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Anwartschaftsrecht

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Das Anwartschaftsrecht ist ein gesetzlich nicht definierter Begriff des deutschen Sachenrechts, der die Eigenschaften der Position eines Rechtserwerbers vor Eintritt eines Vollrechts wie des Eigentums bezeichnet. Gemeinhin wird von einer Vorstufe zum Erwerb eines Rechts gesprochen, die aus einzelnen gesetzlichen Bestimmungen hergeleitet wird, so beispielsweise den (§§ 929, § 932 BGB). Nach überwiegender Ansicht wird das Anwartschaftsrecht als subjektives Recht anerkannt. Es stellt zwar kein gegen jedermann wirkendes dingliches Recht an einer fremden Sache dar, genießt aber bereits hohen Schutz und bereitet in Abstufungen darauf vor. Zumeist tritt es bei bedingten Rechtsgeschäften auf. Klassisches Beispiel ist der Erwerb einer beweglichen Sache unter Eigentumsvorbehalt, der so lange währt, bis der ratenweise zu erbringende Kaufpreis vollständig bezahlt ist.

Entstehen des Anwartschaftsrechts

Ausgangspunkt ist die Anwartschaft. Anwartschaften erscheinen als ungesicherte rechtliche Position in Form bloßer „Aussichten“, wie beim Versorgungsausgleich nach §§ 1587 ff. BGB bis hin zu rechtlich schon hochgradig gesicherten Anwartschaftsrechten. Privatrechtlichen Anwartschaftsrechten ist eigentümlich, dass der Erwerb eines Rechts eingeleitet, aber noch nicht vollendet ist. Mit Vollendung des Erwerbsvorgangs erstarkt das Anwartschaftsrecht dann zum Vollrecht. Ein Anwartschaftsrecht macht folglich nur Sinn, wenn zwischen Einleitung und Vollendung eines Rechts eine Zeitspanne liegt, die rechtlich relevantes Rechtsschutzbedürfnis einzuschließen vermag. Innerhalb dieser Zeitspanne ist wiederum der Punkt zu suchen, ab welchem die Erwerberposition bereits an das Vollrecht angelehnten Schutz verdient.

Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) entsteht das Anwartschaftsrecht, wenn von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass der Veräußerer die Rechtsposition des Erwerbers nicht mehr durch eine einseitige Erklärung zerstören kann.[1] Geringfügig abgeschwächter formuliert der BGH an anderer Stelle, dass Charakteristika des Anwartschaftsrechts eine erlangte Rechtsposition des Erwerbers sei, aufgrund derer eine Beeinträchtigung dieses Status’ nach normalem Verlauf der Dinge ausgeschlossen sei.[2] Das Schrifttum formuliert bisweilen so, dass der Erwerb des Vollrechts nur noch vom Erwerber selbst abhängen dürfe.[3] Aus diesem Grund wird das Anwartschaftsrecht in der Rechtslehre als wesensgleiches Minus zum Vollrecht erachtet. Vollrechte selbst, wie das Eigentum, verleihen dem Rechtsinhaber umfassende rechtliche Macht, mit einer Sache nach freiem Belieben zu verfahren (vergleiche § 903 BGB). Eigentum ist daher umfassendes Herrschaftsrecht an einer Sache.

Beispiele für Anwartschaftsrechte:

  • Beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt (Bedingungseintritt für den Eigentumsübergang ist regelmäßig die vollständige Kaufpreiszahlung nach § 455 BGB), erwirbt der Käufer mit der bedingten dinglichen Übereignung bereits ein Anwartschaftsrecht
  • Mit dem Erbfall erwirbt der Nacherbe ein Anwartschaftsrecht sofern zunächst ein Vorerbe Erbe ist
  • Bewilligung einer Auflassungsvormerkung beim Grundstückskauf
  • Notarielle Beurkundung der Auflassung Grundstückskauf § 873 Abs. 2 BGB
  • Mit Einreichung des Antrages auf Auflassung durch den Erwerber beim Grundbuchamt
  • Durch Abschluss eines Erbvertrages, da dieser den Erblasser bindet
  • Die durch die Markenanmeldung begründete Rechtsstellung lässt sich als Anwartschaftsrecht begreifen (Voraussetzung: die Anmeldung ist formal in Ordnung und das begehrte Zeichen ist in der Sache schutzfähig)[4]
  • Gleiches gilt für die Patentanmeldung
  • Anwartschaftsrecht des Arbeitgebers vor Inanspruchnahme einer Diensterfindung

