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Evangelium (Buch)

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Ältestes bekanntes Fragment eines Evangelientextes, Papyrus 52 („Johannesfragment“), recto (Vorderseite), entstanden vor 150 n. Chr.
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Der Begriff Evangelium kommt aus dem Altgriechischen (εὐαγγέλιον eu-angelion) und bedeutet „gute Nachricht“ oder „frohe Botschaft“. Mit den Evangelien sind meistens die vier Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas, und Johannes im Neuen Testament der christlichen Bibel gemeint. Darüber hinaus sind noch weitere Evangelien überliefert, die nicht zum biblischen Kanon gehören. Sie werden als apokryphe Evangelien bezeichnet.

Die Verfasser der vier Evangelien werden auch als die Evangelisten bezeichnet.

Begriffsgeschichte

In der von vorchristlichen Juden erstellten griechischen Übersetzung des Alten Testaments, der Septuaginta, findet sich der Begriff evangelion mehrmals in Szenen, in denen einem König die Nachricht von einem militärischen Sieg überbracht wird. Im nachexilischen Judentum war mit Evangelium vor allem die vom Propheten Jesaja[1] angesagte Heilsbotschaft gemeint.

Im Imperium Romanum bezeichnete der Begriff Nachrichten aus dem Kaiserhaus, die als "gute Nachrichten" aufgefasst wurden. Zur Zeit des Evangelisten Markus war es die Nachricht von der Inthronisation Vespasians zum Kaiser. Markus übernimmt den Begriff und gibt ihm in der Anwendung auf Jesus von Nazaret eine kontrastierende Bedeutung.[2]

Im Neuen Testament bezeichnet εὐαγγέλιον die Frohbotschaft vom Heilsgeschehen in Jesus Christus. Diese Frohbotschaft ist mündliche Verkündigung, nicht etwas schriftlich Fixiertes.

Einige Kirchenväter bezeichnen das gesamte Neue Testament als Evangelium. Die Bezeichnung Evangelium im Zusammenhang mit den kanonischen Evangelienschriften findet sich bei Irenäus: das Evangelium als die eine Botschaft von Jesus Christus in vier Formen – nach (nicht von) Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Justinus verwendet den Ausdruck in beiden Bedeutungen.

Die vier neutestamentlichen Evangelien

Als Evangelien gelten die am Beginn des Neuen Testaments (NT) stehenden vier Bücher. Sie berichten über das Wirken Jesu und entstanden ungefähr ein halbes Jahrhundert nach dem Leben Jesu. Die Verfasserangaben (wie "Evangelium nach Matthäus" usw.) gehören nicht zum ursprünglichen Text der Evangelien, wurden aber früh hinzugefügt (sie sind in der gesamten Überlieferung einheitlich).

  • Evangelium nach Matthäus
    • Verfasser: traditionell Matthäus, Apostel und davor Zöllner[3]
    • Wirkungsbereich: wahrscheinlich Persien, Kaspisches Meer, Griechenland, eventuell Äthiopien
    • Adressaten: vor allem Judenchristen mit guter Kenntnis der jüdischen Bibel
  • Evangelium nach Markus
    • Verfasser: traditionell Johannes Markus, kein Apostel, soll Material für seinen Bericht von Apostel Petrus erhalten haben
    • Wirkungsbereich: wahrscheinlich Kleinasien, Griechenland, Rom, Ägypten
    • Adressaten: vor allem Heidenchristen
  • Evangelium nach Lukas
    • Verfasser: traditionell Lukas, kein Apostel, war Arzt und einer der Begleiter des Paulus, sein Bericht unterscheidet sich von den anderen durch gehobene Sprache
    • Wirkungsbereich: wahrscheinlich Jerusalem, Kleinasien, Rom
    • Adressaten: vor allem gebildete Heidenchristen
  • Evangelium nach Johannes
    • Verfasser: traditionell Johannes, Apostel
    • Wirkungsbereich: wahrscheinlich Jerusalem, Kleinasien
    • Adressaten: allgemein Christen, deren Glaube vertieft werden soll

Die Entstehungszeit der neutestamentlichen Evangelien liegt zwischen 30 n. Chr. (dem Jahr der Kreuzigung Jesu) und ungefähr 100 n. Chr. (denn im frühen 2. Jahrhundert gibt es Belege dafür, dass sie bereits existierten: Papyri und Kirchenväter-Zitate). Trotz der nur kurzen Zeit des öffentlichen Wirkens Jesu gibt es also von ihm mehr frühe Überlieferungen als von den meisten antiken Persönlichkeiten.[4] Die älteste noch erhaltene biographische Darstellung z.B. von Augustus wurde ein Jahrhundert nach dessen Tod geschrieben; bei Mohammed liegen zwei Jahrhunderte dazwischen.

