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Francisco de Goya
Francisco José de Goya y Lucientes (* 30. März 1746 in Fuendetodos, Aragón, Spanien; † 16. April 1828 in Bordeaux) war ein spanischer Maler und Grafiker des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts.
Leben und Werk
Francisco de Goya war der Sohn des angesehenen Vergolders José de Goya († 1781) und der verarmten Landadeligen Gracia Lucientes y Salvador. Er war das vierte Kind nach zwei Schwestern und einem Bruder; es folgten nach ihm zwei weitere Brüder. Der älteste, Tomás, übernahm später die Werkstatt des Vaters. Die Zusammenarbeit der Vergolder mit Malern, Bildhauern und Schreinern bei der Herstellung von kirchlichen Retabeln war zurückgegangen, da diese barocken Werke dem Zeitgeschmack nicht mehr entsprachen. Francisco musste folglich ein anderes Handwerk lernen, denn die väterliche Werkstatt konnte ihm kein zusätzliches Einkommen sichern.[1]
Goya hatte daher ab 1760 Unterricht bei dem Barockmaler José Luzán in Saragossa und wirkte später hauptsächlich in Madrid. Zwischen 1775 und 1776 entwarf er Modelle für die königliche Teppichmanufaktur Santa Bárbara in Madrid und wurde später zum Akademieprofessor ernannt. In den 1770er Jahren machte er die Bekanntschaft von Luis de Borbón y Farnesio, dem Bruder des spanischen Königs Karl III., dessen Familienangehörige er später mehrfach porträtierte. Im Jahr 1786 trat er als Hofmaler zunächst in die Dienste Karls III. und ab 1788 in die Karls IV. Dabei verlief sein „Aufstieg“ keineswegs glatt, sondern war von ständigen Auseinandersetzungen mit der Academia San Fernando, bei der er sich mehrmals erfolglos bewarb, anderen Hofmalern, besonders mit seinem Schwager Francisco Bayeu, sowie vom Ringen um Aufträge geprägt.
Er schuf religiöse Fresken, beispielsweise für die Basílica del Pilar in Saragossa, und einige von Giovanni Battista Tiepolos Malerei beeinflusste Altarbilder. Wenig später wurde er von Anton Raphael Mengs für die Arbeit als Maler für die königlichen und von Mengs gegründeten Tapisserie-Werkstätten angeworben. Die Entwürfe für die Teppiche zeigen volkstümliche spanische Szenen und beginnen so die Rokoko-Tradition aufzuweichen. Zahlreiche Porträts entstanden für den Adel, wie zum Beispiel das Gemälde Bildnis der Marquesa de Pontejos von 1786, und für das spanische Königshaus.
Als besonders schonungslos in seiner realistischen Darstellung überrascht heute Die Familie Karls IV., entstanden im Jahr 1800. Ein zeitgenössischer Kritiker äußerte, der König (5. v. rechts auf dem Gemälde) und seine Frau (7. v. rechts) „sähen aus wie ein Bäcker und seine Gemahlin nach einem Lotteriegewinn.“ Kunsthistorisch ist das Gemälde in Zusammenhang mit dem Werk Las Meninas von Goyas berühmtem Vorgänger Diego Velázquez zu sehen. Wie Vélazquez stellt sich auch Goya auf dem Bild hinter seiner Staffelei als subjektiver Beobachter der Familie des Königs am Hofe dar.
Im Jahr 1792 erkrankte Goya schwer, was zu einer lebenslangen Gehörlosigkeit führte. Für Spekulationen und Legendenbildung, nicht zuletzt im Roman Goya oder der arge Weg der Erkenntnis von Lion Feuchtwanger verarbeitet, sorgte seine vermeintliche Liebesaffäre mit der Herzogin von Alba, die er mehrfach porträtierte. Jedoch sind zu dieser Thematik nur sehr wenige aussagekräftige Quellen überliefert.