Schutz des Anwartschaftsrechts

Unwirksamkeit von Zwischenverfügungen

Beim Eigentumsvorbehalt ist der Käufer durch die § 161, § 162 BGB vor Zwischenverfügungen des Verkäufers bis zum Bedingungseintritt geschützt. Bedingungseintritt ist regelmäßig die vollständige Kaufpreiszahlung. Die unmittelbare Folge der vollen Kaufpreiszahlung ist der Eigentumserwerb des Käufers.

Dazu ein Beispielsfall: Der Fahrradhändler V verkauft dem Käufer K ein Fahrrad unter Eigentumsvorbehalt. Nach der Übergabe des Fahrrades bezahlt K die Hälfte des Kaufpreises an V. Nach ein paar Tagen verkauft V das Fahrrad, welches er bereits an K verkauft hat, an den D und übereignet es unbedingt nach § 931 BGB, indem er seinen Herausgabeanspruch gegen K an D abtritt. D ist nun vorübergehend Eigentümer des Fahrrades, welches jedoch mit dem Anwartschaftsrecht des K belastet ist. Zahlt K nun den Restkaufpreis an V, so wird K Eigentümer des Fahrrades und D verliert sein Eigentum daran, da die volle Kaufpreiszahlung des K den Bedingungseintritt herbeiführt. Dieses Ergebnis wird nach ganz herrschender Meinung durch die entsprechende Anwendung des § 936 Abs. 3 BGB ermöglicht.

D könnte nur lastenfreies Eigentum erwerben, wenn K das Fahrrad zu Reparaturzwecken dem V übergeben hätte, und V im Anschluss das Fahrrad an D nach § 929 BGB (durch Einigung und Übergabe) übereignet hätte. In diesem Fall kann D gutgläubig lastenfreies Eigentum erwerben und das Anwartschaftsrecht des K erlischt, vgl. § 161 Abs. 3 BGB.

Bei Grundstücksübertragungen genießt auch der Auflassungsempfänger Schutz. Dieser richtet sich gegen einen Widerruf im Sinne von § 873 Absatz 2, § 925 BGB (notarielle Beurkundung) sowie Verfügungsbeschränkungen. Sobald die Eintragung ins Grundbuch beantragt ist, schaden laut Anordnung des § 878 BGB, nachträglich beim Verkäufer eintretende Verfügungsbeschränkungen nicht mehr. Gegen Zwischenverfügungen verhilft dem Erwerber § 17 GBO mit seinem Prinzip der Reihenfolgenbeachtung des Eingangs der Anträge zum Erfolg. Da dieser rein formelle Schutz versagen kann, genießt der Auflassungsempfänger vor Eintragung ins Grundbuch ein verhältnismäßig schwaches Anwartschaftsrecht. Weit effektiver als die formelle Schutznorm des § 17 GBO ist daher die Vereinbarung einer Auflassungsvormerkung nach § 883, § 888 BGB. Nach Rechtsprechung des OLG Hamm genösse ein vormerkungsgesicherter Auflassungsgläubiger ein Anwartschaftsrecht selbst dann, wenn ein Eintragungsantrag fehlte.[5]

Recht zum Besitz und Besitzschutz

Das Anwartschaftsrecht begründet nach einer Mindermeinung bereits ein dingliches Recht zum Besitz, das mit Wirkung gegenüber jedermann im Sinne des § 986 BGB ausgestattet sei. Die herrschende Meinung lehnt dies jedoch ab, da das Anwartschaftsrecht als bloße Vorstufe zum Vollrechtserwerb nur den Eigentumserwerb schützen soll. Ein solcher Schutz sei aber auch dann möglich, wenn der Anwartschaftsberechtigte gar nicht Besitzer sei. Im Falle des Eigentumsvorbehaltskaufs ist die Annahme eines dinglichen Rechts zum Besitz aufgrund eines Anwartschaftsrechts regelmäßig ohnehin entbehrlich, da bereits der Kaufvertrag ein Recht zum Besitz der Sache im Sinne des § 986 BGB begründet. Der Verkäufer ist nämlich gemäß § 433 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Käufer den unmittelbaren Besitz an der Kaufsache zu verschaffen. Solange also der Kaufvertrag wirksam ist und fortbesteht, hat der Vorbehaltskäufer ein obligatorisches Besitzrecht aus dem Kaufvertrag; obligatorisch deshalb, weil es aus einem schuldrechtlichen Vertrag stammt. Solche Rechte können gemäß § 986 Abs. 2 BGB ein Recht zum Besitz begründen.

Vereitelung des Bedingungseintritts

Schutz vor treuwidriger Vereitelung eines Bedingungseintritts wird in aller Regel durch § 162 Absatz 1 BGB gewährleistet, denn danach gilt der Bedingungseintritt als eingetreten, wenn der Verkäufer ihn wider Treu und Glauben verhindert. Da die Bedingung lediglich in der Erfüllung einer Verpflichtung besteht, ist die Vorschrift aber eher unanwendbar. Der Vorbehaltsverkäufer gerät bei Ablehnung der Annahme der letzten Kaufpreisrate jedoch in Annahmeverzug. Hierzu bestehen wiederum Sonderregelungen über die §§ 372, § 378 BGB, denn der Käufer kann den Bedingungseintritt dadurch herbeiführen, dass er den Restkaufpreis hinterlegt. Durch den fingierten Bedingungseintritt erlangt der Vorbehaltskäufer Eigentum an der Sache.

Darüber hinaus kann der Inhaber eines Anwartschaftsrechts auch Besitzschutzansprüche aus den §§ 858 ff. BGB sowie § 1007 BGB geltend machen. Diese Ansprüche richten sich auf Wiederherstellung des Besitzes beziehungsweise Beseitigung der Besitzstörung. Nach herrschender Meinung sind daneben die § 985, § 1004 BGB analog anwendbar.

Schutz gegen Gläubiger des Verkäufers

Problematisch kann die Verhinderung des Bedingungseintritts sein, wenn Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers in die sich beim Käufer befindliche Sache vollstrecken wollen. Übt der Käufer den Gewahrsam über die Sache aus, genießt er als „nicht zur Herausgabe bereiter Dritter“ im Sinne des § 809 ZPO Schutz. Hat er sie aber aus der Hand gegeben, weil er beispielsweise eine Reparatur an ihr beim Vorbehaltsverkäufer ausführen lässt, versagt der Schutz und die Frage stellt sich, ob die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO Anwendung findet. Dies bejaht der BGH,[6] weil der Gerichtsvollzieher Eigentum nicht rechtsgeschäftlich (gesetzliches Erfordernis: „die Veräußerung hinderndes Recht“) sondern kraft Hoheitsaktes übertrage.[7] Im Gegensatz zum BGH erkennt ein Teil des Schrifttums in staatlichen Hoheitsakten eine unschädliche Verfügung des § 161 Absatz 1 Satz 2 BGB mit der Folge, dass die Drittwiderspruchsklage des ersten Erwerbers scheitert und dessen Anwartschaftsrecht wegen unbedingter Eigentumsübertragung an den zweiten Erwerber untergeht.[8]

Deliktischer Schutz

Nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Lehre ist das Anwartschaftsrecht als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anerkannt. Dem Geschädigten steht nach Ansicht des BGH der Wert der Sache unter Abzug des noch dem Verkäufer geschuldeten Restkaufpreises zu.

