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Georges-Eugène Haussmann

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Georges-Eugène Haussmann

Georges-Eugène Baron Haussmann (​[⁠ʒɔʁʒ øʒɛn ba.ʁɔ̃ os.man⁠]​, * 27. März 1809 in Paris; † 11. Januar 1891 ebenda) war von 1853 bis 1870 Präfekt des französischen Départements Seine und gilt als der Stadtplaner von Paris. Er gab dem Stadtzentrum durch seine Regularien nach der Mitte des 19. Jahrhunderts das moderne Pariser Stadtbild, das bis heute erhalten ist.

Leben

Haussmann entstammte mütterlicherseits einer angesehenen pfälzischen evangelisch-lutherischen Pfarrersfamilie. Er wurde als zweitältestes Kind von vier Geschwistern als Sohn des Nicolaus Valentin Haussmann und seiner Ehefrau Eva Maria Henrietta Carolina, Tochter des deutschen Pfarrers, Jakobiners und Offiziers in napoleonischen Diensten, Georg Friedrich Dentzel, in Paris geboren. Haussmanns Vater, im höheren Militärdienst, starb 1876 hochbetagt als Offizier der Ehrenlegion. Er war Enkel von Nicolas Haussmann, Mitglied der Gesetzgebenden Versammlung und des Konvents für das Departement Seine-et-Oise.

Nach Abschluss eines Jurastudiums in Paris im Jahr 1831 diente Haussmann zunächst als Unterpräfekt in einer Reihe von Provinzstädten, wo er sein Organisationstalent und sein Durchsetzungsvermögen unter Beweis stellen konnte. Zu seinem Zuständigkeitsbereich gehörten unter anderem der Ausbau des Wegenetzes, die Schulverwaltung und die Wasserversorgung der Gemeinden. Napoléon III. wurde auf Haussmann vor allem durch dessen Arbeit im Département Yonne und in Bordeaux aufmerksam.

Napoléon III. erkannte in Haussmann den geeigneten Mann, um seine hochgesteckten Ziele in Hinblick auf eine grundlegende städtebauliche Umgestaltung seiner Hauptstadt zu verwirklichen. Er ernannte ihn 1853 zum Präfekten von Paris, damals Département de la Seine, und stattete ihn mit außergewöhnlichen Befugnissen aus. Haussmann war in dieser Funktion bis 1870 zur weitgehenden Zufriedenheit des Monarchen tätig. Der französische Kaiser wollte Paris zu einer modernen Metropole des Industriezeitalters gestalten, um sich mit den Hauptstädten der anderen europäischen Großmächte wie London und St. Petersburg messen zu können. Die Metropole sollte durch die Anlage monumentaler Sichtachsen übersichtlich gegliedert und den Anforderungen des modernen Straßen- und Schienenverkehrs angepasst werden. Neben den Verkehrsanlagen entstanden auch weitläufige Grünanlagen nach englischem Vorbild, zum Teil als Erweiterung und Neugestaltung vorhandener Anlagen (z. B. Jardin du Luxembourg, Bois de Boulogne). Beim Umbau der Stadt spielten auch militärische Aspekte eine Rolle, so begünstigte die „Haussmannisierung“ von Paris die Kampfführung regulärer Truppen gegenüber aufständischen Bürgern.[1]

Die Arbeiten konzentrierten sich im Wesentlichen auf die Areale des Louvre, des Tuilerien-Palastes, die Zufahrtswege zum Hôtel de Ville, die Rue de Rivoli, die Umgebung der Oper, die Île de la Cité, die Grands Boulevards, die noch aus der Zeit Louis XIV. stammten, und die Avenuen, die auf den Place de l’Étoile (heute Place Charles de Gaulle) zulaufen. Insgesamt wurden Straßen von rund 150 Kilometern Länge neu gebaut. Neben den großen Markthallen Les Halles (diese Hallen wurde 1969 abgerissen und durch das Forum des Halles ersetzt) entstanden die großen Bahnhöfe und andere kommunale Einrichtungen, darunter mehrere Theater und auch eine neue Kanalisation.

Das Erscheinungsbild der neuen Stadtviertel wurde durch den damals europaweit verbreiteten Baustil des Klassizismus geprägt, an dessen Ausprägung die Académie des Beaux-Arts maßgeblich beteiligt war. Haussmann trieb zudem die Eingemeindung der Vororte außerhalb des bereits 1840 geschleiften alten Befestigungsgürtels voran. Von den Ingenieuren und Städtebauern, die für Haussmann arbeiteten, seien Jean-Charles Alphand (Bois de Boulogne, 1854), Jakob Ignaz Hittorff, Victor Baltard, Charles Garnier, Antoine Bailly und Louis Duc genannt.

Eine solche radikale Umgestaltung rief natürlich auch Kritiker auf den Plan. Man beklagte zunächst den unwiederbringlichen Verlust von Kulturgut, wobei die aufkommende Kunst der Fotografie zumindest einige Erinnerungen an das alte Paris festhalten konnte (siehe Charles Marville). Weiters sorgten die zwangsweise Umsiedlung zahlreicher Bürger und die Grundstückspekulationen immer wieder für Unmut. Gedämpft wurde die Kritik allerdings durch die gute Beschäftigungslage.

