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János Kornai

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János Kornai (geb. 21. Januar 1928 in Budapest als János Kornhauser; gest. 18. Oktober 2021 ebenda[1]) war ein ungarischer Wirtschaftswissenschaftler. Aus seinen Forschungen über das Scheitern der kommunistischen Planwirtschaft heraus prägte er den Begriff der Mangelwirtschaft.

Leben und Werk

Kornai war der Sohn eines jüdischen Rechtsanwalts, der 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde.[2] Er studierte Geschichte und Philosophie an der Karl-Marx-Universität für Wirtschaftswissenschaften in Budapest. 1955 bis 1958 ging er an das neu gegründete Institut für Wirtschaftswissenschaften der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, wo er 1956 promovierte. 1961 wurde er an der Karl-Marx-Universität zum Doktor der Wirtschaftswissenschaften promoviert und 1965 wieder von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften zum Dr. Sc. (entspricht etwa der deutschen Habilitation). Von 1958 bis 1960 arbeitete er als Ökonom am Planungsbüro der Leichtindustrie in Budapest. 1960 bis 1963 war er Chef des Instituts für Textilindustrie in Budapest und 1963 bis 1967 Chef des Rechenzentrums an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Gastprofessuren führten ihn 1964 an die London School of Economics, 1966 University of Sussex, 1968 Stanford University, 1970 Yale University, 1972 Princeton University, 1973 Stanford University, 1976–77 Universität Stockholm, 1981 Universität Genf, 1983 Universität München, 1983–84 Institute for Advanced Study, Princeton und 1984–85 Harvard University. Von 1967 bis 1993 war er Forschungsprofessor am Institut für Wirtschaft an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, von 1992 bis 2002 am Collegium Budapest. Von 1986 an war er zusätzlich in Harvard: Zuerst als Professor und ab 1991 als Allie-S.-Freed-Professor für Wirtschaftswissenschaften. 2002 wurde er emeritiert. Ab 2005 war er Forschungsprofessor an der Central European University.

Seine Doktorarbeit Overcentralization war das erste kritische Buch über die Planwirtschaft, das von einem Bewohner eines kommunistischen Landes geschrieben wurde. Darin forderte Kornai eine Dezentralisierung der Wirtschaft und eine größere Nutzung der Marktkräfte. Er war einer der Ersten, die die mathematische Optimierung in die ungarische Planwirtschaft einführten (Mathematical Planning of Structural Decisions). In seinem einflussreichen Buch The Economics of Shortage zeigte er, dass der chronische Warenmangel eine unvermeidliche Konsequenz des traditionellen kommunistischen Systems ist. Nach dem Fall des Kommunismus beschäftigte er sich mit dem Übergang zur westlichen Wirtschaftsform: In The Road to a Free Economy regte er eine schnelle Stabilisierung mit schrittweiser Privatisierung und einer Reform des Wohlfahrtsstaates an.

Kornai war in zweiter Ehe mit der Wirtschaftswissenschaftlerin Zsuzsa Dániel verheiratet und hatte drei Kinder.

Rezeption

„Der einzige lebende Ökonom, der für sich in Anspruch nehmen darf, die Anschauungen einer ganzen Generation im Kommunismus beeinflusst zu haben, ist Kornai. Er hat das System der Zentralplanung peinlich genau seziert und seine Irrationalität und selbstzerstörerische Kraft demonstriert.“

Jegor Timurowitsch Gaidar, Leiter der Wirtschaftsredaktion der Prawda[3]

Werke

Kornai veröffentlichte fast 200 wissenschaftliche Aufsätze und folgende Bücher:

