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Gusseisen
Gusseisen ist eine Eisen-Kohlenstoff-Legierung mit hohem Kohlenstoffgehalt (> 2,06 %), der diesen Werkstoff von Stahl unterscheidet und somit andere Anwendungsgebiete erschließt. Die Bezeichnung „Gusseisen“ leitet sich vom Gießen als Verfahren der Formgebung ab; Teile aus Gusseisen werden in einer Gießerei hergestellt.
Eigenschaften
Unter Gusseisen versteht man eine Gruppe von Eisenlegierungen mit einem hohen Anteil von Kohlenstoff (> 2 %) und Silicium sowie weiteren Bestandteilen wie Mangan, Chrom oder Nickel. Es wird unterschieden zwischen
- grauem Gusseisen (Grauguss), in dem der Kohlenstoff in Form von Graphit vorkommt
- weißem Gusseisen, in dem der Kohlenstoff als Carbid in Form von Zementit vorkommt.
Die Dichte von Gusseisen ist etwa 7,2 g/cm³, niedriger als die Dichte von Stahl und reinem Eisen mit 7,85 g/cm³. Das Material hat im eutektischen Bereich mit etwa 1150 °C einen deutlich geringeren Schmelzpunkt als Stahl, es lässt sich aber wegen des hohen Kohlenstoffgehalts nicht schmieden. Die Schmelze ist dünnflüssig, daher lässt sie sich leichter vergießen als die höherviskose Stahlschmelze. In Gießereien wird es meist in einem Kupolofen geschmolzen.
Gusseisenteile mit unverletzter Gusshaut sind besser korrosionsbeständig als Stahl, durch Zulegieren von Silizium, Chrom und Nickel kann die Korrosionsbeständigkeit noch erhöht werden. Ein einfaches Verfahren zur Qualitätsprüfung von Grauguss ist ein Schlag mit einem Hammer auf eine rechtwinkelige Kante: Er soll einen bleibenden Eindruck hinterlassen, ohne dass die Kante absplittert.
- Grauguss
Wegen mangelnder Beweglichkeit im uneinheitlichen Gefüge mit den Grafitlamellen und inneren Spannungen hat Grauguss keine erkennbare Plastizität - es ist ein spröder Werkstoff mit guter Wärmeleitfähigkeit, guten Dämpfungseigenschaften und wegen der Sprödigkeit guter Formsteifigkeit. Daher eignet sich Grauguss in besonderer Weise für Maschinenbetten und -ständer. Hinzu kommen vorteilhafte Selbstschmiereigenschaften, wenn durch Bearbeitung die Lamellen angeschnitten und der Graphit selbst oder an dessen Stelle andere Schmiermittel in den Hohlräumen „bevorratet“ werden können.
Herstellung
Sorten
Die einfachste Gusseisen-Sorte ist Gusseisen mit Lamellengraphit (Bezeichnung nach aktueller europäischer Norm EN 1561 „GJL“ oder früher nach DIN 1691 „GGL“), in dem der Graphit in Form von dünnen, unregelmäßig geformten Lamellen vorliegt. Diese Lamellen wirken bei Zugbelastung als Kerben, daher ist die Zugfestigkeit relativ gering („Sollbruchstellen“). Im Gegensatz zur Zugfestigkeit ist die Übertragung der Druckspannung wesentlich besser. Die Druckfestigkeit liegt etwa um den Faktor 4 höher als die Zugfestigkeit.
Bezeichnung nach EN 1561 | Bezeichnung nach DIN 1691 |
---|---|
EN-GJL-150 | GG-15 |
EN-GJL-200 | GG-20 |
EN-GJL-250 | GG-25 |
EN-GJL-300 | GG-30 |
EN-GJL-350 | GG-35 |
Bessere mechanische Eigenschaften hat Gusseisen mit Kugelgraphit (Sphäroguss, duktiles Gusseisen, Bezeichnung GJS nach aktueller europäischer Norm EN 1563, früher GGG nach DIN 1693), bei dem der Graphit in mehr oder weniger kugeliger Form vorliegt. Erreicht wird dies durch Entschwefeln der Schmelze mittels Zugabe von geringen Mengen Magnesium, Cer oder Calcium kurz vor dem Abgießen.
Eine weitere wichtige Form ist der Temperguss, der nach dem Erstarren als Ledeburit nochmals einer Glühbehandlung (Tempern) unterzogen wird.
- Beim weißen Temperguss (GJMW) glüht man in einer Sauerstoff abgebenden Atmosphäre, wodurch den Gussstücken (zumindest im Randbereich) der Kohlenstoff entzogen wird, wodurch sich die Eigenschaften denen des Stahls annähern.
- Schwarzer Temperguss (GJMB) wird in einer sauerstofffreien Atmosphäre geglüht. Dabei kommt es zu Veränderungen im Gefüge, die die Eigenschaften positiv beeinflussen. Die Verbesserungen sind nicht auf die Randzone des Werkstückes beschränkt.
Diese Sorten vertragen auch geringe plastische Verformungen, ohne zu brechen. Typische Anwendung finden solche Werkstoffe als Tempergussfittings im Rohrleitungsbau bei geschraubten Verbindungen.
Eine neuere Werkstoffentwicklung ist der Vermiculargraphit-Guss (Bezeichnung GJV nach aktueller ISO 16112, früher GGV). Bei ihm liegt der Graphit weder in Lamellenform noch als Kugelform vor, sondern als Klumpen, die im Schliffbild wie Würmer aussehen (Vermiculus, lat. für Würmchen). Die mechanischen Eigenschaften dieses Werkstoffes liegen zwischen dem Gusseisen mit Lamellengraphit und denen des Gusseisens mit Kugelgraphit. Seine Herstellung ist jedoch schwieriger und erfordert eine in engen Toleranzen geführte Schmelzbehandlung.
Literatur
- Hans Berns, Werner Theisen: Eisenwerkstoffe – Stahl und Gusseisen. 4. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-79955-9.
- Peter Marks; DIN, Deutsches Institut für Normung e.V. (Hrsg.): Europäische Gusseisen- und Stahlgusssorten = European Cast Iron and Steel Casting Grades. 2. Auflage. Beuth, Berlin / Wien / Zürich 2009, ISBN 978-3-410-17030-3 (= Beuth-Pocket. Werkstoffe; Text deutsch und englisch).
- Franz Neumann: Gußeisen: Schmelztechnik, Metallurgie, Schmelzbehandlung. 2. Auflage. Expert, Renningen-Malmsheim 1999, ISBN 3-8169-1728-3.
- Eugen Piwowarsky: Hochwertiges Gußeisen-seine Eigenschaften und die physikalische Metallurgie seiner Herstellung. 2. Auflage. Springer, Göttingen / Heidelberg 1958.
Weblinks
- Konstruieren und Gießen, Online-Portal des Bundesverbands der Deutschen Gießerei-Industrie
- Video eines Gießvorganges vom Schmelzen bis zum Guss in Sandformen (HD)
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Gusseisen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |