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Hambacher Forst

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Hambacher Forst

Der Hambacher Forst oder Bürgewald oder die Bürge ist ein Wald in Nordrhein-Westfalen. Er liegt je zur Hälfte im Kreis Düren und im Rhein-Erft-Kreis.

Zuständig als Untere Forstbehörde ist das Forstamt Eschweiler. Das ursprünglich 5.500 Hektar große Waldgebiet musste weitgehend dem Braunkohletagebau Hambach weichen, ein weiterer Abbau ist bereits genehmigt. Nach Ende des Braunkohletagebaus sollen 300 ha Wald übrigbleiben.[1]

Die Bürge trennt die Jülich-Zülpicher Börde in die Jülicher Börde im Norden und die Zülpicher Börde im Süden; naturräumlich wird sie als Untereinheit (554.0) der Haupteinheit Jülicher Börde (554) zugerechnet.

Etymologie

Hambacher Forst

Die Bezeichnung „Hambacher Forst“ stammt vom Ort Hambach und wurde im Zuge des Aufschlusses des Tagebaus Hambach verwendet. Zuvor existierte diese Bezeichnung nicht. Der Wald wurde immer Bürgewald bzw. Die Bürge genannt, was an zahlreichen Karten zu erkennen ist.[2] Der Grund für die Umbenennung ist nicht bekannt. Seit 1972 gehört Hambach zur Gemeinde Niederzier im nordrhein-westfälischen Kreis Düren.

Bürgewald oder Bürge

Für die Bezeichnungen „Bürgewald“ oder „die Bürge“, die die ursprünglichen beiden Bezeichnungen für den gesamten Wald sind, finden sich unterschiedliche Herleitungen:

  • Schläger argumentiert, dass es ursprünglich einen einheitlichen Reichswald gab, den von der Burg in Düren verwalteten Burgwald, dessen Nutzung im Laufe der Zeit verteilt wurde, wobei schließlich alle umliegenden Gemeinden beteiligt wurden.[3]
  • Wirtz leitet den Begriff vom keltischen brogilo ab, der Bezeichnung für einen umzäunten Bezirk.[4]

Geschichte

Der heilige Arnold von Arnoldsweiler hat der Legende nach den Bürgewald im 8. Jahrhundert umritten und ihn sich von Kaiser Karl dem Großen aufgrund einer Wette schenken lassen. Anschließend schenkte er den Wald den umliegenden Gemeinden, aufgrund der dort herrschenden großen Armut.

Erstmals erwähnt wurde der Wald in einer Urkunde vom 25. Juli 973 als burgina. In dieser Urkunde bestätigt Kaiser Otto II. auf Anstehen des Kölner Erzbischofs Gero von Köln den der Kölner Kirche von König Ludwig geschenkten Wildbann. Ob mit König Ludwig Ludwig der Fromme, er hat von 778 bis 840 gelebt, gemeint ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden.[5]

Seit dem 16. Jahrhundert sind Buschordnungen überliefert, die eine nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes regeln und zum Teil drastische Strafen bei Holzfrevel und Diebstahl festlegen. Im Jahr 1562 wurde der Bürgewald in vier Quartiere aufgeteilt.[6] Das Arnoldsweiler Quartier umfasste 2382 Morgen, das Elsdorfer Quartier 2382 Morgen, das Manheimer Quartier 1475 Morgen und das Steinstraßer Quartier umfasste 1927 Morgen. Insgesamt war der Bürgewald zu dieser Zeit 7975 Morgen und 4 Ruten groß. In den umliegenden Gemeinden versammelten sich zu festen Terminen die genossenschaftlich organisierten Nutzer und hielten Holzgedinge ab. 1775 wurden die vier Quartiere nochmals unterteilt und auf die anliegenden Gemeinden verteilt. Somit war jede Gemeinde für ihr Waldstück selbst verantwortlich. Das Arnoldsweiler Quartier wurde in diesem Jahr in die Arnoldsweiler-, Ellener, Merzenicher, Oberzierer und Niederzierer Bürge unterteilt. Ähnliches geschah auch mit den restlichen drei Quartieren. Diese Waldteile waren den einzelnen genannten Gemeinden zugeteilt.[7][8]

Zum Ende des Zweiten Weltkrieges rückte, im Rahmen der Operation Grenade der 9. US-Armee am 23. Februar 1945, ein Regiment durch den Bürgewald Richtung Erft vor.[9]

Vor Aufschluss des Tagebaus Hambach 1978 verkauften die umliegenden Gemeinden ihre Anteile am Bürgewald an die damalige Rheinbraun AG und erhielten dafür sehr hohe Entschädigungen. Somit ging der Bürgewald in den Besitz der Rheinbraun AG über und schließlich kam er 2003 an RWE. Somit wurde und wird der Wald seit 1978 durch Rheinbraun und RWE mit Fortschreiten des Tagebaus Stück für Stück gerodet.[10]

Waldeinteilung

Die Dörfer rund um den Bürgewald hatten bestimmte Anteile am Wald. Im Laufe der Zeit wurde jedem Dorf ein bestimmtes Waldstück zugeteilt. So bekam der Bürgewald kleinere Unterteilungen mit bestimmten Namen. Folgende Waldstücke im Bürgewald gab beziehungsweise gibt es:

a Durch den Tagebau abgebaggert

Die Steinheide zwischen Manheim und Geilrath, sowie der Lörsfelder Busch bei Kerpen gehören ebenfalls zur Bürge. Die beiden Wälder waren noch bis ca. 1900 mit dem Kernwald verbunden, wurden jedoch durch Abholzung voneinander getrennt. Beide Wälder werden nicht vom Tagebau Hambach abgebaggert.[11]

Flora und Fauna

Bei dem Hambacher Forst handelt es sich um einen Wald mit hoher ökologischer Wertigkeit, die sich aus Relikten von wärmeliebenden Arten ergibt, die in den Altwäldern vorkommen.[12] In den noch verbliebenen Resten des Forstes wachsen Hainbuchen und Stieleichen. Zudem beherbergt der Wald zwei Kolonien der vom Aussterben bedrohten Bechsteinfledermaus, die durch Anlage von speziellen Weideflächen außerhalb des Forstes perspektivisch in andere Wälder im Umkreis des Tagebaus gelockt werden sollen.[13]

Nach Angaben des Umweltverbandes BUND siedelten 2012 im bis 2030 von der Abbagerung betroffenen Waldgebiet, das aus 226 Hektar „wertvollster Waldflächen“ bestehe, zwölf streng geschützte Fledermausarten. Insgesamt seien 142 geschützte Arten vorhanden.[14]

Braunkohletagebau

Seit 1978 wurde der Wald weitgehend für den sich weiter ausbreitenden Braunkohletagebau gerodet. Nordwestlich des ehemaligen Waldes befindet sich die künstlich angeschüttete Sophienhöhe.

Waldbesetzung

Im Protestcamp (2013)
Barrikade der Umweltaktivisten

Von Mitte April bis Mitte November 2012 hielten rund 50 Umweltaktivisten der Anti-Kohlekraft-Bewegung einen kleineren Teil des Waldes besetzt, um so gegen die Abholzung und für einen Kohleausstieg zu protestieren.[15] Das Camp, welches sich autark versorgte, fand mittlerweile auch überregional Aufmerksamkeit, so z. B. durch die Berichterstattung des WDR.[16] Am 13. November 2012 wurde mit der Räumung des Camps begonnen.[17] Ein einzelner Abholzgegner harrte vier Tage lang in einem selbst angelegten Tunnel sechs Meter unter der Erde aus. Am 16. November 2012 wurde er von der Polizei und Spezialkräften ausgegraben.[18]