Wer das Markenanwartschaftsrecht verletzt, schuldet zwar keinen Schadensersatz; der Berechtigte ist jedoch zu entschädigen.[9] Die h. M. verneint demgegenüber jegliche Ansprüche.[10]

Übertragung

Erwerb vom Berechtigten

Das Anwartschaftsrecht wird originär entsprechend den § 929 ff. BGB wie das Vollrecht (Eigentum) durch Einigung und Übergabe der Sache übertragen. Die Übergabe kann durch Besitzkonstitut entsprechend der § 930, § 931 BGB ersetzt werden. Kraft obligatorischen Rechtsverhältnisses erlangt der Berechtigte hierbei lediglich mittelbaren Besitz.

Einhelliger Auffassung entspricht auch, dass der Vorbehaltskäufer seine Anwartschaft auf einen Dritten übertragen kann, dies auch ohne Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers. Bloße Einigung nach § 413, § 398 BGB genügt hierfür allerdings nicht, da entgegen dem Publizitätsprinzip auch der Erwerb des Eigentums vermittelt würde, ohne dass der Erwerber irgendeine Art des Besitzes erhielte. Daher wird grundsätzlich die Form der §§ 929 ff. BGB für die Übereignung gefordert. Der Veräußerer des Anwartschaftsrechts darf dem Erwerber den Vollrechtserwerb außerdem nicht erschweren.[11]

Sehr problematisch sind in der Praxis zudem die Fälle, in denen die Sache nach § 930 BGB zur Sicherheit übertragen wird, ohne dem Erwerber mitzuteilen, dass der Veräußerer lediglich ein Anwartschaftsrecht an der Sache hat. Durch die sogenannte ergänzende Vertragsauslegung oder durch Umdeutung kommt man dann häufig zu dem Ergebnis, dass der Erwerber wenigstens das Anwartschaftsrecht erworben hat.

Erwerb vom Nichtberechtigten

Nach herrschender Meinung ist der gutgläubige Erwerb eines bestehenden Anwartschaftsrechts vom Nichtberechtigten analog den §§ 932 ff. BGB möglich. Eine Mindermeinung hält dagegen, dass der Rechtsschein des Eigentums bereits dadurch zerstört sei, dass der Besitzer eingesteht, nur ein Anwartschaftsrecht inne zu haben. Nicht möglich ist der gutgläubige Erwerb dagegen, wenn das Anwartschaftsrecht überhaupt nicht existiert.

Pfändung

Die Pfändung der Anwartschaft an beweglichen Sachen

Die Pfändung von Eigentum wird durch Sachpfändung erfasst. Aber auch das Anwartschaftsrecht kann gepfändet werden. Dies ist beispielsweise dann notwendig, wenn Gläubiger auf Sachen zugreifen wollen, die zwar größtenteils abbezahlt sind, aber wegen eines Eigentumsvorbehalts noch im Eigentum des Verkäufers stehen. Umstritten ist jedoch, wie die Pfändung durchzuführen ist. Dazu werden drei Ansichten vertreten:[12][13]

Theorie der reinen Sachpfändung

Nach der Theorie der reinen Sachpfändung wird mit Pfändung der Sache nach den §§ 808 f. ZPO auch gleichzeitig das Anwartschaftsrecht an ihr gepfändet. Der Eigentümer (Vorbehaltsverkäufer) verliert dabei die Möglichkeit des Widerspruchs mittels der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO). Stattdessen sei er gemäß § 805 ZPO lediglich auf die Restkaufpreiszahlung verwiesen, die er im Wege der vorzugsweise Befriedigung aus dem Versteigerungserlös verlangen könne.[14] Gegen diese Auffassung wird eingewendet, dass dem Vorbehaltsverkäufer völlig in unzumutbarer Weise nicht nur die Drittwiderspruchsklage genommen würde, sondern auch die Verwertung der Sache selbst.[8]

