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Helmut Kunz

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Helmut Kunz, 1940

Helmut Kunz (* 26. September 1910 in Ettlingen; † 23. September 1976 in Freudenstadt) war Zahnarzt, NSDAP-Mitglied und Mitglied der Waffen-SS. Er war an der Ermordung der Goebbels-Kinder beteiligt.

Leben

Kunz wurde als Sohn des Buchhändlers und Kaufmanns Gustav Kunz geboren. Er legte 1928 sein Abitur in Offenburg ab und studierte an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg zunächst drei Semester Jura und anschließend Zahnmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Universität Leipzig.

Laufbahn im Nationalsozialismus

Am 30. April 1934 trat er in die Schutzstaffel (SS) ein. Im März 1936 eröffnete er seine Zahnarztpraxis in Lucka und wurde am 1. Mai 1937 Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Im Juli 1937 heiratete er Ursula, mit der er drei Kinder hatte. Am 9. Juni 1939 promovierte er über die Zahnkaries bei Kindern unter Berücksichtigung der Stillzeit zum Dr. med. dent. Im Januar 1940 begann er den aktiven Dienst als Sanitätsoffizier der Wehrmacht und trat im August 1940 der Waffen-SS bei und wurde als SS-Untersturmführer dem Pionierbataillon der 3. SS-Totenkopf-Division im Konzentrationslager Dachau unter dem SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS Theodor Eicke zugeordnet.[1] Deren Aufgabe war der Betrieb und die Bewachung der Konzentrationslager.

Im September 1941 wurde Kunz an der Ostfront schwer verwundet. Er wurde zu einem Ersatzbataillion abkommandiert. Es folgte eine Versetzung ins Sanitätsamt. Ab Oktober 1943 arbeitete er in der Dienststelle des Reichsarztes-SS Ernst-Robert Grawitz unter Hugo Blaschke, dem obersten Zahnarzt der Waffen-SS. Zwei Töchter im Alter von einem und vier Jahren wurden 1945 bei einem alliierten Luftangriff getötet.[2]

Ermordung der Goebbels-Kinder

Aus heutiger Sicht steht fest, dass Helmut Kunz an der Ermordung der Goebbels-Kinder beteiligt war.[3]

Am Morgen des 1. Mai 1945 – dem Tag nach Adolf Hitlers Suizid – habe nach Aussage von Kunz Magda Goebbels ihn zur Ermordung ihrer Kinder aufgefordert. Er habe jedoch einen Kompromiss aushandeln können, wonach er selbst den Kindern Morphium spritzen und Magda Goebbels nachfolgend Cyanidkapseln verabreichen sollte. Abends habe Kunz den Kindern tatsächlich Morphium injiziert. Sie sah sich jedoch außerstande, ihre Kinder zu töten. Kunz habe daraufhin den zweiten Leibarzt Hitlers, Ludwig Stumpfegger, genötigt mit Magda Goebbels das Kinderzimmer zu betreten. Beim Verlassen des Kinderzimmers habe diese Kunz signalisiert, dass alles vorbei sei. Kunz erklärte im Verhör durch die Sowjets am 7. Mai 1945, dass Magda Goebbels die Kinder vergiftet habe und er lediglich Tatzeuge gewesen sei. Am 19. Mai 1945 korrigierte er seine Aussage dahingehend, dass Stumpfegger an der Tötung der Kinder mitgewirkt habe. (Ludwig Stumpfegger nahm sich am 2. Mai 1945 mit einer Blausäure-Giftkapsel gemeinsam mit Martin Bormann das Leben). Kunz wiederholte diese zweite Version bei seinem späteren Prozess in der Bundesrepublik. Er bestritt nicht, dass er Morphium einleitend den Kindern injiziert hatte.[4][2]

Kriegsgefangenschaft und Gerichtsverfahren

Kunz wurde am 2. Mai 1945 von Soldaten der Roten Armee, zusammen mit dem SS-Obersturmbannführer Werner Haase (der am 29. April 1945 in den Führerbunker befohlen wurde, um Ludwig Stumpfegger dabei zu assistieren, Hitlers Hund Blondi zu vergiften) und zwei Krankenschwestern, Erna Flegel und Liselotte Chervinska, verhaftet und verbrachte mehr als zehn Jahre als Kriegsgefangener in der Sowjetunion, fast sieben Jahre davon in Untersuchungshaft. Am 13. Februar 1952 wurde er vom Moskauer Militärgericht zu 25 Jahren Haft in einem Gefangenenlager verurteilt – unter anderem aufgrund seiner Beteiligung an der Tötung der Goebbels-Kinder. Er war damit nachweislich einer von 48 Zahnärzten, die nach 1945 als Kriegsverbrecher vor Gericht standen.[3] Am 20. Oktober 1955 kam Kunz durch Bundeskanzler Konrad Adenauers Aushandlung einer Rückführung der letzten deutschen Kriegsgefangenen aus Russland in die Bundesrepublik Deutschland. Kunz erklärte seine Inhaftierung mit seiner NSDAP-Mitgliedschaft und dem Umstand, dass er hochrangige Mitglieder des NS-Regimes behandelt habe. Er konnte deshalb zu seiner Familie nach Karlsruhe zurückkehren. Im Februar 1956 nahm er eine unbezahlte Stelle an der Universitätszahnklinik Münster an. Anfang 1957 ließ sich Kunz als Zahnarzt in Freudenstadt nieder.[4]

Am 6. Februar 1957 veranlasste die Staatsanwaltschaft Münster die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Kunz. Er war vom ehemaligen SS-Rottenführer Harri Mengershausen beschuldigt worden, die Goebbels-Kinder getötet zu haben. Dieser war aber wenig glaubwürdig. Zu guter Letzt waren alle übrigen Zeugen verstorben oder nicht mehr auffindbar, worauf die Hauptverhandlung ausgesetzt wurde.[2]

Weiteres Leben

im März 1957 hatte er sich von seiner ersten Frau scheiden lassen und das Sorgerecht für das verbliebene Kind – den Sohn Michael – erlangt. 1958 heiratete er ein zweites Mal. Sein neues Leben mit Ehefrau Annemarie verbrachte er in Freudenstadt. Hier war er noch 1975 als Zahnarzt tätig.[5]

Einzelnachweise

  1. Charles W. Sydnor, Soldaten des Todes: die 3. SS-Division „Totenkopf“ 1933–1945, Schöningh, 2020, S. 38 ff. ISBN 3-506-79084-6
  2. 2,0 2,1 2,2 Dominik Groß, Mathias Schmidt, Alexander Heit, Helmut Kunz und die Ermordung der Goebbels-Kinder, Zahnärztliche Mitteilungen, Heft 8/2020, S. 72–74, 16. April 2020. Abgerufen am 22. April 2020.
  3. 3,0 3,1 Christiane Rinnen, Jens Westemeier, Dominik Gross, Nazi dentists on trial. On the political complicity of a long-neglected group, Endeavor 44 (2020), in press.
  4. 4,0 4,1 Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Q225 PPOM Nr. 316, Band 1.
  5. Bundesverband der Deutschen Zahnärzte (1975), 7; Stadtarchiv Freudenstadt, S. 2.2: Nachruf, 28. September 1976.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Helmut Kunz aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.