Durch die Staatsanwaltschaft wurde festgestellt, dass die Waldbesetzer im Jahre 2012 keinerlei Straftaten begingen. Alle 27 Verfahren gegen die Besetzer wurden eingestellt. Dennoch werden die Protestler in einer Nachbarschaftsbroschüre des RWE-Konzerns vom August 2013 als Steine werfende Krawallmacher dargestellt.[19][20][21][22]

Ab 1. September 2013 wurde der Wald erneut besetzt. Die Besetzung wurde am 27. März 2014 mit großem Polizeiaufgebot geräumt.[23] Nur vier Wochen später wurde der Wald an gleich drei Stellen wiederbesetzt.[24]

Im Oktober 2014 wurde das Lager erneut geräumt. 14 Aktivisten wurden festgenommen, die sechs RWE-Mitarbeiter mit Pfefferspray, Blendgranaten, Feuerwerkskörpern und Knüppeln angegriffen haben sollen. Dabei fanden Polizisten in der Nähe der Barrikaden zwei intakte Handgranaten aus dem Zweiten Weltkrieg und eine weitere im sogenannten „Klimacamp“. Ein Kriminalbeamter vermutete, die Waffen hätten womöglich als Sprengfallen dienen sollen. Ein Sprecher der Aktivisten wies die Vorwürfe zurück; die Gewalt sei von den RWE-Mitarbeitern ausgegangen und die Granaten seien Kriegsrelikte, die in dem damals umkämpften Gebiet vielfach zu finden seien.[25]

Aktuell (2016) finden immer wieder[26][27][28][29] gewalttätige Aktionen von einem Teil der Waldbesetzer statt, bei denen mit brennenden Barrikaden, Steinwürfen auf RWE-Mitarbeiter und Polizisten und weiteren Sachbeschädigungen massiv gegen die Rodung des Waldes vorgegangen wird. Mit brennenden Barrikaden und Krähenfüßen versucht man zudem teilweise, die Arbeiten zu behindern.

Nach einem Urteil des OVG Münster vom Dezember 2016 ist das „Wiesencamp“ am Hambacher Forst illegal.[30]

Archäologische Forschung

Unter Leitung des Frankfurter prähistorischen Archäologen Jens Lüning fanden in der Bürge experimentalarchäologische Versuche zur jungsteinzeitlichen Landwirtschaft statt.[31]