Theorie der reinen Rechtspfändung

Die Theorie der reinen Rechtspfändung lässt die Rechtspfändung gemäß § 857 Absatz 1 ZPO genügen. Das so begründete Pfandrecht setzt sich gemäß § 1287 BGB, § 847 ZPO nach Bedingungseintritt an der Sache fort, sogenannte dingliche Surrogation.[15] Für die Pfändung der Rechtsposition des Auflassungsempfängers vor Eintragung in das Grundbuch hat der BGH allerdings inzwischen den Weg über § 857 Absatz 1 ZPO anerkannt.[16]

Theorie der Doppelpfändung (herrschende Meinung)

Der BGH und die h. M. befürworten die Doppelpfändung als Lösungsweg.[17] Die Pfändung geschieht nach § 857 ZPO i. V. m. § 829 ZPO. Es wird also zunächst das Anwartschaftsrecht als Recht durch die Rechtspfändung erfasst. Da sich bei Bedingungseintritt das Pfandrecht nicht am Eigentum fortsetzt, wird zusätzlich die Sache selbst gepfändet, die im Anschluss an die Rechtspfändung wirksam wird. Durch die zusätzliche Sachpfändung wird bei vollständiger Zahlung des Kaufpreises das bisherige Pfandrecht am Anwartschaftsrecht in ein Pfandrecht an der Sache verwandelt. Durch die Voraussetzung des Bedingungseintritts wird erst vermieden, dass der Vorbehaltsverkäufer durch die Pfändung belastet wird. Dieter Medicus erblickt in dieser Rechtsmethodik eine Komplizierung der Rechtsvorgänge, da sie im Ergebnis lediglich einer übertriebenen Beachtung des Publizitätsprinzips geschuldet sei.[8]

Die Anwartschaft im Haftungsverband

Intensiv diskutiert wurde in Schrifttum und Rechtsprechung die Erstreckungswirkung der Zwangsvollstreckung aus einem Grundpfandrecht auf Zubehör, das zunächst anwartschaftsweise in das Eigentum des Grundstückseigentümers gelangt ist und dieses Anwartschaftsrecht zwischenzeitlich, zur Besicherung eines Darlehens, vom Grundstückseigentümer an den Darlehensgeber sicherungsübereignet wurde.

Zur Nachvollziehbarkeit dieser Fall:[18] Ein Hotelbetreiber kauft unter Eigentumsvorbehalt Betten für seinen Betrieb und bringt sie auf seinem von einer Hypothek belasteten Grundstück ein. Da er ein weiteres Darlehen benötigt, überträgt er die erworbene Anwartschaft gemäß § 930 auf den Darlehensgeber und bezahlt mit dem Geld die Restkaufpreisforderung an den Vorbehaltsverkäufer. Nunmehr betreibt der Hypothekar, der aussichtslos offene Forderungen gegen den Hotelbetreiber hat, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück. Der nur mittelbar besitzende Darlehensgeber verlangt daraufhin die Freigabe der an ihn übereigneten Betten. Nun stellt sich die Frage, ob das Sicherungseigentum des Darlehensgebers (die Betten im Hotel) von der hypothekarischen Haftung erfasst wird, wenn es Zubehör im Sinne der §§ 37 Nr. 5 ZVG, 1120 BGB geworden und geblieben ist. Das Reichsgericht warf bereits in einem derartigen Sachzusammenhang die Frage auf, ob Direkt- oder Durchgangserwerb vorliegt und kam zu dem Ergebnis, dass ein Direkterwerb vom eingeholtem Einverständnis des Veräußerers beim Vorbehaltsverkäufer abhängig zu machen sei.[19] Der BGH kommt im dargelegten Streitfall zum gleichen Ergebnis (Direkterwerb), verzichtet jedoch darauf, die Voraussetzung des Einverständnisses des Vorbehaltsverkäufers zu fordern. Die Relevanz liegt in den unterschiedlichen Konsequenzen: Bei einem Durchgangserwerb wären die Betten für einen Augenblick in das Eigentum des Hotelbetreibers gefallen und sodann unlösbar in den Haftungsverband der Versteigerung. Der Sicherungseigentümer hätte kein „der Versteigerung entgegenstehendes Recht“ und könnte Herausgabe nach § 985 BGB nicht verlangen, vielmehr erwürbe der Erwerber kraft Zuschlags nach §§ 90 Absatz 2, § 55 Absatz 1, 20 Absatz 2 ZVG, § 1120, § 97 Absatz 2 BGB Eigentum an den Betten. Beim von der Rechtsprechung bevorzugten Direkterwerb hingegen erhält der Darlehensgeber und Sicherungsgläubiger, Eigentum und darf herausverlangen.[20]

Untergang des Anwartschaftsrechts

Das Anwartschaftsrecht geht unter, wenn das ihm zugrunde liegende schuldrechtliche Verhältnis (beispielsweise der Kaufvertrag beim Eigentumsvorbehalt) aufgehoben wird. Ist der Bedingungseintritt nicht mehr möglich, so entfällt das Anwartschaftsrecht.

Literatur

  • Fritz Baur, Jürgen F. Baur, Rolf Stürner: Sachenrecht. 18. Auflage. Verlag C.H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-54479-8, § 59 B. IV. 1. (Rn. 33, S. 755) und 5. a. (Rn. 45, S. 761).
  • Franz Hofmann: Immaterialgüterrechtliche Anwartschaftsrechte. Mohr Siebeck, Tübingen 2009, ISBN 978-3-16-150151-7.
  • Karl Larenz: Lehrbuch des Schuldrechts. 13. Auflage. Band II, Halbband 1: Besonderer Teil, Verlag C.H. Beck, München 1986, ISBN 3-406-09824-X, § 43 II. c. (S. 100 ff.).
  • Ludwig Raiser: Dingliche Anwartschaften. Mohr Siebeck, Tübingen 1961, S. 37 ff.
  • Jochen Lux: Das Anwartschaftsrecht bei bedingter Übereignung – bloßes Sprachkürzel oder selbstständiges absolutes Recht?. In: Juristische Ausbildung. Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2004, ISSN 0170-1452, S. 145 ff..

Einzelnachweise

  1. BGH-Urteil vom 5. Januar 1955 (IV ZR 154/54), In: NJW. Jahrgang 1955, S. 544.
  2. BGH 49, 197 ff. (202).
  3. vgl. Dieter Medicus: Bürgerliches Recht. 19. Aufl. Carl Heymanns Verlag, Köln 2002, ISBN 3-452-24982-4, § 20 (Anwartschaften).
  4. GRUR International. Jahrgang 2010, S. 376 (378 ff.)
  5. OLG Hamm NJW 1975, 879 f.
  6. BGHZ 55, 20 ff.
  7. so bereits RGZ 156, 395.
  8. 8,0 8,1 8,2 Dieter Medicus: Bürgerliches Recht. 19. Aufl. Carl Heymanns Verlag, Köln 2002, ISBN 3-452-24982-4, § 20 II–V.
  9. GRUR International. Jahrgang 2010, S. 376 (378 ff.)
  10. Paul Ströbele, Franz Hacker: Markengesetz. Kommentar. 9. Auflage. Carl Heymanns Verlag, Köln, § 4 Rn. 7.
  11. BGHZ 75, 221 ff.
  12. ausführlich hierzu: Ekkehard Schumann JuS 1975, 165 ff. (167).
  13. Hans Brox, Wolf-Dietrich Walker: Allgemeines Schuldrecht, 39. Auflage, C. H. Beck, München, 2015.ISBN 978-3-406-64653-9 Rnr. 807 ff.
  14. Ludwig Raiser: Dingliche Anwartschaften. Mohr, Tübingen 1961 (Tübinger rechtswissenschaftliche Abhandlungen. Band 1), S. 90 ff.
  15. Fritz Baur: Lehrbuch des Sachenrechts, 14. Auflage 1987, § 59 V 4a.
  16. BGHZ 49, 197 ff.
  17. BGH NJW 1954, 1325 ff.
  18. BGHZ 35, 85 ff.
  19. RGZ 140, 223 ff.
  20. BGH Urt. v. 10. April 1961 ‐ VIII ZR 68/60, BGHZ 35, 85
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