In den 1790er Jahren lässt sich eine Wende in seinem künstlerischen Schaffen festhalten. Goyas Kunst zielte nun nicht mehr allein auf das höfische Umfeld und dessen Repräsentationswünsche. Langsam zog er sich von seinen öffentlichen Ämtern zurück und schuf Druckgrafiken, welche er auf dem freien Markt zu verkaufen versuchte. Die unter Verwendung der Aquatintatechnik angefertigten Los Caprichos (ca. 1796/1797, Erstveröffentlichung 1799) und Desastres de la Guerra (1810–1820) zeigen, wie scharfsinnig er sich mit den politischen und sozialen Umständen seiner Zeit beschäftigt hat. Die Desastres de la Guerra sind besonders geprägt von den Folgen und Gräueltaten während der napoleonischen Herrschaft und dem Unabhängigkeitskrieg der spanischen Bevölkerung. Malerisch thematisierte Goya diese Ereignisse in Werken wie Die Erschießung der Aufständischen vom 3. Mai 1808 (1814). Im selben Jahr musste er sich vor der Inquisition für die berühmten Gemälde der im deutschsprachigen Raum wegen einer Falschübersetzung aus dem Spanischen als bekleidete und nackte Maja bekannten Bilder rechtfertigen. Die nackte Maja war das erste Aktbild der spanischen Kunst, auf dem Schamhaar zu sehen ist. Das Gemälde war ursprünglich durch ein Scharnier mit seinem Gegenstück Die bekleidete Maja verbunden – mittels dieser Vorrichtung ließ sich die freizügige Variante durch die züchtige Darstellung verdecken. Nicht nur diese Gemälde erregten Anstoß, sondern auch die Radierungsfolgen Caprichos und Desastres, in denen Goya die Verfehlungen und Laster der damaligen Kirchenvertreter kritisch anprangerte.
Als letzter der großen Radierzyklen Goyas entstand die 1816 veröffentlichte Tauromaquia, eine Folge über die Kunst des Stierkampfs, die aus 33 Radierungen besteht. Sie setzt den Stil der Desastres mit den tumultartigen Einzelkämpfen fort.[2]
Nachdem die Bourbonen wieder auf dem spanischen Thron saßen, wurde Goya erneut als Hofmaler eingesetzt. Mit dem Ringen von Monarchisten und Liberalen waren die politischen Unruhen jedoch längst nicht beseitigt. Goya zog sich 1819 auf sein Landhaus „Quinta del Sordo“ („Landhaus des Tauben“) zurück, dessen Wände er bis 1823 bemalte. Die sogenannten Pinturas negras (Schwarze Bilder) sind ein eindrucksvolles Zeugnis seines Spätwerks, in denen sich düstere Phantasien des Malers mit den bedrückenden Zeitumständen vermischt zu haben scheinen. Sie wurden inzwischen abgenommen, auf Leinwand übertragen und dem Prado übergeben.[3] Beispiele für diese Wandgemälde sind Phantastische Vision und Hund.
Schließlich wurde die Situation für Goya, der in liberalen Kreisen verkehrte, nicht mehr tragbar. Um politischen Verfolgungen zu entgehen, reiste er nach Frankreich, wo er von 1824 an in Bordeaux lebte. Dort arbeitete er an seinen letzten Radierungen, die Stierkampfszenen zeigen. Als Goyas letztes Gemälde gilt das um 1827 entstandene Milchmädchen von Bordeaux (La lechera de Burdeos), von dem Kritiker mutmaßen, es könnte von Maria del Rosario Weiss (1814–1845) gemalt worden sein.
1824 kam Maria mit ihrer Mutter Leocadia Zorilla nach Frankreich; letztere sollte den Haushalt von Goya führen. Goya unterrichtete Maria im Malen und Zeichnen, sie wurde später selbst als Malerin in Frankreich und Spanien tätig. Dies führte zu Spekulationen, dass sie möglicherweise eine uneheliche Tochter von Goya gewesen sein könnte, aber mehrere Goya-Biografen sind anhand der Lebensdaten der Meinung, dass dies unwahrscheinlich ist. [4] Goya starb am 16. April 1828 in Bordeaux. 1901 wurde sein Leichnam nach Spanien überführt und 1919 in der Ermita de San Antonio de la Florida in Madrid beigesetzt.
