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Eugen Bleuler

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Paul Eugen Bleuler

Paul Eugen Bleuler (geb. 30. April 1857 in Zollikon; gest. 15. Juli 1939 ebenda) war ein Schweizer Psychiater.

Leben

Bleuler wurde als Sohn eines Landwirts geboren. Er besuchte die Volksschule in Zollikon und das Gymnasium in Zürich. Bleuler studierte Medizin an der Universität Zürich und schloss 1881 ab. Zu seinem Entschluss, sein Leben der Psychiatrie zu widmen, hat wahrscheinlich eine psychische Erkrankung seiner Schwester beigetragen. Von 1881 bis 1884 war er Assistenzarzt unter Rudolf Schärer an der Anstalt Waldau in Bern. Bleuler promovierte an der Universität Bern. Es folgten Studienreisen nach Paris zu Jean Martin Charcot, nach London sowie nach München zu Bernhard von Gudden. Anschliessend war er für kurze Zeit Assistenzarzt bei Auguste Forel an der psychiatrischen Klinik Burghölzli in Zürich. 1886 wurde Bleuler Direktor der psychiatrischen Klinik Rheinau. 1898 wurde er (gegen den Willen der Fakultät) Nachfolger von Auguste Forel an der psychiatrischen Klinik Burghölzli. Er war bis 1927 deren Direktor sowie ordentlicher Professor für Psychiatrie an der Universität Zürich. Einer seiner wichtigen Mitarbeiter am Burghölzli war 1900-1909 Carl Gustav Jung. Im Jahr 1932 wurde Bleuler zum Mitglied der Gelehrtenakademie Leopoldina gewählt.

Leistungen

Bleuler war der erste europäische Klinikleiter, der sich mit der Psychoanalyse von Sigmund Freud auseinandersetzte. Im Gegensatz zu den meisten Gelehrten seiner Zeit ging Bleuler nicht von einer klaren Trennung zwischen geistiger Gesundheit und Krankheit aus. Seine Arbeiten beruhen auf einer um Details bemühten Betrachtung jedes einzelnen Falls und der Entwicklung der Person des Kranken. Bemerkenswert ist hier besonders die Beschäftigung mit den Wahnwelten einzelner Kranker und der realitätsbezogenen Auslegung ihrer Äußerungen. Bleuler entwickelte die von ihm so benannte Udenustherapie oder auch Oudenotherapie (von altgriechisch οὐδεν ouden „nichts“ sowie altgriechisch θεραπεία therapeia „Heilen“).[1][2] Diese besagt, dass man Krankheiten nicht sofort mit blindem Aktionismus behandeln, sondern den natürlichen Ablauf der Krankheit abwarten soll, wodurch man oft eine Heilung erreicht.

Bekannt geworden ist Bleuler durch seine Beschreibung der Schizophrenie, die deshalb zeitweise nach ihm auch Morbus Bleuler genannt wurde (1911: Dementia praecox oder Gruppe der Schizophrenien). Er prägte den Begriff Schizophrenie, mit dem er die Diagnose Dementia praecox von Emil Kraepelin ersetzte. Für Bleuler war die Ambivalenz das Hauptsymptom der Schizophrenie. Bleuler prägte 1911 auch den Begriff Autismus.

In einer Zeit, in der für die Behandlung der Schizophrenie und anderer psychischer Erkrankungen keinerlei medikamentöse Therapie zur Verfügung stand, erreichte Bleuler durch Verbesserung der allgemeingesundheitlichen Voraussetzungen und durch persönliche Zuwendung oft eine Besserung der Symptomatik. Er war auch einer der ersten, die auf diesen Zusammenhang hinwiesen, und bewirkte eine Abkehr von dem klassischen Irrenhaus, das nicht viel mehr als eine reine Verwahranstalt gewesen war und nicht selten zu einer seelischen Verwahrlosung der Kranken geführt hatte. Bleuler vertrat allerdings auch – wie sein Vorgänger Auguste Foreleugenische und rassistische Ansichten.

Nach dem Tod von Eugen Bleuler hat sein Sohn Manfred Bleuler (1903–1994) sein Werk weitergeführt. Die Neuauflagen des Standardwerks seines Vaters Lehrbuch der Psychiatrie, das erstmals 1916 erschien und damals schon eugenische Auffassungen enthielt, besorgte er ab 1937. In die Auflagen, welche 1937 und 1943 in Deutschland erschienen, fügte Manfred Bleuler Aufsätze von Rassenhygienikern wie Hans Luxenburger und Friedrich Meggendorf ein. In den Nachkriegsauflagen des jahrzehntelang hoch angesehenen Standardwerks wurden diese Einfügungen wieder getilgt und durch Hinweise auf psychiatrische Methoden wie Lobotomie (Hirnoperationen) und Neuroleptika (Psychopharmaka) ersetzt.

Werke (Auswahl)

  • Die schizophrenen Geistesstörungen im Lichte langjähriger Kranken- und Familiengeschichten. Thieme, 1908.
  • Dementia praecox oder Gruppe der Schizophrenien. F. Deuticke, Leipzig/Wien 1911.
  • Lehrbuch der Psychiatrie. J. Springer, Berlin 1916.
  • Das autistisch-undisziplinierte Denken in der Medizin und seine Überwindung (1919). J. Springer, Berlin 1985.
  • Sigmund Freud - Eugen Bleuler: "Ich bin zuversichtlich, wir erobern bald die Psychiatrie". Briefwechsel 1904–1937. Hrsg. von Michael Schröter. Schwabe, Basel 2012

Literatur

  • Bernhard Küchenhoff: Eugen Bleulers Beziehung zu Sigmund Freud. In: Schweizer Monatshefte. Heft Ausgabe 951, Januar/Februar 2007, S. 45–49 (online).
  • Sieben Briefe von Eugen Bleuler an Sigmund Freud. In: Lydia Marinelli, Andreas Mayer: Träume nach Freud. Die 'Traumdeutung' und die Geschichte der psychoanalytischen Bewegung. Turia + Kant, Wien 2002, S. 144-159.
  • Thomas Huonker: Diagnose «moralisch defekt». Kastration, Sterilisation und Rassenhygiene im Dienst der Schweizer Sozialpolitik und Psychiatrie 1890–1970. Orell Füssli, Zürich 2003, ISBN 3-280-06003-6.
  • Arnulf Möller, Daniel Hell: Das Gesellschaftsbild von Eugen Bleuler – Anschauungen jenseits der psychiatrischen Klinik. In: Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie. 2003, S. 661–667 (Zusammenfassung).
  • Rolf Mösli (Hrsg.): Eugen Bleuler. Pionier der Psychiatrie, Römerhof Verlag, Zürich 2012, ISBN 978-3-905894-12-7.
  • Daniel Hell, Christian Scharfetter, Arnulf Möller (Hrsg.): Eugen Bleuler – Leben und Werk. Verlag Hans Huber, Bern 2001, ISBN 3-456-83646-5.
  • Daniel Hell, Christian Scharfetter, Arnulf Möller: Eugen Bleulers Seelenverständnis: Fragmente einer künftigen Werkbiographie. In: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie. 2001, S. 232–240 (online).
  • Christian Scharfetter: Eugen Bleuler 1857 - 1939. Studie zu seiner Psychopathologie, Psychologie und Schizophrenielehre. Juris, Dietikon 2001, ISBN 3-260-05449-9.
  • Willi Wottreng: Hirnriss – Wie die Irrenärzte August Forel und Eugen Bleuler das Menschengeschlecht retten wollten. Weltwoche-ABC-Verlag, Zürich 1999, ISBN 3-85504-177-6.
  • Urs Aeschbacher: Psychiatrie und «Rassenhygiene». In: Aram Mattioli (Hrsg.): Antisemitismus in der Schweiz 1848–1960. Orell Füssli, Zürich 1998, ISBN 3-280-02329-7.
  • Manfred Bleuler: Eugen Bleuler. Die Begründung der Schizophrenielehre. In: Hans Schwerte, Wilhelm Spengler (Hrsg.): Forscher und Wissenschaftler im heutigen Europa. 2. Mediziner, Biologen, Anthropologen. Stalling, Oldenburg 1955, S. 110–117. (Reihe: Gestalter unserer Zeit Bd. 4)

Weblinks

 Commons: Eugen Bleuler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Udenustherapie
  2. Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch, München/ Wien 1965.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Eugen Bleuler aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.