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Der kleine Ruinenbewohner
Der kleine Ruinenbewohner ist ein aus mehreren Prosafragmenten bestehendes Werk von Franz Kafka aus seinen Tagebüchern. Es handelt von den vielfältigen Beeinträchtigungen durch erziehende oder beaufsichtigende Personen während Kafkas Kindheit und Jugend. Dem stellt er das Bild des kleinen Ruinenbewohners entgegen, der zwar ein karges, einsames Leben führt, der aber unbelastet von erzieherischen Bemühungen ist.
Ursprung
Die Fragmente bestehen aus Einträgen in die Tagebücher und zwar aus Heft 1, Eintrag vom zweiten Halbjahr 1910, und dem Heft 2. Eigenständige Veröffentlichungen des Ruinenbewohners sind in den gängigen Kafka-Ausgaben nicht zu finden. Wohl aber wird mehrfach in aktuellen Biographien[1][2] darauf Bezug genommen.
Form und Inhalt
In den Tagebuchaufzeichnungen des ersten Heftes setzt Kafka fünfmal sprachlich leicht variiert ohne Überschriften zu einer Klage darüber an, dass ihm „seine Erziehung in mancher Richtung sehr geschadet hätte … Am liebsten wäre ich jener kleiner Ruinenbewohner gewesen, abgebrannt von der Sonne, die da zwischen den Trümmern von allen Seiten mir geschienen hatte“.
Er führt eine große Zahl an Personen auf, die ihm geschadet hätten.
Er wünscht sich, der kleine Ruinenbewohner zu sein, „horchend ins Geschrei der Dohlen, von deren Schatten überflogen, auskühlend unter dem Mond.“
Diese beiden Themen werden verschieden variiert, wobei der Vorwurf an die Personen seiner Kindheit und Jugend zunehmend literarisch ausgeprägter wird.
Im zweiten Heft der Tagebücher erscheint dann die Überschrift „Der kleine Ruinenbewohner“. Im nachfolgenden Abschnitt ist allerdings vom Ruinenbewohner keine Rede mehr, sondern es wird die Problematik des Junggesellen aus Kafkas Sicht beleuchtet.
Rezeption
- Peter-André Alt:[3] „In stets neuen Anläufen, denen das Moment kalkulierter Steuerung gänzlich abgeht, werden bei ihm (Kafka) Versuche variiert, Erzählkonstruktionen getestet, Motive geprüft. Das Tagebuch zeigt, wie quälend sich solche literarischen Prozesse bisweilen entwickeln können. Charakteristisch scheint hier das von Max Brod betitelte Fragment Der kleine Ruinenbewohner, mit dem Kafka sich in der zweiten Hälfte des Jahres 1910 abmüht. Der Entwurf weist am Ende sechs Versionen auf, die sämtlich Bruchstücke bleiben.“
- Reiner Stach:[4] „Autobiographische Fakten bieten die wenigen Blätter kaum, und nur anhand einiger Kindheitserinnerungen, die Kafka andernorts festhielt, lässt sich belegen, dass seine Liste der Verantwortlichen auf reale Personen abzielt. Beinahe scheint es, als sei die inflationäre Ausdehnung dieser Liste Kafkas Hauptvergnügen gewesen, denn nach und nach fallen ihm immer weitere Schuldige ein, ohne dass er über diese vorzubringenden Anklagepunkte noch das mindeste verriete …“
Weblinks (Text einiger Fragmentteile)
- Projekt Gutenberg Eintrag ab 19. Juli 1910
Ausgaben
- Franz Kafka: Tagebücher. Herausgegeben von Hans-Gerd Koch, Michael Müller und Malcolm Pasley. Fischer, Frankfurt am Main 1990, S. 17–27 und 112–115, ISBN 978-3-10-038150-7.
Sekundärliteratur
- Peter-André Alt: Franz Kafka: Der ewige Sohn. Eine Biographie. C. H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-53441-4.
- Reiner Stach: Kafka. Die frühen Jahre. S. Fischer, München 2014, ISBN 978-3-10-075130-0.
- Gerhard Neumann: Franz Kafka - Experte der Macht, Carl Hanser Verlag, München 2012, ISBN 978-3-446-24069-8
Einzelnachweise
Zu Lebzeiten veröffentlicht: Ein Damenbrevier | Gespräch mit dem Beter | Gespräch mit dem Betrunkenen | Die Aeroplane in Brescia | Richard und Samuel | Großer Lärm | Betrachtung | Das Urteil | Der Heizer | Die Verwandlung | Vor dem Gesetz | Der Mord | Ein Brudermord | In der Strafkolonie | Ein Landarzt | Der Kübelreiter | Ein Hungerkünstler
Postum veröffentlicht (Auswahl): Bilder von der Verteidigung eines Hofes | Beschreibung eines Kampfes | Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande | Kleine Seele | Unter meinen Mitschülern | Skizze zur Einleitung für Richard und Samuel | Die städtische Welt | Ein junger ehrgeiziger Student | Einleitungsvortrag über Jargon | Erinnerungen an die Kaldabahn | Der Dorfschullehrer | Blumfeld, ein älterer Junggeselle | Der Gruftwächter | Die Brücke | Eine Kreuzung | Der Schlag ans Hoftor | Der Jäger Gracchus | Beim Bau der Chinesischen Mauer | Eine alltägliche Verwirrung | Der Nachbar | Vom jüdischen Theater | Die Prüfung | Der Geier | Prometheus | Die Zürauer Aphorismen | Brief an den Vater | Der große Schwimmer | Unser Städtchen liegt … | Heimkehr | Zur Frage der Gesetze | Die Wahrheit über Sancho Pansa | Das Stadtwappen | Der Steuermann | Kleine Fabel | In unserer Synagoge | Das Schweigen der Sirenen | Poseidon | Die Truppenaushebung | Forschungen eines Hundes | Das Ehepaar | Fürsprecher | Gibs auf | Der Unterstaatsanwalt | Der Process | Das Schloss | Der Verschollene | Der Aufbruch | Der Bau
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Der kleine Ruinenbewohner aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. Hauptautor des Artikels (siehe Autorenliste) war Karin Röder-Rörig. Weitere Artikel, an denen dieser Autor maßgeblich beteiligt war: 67 Artikel (davon 0 in Jewiki angelegt und 67 aus Wikipedia übernommen). Bitte beachten Sie die Hinweise auf der Seite Jewiki:Statistik. |