Um Vermutungen über die genaue Entstehungszeit der einzelnen Evangelien anzustellen, werden folgende Kriterien zugrundegelegt: Stilistische Eigenheiten, wechselseitige Bezüge der Texte, theologische Unterschiede und Bezugnahmen auf historische Fakten. In der folgenden Tabelle finden sich einige Datierungsversuche (alle Jahresangaben natürlich "nach Christus"):

Evangelium Adolf von Harnack (1851–1930) John A. T. Robinson (1919–1983) Werner G. Kümmel (1905–1995) Klaus Berger (1940-) Heutige Mehrheits­meinung
Matthäus 70–75 n. Chr. 40–60+ 80–100 71 80–90
Markus 65–70 n. Chr. 45–60 ca. 70 vor 70 um 70
Lukas 79–93 n. Chr. 57–60+ 70–90 65-71 80–90
Johannes 80–110 n. Chr. 40–65+ 90–100 68/69 um 100

Obwohl die ersten drei Evangelien viele Begebenheiten ähnlich berichten, und der Inhalt des Markus-Evangeliums größtenteils bei Matthäus und Lukas enthalten ist, wurden dennoch alle vier Evangelien für den kirchlichen Gebrauch beibehalten. Es wurde weder z.B. das Markus-Evangelium weggelassen noch trat eine Evangelienharmonie (d.h. eine aus den vier Evangelien zusammengestellte durchgehende Erzählung) an die Stelle der Evangelien (die von Tatian erstellte Evangelienharmonie war zwar in der syrischen Kirche beliebt, aber verdrängte die Evangelien nicht). Die entstehende Großkirche entschied sich dafür, diese vier in den christlichen Gemeinden gebrauchten Evangelien gesondert in den neutestamentlichen Kanon aufzunehmen. (Siehe dazu auch neutestamentliche Apokryphen.)

Neben den vier genannten Evangelien kursierten in manchen christlichen Gemeinden ab dem 2. Jahrhundert auch Evangelien, die nicht in den Kanon aufgenommen und als "apokryphe" Evangelien bezeichnet wurden. Von ihnen sind u.a. überliefert das Thomasevangelium, das Petrusevangelium, das Judasevangelium, das Evangelium der Wahrheit und das Philippusevangelium. Von solchen Evangelien sind z.T. nur Fragmente oder Zitate bei Kirchenvätern erhalten.

Siehe auch

Wiktionary: Evangelium – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. siehe Online-Ausgabe IBS Europe, Deutsche Bibelgesellschaft usw.,40,9–12 EU
  2. Martin Ebner: Das Markusevangelium und der Aufstieg der Flavier. Eine politische Lektüre des ältesten "Evangeliums", in: Bibel und Kirche, 2. Quartal 2011, S. 64ff
  3. Encyclopedia Britannica: „Tatsächlich steht bei keinem der Bücher dessen Schreiber deutlicher fest als beim Buch Matthäus. Angefangen von Papias, Justin dem Märtyrer, Irenäus, Tatian, Theophilus, Clemens, Tertullian und Origenes, wird dies einstimmig anerkannt.“ – Ausgabe 1913
  4. So die Einschätzung von Martin Hengel, Anna Maria Schwemer: Jesus und das Judentum. Geschichte des frühen Christentums, Bd. 1. Mohr Siebeck, Tübingen 2007, S. 197. Dort (S. 193—198) auch die konkreten Vergleiche.

Literatur

→ für einführende bibelwissenschaftliche Grundinformationen siehe die unter Bibel notierten bibelkundlichen Handbücher

  • Johannes Joachim Degenhardt, Hans Thimme, Reinhard Wegner (Hgg.): Die Datierung der Evangelien. Symposion des Instituts für Wissenschaftstheoretische Grundlagenforschung vom 20 -23. Mai 1982 in Paderborn. Deutsches Institut für Bildung und Wissen, Paderborn 3. A. 1986.
  • Detlev Dormeyer: Evangelium als literarische und theologische Gattung (Erträge der Forschung; 263). WBG, Darmstadt 1989.
  • Detlev Dormeyer: Evangelium. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
  • Dirk Frickenschmidt: Evangelium als Biographie. Die vier Evangelien im Rahmen antiker Erzählkunst (Texte und Arbeiten zum neutestamentlichen Zeitalter; 22). Francke, Tübingen 1997. ISBN 3-7720-1873-4
  • Martin Hengel: Die vier Evangelien und das eine Evangelium von Jesus Christus. Studien zu ihrer Sammlung und Entstehung (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament; 224). Mohr Siebeck, Tübingen 2008. ISBN 3-16-149663-9
  • Kilian Ruckstuhl, Hans Weder: Neue Zürcher Evangeliensynopse. Zürich 1996.
  • Dirk Wördemann: Das Charakterbild im bíos nach Plutarch und das Christusbild im Evangelium nach Markus (Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums; NF 1/19). Schöningh, Paderborn 2002. ISBN 3-506-79069-2
  • Paul Barié: Die Evangelien: rätselhaft schön. Profane Lesarten biblischer Texte. (Kulturgeschichtliche Reihe; 10). Sonnenberg, Annweiler 2010. ISBN 978-3-933264-49-7

Weblinks

 Commons: Gospels – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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