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Gaudium et spes

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Gaudium et spes (GS) (Freude und Hoffnung) heißt, nach ihren Anfangsworten, die Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil formuliert und am 7. Dezember 1965 von Papst Paul VI. promulgiert wurde.

Entstehung

Dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) lagen zu Beginn über 70 unterschiedlichste Arbeitsentwürfe (sog. Schemata) zur Beratung vor. Diese wurden im Verlauf der vier Sitzungsperioden teilweise gekürzt, teilweise zusammengefasst oder auch gestrichen. Der Text von Gaudium et spes war dagegen ein neuer Entwurf der Konzilsväter selbst, der unter dem Eindruck der Eröffnungsansprache Johannes XXIII. und auf Initiative vieler Bischöfe erst während des Konzils entstand.

Anders als noch in der Enzyklika Humani generis von Pius XII., die sich kritisch mit der Moderne der Nachkriegszeit befasste, wünschten die Konzilsväter eine positive Positionsbeschreibung.

Viele ihrer Grundzüge sind an die Enzykliken Mater et magistra und Pacem in terris (1961/1963) von Papst Johannes XXIII. angelehnt.

Aufbau und Titel

Die Konstitution ist in zwei Teile geteilt. Die Kapitel 11 bis 45 beschäftigen sich mit allgemeinen Fragen über „Die Kirche und die Berufung des Menschen“, die Kapitel 46 bis 90 widmen sich wichtigen Einzelfragen.

Bereits in der ersten Fassung des Textes war der Titel einer Konstitution vorgesehen. In den folgenden (Zwischen-)Fassungen wurde auf diesen Titel jedoch verzichtet. Erst im April 1965 während der Ausarbeitungsphase durch die Gemischte Kommission wurde der Titel „Consitutio pastoralis” vorgeschlagen.[Moeller 1] In den Generalkongregation wurde der Titel und der Anspruch des Textes diskutiert. Damit verbunden ist die Verbindlichkeit des Textes als solches. Erzbischof Gabriel-Marie Garrone wies daher darauf hin, dass der Text durchaus die Intention habe Lehraussagen zu tätigen, die das Verhältnis von Kirche und Welt betreffen. Dies hat aber auch einen pastoralen Charakter.[Moeller 2] In einer Abstimmung wurden von 541 Vätern Vorschläge zur Umbenennung eingereicht, die meisten von ihnen tendierten dem Text den Charakter einer Erklärung („declaratio”) zukommen zulassen. Insgesamt war aber die Mehrheit für die Beibehaltung des Titels Pastoralkonstition. Damit gehört der Text zu der „zentralen Quadriga”, den vier Konsitutionen des Konzils.[Moeller 3] Zur Erklärung wurde dem ersten Artikel eine Fußnote beigefügt. Der Terminus „pastoral” bedeute, dass „gestützt auf Prinzipien der Lehre, das Verhältnis der Kirche zur Welt „und zu den Menschen von heute dargestellt wird.” (GS 1). Im ersten Teil der Konstitution „entwickelt die Kirche ihre Lehre vom Menschen, von der Welt, in die der Mensch eingefügt ist und von ihrem Verhältnis zu beiden.” (GS 1) Der zweite Teil wendet diese Lehre an und betrachtet konkrete Situationen und Fragen der Menschen und der heutigen Gesellschaft. So enthält der zweite Teil neben „unwandelbaren” auch „geschichtlich bedingte Elemente” (GS 1), was Auswirkungen auf die Deutung hat. Die Interpretation, dies legt die Bemerkung fest, ist „also nach den allgemeinen theologischen Interpretationsregeln” zu vollziehen. (GS 1). Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte finden sich in beiden Teilen der Konstitution pastorale und dogmatische Aspekte.[Moeller 4]

Inhalt

Ehe und Familie

In GS 47–52 wird über die Bedeutung der Ehe und Familie geschrieben. Die Ehe wird als ein personales Geschehen zwischen Mann und Frau definiert, dass die gegenseitige Liebe voraussetzt. In diesem Rahmen sieht die Ehe die Bereitschaft zur Zeugung von Kindern vor (vgl. GS 50).

Die Frage nach der Empfängnisverhütung wurde im Konzil auf Wunsch von Papst Paul VI. nicht abschließend behandelt, sondern die Gründung einer Kommission empfohlen, die sich eingängig mit den neuen Möglichkeiten der Geburtenregelung beschäftigen sollte (vgl. GS 51; Anm. 14). Diese Anmerkung weist auch auf ein „dynamisches Verständnis der kirchlichen Lehre” hin, welches sich, aufgrund der neuen Möglichkeiten, erst entwickelt.[1] Gleichzeitig ist festzustellen, dass „keine konsequente Übertragung der Ehetheologie [die in den vorherigen Abschnitten von GS entwickelt wurde] auf die Frage der Geburtenregelung stattfindet.”[2]