Literatur

  • Theo Hamacher: Zur Geschichte unserer Wälder – Mittelalterliche Wertung des Waldes und die Bürgebuschordnung vom Jahre 1557. In: Rur-Blumen, Jg. 1928, Nr. 7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Polizei räumt Waldbesetzer- Camp im Hambacher Forst. In: Hamburger Abendblatt, 13. November 2012. Abgerufen am 24. April 2014.
  2. Tranchot 1801-1828, Uraufnahme 1836-1850, Neuaufnahme 1891-1912, TK25 1936-1945 und Deutsche Grundkarte. In: Internetportal TIM-online 2.0 beta. Abgerufen am 16. Januar 2017.
  3. P. H. Schläger: Der Bürgewald. In: Beiträge zur Heimatkunde des Kreises Bergheim, Heft 1, Bergheim 1950.
  4. L. Wirtz: Studien zur Geschichte rheinischer Gaue. In: Düsseldorfer Jahrbuch 26, 1914, S. 155.
  5. Theodor Joseph Lacomblet: Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins oder des Erzstifts Cöln, der Fürstenthümer Jülich und Berg, Geldern, Meurs, Cleve und Mark, und der Reichsstifte Elten, Essen und Werden. Band 1, Düsseldorf 1840, Nr. 114, S. 69.
  6. Rudolf A.H. Wyrsch: Der heilige Arnold von Arnoldsweiler. Legende und Geschichte der Verehrung eines rheinischen Heiligen, Forum Jülicher Geschichte Heft 9, Jülich 1994, S.13.
  7. Bernhard Engels: Beiträge zur Geschichte des Dorfes Arnoldsweiler, Arnoldsweiler 1954, S. 62.
  8. Hubert Böhr: 7000 Jahre Merzenich. Von der Steinzeit bis zum Jahr 2000, Aachen 2014, S. 80 ff.
  9. Wolfgang Trees: Schlachtfeld zwischen Maas und Rhein: das Ende des Zweiten Weltkrieges September 1944 bis März 1945; wie es damals war …; Aachen: Triangel-Verlag, 1995; ISBN 3-922974-05-8
  10. Hubert Böhr: 7000 Jahre Merzenich. Von der Steinzeit bis zum Jahr 2000, Aachen 2014, S. 85 f. ff.
  11. Tranchot 1801-1828, Uraufnahme 1836-1850, Neuaufnahme 1891-1912, TK25 1936-1945, Deutsche Grundkarte und Digitale Topographische Karte (Sammeldienst). In: Internetportal TIM-online 2.0 beta. Abgerufen am 16. Januar 2017.
  12. Rolf Dieter Stoll, Christian Niemann-Delius, Carsten Debenstedt, Klaus Müllensiefen (Hrsgs.), Der Braunkohlentagebau. Bedeutung, Planung, Betrieb, Technik, Umwelt, Berlin – Heidelberg 2009, S. 523.
  13. Rinderdung soll Fledermäuse in die neue Heimat locken. In: Aachener Zeitung, 1. August 2013. Abgerufen am 26. April 2014.
  14. Bechstein-Fledermaus und Co.: BUND will Hambach stoppen. In: Kölnische Rundschau, 12. April 2012. Abgerufen am 26. April 2014.
  15. Blog „Hambacher Forst“; abgerufen am 16. November 2012
  16. Michael Reinartz: 100 Tage Waldbesetzung; Radiobericht im WDR vom 23. Juli 2012
  17. attac.de: Attac protestiert gegen Räumung von Camp im Hambacher Forst
  18. Hambacher Forst Polizei holt eingebuddelten Aktivisten aus Schacht; Bericht auf Spiegel-Online vom 17. November 2012
  19. Der Klima-Lügendetektor – RWE: Ohne jeden Respekt
  20. RWE räumt Hambacher Forst
  21. Verfahren gegen Aktivisten eingestellt; Kölner Stadt-Anzeiger vom 2. Juli 2013
  22. Das Nachbarschaftsmagazin von RWE Power (PDF; 1,8 MB)
  23. Umweltprotest in Baumhäusern – Die Räumung
  24. http://www.klimaretter.info/protest/nachricht/16266-hambacher-forst-wieder-besetzt
  25. Jörg Diehl: Hambacher Forst: Handgranaten bei Umweltaktivisten gefunden, Spiegel online, 31. Oktober 2014. Abgerufen am 31. Oktober 2014.
  26. Elke Silberer: Hambacher Forst: Guerilla-Kampf am Rand des Tagebaus. In: RP ONLINE. Abgerufen am 16. November 2016.
  27. Stephan Pesch: Kerpen-Buir: Polizei-Einsatz gegen Tagebaugegner - Rheinland - Nachrichten - WDR. 2016-11-16 (http://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/polizei-wieder-im-hambacher-forst-100.html).
  28. xxx. (http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/45172/).
  29. Hambacher Forst: Zufahrtsstraße blockiert und Steine geworfen. In: Aachener Zeitung. (http://www.aachener-zeitung.de/lokales/kreis-dueren/hambacher-forst-zufahrtsstrasse-blockiert-und-steine-geworfen-1.1431690).
  30. http://www.rp-online.de/nrw/panorama/hambacher-forst-protestcamp-gegen-braunkohle-abbau-ist-illegal-aid-1.6450222
  31. Jens Lüning, Jutta Meurers-Balke: Experimenteller Getreidebau im Hambacher Forst; Gemeinde Elsdorf, Kr. Bergheim/Rheinland. Bonner Jahrbücher 180, 1980, 305–344.
50.9074176.448803
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