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Asyl
Unter der Bezeichnung Asyl (lat. asylum aus griech. ἄσυλον zu ἄσυλος "unberaubt; sicher" = ἀ- privativum + σῦλον "Raub") versteht man
- einen Zufluchtsort, eine Unterkunft, ein Obdach und eine Freistatt bzw. Freistätte;
- den Schutz vor Gefahr und Verfolgung;
- die temporäre Aufnahme Verfolgter.
Unter Asylrecht versteht man[1]
- das Rechtsgebiet um Asyl, im engeren Sinne alle materiellen Normen der temporären Aufnahme Verfolgter und der Abschiebung oder Einbürgerung (Naturalisation);
- im Speziellen einerseits das konkrete Recht des Einzelnen, als Asylbewerber Asyl zu beantragen und andererseits die humanitäre Verpflichtung einer gesellschaftlichen Gruppe, darauf einzugehen.
Als Flüchtlinge anzuerkennen sind Menschen, wenn sie, wie es im Artikel 1 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 heißt, sich außerhalb ihres Heimatlandes befinden und berechtigte Furcht haben müssen, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt zu werden. Wirtschaftliche Not, Naturkatastrophen oder Armut werden nicht als Fluchtgründe im Sinne des internationalen Asylrechts anerkannt.
Historische Entwicklung des Asylbegriffs und Asylrechts
Die erste schriftliche Erwähnung von Freistätten und Asylgesetzen sind die in der Bibel 4. Mose 35,6 erwähnten Freistätten. Sie hatten ihren Ursprung in Stammesregelungen, als die Israeliten noch nomadisch lebten, und wurden bei der Aufteilung des Landes Israel an die Stämme institutionalisiert.
Europäische Asyle waren später bis zum Mittelalter Orte christlicher Nächstenliebe, meistens im Verbund mit einem Kloster oder einer Missionsstation (→ Kirchenasyl). Städte unterhielten Pfrundhäuser, Stiftungen, die denjenigen ihrer Bürger Asyl boten, die sich rechtzeitig finanziell mit einer Pfründe beteiligt hatten. Arme oder Fremde waren jedoch auf die Kirchen angewiesen. Noch schlimmer erging es den Aussätzigen die meist in entfernten Häuser oder Kolonien „ausgesetzt“ wurden. Vielen christlichen Klöstern Europas wurde per kaiserlichem Dekret ein wenigstens zeitweiliges Asylrecht auf eigenem Grund und Boden eingeräumt, sofern der Verfolgte keinen Mord begangen hatte. Über die etwaige Auslieferung an die Staatsgewalt wurde dann vom zuständigen Abt entschieden. Sogenannte Freiungssäulen (auch Weißmarter) entlang der Zugangswege markierten die Grenze des Einflussbereichs staatlicher Verfolger.
Als „Asyl“ wurde bis in die jüngste Zeit auch ein Heim oder Hospital (Hospiz) bezeichnet, das Menschen Unterschlupf bot, die, bedingt durch Unfall, Invalidität, Armut, Sucht o.ä., Schwierigkeiten bei der Bewältigung ihres Lebens hatten. Es gab beispielsweise Asyle für Witwen, Waisen, Obdachlose oder Alte.
Aber auch viele berühmte Persönlichkeiten mussten aus den unterschiedlichsten Gründen fliehen und waren auf Asyl in der Fremde angewiesen. Im 19. Jahrhundert gehörten zu ihnen zum Beispiel Richard Wagner und Gottfried Semper, die Deutschland bzw. Sachsen verlassen mussten. Zürich und die Schweiz waren durchaus stolz auf derlei prominente Asylsuchende.
20. Jahrhundert
Die bolschewistische Revolution, die Zeit des Nationalsozialismus, der Zweiten Weltkrieg und die Teilung Europas bescherten der Welt eine Flut von Flüchtlingen und Asylsuchenden. Aus den ehemaligen Kolonien folgten weitere Menschen; ebenso aus Ungarn (nach dem gescheiterten Aufstand 1956) oder aus der Tschechoslowakei (nach der gewaltsamen Beendigung des Prager Frühlings 1968). Flüchtlinge aus Ostblockländern erhielten in der BRD ohne Asylverfahren grundsätzlich den sogenannten Fremdenpass.
21. Jahrhundert
Heute versteht man unter Asyl primär das aus dieser Entwicklung abgeleitete „politische Asyl“, das anerkannten politischen Flüchtlingen gewährt wird. Anfang 2004 bezifferte das UNHCR die Zahl der weltweiten Flüchtlinge, für die es zuständig ist, auf 17 Millionen Menschen (6,19 Mio in Asien, 4,29 Mio in Afrika, 4,24 Mio in Europa, 1,32 Mio in Lateinamerika, 0,98 Mio in Nordamerika und 0,07 Mio in Ozeanien). Hinzu kommen die Palästinaflüchtlinge, für die mit dem UNRWA eine eigene UNO-Organisation zuständig ist. Neben den außer Landes Geflüchteten gibt es nach Schätzung des UNHCR zusätzlich etwa 25 Millionen „Internally Displaced Persons“, also Flüchtlinge im eigenen Land.
Völkerrecht, überstaatliches Recht, und nationales Recht
- Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention der UNO)
- Kirchenrecht: Kirchenasyl
Gemeinsames Europarecht
Staat |
Bewerber |
pro EW.2 |
pos.3 |
---|---|---|---|
Belgien | 21.645 | 2.015 | 20,3 % |
Deutschland | 31.810 | 390 | 36,5 % |
Dänemark | 3.725 | 675 | 47,9 % |
Finnland | 4.915 | 925 | 36,2 % |
Frankreich | 47.625 | 740 | 14,3 % |
Griechenland | 15.925 | 1.415 | 1,1 % |
Großbritannien | 30.290 | 490 | 26,9 % |
Italien | 17.470 | 290 | 38,4 % |
Niederlande | 16.140 | 980 | 48,3 % |
Norwegen | 17.140 | 3.570 | 30,7 % |
Österreich | 15.785 | 1.890 | 21,7 % |
Polen | 10.595 | 280 | 38,4 % |
Schweden | 24.175 | 2.610 | 29,6 % |
Schweiz | 15.900 | 2.065 | 47,5 % |
Spanien | 3.005 | 65 | 7,8 % |
Ungarn | 4.665 | 465 | 21,6 % |
EU-27 | 260.730 | 520 | 27,3 % |
1 Auswahl: Diverse EU-Staaten und Assoziierte
2 Asylbewerber pro Mio. Einwohner
3 Anteil positive Entscheide an allen Entscheidungen
Quelle: APA/Eurostat/SN[2] |
Basis des gemeinsamen Rechts der Europäischen Union war das Dubliner Übereinkommen der EU-Staaten und einiger Drittländer von 1990, das 1997 in Kraft trat. Es wurde von der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-Verordnung) ersetzt. Begleitet wird Dublin-II durch flankierende Maßnahmen zum freien Personenverkehr.
Asyl in Deutschland
Das deutsche Asylrecht für politisch Verfolgte ist in Deutschland ein Grundrecht, das in Art. 16a Grundgesetz verankert ist.
Die Entscheidung über die Anerkennung politisch Verfolgter als Asylberechtigte fällt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg mit seinen verschiedenen Außenstellen. Das Verfahren richtet sich nach dem Asylverfahrensgesetz.
Dem Asylbewerber ist während der Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet. Hierzu erhält er eine Aufenthaltsgestattung, die allerdings keinen Aufenthaltstitel darstellt. Die Aufenthaltsgestattung ist räumlich beschränkt auf einen Ort, den die zuständigen Behörden festlegen. Die Maßnahme kann auch mit behördlichen Auflagen versehen werden. Die Aufenthaltsgestattung erlischt, wenn die Ablehnung des Asylantrags bestandskräftig geworden ist. Im Falle einer Ablehnung des Asylantrags als "offensichtlich unbegründet" (§ 30 Asylverfahrensgesetz) erlischt die Aufenthaltsgestattung bereits vor der bestandskräftigen Ablehnung des Asylantrags, mit der Folge, dass der Asylbewerber ein etwaiges Gerichtsverfahren gegen die Ablehnung vom Ausland aus weiter betreiben muss.
Höchstzahlen an Asylanträgen wurden, unter anderem wegen des Balkan-Konflikts, in den Jahren 1993–1995 erreicht: 1993: 513.561, 16.396, 3,2 % (Asylanträge, Anerkennungen und Anerkennungs-Prozentsätzen).[3] Die Tiefststände lauten demgegenüber für das Jahr 2008: 20.817, 233, 1,1 %[3]. Die Zahlen erhöhen sich jedoch durch teilweise mehr als zehn Jahre dauernde gerichtliche Verfahren. Die meisten Asylsuchenden werden nicht nach Art 16a GG anerkannt, sondern als Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention, z. B. wenn sie über ein sogenanntes sicheres Drittland eingereist sind. Asylsuchende, deren Asylantrag abgelehnt worden ist, können gegebenenfalls eine Duldung aus humanitären Gründen bekommen, vor allem bei gesundheitsbedingten Abschiebehindernissen oder aufgrund rechtlicher oder tatsächlicher Abschiebehindernisse.
- Siehe auch: Aufenthaltsgesetz, Zuwanderungsgesetz, Härtefallkommission
Asyl in Österreich
Asylanträge | 12.844 |
---|---|
Entscheidungen | 11.678 |
Positiv | 3.747 31 % |
Negativ | 7.940 |
Subsidiärer Schutz | 1.625 24,5 % |
sonstige Erledigungen | 3.595 |
Quelle: BMI, asyl.at[4][5] Siehe auch: Demografie Österreichs: Asylsituation |
Asylbehörden: Dem Bundesasylamt unterstehen die Erstaufnahmestellen (EASt Ost Traiskirchen, EASt West Talham, Flughafen) sowie mit seine Außenstellen. Seit 1. Juli 08 Asylgerichtshof mit Sitz in Wien und Linz.
Das Asylverfahren: Die Einreise nach Österreich ist aufgrund der EU-weit (bzw. im Rahmen des Schengener Abkommen) geltenden Visabestimmungen für Flüchtlinge in der Regel nur mit einem echten oder gefälschtem Visum oder über die "grüne" Grenze möglich. Gelingt die "illegale" Einreise, müssen sich die Flüchtlinge an eine Polizeistelle wenden oder direkt in einem der Erstaufnahmezentren (EAST) persönlich einen Antrag auf Asyl einreichen. Danach beginnt das Zulassungsverfahren. In einer ersten Befragung innerhalb von 72 Stunden nach Einbringung des Antrages soll die Identität und die Reiseroute des Flüchtlings ermittelt werden. Die Kleider und das Gepäck des Flüchtlings werden auf Indizien durchsucht, die nachweisen, woher er/sie nach Österreich eingereist ist. Außerdem werden den Asylbewerbern ihre Dokumente ab- und zu den Akten genommen.
Es folgt die "erkennungsdienstliche Behandlung", also die Aufnahme der Personalien und die Abnahme von Finderabdrücken, die mit den im EURODAC-Zentralcomputer gespeicherten Daten verglichen werden, um festzustellen, ob der Asylbewerber bereits in einem anderen Mitgliedsland einen Asylantrag gestellt hat oder versucht hat, illegal eine EU-Außengrenze zu überqueren, oder ob er beim illegalen Aufenthalt innerhalb der EU gefasst und registriert wurde. Gleichzeitig werden, falls kein „EURODAC-Hit“ erzielt wird, die Daten im Zentralcomputer gespeichert. Dem Flüchtling wird eine „Verfahrenskarte“ ausgestellt, die zum Aufenthalt und zur Versorgung in der EAST berechtigen. Ein Verlassen der EAST ist untersagt.
Danach wird dem Flüchtling mitgeteilt, ob sein Verfahren zugelassen wird, und er bekommt für die Dauer des Asylverfahrens einen vorläufigen Aufenthalt zugesprochen und eine Aufenthaltskarte ausgehändigt. Wird ein Asylbewerber zum Asylverfahren zugelassen, ist er bis zum Ende des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt und es wird ihm eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt, die als Nachweis seiner Identität und seines rechtmäßigen Aufenthalts gilt. Zum Asylverfahren zugelassene Flüchtlinge werden einem Grundversorgungsquartier im Bundesgebiet zugeteilt und dorthin überstellt.
