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Billard um halb zehn
Billard um halb zehn (Schreibweise auch: halbzehn) ist ein 1959 erschienener Roman von Heinrich Böll.
Handlung
Am 6. September 1958 kulminiert das Schicksal einer Kölner Familie, ihrer Freunde und Gegner. Der Architekt Heinrich Fähmel feiert seinen achtzigsten Geburtstag. Während der Vorbereitungen zur Geburtstagsfeier rekapitulieren Familienmitglieder und deren Freunde die Geschehnisse der Vergangenheit aus verschiedenen Perspektiven. Nach und nach setzen sich die unterschiedlich erinnerten Ereignisse wie ein Puzzle zu einem Gesamtbild zusammen. Unter anderem wird offenbar, dass Heinrich Fähmels Sohn Robert (er spielt nach einer Stunde im Büro täglich von halb zehn bis elf in einem Hotel Billard) das Hauptwerk seines Vaters, eine Abtei, während des Zweiten Weltkrieges gesprengt hat. Der Enkel Joseph wurde nach dem Krieg am Wiederaufbau beteiligt.
Die politischen und persönlichen Verstrickungen gipfeln in einem Anschlag: Mutter Fähmel schießt auf einen früheren Nationalsozialisten, der es auch in der jungen Bundesrepublik zu Ansehen und politischem Einfluss gebracht hat.
Der Grundkonflikt, den Böll dabei mit der Symbolik vom »Lamm« und vom »Büffel« thematisiert, ist der Konflikt zwischen den selbstständig Denkenden und verantwortungsvoll handelnden Einzelnen und der opportunistischen Mehrheit.
Kritik
»Eine breit dahinflutende, schmerzlich schöne Elegie vom Leben dieser unserer eigenen Zeit, von Hoffnungen, Leiden und Illusionen. Das Buch hat Reife. Es ist aller Tendenz enthoben.« (Karl Korn in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. Juli 1959, in der Einführung zum Vorabdruck ebd.)
»[...] der Roman 'Billard um halbzehn' hat jene Größe, die man bei Böll und deutschen Schriftstellern seiner Generation vermißt hat. [...] Der Roman spielt 1958 und nur 1958. Der Weg von Generationen wird vom Resultat her gezeigt, wie es sich hier und heute dem Dichter Böll präsentiert. Nie ist die Rückblende sinnvoller angewandt worden.« (Marcel Reich-Ranicki in Die Welt, 8. Oktober 1959)
»Ich habe bei Böll den Verdacht, daß er [...] als Romancier von formalen Ambitionen bewegt wird, deren Notwendigkeit er bei größeren Vorbildern nicht recht begriffen hat. [...] die Zusammenraffung eines halben Jahrhunderts deutscher Geschichte in einer Familie poetisch zu bewältigen - das ist seine Sache einfach nicht. Ich fürchte, dieser Roman wird sehr gelobt werden.« (Paul Hühnerfeld in Die Zeit, 9. Oktober 1959)
Bearbeitungen
- Nicht versöhnt oder Es hilft nur Gewalt wo Gewalt herrscht, Film von Jean-Marie Straub, 1965
- Wozuwozuwozu, Theaterstück, bearbeitet von Anna Viebrock, Uraufführung am Schauspiel Köln, 2010
Literatur
Ausgaben
- Erstausgabe: Billard um halb Zehn. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1959
- Billard um halb zehn. Roman. Knaur-Taschenbuch Nr. 8, Droemer Knaur, München / Zürich 1963
- Billard um halb zehn. Roman. Deutscher Taschenbuchverlag, dtv, 2000 u.ö.; ISBN 3-423-00991-8
- Billard um halb zehn. Heinrich Böll. Werke. Kölner Ausgabe. Bd. 11. Hrsg. von Frank Finlay und Markus Schäfer. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002. ISBN 3-462-03150-3 [mit eingängiger Darstellung der Entstehung, Dokumentation der Vorstufen und Stellenkommentar]
Rezensionen
- Becker, Rolf: Böll. Ein Zipfelchen Wahrheit. In: Der Spiegel. 13. Jg. Nr. 44. 28. Oktober 1959. S. 80f.
- Horst, Karl August: Überwindung der Zeit. Zu dem neuen Roman von Heinrich Böll. In: Neue Zürcher Zeitung. Nr. 300. 1. November 1959.
- Hühnerfeld, Paul: Heinrich Böll: "Billard um halb zehn". Falsche Vorbilder, falsche Ambitionen beeinträchtigen auch den besten Erzähler. In: Die Zeit. Nr. 41. 9. Oktober 1959.
- Kaiser, Joachim: Was ist ein Mensch ohne Trauer? In: Süddeutsche Zeitung. Nr. 297. 12./13. Dezember 1959.
- Kirst, Hans Hellmut: Unsentimentales Familienporträt. In: Münchner Merkur. 24. Oktober 1959.
- Reich-Ranicki, Marcel: Bitteres aus liebendem Herzen den Deutschen gesagt. Der neue Roman Heinrich Bölls, "Billard um halb zehn", eine große Leistung unserer jungen Literatur. In: Die Welt (Ausgabe Berlin-West. Essen). 8. Oktober 1959.
