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Dritte Französische Republik
Troisième République française Dritte Französische Republik 1871–1940 | |||||
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Wahlspruch: Liberté, égalité, fraternité (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) | |||||
Amtssprache | Französisch | ||||
Hauptstadt | Paris | ||||
Staatsform | semipräsidiale Republik | ||||
Regierungsform | parlamentarische Demokratie | ||||
Staatsoberhaupt | Staatspräsident siehe Liste der Präsidenten Frankreichs | ||||
Regierungschef | Président du Conseil siehe Liste der Premierminister von Frankreich | ||||
Währung | Französischer Franc | ||||
Gründung | 1871 | ||||
Unabhängigkeit | 1871 | ||||
Nationalhymne | Marseillaise | ||||
Die Dritte Französische Republik 1885 mit Kolonien |
Als Dritte Französische Republik (französisch: Troisième République française) bezeichnet man den französischen Staat zwischen 1871 und 1940.
Allgemeines
Nach der Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71, der Pariser Kommune und dem Sturz Napoléons III. war zunächst die Wiedereinführung einer konstitutionellen Monarchie geplant. Nach langer Auseinandersetzung einigten sich Legitimisten und Orléanisten darauf, Henri d’Artois, dem Grafen von Chambord, die Thronfolge anzutragen. Dieser lehnte es jedoch ab, sich auf die noch zu schaffende Verfassung und die Trikolore zu verpflichten und es kam zur Ausrufung einer „temporären“ Republik am 4. September 1870. Die Assemblée Nationale (Nationalversammlung) nahm sich neun Jahre Zeit, um die Monarchie zu verwerfen und eine Verfassung vorzuschlagen.
Die Verfassung sah eine Legislative mit Zwei-Kammer-Parlament (Abgeordnetenkammer und Senat) vor, welche gemeinsam als Nationalversammlung einen Präsidenten mit starker Stellung gegenüber der Regierung auf sieben Jahre wählten. Die Stellung des Präsidenten war nicht ganz so stark wie später in der gaullistischen Konzeption für die Fünfte Republik. Der Ministerpräsident war abhängig von der Mehrheit im Abgeordnetenhaus, und die Kabinette wechselten recht häufig.
Außenpolitisch hatte es der neue Staat zunächst schwer. Bismarck (von 1862 bis 1890, mit einer kurzen Unterbrechung im Jahr 1873, Ministerpräsident von Preußen und zugleich von 1867 bis 1871 Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes sowie von 1871 bis 1890 erster Reichskanzler des Deutschen Reiches) sorgte für Frankreichs außenpolitische Isolierung, und als einzige längerfristig bestehende Republik in Europa neben der Schweiz und dem Zwergstaat San Marino hatte Frankreich mit dem Misstrauen der anderen, monarchischen Mächte zu rechnen.
Innenpolitisch kämpfte der Staat besonders darum, den Einfluss der katholischen Kirche zurückzudrängen (Näheres hier). Das führte zu einem rigorosen Laizismus, der bis heute zum französischen Selbstverständnis gehört, und zum Ausbau des staatlichen Schulsystems. 1905 wurde als eine Konsequenz aus der Affäre Dreyfus das Gesetz zur Trennung von Religion und Staat angenommen, wodurch die vollkommene Trennung von Staat und Kirche – frz. la laïcité, dt. Laizismus – in der Verfassung verankert wurde.
Im Ersten Weltkrieg (frz. La Grande Guerre) verfolgte Frankreich unter anderem das Ziel, sich für die 'Schmach von 1870/71' zu revanchieren (siehe Kriegsziele der Franzosen, Revanchismus).
Von den knapp 8,1 Millionen eingezogenen Franzosen starben 1,3 Millionen oder etwa 1,5 Millionen. Frankreich gehörte nach dem Krieg zu den Siegermächten der Entente und diktierte den Verlierern im Versailler Vertrag harte Bedingungen. Das 1871 an Deutschland verlorene Elsass-Lothringen kam wieder zu Frankreich.
