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Jakob Arjouni
Jakob Arjouni, mit bürgerlichem Namen Jacob Benjamin Bothe (* 8. Oktober 1964 in Frankfurt am Main; † 17. Januar 2013 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller.
Leben
Der Sohn des Dramatikers Hans Günter Michelsen und der seinerzeit im Suhrkamp-Theaterverlag tätigen Ursula Bothe übernahm später von der Musikmanagerin Kadisha Arjouni, mit der er einige Jahre verheiratet war, den marokkanischen Familiennamen. Mit 21 veröffentlichte er 1985 seinen ersten Roman Happy Birthday, Türke! und damit den ersten der Kayankaya-Kriminalromane, die mittlerweile in über zehn weiteren Sprachen erschienen sind. Gleichzeitig schrieb er sein erstes Theaterstück Die Garagen. Für Nazim schiebt ab wurde ihm 1987 der Jugendtheaterpreis Baden-Württemberg verliehen.[1] 1992 erhielt er den Deutschen Krimi-Preis für Ein Mann ein Mord.
Jakob Arjouni wohnte während seines Studiums mehrere Jahre in Berlin, hielt sich zwischenzeitlich in Ginestas im Département Aude (Frankreich) auf und lebte zuletzt wieder in Berlin, wo er in der Nacht zum 17. Januar 2013 einer Krebserkrankung erlag.[2] Seine letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof Heerstraße.[3]
Arjouni über Arjouni
„1964 in Frankfurt am Main geboren, aufgewachsen in Frankfurt und Oberroden. Mit zehn auf ein Internat im Odenwald. Mit zwölf zum ersten Mal ‚Rote Ernte‘ von Hammett gelesen – nicht alles verstanden, aber begeistert. Von vierzehn bis achtzehn regelmäßige Fahrten ins Frankfurter Bahnhofsviertel zum Pool-Billard. Sergio-Leone-Filme gesehen. Nach dem Abitur nach Montpellier, Südfrankreich. Abgebrochenes Studium. Zweieinhalb Jahre Arbeit als Kellner, Badeanzug- und Erdnussverkäufer. Ersten Roman geschrieben, ‚Happy Birthday, Türke!‘, und erstes Theaterstück, ‚Die Garagen‘. Mit zweiundzwanzig nach Berlin auf eine Schauspielschule. Schnell abgebrochen. Studium an der Freien Universität. Noch schneller. Hugo, Faulkner und Irmgard Keun gelesen. Roman ‚Mehr Bier‘ geschrieben, Theaterstück ‚Nazim schiebt ab‘, Roman ‚Ein Mann, ein Mord‘. Beruf gefunden. Umzug nach Paris. Theaterstück, ‚Edelmanns Tochter‘. Zurück nach Berlin. Roman, ‚Magic Hoffmann‘.“[4]
Themen seiner Werke
Arjounis Werke haben meist zeitgenössische Probleme zum Thema und spielen in Umgebungen, die dem Autor bekannt waren. Der Protagonist seiner Krimis, der Detektiv Kemal Kayankaya, lebt in Arjounis Heimatstadt Frankfurt am Main. Kayankaya, obwohl als Adoptivkind in einer deutschen Familie aufgewachsen, wurde aufgrund seines türkischen Aussehens oft mit Rassismus konfrontiert, den er mit viel Wortwitz und Sarkasmus bloßstellte. Kismet, ebenfalls ein Kayankaya-Krimi, hat den jugoslawischen Bürgerkrieg zum Thema. In Magic Hoffmann, Hausaufgaben und Edelsmanns Tochter werden zunehmender Nationalismus, Geschichtsverdrängung und Antisemitismus im wiedervereinigten Deutschland thematisiert.
Sein Buch Chez Max spielt im Paris des Jahres 2064. Arjouni entwickelte in diesem Roman die Vision einer Gesellschaft, in der infolge der Terroranschläge am 11. September 2001 jeder vorsorglich überwacht wird, damit Sicherheit garantiert sei. Damit erinnert das Szenario an das von George Orwells 1984 (Roman).
In dem 2009 erschienenen Roman Der heilige Eddy, Arjounis neuntem Buch, löste sich der Autor von der Schwere seiner Themen und schrieb einen Schelmenroman. Es handele sich um „246 schwebend leicht inszenierte Seiten deutscher Screwball-Prosa, die sich lesen wie ein Film in Worten: temporeich und lustig“, befand der Rezensent Peter Henning von der Wochenzeitung Die Zeit.[5]
Sonstiges
Die Veröffentlichung von Happy Birthday, Türke! erfolgte unter dem Nachnamen seiner damaligen Ehefrau. Lange Zeit hielt sich das Gerücht, dass Arjouni wie sein Held Kayankaya „1964 als Sohn türkischer Gastarbeiter in Frankfurt geboren“ sei. So steht es beispielsweise im CD-Booklet zum Hörspiel Happy Birthday, Türke! vom Hörverlag.
Der Roman Der heilige Eddy wurde von Deutschlandradio Kultur 2010 unter der Regie von Judith Lorentz als Hörspiel produziert. Die Ursendung der 56 Minuten dauernden Krimi-Hörfassung war am 9. August 2010.[6]
Werke
Kayankaya-Krimis
- Happy Birthday, Türke! Kayankayas erster Fall. Buntbuch-Verlag, Hamburg 1985, ISBN 3-88653-085-X und Diogenes, Zürich 1987, ISBN 978-3-257-21544-1 (von Doris Dörrie verfilmt; als Kriminalhörspiel, Regie: Ulrich Heising. Sprecher: Wolf Aniol, Joost Siedhoff, Kristina van Eyck. Hörverlag, München 1997, ISBN 3-89584-342-3; als Diogenes Hörbuch, ungekürzte Lesung von Rufus Beck, 4 CDs, 4 Std. 23 Min., Diogenes, Zürich 2006, 978-3-257-80061-6).
- Mehr Bier. Kayankayas zweiter Fall. Diogenes, Zürich 1987, ISBN 978-3-257-21545-8; als Kriminalhörspiel, Regie: Peter Michel Ladiges. Sprecher: Jörg Ratjen, Matthias Ponnier, Charles Wirths. SWF, 1989.
- Ein Mann, ein Mord. Kayankayas dritter Fall. Diogenes, Zürich 1991, ISBN 978-3-257-22563-1 (auch als Diogenes Hörbuch, ungekürzte Lesung, Regie und Produktion: Rufus Beck, 4 CDs, 297 Min., Diogenes, Zürich 2006, ISBN 978-3-257-80063-0); als Kriminalhörspiel, Regie: Peter Michel Ladiges. Sprecher: Walter Renneisen, Heinz Meier, Edgar Hoppe.SWF, 1991.
- Kismet. Kayankayas vierter Fall. Diogenes, Zürich 2001, ISBN 978-3-257-23336-0 (auch als Kriminalhörspiel, mit Tim Seyfi, Regie: Leonhard Koppelmann. Audioverlag, Berlin 2002, ISBN 3-89813-204-8).
- Bruder Kemal. Ein Kayankaya-Roman, Diogenes, Zürich 2012, ISBN 978-3-257-86223-2.
Theaterstücke
- Die Garagen. Uraufführung 1988.
- Nazim schiebt ab. Uraufführung 1990.
- Edelmanns Tochter. Diogenes, Zürich 1996, ISBN 3-257-06091-2.
Romane
- Magic Hoffmann. Diogenes, Zürich 1996, ISBN 3-257-22951-8.
- Hausaufgaben. Diogenes, Zürich 2004, ISBN 3-257-06442-X.
- Chez Max. Diogenes, Zürich 2006, ISBN 3-257-06536-1 (Autorenlesung auf 4 CDs, ISBN 3-257-80060-6).
- Der heilige Eddy. Diogenes, Zürich 2009, ISBN 3-257-06685-6.
- Cherryman jagt Mister White. Diogenes, Zürich 2011, ISBN 3-257-06755-0.
Kurzgeschichten
- Ein Freund. Diogenes, Zürich 1998, ISBN 3-257-06160-9.
- Idioten. Fünf Märchen. Diogenes, Zürich 2003, ISBN 3-257-23389-2.
Hörspiele
- 2002: Kismet; Bearbeitung und Regie: Leonhard Koppelmann (SWR/WDR)
- 2013: Bruder Kemal; Bearbeitung und Regie: Alexander Schuhmacher (NDR)
Literatur
- Sandro Moraldo: Jakob Arjouni, in: KLG – Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- Ambros Waibel: Jakob Arjouni. Magisterarbeit Philipps-Universität Marburg, Diplomica Verlag, Hamburg 2000, ISBN 3-8324-2595-0
- Jakob Arjouni, Internationales Biographisches Archiv 07/2010 vom 16. Februar 2010, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Weblinks
- Literatur von und über Jakob Arjouni im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Jakob Arjouni in der Internet Movie Database (englisch)
- Biografie Arjournis im Diogenes Verlag
- Rezensionen zu Werken von Jakob Arjouni bei perlentaucher.de
- Interview mit Jakob Arjouni auf buchjournal.de
- Jochen Förster: Mach mal langsam; Porträt in Die Welt vom 3. Mai 2003
- Er musste einfach Schriftsteller werden: 40minütiges Interview über sein Leben und Schaffen bei Eins zu Eins. Der Talk auf Bayern 2. Erstausstrahlung im März 2011, erneute Sendung kurz nach seinem Tod am 17. Januar 2013.
Einzelnachweise
- ↑ http://www.jugendtheaterpreis-bw.de/index.php?id=7
- ↑ Sandra Kegel: Zum Tod Jakob Arjounis. Eine Frage der Moral. FAZ, 17. Januar 2013, abgerufen am 17. Januar 2013.
- ↑ http://trauer.sueddeutsche.de/Traueranzeige/JacobBenjamin-Bothe
- ↑ Selbstbeschreibung bei Diogenes
- ↑ Peter Henning: Liebesgeschichte, Räuberpistole, Berlinroman: Jakob Arjounis hinreißendes Gaunerbuch „Der heilige Eddy“. Die Zeit online vom 13. Februar 2009.
- ↑ Der heilige Eddy (Ursendung) Deutschlandradio Kultur vom 9. August 2010.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Arjouni, Jakob |
ALTERNATIVNAMEN | Bothe, Jakob Benjamin (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 8. Oktober 1964 |
GEBURTSORT | Frankfurt am Main |
STERBEDATUM | 17. Januar 2013 |
STERBEORT | Berlin |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Jakob Arjouni aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |