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Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums
Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sind die Grundlagen für das Berufsbeamtentum in Deutschland.
Geschichte
Der geregelte Beamtenberuf geht zurück auf den preußischen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. (1713–1740), der daher auch „Vater des Berufsbeamtentums“ genannt wurde. Unter seiner Ägide entstanden erstmals der Vorbereitungsdienst und die Laufbahnprüfung. Sein aufgeklärt-absolutistischer Sohn Friedrich II. (der Große) war es, der das Gemeinwohl zum Primärziel erhob und sich selbst als ersten Diener des Staates sah. Er führte den Ausbau des Berufsbeamtentums fort.
Die erste zusammenfassende gesetzliche Regelung des Beamtenberufs wurde im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 ausgestaltet: „Von den Rechten und Pflichten der Diener des Staates“. Seitdem war der Beamte nicht mehr Diener seines Fürsten, sondern Diener des Staates. Die Kernregelungen, die sich spätestens in der Weimarer Republik verfestigt hatten, zählen zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Stellung der Berufsbeamten durch das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zur Durchsetzung der rassistischen Ideologie missbraucht. Nach Inkrafttreten des Grundgesetzes wurden durch das Bundesverfassungsgericht weitere vereinzelte Rechte und Pflichten als zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehörig anerkannt.
Inhalt
Gemäß Art. 33 Abs. 5 GG ist das Recht des öffentlichen Dienstes „unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln.“ Das Bundesverfassungsgericht definiert diese Grundsätze als den „Kernbestand von Strukturprinzipien, die allgemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind“ (vgl. BVerfGE 8, 332). Im Rahmen der Föderalismusreform wird der o.g. Satz ergänzt um: „und fortzuentwickeln“.
Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählen unter anderem
- die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses als öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis
- die grundsätzliche Anstellung auf Lebenszeit
- das Laufbahnprinzip (eng verknüpft mit „lebenslangen“ Berufsbeamten)
- das Leistungsprinzip (sichert und beherrscht den grundgesetzlich verankerten Zugang zu allen öffentlichen Ämtern beim Eintritt in den Staatsdienst und beim Aufstieg)
- das Alimentationsprinzip
- das Prinzip der amtsangemessenen Beschäftigung (vgl. BVerfGE 70, 251)
- der Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung (§ 18 BBesG)
- das achtungs- und vertrauenswürdige Verhalten (Beamte sind als Repräsentanten des Staates gehalten, ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes so auszurichten, dass es den Erfordernissen ihres Berufes gerecht wird)
- die volle Hingabe an den Beruf, jetzt in § 34 Abs. 1 BeamtStG als „voller persönlicher Einsatz“ bezeichnet (Dienstleistungspflicht ist durch ständige Dienstbereitschaft geprägt)
- die Residenzpflicht (§§ 72 f. BBG, ehemals § 36 BRRG)
- die Neutralitätspflicht der Beamten, unparteiische Amtsführung, Eintreten für die Freiheitliche demokratische Grundordnung (§ 33 BeamtStG, § 60 BBG)
- die Amtsverschwiegenheit (gilt auch noch nach Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses; § 37 BeamtStG, § 67 BBG, ehemals § 39 BRRG)
- das Streikverbot (Verbot kollektiver Maßnahmen zur Wahrung gemeinsamer Berufsinteressen),
- das Recht auf Beamtenvertretungen (Beamte haben das Recht, sich in Gewerkschaften oder Berufsverbänden zusammenzuschließen und Personalvertretungen zu bilden)
- das Recht auf Einsicht in die eigene Personalakte (§ 110 BBG)
- der gerichtliche Rechtsschutz (Beamte sind über Beschwerden und Behauptungen tatsächlicher Art zu hören, es ist ihnen der Beschwerdeweg einzuräumen) und
- die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 45 BeamtStG, §§ 78 ff. BBG),
- der Anspruch auf eine amtsangemessene Amtsbezeichnung (BVerfGE 38, 1 (12)).
„Diese Grundsätze ergeben im Zusammenhang mit Absatz 5 (gemeint ist Art. 33 Abs. 5 GG) , daß das Grundgesetz in Anknüpfung an die deutsche Verwaltungstradition im Berufsbeamtentum eine Institution sieht, die, gegründet auf Sachwissen, fachliche Leistung und loyale Pflichterfüllung, eine stabile Verwaltung sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften darstellen soll.“
Verhältnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention
Die Europäische Menschenrechtskonvention steht im Widerspruch zu einigen der Grundsätze des Berufsbeamtentums. So erlaubt die EMRK Ausnahmen von der Koalitionsfreiheit und dem damit verbundenen Streikrecht nur für hoheitlich tätige Personen, Polizei und Militär, nicht aber für andere Beamte. Der gleiche Grundsatz gilt für Einschränkungen der politischen Betätigung und der Meinungsfreiheit. Das Bundesverwaltungsgericht hat Anfang 2014 entschieden, dass der Gesetzgeber diesen Konflikt auflösen muss und das Streikverbot nur noch für eine Übergangszeit hinzunehmen ist.[1]
Einfluss
Die Grundsätze sind u. a. in Art. 33 V GG, dem Bundesbeamtengesetz (BBG) und in den Landesbeamtengesetzen sowie im Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) und den Landesbesoldungsgesetzen normiert; ferner im Beamtenrechtsrahmengesetz, das im April 2009 durch das Beamtenstatusgesetz (weitgehend) abgelöst wurde.
Literatur
- Rudolf Summer: Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums – ein Torso, in: ZBR 1992, S. 1–6.
- Ferdinand Krause: Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Frankfurt 2008. Rechtshistorische Reihe. Band 357. ISBN 978-3-631-56706-7
- Maximilian Schweiger: Der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung. ZBR Heft 7-8/2011, 29 (PDF)
Weblinks
- BVerfGE 3, 58 – Beamtenverhältnisse
- BVerfGE 8, 332 – Wartestandsbestimmungen
- BVerfGE 12, 81 – hergebrachte Grundsätze des richterlichen Amtsrechts
- BVerfGE 38, 1 – Richteramtsbezeichnungen
- BVerfGE 39, 334 – Extremistenbeschluss
- BVerfGE 76, 256 – Beamtenversorgung
Einzelnachweise
- ↑ Bundesverwaltungsgericht: BVerwG 2 C 1.13 – Urteil vom 27. Februar 2014, Pressemitteilung von 27. Februar 2014, Volltext BVerwG 2 C 1.13
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