Weitere Aussagen

  • Der Mensch ist Urheber, Mittelpunkt und Ziel des wirtschaftlichen Lebens und der Kultur, denn die Würde der menschlichen Person gründet in der Gottesebenbildlichkeit.
  • Die menschliche Person ist auch Träger und Ziel aller gesellschaftlichen Institutionen. Die Kirche weiß sich mit allen Menschen darin verbunden; daraus entwickelt sich der Auftrag im Dienst an anderen, eine humane Gesellschaft zu gestalten.
  • Die Kirche braucht den offenen Dialog mit der Welt, um – lehrend wie lernend – die Zeichen der Zeit zu erkennen und ein Gemeinwohl, im weltweiten Kontext, nach Gottes Ordnung anzustreben.
  • Dieses setzt die Kenntnis der Situation des Menschen in der heutigen Welt voraus, wobei die gegenwärtig starken Wandlungen zu berücksichtigen sind. Trotzdem ist die Kirche an keine besondere Form der Kultur und kein besonderes gesellschaftliches, wirtschaftliches oder politisches System gebunden, sondern eine Entität sui generis.
  • Es wird ausgesagt, dass die Demokratie die Regierungsform im Staat ist, welche ihrer Struktur nach den Staatsbürger die günstigsten Voraussetzungen für die Entfaltung von Initiativen und Gemeinsinn bietet (Ein monarchisches Staatsoberhaupt steht dem nicht im Wege, wenn dieses keine autoritäre Regierungsform legitimiert). Autoritäre Staatsmodelle stützt die Kirche nicht mehr, insbesondere dann nicht, wenn diese totalitäre Ideologien verbreiten. Daher können in konkreten Situationen auch Christen zu unterschiedlichen politischen Lösungen kommen, aber man muss im offenen Dialog zur Klärung der Fragen einen Grundkonsens (im Sinne der katholischen Soziallehre) miteinander wahren.
  • Zum Thema Arbeit wird ausgeführt, dass sie Vorrang vor allen anderen Faktoren des wirtschaftlichen Lebens hat. Infolgedessen hat der Staat Vorsorge gegen einen Missbrauch des privaten Eigentums zu treffen, wenn es in Widerspruch zum Gemeinwohl tritt.
  • Gaudium et spes billigt das Recht auf sittlich erlaubte Verteidigung, tritt aber gleichzeitig vehement für die Forderung nach einer internationalen friedenschaffenden Autorität ein: Der Krieg sei völlig zu untersagen (insbesondere GS 82).
  • Den Laien ordnet die Kirche den eigenverantwortlichen Platz für die weltlichen Aufgaben und Tätigkeiten zu; ihnen obliegt die Aufgabe, dem bürgerlichen Leben das Gebot Gottes einzuprägen. Notwendig hierbei ist die Grundsatztreue in Verbindung mit einer situationsbezogenen Sachgerechtigkeit.

Einordnung

Die Situationsanalyse des Konzils ging dahin, dass das kirchliche Lehramt in den 1950er Jahren weithin als „Stimme ohne Tragweite“ (d’Hospital) empfunden wurde. So hat Gaudium et spes alles in allem einen anspruchsvollen Weltauftrag der Kirche formuliert.

Etliche Theologen und kirchliche Mitarbeiter leiten aus der Pastoralkonstitution her, dass in der Kirche selbst politische Partizipation und eine diskursive Ethik vonnöten seien. Die intendierte Stärkung des pastoralen Amtes, indem es sich fortan im Weltauftrag auf die Sachkunde der Laien stützt, steht vielerorts, zumindest in Europa, noch zu erwarten.

Rezeption

Fortgeführt wurden die Aussagen der Konstitution lehramtlicherseits in den Schreiben Populorum progressio und Octogesima adveniens von Papst Paul VI. und in etlichen Lehraussagen von Papst Johannes Paul II., der bereits mit seiner Antrittsenzyklika Redemptor hominis von 1979 den integralen Humanismus zum Leitbild seines Pontifikats erklärte.

Literatur

  • Franz Gmainer-Pranzl, Magdalena Holztrattner (Hg.): Partnerin der Menschen – Zeugin der Hoffnung. Die Kirche im Licht der Pastoralkonstitution Gaudium et Spes. Tyrolia, Innsbruck 2010. ISBN 978-3-7022-3107-1.
  • Jürgen Brinkmann, Hartmut Bühl (Hrsg.): Christen für den Frieden. E. S. Mittler, Herford 1990, ISBN 3-8132-0337-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bernhard Häring CSSR: Zweiter Hauptteil, Erstes Kapitel des Zweiten Teils – Einleitung und Kommentar. In: Josef Höfer, Karl Rahner (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche (LThK). 2. Auflage. Band 14, Herder, Freiburg im Breisgau 1968. (=Das Zweite Vatikanische Konzil, Dokumente und Kommentare) ND 2014, 423–447, 444.
  2. Herbert Schlögel: Die Bischofssynoden zu Ehe und Familie (2014/15), Eine neue Phase der Konzilsrezeption, in: IKaZ 43 (2014) 300–312, 302.
  1. S. 280
  2. vgl. S. 282
  3. S. 282.
  4. S. 282
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