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Gott (Christentum)

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Die christliche Religion und christlich beeinflusste Philosophie geht davon aus, dass es einen Gott (griech. θεός, lat. deus) gibt. Die Vorstellungen des christlichen Gottes erfuhren im Laufe der Zeit mehrere Änderungen. Das Christentum ging aus dem hellenistischen Judentum hervor und wurde sowohl von den jüdischen Gottesvorstellungen, mehr noch von der griechischen Philosophie beeinflusst. Im frühen Christentum hatte sich noch kein weithin akzeptierter Satz von christlichen Dogmen etabliert, sodass mehrere große christliche Glaubensrichtungen und Kirchen mit sehr unterschiedlichen Gottesvorstellungen koexistierten. Mit dem weltlich-kirchlichen Ersten Konzil von Nicäa und weiteren Bekenntnissen etablierten proto-orthodoxe Christen ein minimales Gotteskonzept, das sich seitdem in der Trinitätslehre der großen Konfessionen widerspiegelt. Dieses Glaubensbekenntnis beschreibt einen Gott in Form der heiligen, göttlichen Dreifaltigkeit aus den drei göttlichen Personen Gott Vater, Gott Sohn und Gott heiliger Geist. Der dreifaltige christliche Gott, gemäß dieses Glaubensbekenntnisses, wurde als Jesus Christus von der menschlichen Gottesmutter Maria sowohl als Mensch als auch als Gott geboren und unter römischer Justiz als Krimineller durch Kreuzigung hingerichtet.

Frühes Christentum

Paulus glaubte Jesus Christus in seiner neutestamentlichen Theologie als göttlichen Erlöser der Menschheit und Sohn Gottes. Er entwickelte aber noch keine detaillierte Theologie von der speziellen Beziehung zwischen Gott und Jesus Christus und glaubte auch noch nicht an die göttliche Dreifaltigkeit. Die Klienten seiner Sekte waren vornehmlich Römer und hellenistische Griechen.

In der frühchristlichen, heidenchristlichen Phase kann zwischen zwei großen Gruppen unterschieden werden. Auf der einen Seite gab es vom Hellenismus beeinflusste Denker, die ein mehr griechisch-philosophisches Verständnis vom neutestamentlichen Gott hatten, und die menschliche Vernunft zu dessen Verständnis als ausreichend befanden. Auf der anderen Seite gab es jene Gläubige, die sich zumindest teilweise auf einige umgedeutete jüdische, und später die christlichen, Offenbarungen stützten.[1]

Gnostizismus

Die Gnostiker waren die ersten christlichen Theologen nach Philon von Alexandria, die die Ideen des Mittelplatonismus aufgriffen.

Gnostiker glaubten, dass es am Anfang einen perfekten Gott gab. Im Apokryphon des Johannes ist beschrieben, wie Sophia ein imperfektes und missgestaltetes göttliches Wesen namens Jaldabaoth hervorbrachte, den Gott der Juden.

Der Gnostizismus tendierte dazu, Gott völlige Transzendenz und Unergründlichkeit zuzusprechen; im Apokryphon des Johannes beispielsweise finden sich eindeutige Aussagen zur Transzendenz. Gott sei mehr als nur ein „Gott“, sondern eine Monade, perfekt, unendlich, unergründlich, unsichtbar, ewig, unnennbar, und ohne definierbare Attribute. Basilides ging laut Hippolyt von Rom in der Betonung der negativen Eigenschaften soweit, zu behaupten, dass der nichtexistente Gott das nichtexistente Universum aus dem Nichts erschuf.[2]

Der valentinische Gelehrte Ptolemäus behauptete in seinem Brief an Flora, das Alte Testament sei völlig falsch, da es einen unvollkommenen Gott beschreibe. Es müsse daher weder vom wahren, perfekten Gott, noch vom Teufel, sondern von einem dazwischen liegenden Gott, dem Demiurg und Schöpfer der Welt, inspiriert worden sein.[3]

Proto-Orthodoxie

In ihren Schriften beschreiben proto-orthodoxe Kirchenväter wie Tatian, Athenagoras und Theophilus Gott als transzendent und ewig, frei von zeitlichen oder räumlichen Grenzen, und mit höchster übernatürlicher Macht und Ehre ausgestattet.[4]