Wenn bei der Zuständigkeitsprüfung festgestellt wird, dass Österreich nach § 5 AsylG 2005 nicht für die Prüfung des Asylantrages zuständig ist, wird ein Zurückweisungsbescheid ausgestellt und der Asylbewerber in der Regel zur Vorbereitung und Durchsetzung der Ausweisung in Schubhaft genommen. Zwar ist es möglich, gegen eine mit der Zurückweisung im Zulassungsverfahren verbundene Ausweisung Berufung einzulegen, das bedeutet aber nicht, dass man nicht trotzdem abgeschoben werden kann, weil der Berufung nur dann eine aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, wenn der Asylgerichtshof eine solche zuerkennt.
Nach Zulassung zum Asylverfahren sollte die Prüfung des Antrages durch die erste Instanz, das Bundesasylamt, erfolgen. Es werden allerdings ein Teil der Verfahren in der EAST auch inhaltlich entschieden. Im Zuge der Ermittlungen des Bundesasylamtes kommt es meist zu einer weiteren Einvernahme der Asylbewerber. Gegen einen negativen Bescheid des Bundesasylamtes kann innerhalb von zwei Wochen Berufung beim Asylgerichtshof eingelegt werden. Dieses Gericht hat die Möglichkeit, das Verfahren selbst zu entscheiden oder an das Bundesasylamt zurückzuverweisen.
Grundversorgung (GV)
Wird ein Asylbewerber zum Verfahren zugelassen, erfolgt die Zuweisung in ein Grundversorgungsquartier in eines der neun Bundesländer. Voraussetzung für die Grundversorgung ist die "Bedürftigkeit". Wer über eigene finanzielle Mittel verfügt oder ein Visum auf Grund einer Verpflichtungserklärung einer dritten Person erhalten hat, wird in der Regel nicht in die GV aufgenommen.
Die Versorgung der Asylbewerber während des Verfahrens ist in der Grundversorgungsvereinbarung Artikel 15a B-VG und in neun Landesgesetzen geregelt. Diese Regelungen wurden erlassen, um der EU-Aufnahmerichtlinie nachzukommen. Versorgt werden sollen nicht nur Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge (Asylberechtigte) während der ersten vier Monate nach Asylgewährung, sondern auch abgelehnte Asylbewerber und andere Fremde, die nicht abschiebbar sind.
Das Innenministerium unterhält eine Koordinationsstelle, die auch für die Zuteilung und den Transport der Flüchtlinge zu ihren Quartieren in die einzelnen Bundesländer sowie für eine vierteljährliche Aufstellung der Kosten zuständig ist. Die Länder übernehmen die Versorgung und Betreuung. Die Kosten werden im ersten Jahr im Verhältnis 4:6 zwischen Ländern und Bund aufgeteilt. Dauert das Asylverfahren länger, muss der Bund die gesamten Kosten übernehmen.
Die Grundversorgungsquartiere sind entweder von NGOs betriebene Häuser bzw. Wohnungen oder von Privatpersonen oder der Gastronomie betriebene Beherbergungseinrichtungen. Bei letzteren handelt es sich oft um ehemalige Pensionen oder Gasthäuser, die mangels Rentabilität geschlossen werden mussten. Viele dieser Wirte beherbergen schon jahrzehntelang Flüchtlinge. Die Qualität der Unterbringung schwankt trotz der von den Ländern vorgegebenen Qualitätsstandards erheblich. Zudem liegen viele Quartiere verkehrsungünstig in abgelegenen Gegenden.
Während des laufenden Asylverfahrens sind Asylbewerber zum Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet berechtigt und unterliegen, anders als während des Zulassungsverfahrens, im Prinzip keiner Gebietsbeschränkung. Allerdings können sie nur in den Genuss der Grundversorgung kommen, wenn sie sich in dem ihnen zugeteilten Quartier aufhalten bzw. – falls sie privat wohnen – im zugeteilten Bundesland bleiben.
Es ist im Prinzip für Asylbewerber möglich, sich im Rahmen der GV eine individuelle Unterbringung zu suchen. Über die durch die Höhe der möglichen GV-Zahlungen (€ 180 pro Erwachsenen, € 80 pro Kind für Verpflegung und € 220 pro Familie für Mietkosten) gegebenen Beschränkungen am Wohnungsmarkt hinaus sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Voraussetzungen zu erfüllen, bevor der Schritt des "Privatgehens" zugelassen wird.