Werke
Druckgrafische Serien
- 1796–1797: Los Caprichos (Einfälle)
- 1810–1814: Desastres de la Guerra (Schrecken des Krieges)
- 1815–1816: Tauromaquia (Stierkampfszenen)
- 1816–1824: Los Disparates (Torheiten)
Bedeutende Gemälde
- 1783: Bildnis der María Teresa de Borbón y Vallabriga, National Gallery of Art, Washington
- 1784: Familie des Infanten Don Luis, Fondazione Magnani-Rocca, Parma
- um 1786: Bildnis der Marquesa de Pontejos, National Gallery of Art, Washington
- 1786–1787: Riña de gatos, Museo del Prado, Madrid
- 1792: Die Strohpuppe, Museo del Prado, Madrid
- 1797–1800: Die nackte Maja (La maja desnuda), Museo del Prado, Madrid
- 1800: Bildnis der María Teresa de Borbón y Vallabriga, Museo del Prado, Madrid
- 1800–1801: Die Familie Karls IV. (La familia de Carlos IV), Museo del Prado, Madrid
- 1801: Bildnis der María Luisa de Borbón y Vallabriga, Uffizien, Florenz
- 1802–1805: Die bekleidete Maja (La maja vestida), Museo del Prado, Madrid
- 1804–1805: Porträt der Doña Isabel de Porcel, National Gallery, London
- 1811: Zwei Majas auf einem Balkon, Metropolitan Museum of Art, New York
- 1812: Der Duke of Wellington, National Gallery, London
- 1812: Das Irrenhaus, Academia de San Fernando, Madrid
- 1812–1819: Das Begräbnis der Sardine (El entierro de la sardina)
- 1814: Die Erschießung der Aufständischen (El tres de mayo), Museo del Prado, Madrid
- 1819: Die letzte Kommunion des Hl. Josef von Calasanza, San Antonio Abad
- 1820: Selbstbildnis mit Dr. Arrieta, Minneapolis Institute of Arts
- 1820–1823: Pinturas negras, Museo del Prado, Madrid: Saturn, einen seiner Söhne verschlingend; Hund
- um 1827: Milchmädchen von Bordeaux, Museo del Prado, Madrid
Das Werk Der Koloss (El Coloso) von 1808–1810, ausgestellt im Museo del Prado, Madrid, wurde lange als eines seiner Werke angesehen. Die Urheberschaft war schon lange umstritten;[5] die neuesten Erkenntnisse durch das Prado-Museum lassen den Schluss zu, dass Der Koloss ein Werk des Goya-Schüler Asensio Juliá sein müsste.[6]
Aus Caprichos: Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer oder: Der Traum der Vernunft gebiert Ungeheuer.
Rezeption
Kunst
Viele nachfolgende Künstler, besonders Maler, haben Werke von Goya nachempfunden, bildnerisch interpretiert oder sich in Form einer Hommage mit dem "Meister" auseinandergesetzt. Für die Entwicklung des Realismus in der Kunst, zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, war Goyas Werk ebenfalls prägend.
Die britischen Künstlerbrüder Jake und Dinos Chapman beziehen sich in vielen Werken auf Goya.
Literatur
- Jean Claude Carrière, Miloš Forman: Goyas Geister. dtv, München 2007, ISBN 3-423-24590-5
- Lion Feuchtwanger: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis. 1951. ISBN 3-937572-09-0
- Heinrich Heil: Solo Goya. Erzählung. In: Frau und Hund. Hrsg. Markus Lüpertz. Nr 4. 2004. S. 431- 440. ISBN 3-937572-09-0
- Jacek Dehnel: Saturn. Czarne obrazy z życia mężczyzn z rodziny Goya. 2011 (dtsch: Saturn. Schwarze Bilder der Familie Goya. Hanser-Verlag, München 2013, ISBN 978-3-446-24328-6)
- Richard Muther, Francisco de Goya, ABOD 2006, Hörbuch, ISBN 3-8341-0177-X
Musik
- Enrique Granados:
- Goyescas. Klavierzyklus, der durch die Bilder Goyas inspiriert wurde; 1911
- Goyescas. Oper, teilweise Bearbeitung des gleichnamigen Klavierzyklus, Libretto: Fernando Periquet; 1915
- Mario Castelnuovo-Tedesco: 24 Caprichos de Goya op 195 für Gitarre solo, 1961
- Hans Werner Henze: Los Caprichos - Fantasia per Orchestra, 1963
- Gian Carlo Menotti: Goya. Oper. Uraufgeführt 1986
- Michael Denhoff: Desastres de la guerra. Orchesterbilder nach Goya, 1983 / Los disparates. Skizzen nach Goya für Trio basso, 1988
- Maury Yeston: Goya: A Life in Song. Musical. Uraufgeführt 1988.
- Michael Nyman: Facing Goya. Oper, 2000
- Helmut Oehring: Goya II-Yo Lo Vi, Memoratorium für Soli, Chor, Elektronik und Orchester, Uraufgeführt Oktober 2008, Philharmonie Berlin
- Arne Jansen: The Sleep of Reason. Ode to Goya, durch die Bilder Goyas inspirierter Jazz, CD 2013
Film
- Goya, the Secret of the Shadows, ein Dokumentarfilm von David Mauas, Spanien, 2011, 77'
- Goya. Dokumentarfilm. 18 min. 1948.