Der erste bedeutende christliche Apologet, Justin der Märtyrer, beschrieb in seinen Schriften eine transzendente Gottesvorstellung, die teilweise vom Mittelplatonismus beeinflusst war. Gott sei der ewige, unbewegliche, unveränderliche Grund und Herrscher des Universums, namenlos und unbeschreiblich, unerschaffen, weit weg im Himmel weilend und seine Geschöpfe beobachtend, jedoch unfähig, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Tatian und Athenagoras beschrieben ähnliche Vorstellungen. Athenagoras fasste zusammen, Gott sei „unerschaffen, ewig, unsichtbar, unergründlich, unbegreiflich und unendlich“, und alleine durch den Verstand zugänglich.[5]

Theophilus betonte die Transzendenz Gottes und wies darauf hin, dass alle anderen Bezeichnungen sich auf seine Attribute und Handlungen beziehen, nicht aber auf sein Wesen selbst. Ähnliches wurde auch von Albinus und dem Corpus Hermeticum behauptet.[6]

Eine noch höhere Lehre von Gott vertrat Clemens von Alexandria. Für ihn war Gott körperlos, formlos, und ohne Attribute. Er stehe über Raum und Zeit, Tugend und Güte, und sogar noch über der Monade. Die menschliche Vorstellung könne Gott nicht begreifen; der beste Weg, eine Vorstellung von ihm zu erhalten, sei über den negativen Prozess kat’ aphairesin. Alle diese Aussagen weisen Parallelen zu Philo auf, dessen Werk Clemens kannte, sowie zu den Gnostikern und Mittelplatonikern. Im Gegensatz zu PlotinsEinem“ betrachtete Clemens Gott allerdings als Wesen mit geistigen Fähigkeiten, während Plotins Eines die Urquelle der geistigen Fähigkeiten ist.[7]

Christliche Denker entdeckten bald die sich aus der Unergründlichkeit Gottes ergebenden Folgen. Origenes wies deutlich auf den Widerspruch zwischen der immer negativeren Theologie und der positiven Sprache der heiligen Schrift hin, und kam zum Schluss, dass alle Stellen, die Gott mit anthropomorphen Zügen beschrieben – etwa sein Leiden, seine Angst oder seinen Zorn – allegorisch interpretiert werden müssten. Origenes beginnt seine Schrift De principiis mit einer Kritik derer, die glauben, Gott besitze einen Körper. Gott sei unbegreiflich und es sei unmöglich, sich Vorstellungen über ihn zu machen. Er sei eine unsichtbare Intelligenz, die keinen Raum benötigt, genauso wie auch die menschliche Intelligenz keinen Raum benötige. In seinem späteren Matthäuskommentar änderte Origenes seine Einschätzung. Er schrieb darin vom göttlichen Logos, das litt und die Menschen liebte. In diesem Sinne sei Gott in der Lage, menschliche Regungen zu empfinden, wenn er sich mit menschlichen Angelegenheiten befasse.[8] Obwohl Origen in einer späten Schrift die Unergründlichkeit Gottes wieder verwarf, bestimmte seine Lehre die christliche Theologie bis in das 20. Jahrhundert.[1]

Dreifaltigkeitslehre

Athenagoras war der erste christliche Autor, der sich mit dem Problem der Dreifaltigkeitslehre gesondert auseinandersetzte. Er verteidigte die Lehre von der Einheit Gottes. Der Sohn Gottes sei „das Logos des Vaters in idealer Form (idea) und Kraft (energeia)“, und der heilige Geist sei eine Emanation Gottes. Das erste erhaltene Buch zur Trinität wurde von Novatian verfasst.[9]

Durch kaiserlichen Erlass wurde das im Ersten Konzil von Nicäa im Jahr 325 festgelegte Glaubensbekenntnis verbindlich. Der im Bekenntnis von Nicäa verwendete griechische Ausdruck homoousios („von gleicher Substanz“) charakterisierte die Beziehung von Christus und Gottvater in einer Art und Weise, die einerseits die Göttlichkeit Jesu Christi herausstellte, andererseits aber die Einheit Gottes bewahren sollte. Der Heilige Geist wurde ebenfalls flüchtig erwähnt, um den in Schriften erwähnten Glauben zu berücksichtigen, dass er eine vom Vater und Sohn getrennte göttliche Entität darstellt.