Anerkannten Flüchtlingen kann Integrationshilfe gewährt werden, sie können während ihres Verfahrens in Bundesbetreuung genommen werden. Außerdem kann zur Unterstützung von Flüchtlingen ein Flüchtlingsberater bestellt werden. Asylwerber haben grundsätzlich keinen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt, es wird jedoch ein begrenztes Kontingent an Saisonarbeitsbewilligungen erteilt. Im Normalfall besteht kein Anspruch auf Sozialhilfe für Asylbewerber, jedoch können sie, sofern sie privat wohnen, um Grundversorgung durch das jeweilige Bundesland ersuchen.
Geschichte
Asylgesetz 1991 wie Fremdenpolizeigesetz wurden von Menschenrechtsorganisationen kritisch kommentiert. Beispielsweise könnte der Tatbestand der Beihilfe zum unbefugten Aufenthalt aus dem Fremdenpolizeigesetz zur strafrechtlichen Verfolgung der Verteidiger der Rechte Illegaler, aber in ihrem Heimatland Gefährdeter führen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ordnete im November 2005 in einem Fall die Aussetzung einer Abschiebung in ein Land an, in dem Folter und „schwere Menschenrechtsverletzungen“ drohten. Das österreichische Asylrecht wurde daraufhin mit dem Fremdenrechtspaket 2005[6] grundlegend novelliert und 2007 der Asylgerichtshof (AsylGH) geschaffen, der den als Übergangslösung installierten Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) von 1998 ablöste. Aber auch die neue Gesetzeslage ist bezüglich der Drittlandbestimmungen kritisiert worden.
Österreich ist schon lange eines der typischen Asylländer der EU. Anteilig an der Bevölkerung lag es etwa 2009 auf Platz 5 der EU-27, die Quote positiver Bescheide lag aber deutlich unter dem EU-Durchschnitt.[2]
Asyl in der Schweiz
Zuständig für den Asylerhalt in der Schweiz (Anerkennung von ausländischen Flüchtlingen) ist das Bundesamt für Migration.
Das schweizerische Asylrecht erkennt, wenn keine Asylausschlussgründe vorliegen (wie Kriegsverbrechen oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Schweiz), als Flüchtlinge Personen an, welche den Kriterien nach Art. 3 AsylG der Schweiz (SR 142.31) entsprechen und dies nach Art. 7 AsylG glaubhaft machen können. Familienangehörige eines Flüchtlings werden ebenfalls als Flüchtlinge anerkannt (Art. 51 AsylG).
Im Falle einer Nichtanerkennung wird eine ausländische Person, falls besondere Umstände gegen eine Wegweisung in den Heimatstaat sprechen, weil diese nämlich als unmöglich, unzumutbar oder unzulässig angesehen wird, zwar nicht als Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention EMRK anerkannt, bekommt aber eine vorläufige Aufnahme, welche zu einem Jahr Aufenthalt in der Schweiz berechtigt und um jeweils ein weiteres Jahr verlängert wird. Die Kriterien dafür sind hoch angesetzt.
In der Schweiz ist die Aberkennung des Flüchtlingsstatus und der vorläufigen Aufnahme gängige Praxis, von der jährlich ca. 4000-5000 Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene betroffen sind. So wurde im Jahre 2005 in 1572 Fällen der Asylstatus widerrufen, und 3182 Personen verloren eine vorläufige Aufnahmeberechtigung (2006 waren es jeweils 1643 und 4401 Personen). Im Falle der Aufhebung der vorläufigen Aufnahme oder des Flüchtlingsstatus werden Ausländer aus der Schweiz in der Regel weggewiesen und, sollte man sich der Wegweisung widersetzen, 'ausgeschafft' (Schweizer Sprachgebrauch für abgeschoben).