Noch vor der Niederlage Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, der Abdankung des Kaisers und der Gründung der Dritten Republik musste Haussmann als Vertrauter des Kaisers am 5. Januar 1870 seinen Posten räumen. Man warf ihm vor, sein Vermögen im Zuge des Stadtumbaus durch Beteiligungen an öffentlichen Ausschreibungen erworben zu haben, konnte ihm jedoch keinen Gesetzesbruch nachweisen. Als Abgeordneter Korsikas (1877–1881) war er noch ein weiteres Jahrzehnt politisch tätig.

Rezeption

Die Umgestaltung von Paris unter Haussmann wird heute trotz der schwerwiegenden Eingriffe in Stadtbild und Sozialstruktur teilweise positiv rezipiert. Nach ihm wurde der Boulevard Haussmann benannt, ein mehrere Kilometer langer Straßenzug im 8. und 9. Arrondissement zwischen der Avenue de Friedland und dem Boulevard Montmartre.

Haussmanns Umgestaltung von Paris hatte im 19. und 20. Jahrhundert Beispielswirkungen auf andere europäische Großstädte. Bukarest europäisierte sich in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Pariser Vorbild.[2] Aber auch Buenos Aires strebte unter seinem Bürgermeister Torcuato de Alvear nach dem Vorbild der Architektur Haussmanns zum „Paris Südamerikas“ zu werden, indem die 1894 eröffnete Avenida de Mayo einen Anfang machte.[3] Sowohl Mussolini wie Hitler dachten an ähnliche Umgestaltungen ihrer Metropolen. Mussolini musste sich aufgrund der Dichte historischer Bauten in Rom auf die Durchbrüche der Via della Conciliazione in Richtung Petersdom und der Via dei Fori Imperiali in Richtung Kolosseum in Rom begnügen.[4] Hitlers Vorstellungen bezüglich der beiden „großen Achsen“ in Berlin (bzw. Germania) blieben Pläne.[5]

Haussmanns Zeitgenosse Jules Ferry schuf angesichts der fantastisch anmutenden Pläne Haussmanns das Bonmot von „Haussmans fantastischen Rechnungen“ (les comptes fantastiques de Haussmann), dabei wird aus den gleich klingenden Wörtern compte „Rechnung“ und conte „Erzählung“ ein Homophon mit unterschiedlichen Bedeutungen, demnach ein mehrdeutiges Wortspiel, frei nach Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach. Er gab 1868 eine Broschüre mit diesem Titel heraus.[6] Der Wiener Schauspieler und Feuilletonist Egon Friedell sah das „neue Paris“ Haussmanns 1931 in seiner Kulturgeschichte als „getreues Abbild des Zweiten Kaiserreichs: fassadenhaft, niederschreiend, künstlich und parvenühaft.“[7]

Werk

  • Baron Haussmann: Mémoires. Édition intégrale. Précédée d’une introduction générale par Francoise Choay et d’une introduction technique par Bernard Landau et Vincent Sainte Marie Gauthier. Éditions du Seuil, Paris 2000, ISBN 2-02-039898-2.

Literatur

  • Georges Valance: Haussmann le Grand. Flammarion, Paris 2000
  • Jean Firges: Die Stadt Paris. Geschichte ihrer Entwicklung und Urbanisierung. Kulturgeschichtliche Reihe, 3. Sonnenberg, Annweiler 1998, ISBN 3-933264-00-6, Kap. 6.7, S. 51ff.
  • Pierre Lavedan: Nouvelle histoire de Paris. Histoire de l’Urbanisme à Paris. Collection «Que sais-je?» Hrsg. Association pour la publication d’une histoire de Paris. Hachette Livre, Paris 1975, ISBN 2-01-001662-9[8]
  • David P. Jordan: Die Neuerschaffung von Paris. Baron G. E. Haussmann und seine Stadt. Fischer, Frankfurt 1996, ISBN 3-10-037714-1.
    • in Englisch: Transforming Paris. The Life and Labors of Baron Haussmann. Free Press, New York NY u. a. 1995, ISBN 0-02-916531-8 (auch: University of Chicago Press, Chicago IL 1996, ISBN 0-226-41038-2).
  • Jean des Cars, Pierre Pinon: Paris – Haussmann. Éditions du Pavillon de l’Arsenal, Paris 1991, ISBN 2-907513-11-7[9]

Weblinks

 Commons: Baron Georges-Eugène Haussmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vgl. Kapitel 7 in Eyal Weizman: Sperrzonen. Israels Architektur der Besatzung, Edition Nautilus: Hamburg 2009; ISBN 3-89401-605-1 und Koloniale Architektur in der Metropole (Link nicht mehr abrufbar).
  2. Einfluss in Bukarest und Bukarest als „Paris des Ostens“ (Memento vom 13. Februar 2009 im Internet Archive)
  3. Wiener Zeitung: Einfluss in Buenos Aires (Memento vom 19. Februar 2006 im Internet Archive), 29. Januar 1999
  4. Haussmann wird Mussolinis Vorbild, S. 180 (PDF; 910 kB)
  5. Hitler u. Speer, S. 60. (Memento vom 10. Januar 2014 im Internet Archive) (PDF; 549 kB)
  6. Jules Ferry über Haussmann
  7. Egon Friedell, Kulturgeschichte der Neuzeit. Die Krisis der Europäischen Seele von der Schwarzen Pest bis zum Ersten Weltkrieg, München (Beck) Sonderausgabe 2007, Seite 1127, ISBN 978-3-406-63641-7
  8. zuerst Presses universitaires de France PUF, Paris 1960, jedoch wesentlich kürzer. Französisch.
  9. Ausstellungskatalog 19. September 1991 – 5. Januar 1992
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