Im Ersten Konzil von Konstantinopel (381) wurde der Glaube an die Dreifaltigkeit offiziell bestätigt. Die Dreifaltigkeitslehre wurde im zwischen 381 und 428 verfassten Athanasischen Glaubensbekenntnis nochmals bekräftigt. Das Konzil von Chalcedon im Jahr 451 legte fest, dass Jesus gleichzeitig Gott und Mensch war.[1] Zwischen der Vorstellung, dass es drei verschiedene Götter gibt (Tritheismus) und dass es drei verschiedene Aspekte eines einzigen Gottes gibt (Modalismus), etablierte sich ein Mittelweg als Kompromiss.[10]

Weitere patristische Ansichten

Basilius der Große unterschied einerseits zwischen dem Wesen und der Substanz Gottes, die völlig unzugänglich seien, und andererseits den göttlichen Kräften. Diese Kräfte seien es, mit denen Gott in die Welt eingreift, und sie stünden besonders mit dem Heiligen Geist in Verbindung.

Die Schriften des Pseudo-Dionysos hatten viel mit dem Neuplatonismus Plotins gemein. In den Ostkirchen war ihr Einfluss bedeutend und ihre Orthodoxie unbestritten. Die Schriften des Pseudo-Dionysos betonen die völlige Unbegreiflichkeit des göttlichen Wesens und hoben die göttlichen Kräfte hervor. Sowohl positive als auch negative Theologie sei notwendig: die positive, um in der Welt Symbole für Gott zu finden, und die negative, um zu zeigen, dass es keine Bezeichnung für Gottes Wesen gebe.

Augustinus von Hippo betrachtete Gott als allwissend, allmächtig, allgegenwärtig, moralisch erhaben, und als Schöpfer ex nihilo des Universums. Trotz aller dieser Eigenschaften sei Gott einfach. Die christliche Lehre von Gottes Unveränderlichkeit versuchte Augustinus durch eine Interpretation des Zeitbegriffs mit der Schöpfung der Welt in Einklang zu bringen.

Mittelalter und Renaissance

Im achten Jahrhundert griff Johannes von Damaskus in seiner Genauen Darlegung des rechten Glaubens auf Pseudo-Dionysus zurück. Die östliche Spiritualität wurde am deutlichsten im 14. Jahrhundert von Gregorios Palamas ausgedrückt, für den das Wesen und die Energie zwei Aspekte der gleichen göttlichen Existenz waren.

Thomas von Aquin versuchte, im Rahmen der natürlichen Theologie darzulegen, dass der Glaube nicht vernunftwidrig ist. Er beschrieb zunehmend höhere Formen materieloser Form, an deren Spitze Gott als reine Form ohne Materie stand, perfekt und somit unveränderlich. Für Thomas war der göttliche Wille der göttlichen Weisheit untergeordnet. Diese Vorstellung von einem Gott, dessen allmächtiger Wille das richtige und gute bezweckt, geht auf die Kirchenväter zurück.

Nikolaus von Kues beschrieb seine Gottesvorstellungen teilweise mit mathematischen Analogien, und nannte fünf Bezeichnungen für Gott. Zum einen sei Gott das absolute Maximum. Mit dem Begriff Coincidentia oppositorum (die Einheit der Gegensätze) brachte er zum Ausdruck, dass die Beziehung von Gott zu den Dingen der Welt mit der unendlichen Linie verglichen werden kann, die alle endlichen geometrischen Objekte wie Strecken, Dreiecke und Kreise enthält und hervorbringt. In ähnlicher Weise, so Cusanus, geht Gott über alles Endliche und Gegensätzliche hinaus. Gleichzeitig sei Gott das Unverständliche. Dieser Begriff sollte verdeutlichen, dass es trotz aller mathematischen Analogien nicht möglich sei, Gottes Wesen durch Vernunft zu ergründen. Daneben nannte er Gott das Nicht-Andere und das Sein-Können von allem. Zwar sei Gottes Wesen der Vernunft unzugänglich, doch könne es durch Vergleiche beschrieben werden.