In der Zwischenkriegszeit verfolgte Frankreich zunächst die Politik der Sicherheit am Rhein (1923 Ruhrgebietsbesetzung unter Ministerpräsident Poincaré), der die deutsch-französische Annäherung im Locarnovertrag 1925 folgte. Die folgenden Jahre waren Krisenjahre mit schnell wechselnden Regierungen. Dazu trug auch die Weltwirtschaftskrise bei. Sie begann in vielen Ländern im Winter 1929 und in Frankreich verzögert 1931 (siehe Weltwirtschaftskrise in Frankreich). Am 6. Februar 1934 beteiligte sich die faschistische Bewegung Croix de Feu an einer antiparlamentarischen Straßenschlacht. Nach dem Rücktritt von Édouard Daladier (1934) bildete Gaston Doumergue eine Regierung der nationalen Einheit (frz. Union Nationale), die ohne Zustimmung der Kommunisten und Sozialisten auskommen musste. 1936 konnten die Parlamentswahlen von der neu gebildeten Volksfront aus Sozialisten, Kommunisten und Radikalsozialisten mit der Parole «Brot, Frieden, Freiheit» gewonnen werden. Der Sozialist Léon Blum wurde 1936/37 und 1938 Ministerpräsident. Sein Nachfolger wurde zweimal der Radikalsozialist Edouard Daladier. Die Volksfront verfolgte konsequent das Prinzip der Nichteinmischung und war auf Frieden und Verteidigung eingestellt. Gegenüber Deutschland verfolgte sie eine Appeasement-Politik.
Als Hitler am 1. September 1939 den Polenfeldzug begann, reagierte Frankreich zusammen mit Großbritannien mit der Kriegserklärung. Frankreich war jedoch bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges militärisch relativ unvorbereitet. Die Französische Armee blieb bis zur deutschen Besetzung Belgiens am 10. Mai 1940 in der Defensive („Sitzkrieg“) und überschätzte seine ab etwa 1930 gebaute Maginot-Linie, ein aus einer Linie von Bunkern bestehendes Verteidigungssystem. Die Kämpfe nach dem deutschen Angriff ab 10. Mai 1940 endeten nach wenigen Wochen mit einer völligen Niederlage der französischen Armee. Am 14. Juni 1940 besetzten deutsche Truppen Paris. Staatspräsident Albert Lebrun beauftragte nach dem Rücktritt des Ministerpräsidenten Reynaud Marschall Pétain am 16. Juni 1940 mit der Regierungsbildung und mit Waffenstillstandsverhandlungen. Hitler konnte den Besiegten die Bedingungen diktieren.
Die Dritte Republik endete im Juni 1940 mit der Kapitulation gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland. Etwa sechs Zehntel Frankreichs ("Zone occupée") kamen unter deutsche Besatzung (siehe Karte). Philippe Pétain gründete im Juli 1940 in Vichy den „État Français (übers.: 'Französischer Staat').
Institutionen
1875 waren drei Verfassungsgesetze angenommen (Verfassungsgesetz über die Organisation der französischen Staatsgewalt, Verfassungsgesetz über die Organisation des Senates, Verfassungsgesetz über die Beziehungen der französischen Staatsgewalten untereinander), es galt also keine Verfassung im eigentlichen Sinne.
Die Legislative wurde in zwei Kammern geteilt, die zusammen ein Parlament (Assemblée Nationale) bildeten (siehe Zweikammersystem). Die Chambre des Députés (mit mehr als 600 Abgeordneten) wurde durch ein Allgemeinwahlrecht gewählt. Der Senat (300 Senatoren, gewählt für neun Jahre) wurde alle drei Jahre in einem Drittel neu gewählt. Die Mitglieder des Senats wurden von den Wahlkomitees (collèges électoraux) der Départments oder der Dorfgemeinschaften gewählt.
Das Haupt der Exekutive war der Präsident (Président de la République), gewählt für sieben Jahre durch die Assemblée Nationale. Er hatte selbst keine Haftbarkeit und alle seine Aktivitäten mussten von einem Minister beglaubigt werden. Seine einzige Macht war zu entscheiden, wer ein neues Kabinett bilden sollte. Die Regierung war verantwortlich gegenüber dem Abgeordnetenhaus und dem Senat.
Präsidenten der III. Republik
- Adolphe Thiers, 1871–1873
- Patrice Edme Graf von MacMahon, 1873–1879
- Jules Grévy, 1879–1887
- Marie François Sadi Carnot, 1887–1894
- Jean Casimir-Périer, 1894–1895
- Félix Faure, 1895–1899
- Émile Loubet, 1899–1906
- Armand Fallières, 1906–1913
- Raymond Poincaré, 1913–1920
- Paul Deschanel, Februar 1920 – September 1920
- Alexandre Millerand, 1920–1924
- Gaston Doumergue, 1924–1931
- Paul Doumer, 1931–1932
- Albert Lebrun, 1932–1940
Siehe auch: Liste der Präsidenten Frankreichs
Krisen in der III. Republik
Die III. Republik war gekennzeichnet von einer Reihe von Konflikten, Krisen und Skandalen. So schien 1889 ein Staatsstreich durch General Boulanger zu drohen, der sich später erschoss. Im gleichen Jahr erschütterte der Panamaskandal die Republik und in den 1890er Jahren führte die Dreyfus-Affäre erst an den Rand eines Krieges mit Deutschland und dann an den Rand eines Bürgerkrieges zwischen Nationalisten, die eine Revision des Hochverratsurteils gegen Dreyfus als Angriff gegen die französische Armee ansahen, und Republikanern. Als eine Konsequenz aus der Dreyfus-Affäre wurde 1905 das Gesetz zur Trennung von Religion und Staat angenommen, wodurch die vollkommene Trennung von Staat und Kirche - frz. la laïcité, dt. Laizität - in der Verfassung verankert wurde. In der Faschoda-Krise von 1898 kollidierten die kolonialen Ansprüche von Frankreich und Großbritannien; ein militärischer Konflikt beider Staaten in Afrika (und anschließend möglicherweise in Europa) konnte befürchtet werden.
Auch im 20. Jahrhundert blieb die Republik nicht von Konflikten und Krisen verschont: es folgten die Marokkokrisen (1905/06 und 1911), der Erste Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise (ab 1929), die inneren Konflikte im Zusammenhang mit der Volksfrontregierung der 1930er Jahre und das Ende der Republik im Zweiten Weltkrieg.
Hinsichtlich der Zahl seiner Regierungen war Frankreich wesentlich instabiler als Deutschland oder Großbritannien. Vom Ende des Ersten Weltkriegs gab es siebenundzwanzig französische Kabinette, in Deutschland vierzehn, in England sieben.[1]
Literatur
- Jens Ivo Engels: Kleine Geschichte der Dritten französischen Republik (1870–1940). Böhlau, Köln 2007, ISBN 978-3-8252-2962-7 (UTB für Wissenschaft; 2962).
- Günther Fuchs, Udo Scholze, Detlev Zimmermann: Werden und Vergehen einer Demokratie. Frankreichs Dritte Republik in neun Porträts; Léon Gambetta, Jules Ferry, Jean Jaurès, Georges Clemenceau, Aristide Briand, Léon Blum, Edouard Daladier, Philippe Pétain, Charles de Gaulle. Universitätsverlag, Leipzig 2004, ISBN 3-937209-87-5.
- William Fortescue: The Third Republic In France 1870–1940. Conflicts and Continuities. Routledge, London 2000, ISBN 0-415-16945-3.
- William L. Shirer: Der Zusammenbruch Frankreichs. Aufstieg und Fall der Dritten Republik („The collapse of the rhird republic“). Heyne, München 1978, ISBN 3-453-48040-6 (2 Bde.).
- David Thomson: Democracy in France. The Third and Fourth Republics. Hesperides Press, London 2006 ISBN 1-4067-1918-8 (Nachdr. d. Ausg. London 1952, online (partiell, mit Suchfunktion) Standardwerk Online komplett, Ausgabe 1952).
Einzelnachweise
- ↑ Harold James: Geschichte Europas im 20. Jahrhundert. Fall und Aufstieg 1914-2001, München 2004, ISBN 3-406-51618-1, S. 86
Fränkisches Reich (481–814) | Westfränkisches Reich / Königreich der Franken/Königreich Frankreich (843–1791) | Zeit der konstitutionellen Monarchie 1791–1792 | Erste Republik (1792–1804) | Erstes Kaiserreich (1804–1814/15) | Königreich der Franzosen (1814/15–1830 Restauration & 1830–1848 Julimonarchie) | Zweite Republik (1848–1852) | Zweites Kaiserreich (1852–1870) | Dritte Republik (1871–1940) | Vichy-Regime (1940–1944) | Provisorische Regierung (1944–1947) | Vierte Republik (1947–1958) | Fünfte Republik (seit 1958)
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