Hochschule in Hannover, den Anton Bamberger und dessen Ehefrau in den 1920er Jahren in Hannover kennengelernt hatten. Dieser betrieb mittlerweile in Brooklyn ein Unternehmen.[5] Durch den Zweiten Weltkrieg wuchs der Bedarf an der Wiederverwertung und Weiterverarbeitung dieser Rohstoffe immens.[14] Als Hoffman kurze Zeit später verstarb, übernahm Anton Bamberger Anfang der 1940er Jahre dessen Betrieb und firmierte diesen als American Molding Powder & Chemical Corporation mit dem Markennamen Ampacet. Ende der 1940er Jahre wurde Anton Bamberger in die Plastics Pioneers Association berufen.[5] Anton Bambergers Markenname Ampacet wird noch heute durch ein weltweit aktives Nachfolgeunternehmen dieses Namens genutzt.[14][17]

Per 1. Januar 1943 nahm Anton Bamberger seinen im September 1942 aus gesundheitlichen Gründen aus der US-Armee entlassenen Neffen Claude P. (Klaus Philipp) Bamberger (1920–2008) in seinen Betrieb auf.[18] Nach der Rückkehr seines Sohnes Gerald aus dem Kriegsgeschehen in Europa arbeitete dieser wieder im Unternehmen mit und übernahm nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1950 die Firmenleitung, bis er es im Jahr 1955 an die 1929 gegründete und in Staten Island im US-Bundesstaat New York ansässige Ansbacher Siegle Corporation verkaufte,[2][19] die 1957 durch Sun Chemical übernommen wurde.[20]

Anton Bamberger verstarb im Alter von 64 Jahren, seine Ehefrau Else im Alter von 92 Jahren. Beide wurden auf dem Ferncliff Cemetery in Hartsdale, Westchester County, New York, beigesetzt.[21][22]

Literatur

  • Herbert Loebl: The Holocaust – 1800 Years in the Making. Exemplified since ca. 1030 by the Experience of the Jewish Community of Bamberg in Franconia. A course of 9 lectures. Department of Religious Studies, University of Newcastle upon Tyne, Winter Term 1989. Selbstverlag, Newcastle upon Tyne 1989. OCLC 630421121 Darin nicht enthalten: Chapter IV The Bamberger Families of Burgkunstadt and Mitwitz, unvollendet, unveröffentlicht, 80 Seiten inkl. Titelblatt.
  • Claude P. Bamberger: History of a Family – The Bambergers of Mitwitz and Lichtenfels 1770–1992. Selbstverlag, Tenafly, New Jersey, USA, 1993. OCLC 174282770
  • Claude P. Bamberger: Breaking the Mold – A Memoir. C. Bamberger Molding Compounds Corp., Carlstadt, New Jersey, USA, 1996, ISBN 0-9653827-0-2.
  • Klaus Bamberger: Aus der Geschichte der Familie Bamberger. Kindheitserinnerungen an Lichtenfels (= Kleine CHW-Schriften, Colloquium Historicum Wirsbergense, Heft 2; Lichtenfelser Hefte zur Heimatgeschichte, Sonderheft 3), hrsg. v. Stadtarchiv Lichtenfels, Verlag H. O. Schulze, Lichtenfels 2005, ISBN 3-87735-177-8.
  • Gerald F. Bamberger: The Story of My Life – A Memoir. Juli 2010.