- Widmer, Walter: Die Bewältigung der unbewältigten Vergangenheit. Zu dem neuen Roman "Billard um halb zehn" von Heinrich Böll. In: Der Kurier (München). 15. Oktober 1959.
Forschungsliteratur, Interpretationen
- Bernd Balzer: Billard um halb zehn. In: B. B.: Das literarische Werk Heinrich Bölls. Einführung und Kommentare. München 1997. S. 223-247.
- Horst Grobe: Heinrich Böll, "Billard um halb zehn". Königs Erläuterungen und Materialien, 397. C. Bange, Hollfeld 1999 ISBN 3804416640.
- Klaus Jeziorkowski: Die Schrift im Sand. In: Heinrich Böll 1917 - 1985. Hrsg. von Bernd Balzer. Peter Lang, Bern 1992. S. 135-162. [U.a. zu "Billard um halb zehn".]
- Hans Kügler: Heinrich Böll: "Billard um halbzehn". Zeit, Zeiterfahrung, Geschichtsbewusstsein. In: Deutsche Romane von Grimmelshausen bis Walser. Interpretationen für den Literaturunterricht. Hrsg. Von Jakob Lehmann. Bd. 2: Von A. Seghers bis M. Walser. Scriptor Taschenbücher, Königstein im Taunus 1982 u. ö. ISBN 3589207868 S. 413 - 432; und ebd. 1982: ISBN 3589207876 (beide Teile in einem Band).
- Annemarie & Wolfgang van Rinsum: Interpretationen: Romane, Erzählungen. Bayerischer Schulbuch Verlag, München 1991 ISBN 3762721440, darin Billard S. 156-163 [1].
- Volker Wehdeking: Billard um halb zehn. In: Heinrich Böll. Romane und Erzählungen. Interpretationen. Hrsg. von Werner Bellmann. Reclam, Stuttgart 2000. S. 179-199. ISBN 3-15-017514-3.
- Kindlers Literatur Lexikon zu Billard um halbzehn. J. B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und C. E. Poeschel: als E-Book auf CD-Rom oder online über das Munzinger-Archiv.
Weblinks
- Hannelore G. Mundt: "Billiards at Half-past Nine." Zugang zu "The Literary Encyclopedia", University of Wyoming 2007
- Anya Crosby Olsen: Kap 4 = S. 75 - 93 Volltext Wesleyan University A Woman Apart: Gender and Society in Selected Works of Irmtraud Morgner, Christa Wolf, Rainer Werner Fassbinder, and H. Böll. Bachelor of arts-Arbeit, 2011
- David Sebastian Low: Volltext (PDF; 459 kB) "Talking about the Aesthetic of the Humane. Exploring communication in the content and the structure of Heinrich Böll's early novels." Cornell University, Master of arts-Arbeit 2009
- Kirsten Nicklaus: Abendland und Wirtschaftswunder. Zur kulturkritischen Physiognomie der westdeutschen Romanprosa zwischen 1945 und 1959. Christian-Albrechts-Universität, Diss. phil., Kiel 2001. Volltext (pdf, ca. 1 MB) Auch über Hermann Kasack, Die Stadt hinter dem Strom; Ernst Kreuder, "Die Unauffindbaren" 1948; Hans Werner Richter, "Die Geschlagenen" 1949; Arno Schmidt, Schwarze Spiegel; Wolfgang Koeppen, Tauben im Gras, und Das Treibhaus
- Dieter Lohr: Die Erlebnisgeschichte der "Zeit" in literarischen Texten. Analysen von Temporalstrukturen der isländischen Laxdæla saga, des Parzival Wolframs von Eschenbach, in Grimmelshausens Simplicissimus Teutsch, Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre, Fontanes Effi Briest, und "B. um halbzehn". Auch als Print: Der Andere Verlag, Bad Iburg 1999 ISBN 3980653722
- Ingrid Fry, Stefanie Borst, Charles A. Grair: Die "Schöne neue BRD" und der passive Widerstand des Außenseiters im westdeutschen Roman der 1950er Jahre. Auch über Koeppen, Der Tod in Rom, und Walser, Ehen in Philippsburg. Texas Tech University, Library, 2006
Notizen
- ↑ Unter Verwendung von Auszügen aus folgenden Werken: Manfred Durzak: Der moderne Roman. Entwicklungsvoraussetzungen und Tendenzen, Kohlhammer 1971 usw., ISBN 3170047280, S. 64 - 67; Richard Hinton Thomas & Wilfried van der Will: Der deutsche Roman und die Wohlstandsgesellschaft, Kohlhammer 1969, 1985, ISBN 3170870866 S. 63ff.; Karl August Horst: Überwindung der Zeit, in: Werner Lengning: Der Schriftsteller Heinrich Böll. Ein biographisch-bibliographischer Abriß. dtv, 1959 bis 1984, ISBN 3423005300, S. 67 ff.
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