- Goya. Zweiteiliger Fernsehfilm des WDR, 115' + 95', Buch und Regie: Wilhelm Semmelroth. 1969.
- Goya – oder der arge Weg der Erkenntnis. Verfilmung von Feuchtwangers Roman. Regie: Konrad Wolf. 1971.
- Goya, historia de una soledad. Regie: Nino Quevedo. 1971.
- Goya in Bordeaux. Regie: Carlos Saura. 1999.
- Volavérunt. Regie: Bigas Luna. 1999.
- Goyas Geister. Regie: Miloš Forman. 2006.
Literatur
- Jeannine Baticle: Francisco de Goya – Höfling und Rebell. Maier, Ravensburg 1992, ISBN 3-473-51024-6
- Pierre Gassier, Juliet Wilson: Goya: Leben und Werk. Fribourg (Schweiz) 1971 dt: Benedikt-Taschen-Verlag, Köln, 1994, ISBN 3-8228-9125-8
- José Gudiol: Goya. Bongers, Recklinghausen 1991, ISBN 3-7647-0417-9
- Jutta Held: Goya, Rowohlt, Reinbek, 8. Aufl. 2005, ISBN 978-3-499-50284-2
- Bernhard Heuken: Francesco Goya: Las Pinturas Negras. Inaugural Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich Wilhelms Universität zu Bonn, 1974.
- Werner Hofmann: Goya. Vom Himmel durch die Welt zur Hölle. C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-54177-1; Rezension von Jörg Traeger in: Zeitschrift für Kunstgeschichte Band 70, 2007, S. 131–138.
- Robert Hughes: Goya : Der Künstler und seine Zeit. Blessing, München 2004, ISBN 3-89667-205-3
- Sigrun Paas-Zeidler: Goya – Radierungen. Hatje, Stuttgart 1978, ISBN 3-7632-2331-2
- Wilhelm Salber: Undinge. Goyas schwarze Bilder. Köln 1994, ISBN 978-3-88375-201-3
- Janis A. Tomlinson, Francisco Calvo Serraller (Hrsg.): Goya – Images of Women. National Gallery of Art, Washington, D.C. 2002, ISBN 978-0-89468-293-3.
- Jörg Traeger: Goya. Die Kunst der Freiheit. Beck, München 2000, ISBN 3-406-46672-9
- Gerlinde Volland: Männermacht und Frauenopfer. Sexualität und Gewalt bei Goya. Reimer, Berlin 1993, ISBN 3-496-01105-X
Weblinks
- Literatur von und über Francisco de Goya im Katalog des Ibero-Amerikanisches Institut in Berlin
- Literatur von und über Francisco de Goya im Katalog der Bibliothek des Instituto Cervantes in Deutschland
- Literatur von und über Francisco de Goya im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Goya und Picasso – Tauromachie, Ausstellung 2007 im Wallraf-Richartz-Museum
Einzelnachweise
- ↑ Jutta Held: Goya, S. 7 f
- ↑ Jutta Held; Goya, S. 111
- ↑ Jutta Held; Goya, S. 127
- ↑ Francisco de Goya im Exil. Abgerufen am 27. November 2008.
- ↑ It's official: 'Goya work' was painted by his pupil Elizabeth Nash, The Independent, 27. Juni 2008.
- ↑ http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/kunst/Beruehmtes-Gemaelde-Der-Koloss-nicht-von-Goya/story/29526024
Digitalisierte Werke
- Goyas Schreckgespenster, Bildessay in GEO Epoche „Weltmacht Spanien“
- Ausführliche Sammlung an Goya Radierungen (spanisch)
- Werke von Francisco de Goya bei Zeno.org
- Goya digital des Madrider Museo del Prado (rund 1.200 Werke, Skizzen und Privatkorrespondenz)
- Web Gallery of Art
- Caprichos (PDF in der Arno-Schmidt-Referenzbibliothek der GASL) (10,06 MB)
- Desastres de la Guerra (PDF in der Arno-Schmidt-Referenzbibliothek der GASL) (10,65 MB)
Personendaten | |
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NAME | Goya, Francisco de |
ALTERNATIVNAMEN | Lucientes, Francisco José de Goya y; Lucientes, Francisco de Goya y; Goya, Francisco |
KURZBESCHREIBUNG | spanischer Maler und Grafiker |
GEBURTSDATUM | 30. März 1746 |
GEBURTSORT | Fuendetodos, Aragón, Spanien |
STERBEDATUM | 16. April 1828 |
STERBEORT | Bordeaux, Frankreich |
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