Einzelnachweise

  1. Handschriftliches Protokoll, unterzeichnet durch David Bamberger, datiert 1. September 1881. Zitat: „Die jüdische Gemeinde von Mitwitz hat sich aufgelöst, nachdem vor etwa sechs Jahren fast alle weggezogen sind. In den letzten drei Jahren bin ich als einziges Mitglied der früheren Gemeinde übrig geblieben.“ In: Schloss- und Familienarchiv der Freiherren von Würtzburg zu Mitwitz, Staatsarchiv Bamberg. Zitiert nach: Klaus Bamberger: Aus der Geschichte der Familie Bamberger. Kindheitserinnerungen an Lichtenfels (= Kleine CHW-Schriften, Colloquium Historicum Wirsbergense, Heft 2; Lichtenfelser Hefte zur Heimatgeschichte, Sonderheft 3), hrsg. v. Stadtarchiv Lichtenfels, H. O. Schulze, Lichtenfels 2005, ISBN 3-87735-177-8, S. 12.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 Dr. Herbert Loebl OBE: The Holocaust – 1800 Years in the Making. Exemplified since ca. 1030 by the Experience of the Jewish Community of Bamberg in Franconia. A course of 9 lectures. Department of Religious Studies, University of Newcastle upon Tyne, Winter Term 1989. Selbstverlag, Newcastle upon Tyne 1989. OCLC 630421121 Darin nicht enthalten: Chapter IV The Bamberger Families of Burgkunstadt and Mitwitz, unvollendet, unveröffentlicht, S. 58.
  3. Claude P. Bamberger: History of a Family – The Bambergers of Mitwitz and Lichtenfels 1770–1992. Selbstverlag, Tenafly, New Jersey, USA, 1993, S. 14.
  4. Dr. Siegfried Rudolph: Ein Mitwitzer Kunstsammler. In: Mitteilungsblatt – Amtsblatt für die Verwaltungsgemeinschaft Mitwitz, Nr. 25 (1992), 19. Juni 1992.
  5. 5,00 5,01 5,02 5,03 5,04 5,05 5,06 5,07 5,08 5,09 5,10 Gerald F. Bamberger: The Story of My Life – A Memoir. Juli 2010, S. 9–20.
  6. Fritz Bamberger. In: Yad Vashem – The World Holocaust Remembrance Center, auf: yadvashem.org
  7. Bamberger, Fritz. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945, auf: bundesarchiv.de
  8. Fritz Bamberger. In: United States Holocaust Memorial Museum, auf: ushmm.org
  9. Dr. Herbert Loebl OBE: The Holocaust – 1800 Years in the Making. Exemplified since ca. 1030 by the Experience of the Jewish Community of Bamberg in Franconia. A course of 9 lectures. Department of Religious Studies, University of Newcastle upon Tyne, Winter Term 1989. Selbstverlag, Newcastle upon Tyne 1989. OCLC 630421121 Darin nicht enthalten: Chapter IV The Bamberger Families of Burgkunstadt and Mitwitz, unvollendet, unveröffentlicht, S. 50.
  10. Else Bamberger. In: Social Security Death Index, auf: newspaperarchive.com
  11. Bamberger, Else, bur. 8/28/1986, Location: Cemetery Grounds, PAUL, 141A, 1, auf: interment.net
  12. USC Shoah Foundation Institute testimony of Vera Hirtz. In: United States Holocaust Memorial, auf: ushmm.org
  13. Vera J. Bamberger heiratete am 30. Dezember 1946 in San Francisco Walter E. Hirtz (* 26. Oktober 1908; † 6. Mai 1998). Dieser gründete am 7. September 1955 in Long Beach die Walter E. Hirtz Plastics Materials, Inc.
  14. 14,0 14,1 14,2 14,3 14,4 Claude P. Bamberger: Breaking the Mold – A Memoir. C. Bamberger Molding Compounds Corp., Carlstadt, New Jersey, USA, 1996, ISBN 0-9653827-0-2, S. 86–88.
  15. Register zum Industrie- und Handelsanzeiger (PDF-Datei; 1,1 MB), Kapitel Chemische Industrie, S. 114, auf: d-nb.info
  16. Ampacet Corporation, auf: company-histories.com
  17. Ampacet History, auf: ampacet.com
  18. Claude P. Bamberger: Breaking the Mold – A Memoir. C. Bamberger Molding Compounds Corp., Carlstadt, New Jersey, USA, 1996, ISBN 0-9653827-0-2, S. 89.
  19. Alexander shapes Ampacet present. In: Plasticnews, 15. Juli 2002, auf: plasticnews.com
  20. Performance Pigments division is formed, auf: sunchemical.com
  21. Bamberger, Anton, bur. 4/4/1951, Location: Cemetery Grounds, PAUL, 141A, 1, auf: interment.net
  22. Bamberger, Else, bur. 8/28/1986, Location: Cemetery Grounds, PAUL, 141A, 1, auf: interment.net
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