Neuzeit

Trotz Humes Skeptizismus war in der englischsprachigen Welt William Paleys Argument des kosmischen Uhrmachers für viele Gläubige überzeugend, sodass Darwins Evolutionstheorie die Kirchen vor Probleme stellte. Um die Evolution mit dem Theismus zu vereinbaren, entwickelten Theologen die Theistische Evolution, in der Gott die Entwicklung des Lebens steuert.

Albrecht Ritschl, der von Kants Aussagen zur Ethik beeinflusst war, betrachtete den Glauben an Gott als ethische und nicht als ontologische Frage. Die Theologie treffe Aussagen zur Ethik und nicht zu Tatsachen. Gott sei daher das moralisch Höchste, und kein Wesen, dessen Existenz oder Nichtexistenz man beweisen müsse.

Erst im 20. Jahrhundert fand zum Teil eine Rückkehr zu anthropomorphen Gottesbildern statt. Karl Barth bestritt, dass Gott durch menschliche Vernunft erkennbar sei, und berief sich auf die Heilige Schrift. Die Menschheit sei völlig abhängig von Gottes Offenbarung in Jesus Christus. Theologen wie Dietrich Bonhoeffer oder Jürgen Moltmann betonten hingegen Gottes Leiden.[11] Für Bonhoeffer konnte nur ein fühlender, machtloser Gott helfen. Für Alfred North Whitehead war Gott völlig mit der Welt zusammenhängend; jedes Ereignis sei von Gott mitbestimmt. Charles Hartshorne entwickelte Whiteheads Ideen zu einer panentheistischen Vorstellung weiter. Er spielte eine herausragende Rolle in der Entwicklung der Prozesstheologie.

Obwohl Theologen stets angedeutet hatten, dass Gott ungeschlechtlich sei, wiesen feministische Theologen darauf hin, dass das christliche Bild Gottes stets männlich geprägt war. Feministen spalteten sich in jene, die glauben, dass der christliche Gott notwendigerweise patriarchalisch ist (so Mary Daly), und jene, die meinten, dass der christliche Gott ein Befreier ist, der die Menschheit von Patriarchialismus befreien kann (so Rosemary Radford Ruether und Letty Russell).

Einige christliche Denker wie Karl Heim arbeiteten daran, die christliche Theologie mit neuen wissenschaftlichen Entdeckungen in Einklang zu bringen, zum Beispiel, indem sie sie mit der Quantenmechanik in Beziehung setzen.

Literatur

  • Eintrag „Dieu“ in Alfred Vacant, Eugène Mangenot (Hrsg.): Dictionnaire de théologie catholique, Bd. 4. Letouzey et Ané, Paris 1911
  • X. Le Bachelet: Artikel „Dieu. Sa nature d’après les pères“, Sp. 1023–1152
  • M. Chossat: Artikel „Dieu. Sa nature selon les scholastiques“, Sp. 1152–1243
  • X. Moisant: Artikel „Dieu. Sa nature d’après la philosophie moderne“, Sp. 1243–1296
  • E. Mangenot: Artikel „Dieu. Sa nature d’après les décisions de l’église“, Sp. 1296–1300
  • Einträge „God“ und „Attributes of God“ in Lindsay Jones (Hrsg.): Encyclopedia of Religion. Thomson Gale, Detroit 2005, ISBN 0-02-865733-0
  • John B. Cobb, Jr.: Artikel „God: God in Postbiblical Christianity“, Bd. 5, S. 3553–3560
  • William J. Hill: Artikel „Attributes of God: Christian Concepts“, Bd. 5, S. 615 f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Cobb (2005), S. 3553
  2. Grant (1986), S. 86
  3. Grant (1986), S. 87
  4. Prestige (1952), S. 3
  5. Grant (1986), S. 88
  6. Grant (1986), S. 88 f.
  7. Grant (1986), S. 90 f.
  8. Grant (1986), S. 91 ff.
  9. Grant (1986), S. 157 f.
  10. H. P. Owen: Concepts of Deity, S. 13. Macmillan, London 1971, ISBN 0-333-01342-5
  11. Cobb (2005), S. 3554
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