Das im internationalen Vergleich recht humanitäre Asylrecht wurde im Jahre 2006 durch eine vom Volk in einer Abstimmung bestätigte Gesetzesrevision verschärft. Eine wichtige Neuerung galt dem Grundsatz, dass auf das Gesuch von Asylbewerbern, die keine Papiere (Identitätskarte, Pass etc.) vorweisen konnten, nur eingegangen wird, wenn das Fehlen dieser Papiere von der Behörde als entschuldbar befunden wird und sich das Vorbringen des Gesuchstellers nicht als offensichtlich haltlos erweist (Art. 32 Asylgesetz). Ist ein abgewiesener Asylbewerber nicht willig, die Schweiz zu verlassen, und lässt die ihm von dem Bundesamt für Migration sofortige Ausreisefrist verstreichen (im Falle eines Nichteintretens innerhalb von 24 Stunden), so kann er gemäß neuer Fassung des Asylgesetzes (AsylG) in Ausschaffungshaft genommen werden, auch wenn er sich nichts zuschulden kommen ließ (bei der älteren Fassung war die Delinquenz eines abgewiesenen Asylbewerbers noch Voraussetzung für eine Ausschaffungshaft). Die Haft darf nach der neuen Fassung bis 18 Monate verlängert werden (9 Monate bei der alten Fassung). Das neue Gesetz kann auch ein Asyl widerrufen, wenn Flüchtlinge die innere und äußere Sicherheit der Schweiz verletzten, gefährden oder besonders verwerfliche strafbare Handlungen begehen.[7]
Anders als in der alten Fassung des AsylG, darf die Ausschaffungshaft, die früher allein in der Kompetenz des jeweiligen Aufenthaltskantons lag, direkt vom Bundesamt für Migration an einem der vier Empfangszentren (EZ) verfügt werden. Solche Empfangszentren haben die Aufgabe einer summarischen Befragung zu Asylgründen und befinden sich in Basel, Kreuzlingen, Vallorbe und Chiasso.
Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge haben weiterhin Anspruch auf Sozialhilfe, nicht jedoch Asylsuchende mit einem rechtskräftigen Wegweisungsentscheid, welche die Ausreisefrist nicht befolgt haben. In der alten Fassung des Gesetzes waren davon nur Personen mit einem rechtskräftigen Nichteintretensentscheid betroffen. Solche können auf Antrag bei dem jeweiligen Kanton eine Nothilfe erhalten, die sich auf Essen, Obdach, Kleider und grundlegendste medizinische Behandlungen beschränkt, wobei manche Kantone der Schweiz diese kaum zu gewähren fähig sind (wegen Fehlens von entsprechenden Unterkünften).
Abgewiesene Asylbewerber müssen innerhalb einer bestimmten kurz angesetzten Frist (meist 3-4 Wochen) das Land verlassen. In den meisten Fällen ist das jedoch ohne gültige Reisedokumente nicht möglich. daher tauchen sehr viele Ausländer unter und werden dadurch in die Kriminalität getrieben. Die meisten von ihnen leben in wilder Ehe mit Partnern, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, und arbeiten ohne Arbeitsbewilligung und Sozialabgaben schwarz. Dies führt zur Problematik der steigenden Zahl von sogenannten sans papiers („ohne Papiere“).[8] Viele Sans-papiers leben seit Jahren in der Schweiz als illegale Aufenthalter, gehen aber einer bezahlten Arbeit nach.
Anders als in der alten Fassung wurde auch eine humanitäre Aufnahme eines Asylbewerbers in der Schweiz geregelt. Nach dem alten Gesetz galt ein Mindestaufenthalt von 4 Jahren, um in deren Genuss zu kommen, dessen Gewährung entweder in der Kompetenz des Aufenthaltskantons oder des Bundes lag. Nach der neuen Fassung, die eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens gesetzlich vorsieht, ist diese Frist auf 5 Jahre verlängert worden. Das Zustimmungsverfahren ist eine Kann-Bestimmung, die sowohl beim Kanton als auch beim Bund Zustimmung finden muss (Art. 14 Abs. 2 AsylG). Die Kriterien dafür sind so ausgelegt, dass eine Person, die wegen des Fehlens von erforderlichen Reisepapieren mehrere Jahre volens nolens in der Schweiz verweilen könnte, nicht mit einer humanitären Aufnahme rechnen kann, weil ihre Identität (die eine stillschweigende Voraussetzung dieser Kann-Bestimmung ist) nicht feststeht.
Geschichte
Die Schweiz war nach 1848 eine der ersten liberalen Demokratien Europas. Entsprechend setzte eine Fluchtbewegung politisch Verfolgter aus dem umliegenden Ausland ein. Die Aufnahmepraxis war anfänglich gegenüber Demokraten liberal, gegenüber sozialistisch-marxistisch Gesinnten restriktiv. Unter Bismarck geriet die Schweiz in Zugzwang, gegenüber deutschen Republikanern ebenfalls restriktiv zu agieren.