  • Overcentralization in Economic Administration. Oxford University Press, Oxford [u. a.] 1959.
  • Mathematical Planning of Structural Decisions. North-Holland, Amsterdam 1967, deutsch als: Mathematische Methoden bei der Planung der ökonomischen Struktur. Verlag Die Wirtschaft, Berlin 1967.
  • Anti-Equilibrium. On economic systems theory and the tasks of research. North-Holland, Amsterdam 1971, deutsch als: Anti-Äquilibrium. Über die Theorie der Wirtschaftssysteme und die damit verbundenen Forschungsaufgaben. Springer, Berlin [u. a.] 1975, ISBN 0-7204-3055-0, ISBN 0-444-10122-5.
  • Rush versus Harmonic Growth. North-Holland, Amsterdam 1972, ISBN 0-7204-3407-6.
  • Economics of Shortage. 2 Bände, North-Holland, Amsterdam 1980, ISBN 0-444-86059-2, ISBN 0-444-85426-6 (Band 1), ISBN 0-444-86058-4 (Band 2).
  • Growth, Shortage and Efficiency. Basil Blackwell, Oxford, 1982, ISBN 0-631-12787-9; University of California Press, Berkeley und Los Angeles, 1982, ISBN 0-520-04901-2.
  • Contradictions and Dilemmas. Corvina, Budapest 1985, ISBN 963-13-2063-4; MIT Press, Cambridge 1986, ISBN 0-262-11107-1.
  • Vision and Reality, Market and State: New Studies on the Socialist Economy and Society. Corvina, Budapest 1990, ISBN 963-13-3013-3; Harvester-Wheatsheaf, Hemel Hempstead and New York 1990, ISBN 0-7450-0745-7; Routledge, New York 1990, ISBN 0-415-90285-1.
  • The Road to a Free Economy. Shifting from a Socialist System. The Example of Hungary. W. W. Norton, New York, ISBN 0-393-02887-9, ISBN 0-393-30691-7; HVG Kiadó, Budapest 1990.
  • The Socialist System. The Political Economy of Communism. Princeton University Press, Princeton 1992, ISBN 0-691-04298-5, ISBN 0-691-00393-9; Oxford University Press, Oxford 1992, ISBN 0-19-828751-8, ISBN 0-19-828776-3 (online), deutsch als: Das sozialistische System. Die politische Ökonomie des Kommunismus. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1995, ISBN 3-7890-4086-X.
  • Highway and Byways. Studies on Socialist Reform and Postsocialist Transition. MIT Press, Cambridge 1995, ISBN 0-262-11198-5, deutsch als: Unterwegs. Essays zur wirtschaftlichen Umgestaltung in Ungarn. Metropolis Verlag, Marburg 1996, ISBN 3-89518-092-0.
  • mit Ralph Dahrendorf: Die Zukunft des Wohlfahrtsstaats. Neue Kritik, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-8015-0281-2 (formal falsche ISBN).
  • Struggle and Hope. Essays on Stabilization and Reform in a Post-Socialist Economy. Edward Elgar Publishing, Cheltenham [u. a.] 1997, ISBN 1-85898-606-0.
  • Paying the Bill for Goulash-Communism. Atlantic Research and Publications and Columbia University Press, New York 2000, ISBN 0-88033-455-X.
  • mit Karen Eggleston: Welfare, Choice and Solidarity in Transition. Reforming the Health Sector in Eastern Europe. Cambridge University Press, Cambridge 2001, ISBN 0-521-79036-0.
  • By Force of Thought. Irregular Memoirs of an Intellectual Journey. The MIT Press, Cambridge, Massachusetts [u. a.] 2006, ISBN 0-262-11302-3, ISBN 978-0-262-11302-1.

Preise

Mitgliedschaften

Literatur

  • Mark Blaug (Hrsg.): Who’s who in economics. 3. Auflage, Elgar, Cheltenham [u. a.] 1999, S. 629–631, ISBN 1-85898-886-1.
  • Mark Blaug: Great Economists since Keynes. Edward Elgar, Cheltenham [u. a.] 1998, S. 143–145, ISBN 1-85898-692-3.
  • Michel Beaud und Gilles Dostaler: Economic thought since Keynes. A History and Dictionary of Major Economists. Edward Elgar, Brookfield 1994, S. 303–305, ISBN 1-85278-667-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gerald Braunberger: János Kornai ist gestorben. In: faz.net. 19. Oktober 2021, abgerufen am 19. Oktober 2021.
  2. Philip Plickert: Der Verräter des Sozialismus. faz.net, 28. Dezember 2013, abgerufen am 28. Dezember 2013
  3. Philip Plickert: Der Verräter des Sozialismus. faz.net, 28. Dezember 2013, abgerufen am 19. Oktober 2021
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel János Kornai aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.