Die schwierigste und dunkelste Periode schweizerischer Asylgeschichte waren die Jahre des Nationalsozialismus. War die Aufnahmepraxis gegenüber den Juden und gegenüber politisch Verfolgten bis 1942 noch relativ großzügig, so setzte in der Folge unter dem Zwang der Ereignisse (wie der militärischen Einschließung durch die Achsenmächte) eine sehr repressive Politik ein: Der Bundesrat schloss die Landesgrenzen für Flüchtlinge aus rassischen Gründen. Tausende von Juden, die vor den deutschen Vernichtungslagern Schutz suchten, wurden zurückgewiesen und so oft in den Tod getrieben. Auch diejenigen, die die Schweiz nur als Transitland zur Durchreise in andere Länder benutzen wollten, fanden keine Gnade. Die Historikerkommission zur Aufarbeitung der Schweizer Geschichte in der NS-Zeit (UEK) hat dazu in ihrem Syntheseband folgende Zahlen publiziert: 1941 reisten noch 1201 Flüchtlinge durch die Schweiz in andere Länder weiter, 1942 waren es gerade noch 148, die vor der vollständigen Grenzschließung zum Transit durchgelassen wurden. Das wäre insofern völlig unnötig gewesen, als Mussolini bis zu seinem Sturz 1943 antisemitisch wesentlich milder eingestellt war als Hitler.
Asyl in der DDR
In der DDR suchten nur kleine Gruppen auf Zeit Schutz. Dort war das Asylrecht als Recht des Staates und nicht als subjektives Recht der Asylsuchenden in der Verfassung verankert. Flüchtlinge kamen aus Griechenland (1961 ca. 1300), Spanien und Chile (1973 ca. 2000).
Siehe auch
Literatur
Allgemein:
- Wollenschläger (Hrsg): Handbuch des Asylrechts. Bd. I 1980
- Kimminich, Asylrecht, 1968
- Kimminich: Die Geschichte des Asylechtes. In: amnesty international (Hrsg.): Bewährungsprobe für ein Grundrecht. 1978
- Martin Schäuble: Asyl im Namen des Vaters. Norderstedt 2003, ISBN 3-8311-5000-1.
- Hans Tremmel (Autor), Wilhelm Korff (Geleitwort), Grundrecht Asyl. Die Antwort der Sozialethik, Freiburg im Breisgau, Basel, Wien 1992, 2. Aufl. 1993, ISBN 3-451-22665-0, nachträglich zugleich Hochschulschrift: Freiburg, Breisgau, Univ., Diss., 1997 (Promotion nur für 2. Aufl. nachträglich), ISBN 3-451-22665-0.
- Veiter: Asylrecht als Menschenrecht. 1969
- Müller, D.: Flucht und Asyl in europäischen Migrationsregimen Universitätsverlag Göttingen 2010, ISBN 978-3-941875-71-5 open access verfügbar
Historisch:
- Bulmerincq: Das Asylrecht in seiner geschichtlichen Entwicklung, beurteilt vom Standpunkt des Rechts und dessen völkerrechtlicher Bedeutung für die Auslieferung flüchtiger Verbrecher. Eine Abhandlung auf dem Gebiete der universellen Rechtsgeschichte und des positiven Völkerrechts, 1853
- Martin Dreher (Hrsg.): Das antike Asyl. Kultische Grundlagen, rechtliche Ausgestaltung und politische Funktion. Böhlau, Köln 2003, ISBN 3-412-10103-6.
- Emil Szanto: Ἀσυλία. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 1879–1881.
- Paul Stengel: Asylon. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 1881–1886.
- Hans Wißmann, Zeev W. Falk, Peter Landau: Art. Asylrecht I. Religionsgeschichtlich II. Altes Testament III. Alte Kirche und Mittelalter. In: TRE 4 (1979), S. 315–327.
Speziell:
- Gerda Heck: ›Illegale Einwanderung‹. Eine umkämpfte Konstruktion in Deutschland und den USA. Edition DISS Band 17. Münster 2008, ISBN 978-3-89771-746-6 (Interview heiseonline 10. November 2008).
- JungdemokratInnen/Junge Linke (Hrsg.): Flucht und Migration. Broschüre zur aktuellen Asyl- und Migrationspolitik in Deutschland und Europa (PDF-Datei; 784 kB)
- J. W. Steiner: Österreichisches Asylrecht. 1990 (Asylrecht, 1992).
- M. Fruhmann: Das Mandatsverfahren nach dem Asylgesetz 1991. In: Zeitschrift für Verwaltungsrecht 1993.
Österreich:
- Brunner, Karl-Michael/Egger-Steiner, Michaela/Hlavin-Schulze, Karin/Lueger, Manfred (1998): Flüchtlingsintegration in Kleingemeinden. Ergebnisse zur dritten Gemeindestudie. Vergleichende Analyse der drei Gemeinden. Wien.
- International Helsinki Federation for Human Rights (Hg.) (1990): Asylland Österreich: Zutritt verboten? Wien
- Helgo Eberwein, Eva Pfleger: Fremdenrecht für Studium und Praxis, LexisNexis, Wien, 2011, ISBN 9783700750109
- Fronek, Heinz /Messinger, Irene (Hg.) (2002): Handbuch Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge. Recht, Politik, Praxis, Alltag, Projekte. Wien
- Grasl, Alexandra (2002): MigrantInnen als Akteure der österreichischen Politik. Politische Partizipation der neuen Minderheiten: Teilhabemöglichkeiten und -barrieren. Erste Erfahrungen ethnischer MandatsträgerInnen. Diplomarbeit, Universität Wien.
- Heiss, Gernot/ Rathkolb, Oliver (Hg.) (1995): Asylland wider Willen. Flüchtlinge in Österreich im europäischen Kontext seit 1914. Wien.
- Knapp, Anny/Langthaler, Herbert (Hg.) (1998): Menschenjagd. Schengenland in Österreich. Wien.
- Langthaler, Herbert (2007): Flüchtlingslos: Die Geschichte einer Abschottung, in: Reithofer/Krese/Kühberger (2007): Gegenwelten. Rassismus, Kapitalismus & Soziale Ausgrenzung, Graz, S. 95-108.
- Matouschek, Bernd/Wodak, Ruth/Januschek, Franz (1995): Notwendige Maßnahmen gegen Fremde? Genese und Formen von rassistischen Diskursen der Differenz. Wien
- Josef Rohrböck: Asylum-Online. Webbook, 2008 ff.
Weblinks
International und Europa:
- www.ecoi.net, European Country of Origin Information Network – Informationen zu Herkunftsländern weltweit, Datenbank für AsylanwältInnen, FlüchtlingsberaterInnen und Behörden
Deutschland:
- PRO ASYL
- Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
- Internationale Gesellschaft für Menschenrechte: Sie möchten einem Flüchtling im Asylverfahren helfen - was können Sie tun?
Österreich:
- Asylkoordination Österreich
- Asyl- und Fremdenstatistiken beim Bundesministerium für Inneres
- FlueEqual „work-iT“: Asylrechte in Österreich, www.asylhilfe.at
- http://www.asyl.at/projekte/node/casestudy_oesterreich.pdf
Schweiz:
Einzelnachweise
- ↑ nach: Josef Rohrböck: Asylum-Online. 3. Februar 2008, S. Asylrecht → Anmerkungen, abgerufen am 6. Mai 2010.
- ↑ 2,0 2,1 Trotz Protesten abgeschoben. In: Salzburger Nachrichten. 5. Mai 2010, Österreich, S. 8.
- ↑ 3,0 3,1 Statistik, Anlage Teil 4 Aktuelle Zahlen zu Asyl, BAMF (pdf)
- ↑ http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Asylwesen/statistik/start.aspx
- ↑ www.asyl.at
- ↑ Langtitel des Fremdenrechtspakets: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, ein Asylgesetz 2005, ein Fremdenpolizeigesetz 2005 und ein Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz erlassen, das Bundesbetreuungsgesetz, das Personenstandsgesetz, das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, das Sicherheitspolizeigesetz, das Gebührengesetz 1957, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Kinderbetreuungsgeldgesetz und das Tilgungsgesetz 1972 geändert werden sowie das Fremdengesetz 1997 aufgehoben wird
- ↑ NZZ: Internet-Hetzer al-Ghanam wird verwahrt 12. April 2007
- ↑ Dieser französische Begriff wird verwendet, um „papierlose“ Ausländer ohne Aufenthaltsbewilligung zu kennzeichnen.
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